Symbolbild Künstliche Intelligenz - Junge vor Computer
© Carolin Doll

„Tirol braucht einen Lehrstuhl für Künstliche Intelligenz“

Der Digitalisierungsbeauftragte der WK Tirol, Mario Eckmaier, erklärt, welche Betriebe auf Künstliche Intelligenz (KI) setzen sollten und wo die Chancen und Grenzen dieser Technologie liegen.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 03.10.2023

Tiroler Wirtschaft: Die Künstliche Intelligenz (KI) erobert gerade den Alltag. Warum sollten Betriebe diese Entwicklung keinenfalls ignorieren?

Mario Eckmaier: Es zeichnet sich ab, dass KI eine echte Revolution darstellt und Werkzeuge für Denkarbeiter bereithält, die wir vorher nicht gekannt haben. Ich vergleiche es gern mit der Bauwirtschaft: Niemand würde heute auf die Idee kommen, alles per Hand in den achten Stock zu tragen und dort ohne Werkzeuge zu arbeiten. KI stellt eine vergleichbare Erweiterung des Werkzeugkas-tens für Wissensarbeiter dar.

Was kann KI – und was nicht?

Künstliche Intelligenz stellt aktuell immer eine Art Inselbegabung da. So gibt es beispielsweise Anwendungen, die Krebszellen erkennen können. Das ist ein Quantensprung in bildgebenden Verfahren, wenn zusätzlich zum Arzt ein automatisierter Abgleich von Millionen Bildern erfolgt. Diese KI ist aber nur in diesem engen Bereich „intelligent“ – eine Katze kann sie jedoch nicht von einem Hund unterscheiden.

In welchen Bereichen können Betriebe KI bereits jetzt problemlos einsetzen?

KI kann viele Routineaufgaben und Analysen abnehmen und als Werkzeug helfen. KI kann aber nicht menschliche Kreativität, Empathie und Zwischenmenschliches ersetzen. Ein Beispiel: Eine KI kann schon beim Posteingang erkennen, ob es sich um ein Standardproblem oder eine komplexe Serviceanfrage handelt. Das spielt Mitarbeiter:innen von Routineaufgaben frei, um anspruchsvolle Gespräche und Beratungen mit Kund:innen zu führen.

Welches Know-how sollten sich Firmen dafür aneignen?

Mein wichtigster Rat lautet: Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren! Darüber hinaus können Videos und Webinare den ers-ten Einstieg erleichtern. Bei der Beschäftigung mit KI bekommt man schnell ein Gefühl für die Möglichkeiten. Dieser einfache Zugang ist speziell für kleine und mittlere Betriebe wichtig, da diese keine eigenen IT-Abteilungen haben.

Welchen Einfluss hat die Nutzung von KI auf die Mitarbeiter:innen?

KI bietet die Chance auf Arbeitserleichterung in vielen Bereichen. Dadurch können sich Mitarbeiter:innen auf wichtige und werthaltige Arbeiten konzentrieren. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ergeben sich so manche Abkürzungen im Arbeitsablauf. Die Voraussetzung dafür ist der Wille, sich fortzubilden und Neues auszuprobieren.

Worin liegen die größten Fehler?

Der größte Fehler liegt wohl darin, KI als vorübergehenden Hype einzuordnen und zu ignorieren. Das führt zu einem Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Firmen.

Der einfachste Einstieg in die Welt der KI: Ausprobieren, ausprobieren, ausprobieren.

Worauf ist beim Datenschutz zu achten?

Darauf, keine eigenen Daten oder Kundendaten in KI-Anwendungen zu geben. Betriebe müssen aber sicher nicht warten, bis die letzten Fragen im Datenschutz juristisch geklärt sind, sondern besser frühzeitig einsteigen und mit Hausverstand agieren.

Für KI werden auf allen politischen Ebenen Regulierungen gefordert. Welche Rahmenbedingungen sind aus Ihrer Sicht nötig?

Es braucht sicherlich eine Art „Straßenverkehrsordnung für KI“, wie es Hannes Androsch einmal so schön formuliert hat. Wichtige Aspekte dabei sind Transparenz bezüglich des eingesetzten Algorithmus und der verwendeten Daten.

Was muss Europa tun, um in der Digitalisierung eine Vorreiterrolle einzunehmen?

Sowohl für die EU als auch für Österreich gilt, dass wir ein klares Bekenntnis zur Nutzung von KI und damit Budgets für Forschungseinrichtungen brauchen. Die Grundlagenforschung kommt zum Teil schon aus Europa, aber wir schaffen es nicht, dieses Know-how in Projekte und Geschäftsmodelle umzusetzen. In Tirol würde ein eigener Lehrstuhl für KI wichtige Impulse setzen.

Speziell in der schulischen Aus- und Weiterbildung herrscht Unsicherheit im Umgang mit KI. Wie muss unser Bildungssystem reagieren?

Ich erinnere mich an die lange Diskussion um den Einsatz von Taschenrechnern in den Schulen. Heute ist der Umgang damit ganz selbstverständlich. Wir müssen auch bei KI lernen, damit umzugehen und dieses Werkzeug in unser Bildungssys-tem integrieren.