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Liechtenstein: Neuer Wirtschaftsbericht

Wirtschaftslage, besondere Entwicklungen, Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Lesedauer: 4 Minuten

Liechtenstein

Aktuelle Lage: Wirtschaftsbericht

Liechtenstein ist durch den Zollvertrag von 1923 Teil des Schweizer Zollgebiets und profitiert von den Freihandelsabkommen der Schweiz. Der Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) im Jahr 1955 ermöglicht liechtensteinischen Unternehmen freien Zugang zum Europäischen Binnenmarkt und die Teilnahme am freien Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) verstärkt diese wirtschaftlichen Vorteile.

Die Wirtschaftsleistung Liechtensteins wird durch Verwaltungsdaten erfasst, die hauptsächlich im Zuge der Steuerveranlagung erhoben werden. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg 2023 laut Schätzungen des Amtes für Statistik um 7,6 %. Die vierteljährliche Konjunkturumfrage, die 70 % der liechtensteinischen Unternehmen abdeckt, zeigte im 1. Quartal 2024 eine überwiegend positive Beurteilung der wirtschaftlichen Lage in den Sektoren Industrie und Dienstleistung. Der Umsatz der 25 umsatzstärksten Unternehmen des Landes stieg im ersten Halbjahr 2023 um 15 % im Vergleich zum Vorjahr.

Mit über 5.200 Unternehmen bei ca. 40.000 Einwohnern liegt das Verhältnis von Unternehmen zu Bevölkerung bei 1:7, deutlich höher als in der Schweiz (1:14). Eine Studie zeigt, dass Liechtenstein im Vergleich zu Ländern wie der Schweiz, Österreich, Luxemburg und Deutschland die höchste Produktivität (BIP im Verhältnis zu Beschäftigten) aufweist. Dieses Wachstum beruht hauptsächlich auf Produktivitätssteigerungen und nicht auf einem Ausbau der Beschäftigung.

Liechtenstein investiert 6,2 % seines BIPs in Forschung und Entwicklung (F&E), hauptsächlich durch die Privatwirtschaft. Diese Investitionen tragen zu einer hohen Innovationskraft bei, wie die 456 Patentanmeldungen im Jahr 2022 belegen, was einer Rate von 11,6 Patenten pro 1.000 Einwohner entspricht. Dies ist im internationalen Vergleich außergewöhnlich hoch.

Die Arbeitslosenquote lag 2023 bei 1,4 %, ein geringfügiger Anstieg gegenüber 1,3 % im Vorjahr. Rund 1.000 unbesetzte Stellen stellen eine Herausforderung dar, weshalb die Regierung ein Konzept zur Erhöhung des Arbeitskräftepotenzials und der Erwerbsbeteiligung vorgestellt hat. Die Maßnahmen zielen darauf ab, mehr Frauen für die Erwerbstätigkeit zu gewinnen, die Beschäftigung im Alter zu fördern, die Erwerbsbeteiligung von Geflüchteten zu erhöhen sowie Aus- und Weiterbildung zu fördern.

Der Maschinenbau und Fahrzeuge bleiben die exportstärksten Warengruppen und machen etwa 44 % des Exportvolumens aus. Die wichtigsten Handelspartner sind Deutschland, Österreich und die USA. Im ersten Halbjahr 2023 stiegen die Exporte um 1,2 %, wobei die Zahlen im zweiten Quartal leicht rückläufig waren. Liechtenstein weist einen hohen Warenhandelsüberschuss auf, mit Ausnahme von Österreich.

Die Inflationsrate betrug 2023 im Jahresdurchschnitt 2,1 %, hauptsächlich bedingt durch höhere Preise für Elektrizität, Gas und Wohnungsmieten. Trotz dieser Inflation bleibt die Kaufkraft der Liechtensteiner im europäischen Vergleich die höchste und liegt 4,6 Mal über dem europäischen Durchschnitt.

Besondere Entwicklungen

Im Februar 2021 gewann die Vaterländische Union (VU) knapp vor der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) die Landtagswahlen in Liechtenstein. Die neue Regierung, eine Fortsetzung der Großen Koalition, wurde im März 2021 angelobt, wobei die VU den Regierungschef und drei weitere Mitglieder stellt, während die FBP zwei Sitze in der Regierung hält und den Landtagsvorsitz beibehält. Die nächste Wahl ist im Februar 2025, und die VU-Regierungsmitglieder haben angekündigt, nicht mehr anzutreten.

Ein Bericht der Finanzmarktaufsicht vom November 2023 beschreibt den Finanzsektor als stabil. Der Landtag stimmte für den Beitritt zum Internationalen Währungsfonds (IWF), und Liechtenstein erhielt gute Bewertungen vom Global Forum der OECD für den Informationsaustausch in Steuersachen.

Am 25. Februar 2024 lehnte die Bevölkerung mit 68 % die direkte Wahl der Regierungsmitglieder ab. Ein weiteres Ziel ist die Klimaneutralität bis 2050, jedoch wurde die obligatorische Nutzung von Photovoltaikanlagen mit 66,6 % abgelehnt.

Seit dem 1. Januar 2020 regelt das Gesetz über Token und VT-Dienstleister die Blockchain-Dienstleistungen. Liechtenstein engagiert sich auch in der EU-Blockchain Partnership.

Liechtenstein hat die globale Mindeststeuer der OECD eingeführt und das BEPS-Abkommen unterzeichnet. Standard & Poor’s bestätigte 2023 das AAA-Länderrating für Liechtenstein.

Die Tourismusbranche verzeichnete 2023 eine Steigerung der Gästeankünfte um 13,9 %. In einer Abstimmung am 29. Januar 2023 stimmten 73 % gegen ein Verbot von Casinos.

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Im Jahr 2023 exportierte Österreich Waren im Wert von 417,2 Millionen Euro nach Liechtenstein, was einem Rückgang von 4,9 % entspricht. Hauptsächlich wurden mechanische und optische Maschinen sowie Geräte exportiert. Die Importe stiegen um 376,7 % aufgrund außergewöhnlicher Antiquitätenimporte.

Die Dienstleistungsexporte sanken leicht um 1,2 %. Österreich und Liechtenstein haben ein Protokoll, das anonyme Vermögensstrukturen weiterhin einer Abgeltungssteuer unterwirft, anstelle eines Informationsaustauschs.

Seit 2010 ist Glücksspiel in Liechtenstein erlaubt, und österreichische Unternehmen wie Casinos Austria und Admiral betreiben dort Casinos. 2023 stimmte die Bevölkerung gegen ein Casinoverbot.

Ende 2022 waren 24.153 Grenzgänger in Liechtenstein beschäftigt, davon 8.800 aus Österreich. Ein neues Hochschulabkommen garantiert die Anerkennung von Abschlüssen zwischen den Ländern.

Geschäftschancen für österreichische Unternehmen

Österreichische Produkte sind in Liechtenstein aufgrund ihrer Qualität geschätzt, insbesondere in den Bereichen Bauindustrie, Clean Tech, Maschinen und Anlagen, Konsumgüter wie Wein und Bioprodukte, sowie IT-Dienstleistungen. Aufgrund des kleinen Marktes empfiehlt sich oft eine gemeinsame Marktbearbeitung mit der Schweiz. Liechtenstein ist sowohl Mitglied des EWR als auch Teil der Zollunion mit der Schweiz, was das Land für Unternehmen, die in der Schweiz und der EU tätig sein wollen, besonders attraktiv macht. Trotz der Ähnlichkeiten zur Schweiz unterscheiden sich die gesetzlichen Vorschriften in vielen Bereichen.

Stand: 28.05.2024

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