Informationen über chinesische Firmen einzuholen, kann künftig gefährlich werden.
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China macht ernst mit Anti-Spionage-Gesetz: Worauf Tiroler Exporteure achten müssen

China revanchiert sich für das geplante EU-Lieferkettengesetz: Informationen über chinesische Firmen einzuholen, könnte Europäer:innen jetzt in Konflikt mit dem neuen Anti-Spionage-Gesetz bringen. Erhöhte Vorsicht ist für Tiroler Exporteur:innen jetzt nötig. Das AußenwirtschaftsCenter Peking hilft.

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Aktualisiert am 02.11.2023

Europäische Unternehmen, die Auskünfte einholen über chinesische Lieferanten, Kund:innen oder Partnerfirmen könnten schon bald unangenehme rechtliche Probleme bekommen. Denn China hat mit April ein verschärftes Anti-Spionage-Gesetz beschlossen und, in ungewohnter Eile, bereits mit Juli in Kraft gesetzt.
Warum? Zunächst will China gegen erhöhte US-Spionage vorgehen, sagt Rechtsanwalt Daniel Albrecht von der Kanzlei Starke. Das verschärfte Spionagegesetz „hat aber mit Sicherheit auch mit dem EU-Lieferkettengesetz zu tun.“

Wie berichtet plant die EU eine neue Verpflichtung für EU-Unternehmen, sowohl bei ihren Lieferant:innen als auch bei ihren Kund:innen abzuchecken, ob sie auch wirklich sozial und umweltgerecht handeln. Wenn nicht, dürfen keine Geschäfte gemacht werden. Die Details dieses Lieferkettengesetzes stehen noch nicht hundertprozentig fest, derzeit laufen Endverhandlungen zwischen Rat, Kommission und EU-Parlament.

Doch klar ist: EU-Unternehmen müssen ihre chinesischen Lieferant:innen, Kund:innen, Partnerfirmen künftig durchleuchten lassen. Und das lässt sich China nicht gefallen. Jetzt ist es allen verboten, Informationen, Dokumente einzuholen, die die nationale Sicherheit Chinas gefährden können – ein Gummiparagraph.

Kriminalisierung

Wirtschaftsdaten überprüfen, in Datenbanken recherchieren, Statistiken auswerten – das sind Selbstverständlichkeiten in der Geschäftswelt, auch in China. Mit der Neufassung des Anti-Spionage-Gesetzes aber könnten chinesische Behörden solche und ähnliche Dinge nun noch einfacher als bisher kriminalisieren, warnen Experten.

Nach dem neuen Anti-Spionage-Gesetz ist die Liste der geschützten Dokumente deutlich ausgeweitet worden. So sind jetzt zusätzlich zu Staatsgeheimnissen und Geheimdienstinformationen, auch „andere Dokumente, Daten, Materialien oder Gegenstände, die im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit stehen“ von dem Gesetz miteingeschlossen. Dabei ist der neue Gesetzestext bewusst vage formuliert, und lässt große Interpretationsräume zu. Welche Dokumente im Zusammenhang mit der nationalen Sicherheit stehen, kann im Zweifelsfall sehr weit ausgelegt werden.

„Man muss das ganze Antispionagegesetz also durchaus ernst nehmen“


Eine weitere Neuerung, die sehr kritisch gesehen wird, ist das mögliche Ausreiseverbot für alle Personen, die der Spionage verdächtigt werden. Dies könnte neben Chines:innen auch ausländische Staatsbürger:innen betreffen. Diese sehr vagen und allgemeinen Formulierungen geben den chinesischen Behörden einen großen Interpretations- und Handlungsspielraum.
Selbst harmlose Marktforschung könnte unter das Gesetz fallen. Das Gesetz erlaubt den Behörden den Zugriff auf Laptops, Handys und persönliches Eigentum.

Je nach Schwere der Spionagetätigkeit bei Einzelpersonen können die Behörden eine Warnung aussprechen, eine Inhaftierung für bis zu 15 Tagen anordnen oder eine hohe Geldstrafe verhängen. Bei Unternehmen können die Behörden ebenfalls eine Verwarnung aussprechen, Geldstrafen von bis zum fünffachen des Wertes, welches durch die Spionagetätigkeit erhalten wurde, verhängen, oder auch den Entzug von Lizenzen und Schließungen der Büros anordnen.

Durch das neue Anti-Spionage-Gesetz können auch ausländische Journalist:innen oder China-Einwanderer:innen betroffen sein, auch wenn diese harmlose Marktforschung in der Volksrepublik betreiben. Das Gesetz betrifft alle, die Informationen etwa für eine Due Dilligence-Prüfung chinesischer Unternehmen einholen, betrifft viele, die Informationen über Eigentumsverhältnisse chinesischer Firmen suchen, oder die die Aktionärsstruktur bzw. den Ruf eines chinesischen Unternehmens untersuchen wollen, die wissen wollen, welche Personen hinter einem Unternehmen stehen. Kommt dabei heraus, dass es sich um einen chinesischen Beamten handelt, wird es besonders kritisch, sagt Albrecht.  

950 Niederlassungen

Das muss also viele Österreicher:innen und Tiroler Unternehmer:innen interessieren. Österreichs Wirtschaft unterhält viele Niederlassungen in China, wie Wirtschaftsdelegierter Michael Berger (AußenwirtschaftsCenter Peking) sagt. Es gibt 950 Niederlassungen von 640 österreichischen Unternehmer:innen, die in China insgesamt 3,5 Milliarden Euro investiert haben und dort knapp 30.000 Mitarbeiter:innen beschäftigen. Betroffen sein können aber auch NGOs, Think-Tanks und Forschungsinstitutionen, möglicherweise sogar Universitäten.

Diese sehr vagen Formulierungen geben den chinesischen Behörden einen großen Interpretationsspielraum.


China hat bereits den Zugang zu chinesischen Datenbanken für Ausländer:innen eingeschränkt. Zudem sind Transport- und Telekom-Unternehmen verpflichtet, der chinesischen Regierung technische Unterstützung für Anti-Spionage-Maßnahmen, dazu geben. Außerdem sind chinesische Bürger:innen gesetzlich verpflichtet, etwaige Spionagetätigkeiten den Behörden zu melden, berichtet Albrecht. Es gab aber auch schon Razzien und Festnahmen ohne Gerichtsbeschlüsse sowie Einreiseverbote, „man muss das ganze also ernst nehmen“, mahnt Albrecht.

Nachdem die EU plant, ihr Lieferkettengesetz sukzessive zu verschärfen (und für immer mehr Unternehmen in Kraft zu setzen), „gehe ich davon aus, dass auch die Chinesen ihr Anti-Spionage-Gesetz künftig verschärfen werden“.
Wirtschaftsdelegierter Berger hat einen guten Tipp: Tiroler Unternehmer:innen, die Informationen über chinesische Firmen brauchen, sind gut beraten, beim AußenwirtschaftsCenter anzufragen, denn dieses habe viel besseren Zugang zu in China zugänglichen Verzeichnissen und kenne die Gesetzeslage. Das AußenwirtschaftsCenter sei eine offizielle Institution und habe daher mehr Möglichkeiten, Informationen einzuholen.

Wirtschaftskammer hilft

Tiroler Unternehmen, die absolut auf Nummer sicher gehen wollen, nehmen den Kontakt nicht via Internet auf, sondern schreiben Briefe und geben diese in der Wirtschaftskammer ab. Diese werden dann mit der diplomatischen Kurierpost an das AußenwirtschaftsCenter Peking verschickt, „da haben die Chinesen keinen Einblick.“ Das AußenwirtschaftsCenter kann dann etwa überprüfen, ob etwa eine von der EU sanktionierte Person an einem Unternehmen beteiligt ist.

Information und Hilfe

Das AußenwirtschaftsCenter Peking steht mit Rat und Tat zur Seite:
T +86 10 85 27 50 50
W https://wko.at/aussenwirtschaft/cn