Energiewirtschaft Israel
Zahlen, Fakten und Marktchancen
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Israel Energieeffizienz/Green Building Energiewirtschaft Erneuerbare EnergienBranche und Marktsituation
Der israelische Energiemarkt hat sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten durch die Entdeckung großer Erdgasvorkommen vor der Küste des Landes grundlegend verändert. Bis zu der Erschließung der Gasfelder war Israel völlig vom Import fossiler Energie abhängig. Die Entdeckung der ersten beiden größeren Gasvorkommen vor der Küste des Landes Ende 1999 und Anfang 2000 zogen weitere israelische und internationale Investoren und Explorationsunternehmen an und führten zu zusätzlichen bedeutsamen Erdgasfunden.
Heute noch besteht der Israels Energiemix zu 94 % aus fossilen Energiequellen und nur zu 6 % aus Erneuerbaren, basierend auf den Zahlen der Internationalen Energiebehörde (IEA) und des Internationalen Energieinstituts. Der Verbrauch von Erdöl und Kohle, welche beide importiert werden, ist deutlich zurück gegangen (Anfang der 1980er war Erdöl mit fast 100 % im Energiemix vertreten und Kohle lag Anfang der 2000er-Jahre noch bei ca. 40 %). Erdöl wird hauptsächlich über die Route Baku-Tbilisi-Ceyhan (BTC) aus Zentralasien und dem Kaukasus importiert Jahre noch (rd. 80 % aus Aserbaidschan, 10 % Importe aus der RF). Zugenommen haben die Anteile von Erdgas und Solarenergie. Die Zunahme von Erdgas geht, wie bereits erwähnt, auf die Entdeckung von kommerziell nutzbarem Erdgas vor Israels Küste in den frühen 2000ern zurück und liegt aktuell bei 38 %. Bei den Erneuerbaren erreichte Solarenergie 2014 die 1 %-Hürde und ist seither – seit 2018 exponentiell um ca. 1 % pro Jahr – auf leicht über 6 % angestiegen.
Konkurrenzsituation
Israel ist ein kleines, aber technologisch hoch entwickeltes Land und verfügt über eine offene Marktwirtschaft. Der Markt ist von starkem Wettbewerb geprägt und es sind viele internationale Firmen in Israel tätig. Da das Land über wenig Schwerindustrie verfügt, werden viele Anlagen und Komponenten importiert. Im Bereich der Solartechnik gehört Israel zu den internationalen Technologieführern.
Gesetzliche Rahmenbedingungen
Aufgrund des Freihandelsabkommens zwischen Israel und der EU gibt es keine Einfuhrzölle auf Waren mit europäischem Ursprung. Israel verfügt über ein transparentes Ausschreibungswesen.
Bei der Energiewende der einzelnen Sektoren plant das israelische Energieministerium grosso modo Verkehr, Wohnen und Industrie zu elektrifizieren. Individualverkehr soll nahezu vollständig elektrisch werden sowie Schwerverkehr zu 50 % elektrisch (da Israel relativ klein ist und Reichweitenprobleme daher gering sind) und 50 % mit Wasserstoff. Wohnen in Israel sei bereits großteils elektrisch (abgesehen von vereinzelter Nutzung von Gas zum Kochen). Auch der Elektrifizierung der israelischen Industrie in den nächsten 15-20 Jahren stehe wenig im Wege. Da Israel nur über 10-15 Fabriken der sogenannten Schwerindustrie verfüge, könnten die meisten industriellen Prozesse mit Strom statt fossilen Treibstoffen betrieben werden. Für die Schwerindustrie kommt Wasserstoff infrage. Bei der Energiewende zeigt sich Israel technologieoffen: Eine Wasserstoffstrategie mit einem umfassenden Stakeholder-Forum zur Technologieentwicklung wurde im Juni 2023 veröffentlicht. Hier zeigen sich die israelischen Gesprächspartner sehr am Austausch mit Österreich interessiert, insbesondere beim Thema Speicherung. Nachdem Erdgas auch in den kommenden Jahrzehnten eine wichtige Rolle in Israel spielen wird, prüft das israelische Energieministerium auch Lösungen zur Kohlenstoffabscheidung- und -speicherung (Carbon Capture und Storage – CCS). Auch Nuklearenergie werde nicht kategorisch ausgeschlossen, allerdings wurde diese Option für Israel als „unwahrscheinlich“ bezeichnet.
Trends und Entwicklungen
Die israelische Regierung hat im Jahr 2015 das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet und sich damit verpflichtet, den nationalen Plan zur Reduzierung der Treibhausgasemission auf 8,8 t CO2-Äquivalenten pro Kopf bis 2025 umzusetzen. Zwischen 2016 und 2025 werden staatliche Garantien in Höhe von 500 Mio. NIS für Investitionskredite im Bereich Energieeffizienz und Treibhausgasemissionsreduzierung bereitgestellt.
Das 2016 vom israelischen Energieministerium verabschiedete Programm zur Steigerung der Energieeffizienz bietet ausgezeichnete Geschäftschancen für österreichische Unternehmen. Dies gilt sowohl für Anlagenhersteller, Lieferanten von Komponenten, Montagefirmen als auch Beratungsunternehmen. Im Industriebereich sollen bis 2030 Einsparungen von 4,1 TWh erreicht werden, von denen 1,4 TWh auf die Kraft-Wärme-Kopplung und jeweils 1 TWh auf Energiemanagementsysteme und Kältemaschinen entfallen. Im öffentlichen Bereich und dem Dienstleistungsgewerbe sieht das Programm Einsparungen von 4,3 TWh vor, die vor allem durch den Einsatz effizienterer Kühltechnik (ca. die Hälfte des landesweiten Stromverbrauchs entfällt auf Klimaanlagen) sowie den Einsatz energieeffizienter Beleuchtungstechnik und geothermischer Wärmepumpen erreicht werden sollen.
Chancen für österreichische Firmen
Der israelische Energiemarkt entwickelt sich sehr dynamisch und bietet zahlreiche Geschäftschancen für österreichische Firmen. Mit dem Ausbau des Erdgasnetzes und dem Anschluss weiterer Industriegebiete an die zentrale Versorgung eröffnen sich mehr und mehr Möglichkeiten für die Installation von KWK- (Kraft-Wärme-Kopplung) und KWKK- (Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung) Anlagen. Die Nachfrage nach technischen Lösungen für energieeffiziente und preiswertere Produktionsprozesse wird in den kommenden Jahren zunehmen und hier ist internationales Know-how gefragt. In Anbetracht der Tatsache, dass 60 % des Stromverbrauchs des Landes auf Gebäude entfällt, ist hier das Einsparungspotenzial und somit das Marktpotenzial für innovative Technologien besonders groß. Die Marktchancen für österreichische Anbieter von Energiemanagementsystemen, Mess- Steuer- und Regeltechnik sowie Beratungsleistungen sind erfolgversprechend.
Angesichts der ambitionierten Regierungsprogramme in Bezug auf den Energiesektor ist der Zeitpunkt für einen Markteinstieg österreichischer Unternehmen momentan besonders günstig. Israelische Vertriebsfirmen streben langjährige Geschäftsbeziehungen mit ausländischen Herstellern an und suchen derzeit nach starken Technologiepartnern. Israel plant bis 2030 die Stilllegung beziehungsweise Umrüstung der verbleibenden Kohlekraftwerke auf Erdgas. Ferner soll ab 2030 der Import von Privatfahrzeugen mit Verbrennungsmotor verboten und der gesamte Markt auf E-Mobilität umgestellt werden.
Weiters ist zu beachten, dass Israel eine der niedrigsten Recyclingraten unter Industrienationen hat. Im Jahr produziert Israel im Schnitt 5,3 Mio. Tonnen Haushaltsabfall (1,7 kg pro Person am Tag) - Tendenz steigend. Davon werden rd. 80 % direkt deponiert (in Österreich annähernd 0 %). Demnach besteht in Israel enormes Wertschöpfungspotenzial aus sekundären Rohstoffen. Neben Rohstoffen kann z.B. Energie oder Biogas aus Abfällen (durch Verbrennung bzw. Vergärung) gewonnen werden. Laut Plänen aus 2019 besteht in Israel mittlerweile die Absicht, die Recyclingrate bis 2030 auf 50 % anzuheben. Wichtig ist hier, dass die politische Absicht noch keine Maßnahmen direkt zur Folge hat. Hier besteht eventuell eine wirtschaftliche Chance, die auch Gesprächspartner vonseiten EU, anderer Botschaften und der Privatwirtschaft sehen. Österreich liegt bei Green Tech im weltweiten Spitzenfeld. Es sind bereits mehrere österreichische Green Tech Unternehmen in Israel aktiv, darunter beim Verarbeiten von Biomasse, Baustoffrecycling und in der Abwasserreinigung.
Außerdem ist noch zu erwähnen, dass Israel Magnesiumvorkommen von besonders hoher Qualität hat und daher zu einem der wichtigsten Magnesiumproduzenten gehört. Die EU listet Magnesium als einen kritischen Rohstoff und gibt bei Magnesium an, zu 100 % von Import abhängig zu sein. Diese Importe stammen zu 93 % aus China. Israel könnte als alternative Bezugsquelle infrage kommen. Als leichtes Metall wird Magnesium unter anderem als Legierung im Automobil-, Elektronik- und Baubereich verwendet.
Erfolgsstory
Beim Pumpspeicherkraftwerk Manara mit einer Leistung von rund 340 MW, das derzeit in Bau ist, sind einige österreichische Unternehmen (Verbund, Voith Hydro und weitere Planungsunternehmen) involviert.
Haben wir Ihr Interesse geweckt?
Das Branchenprofil Energiewirtschaft Israel kann von Mitgliedsunternehmen der WKÖ jederzeit per E-Mail beim AußenwirtschaftsCenter Tel Aviv unter: telaviv@wko.at angefordert werden. Für weiterführende Fragen oder eine individuelle Beratung zum Thema Energie in Israel steht das Team des AußenwirtschaftsCenter Tel Aviv ebenfalls jederzeit gerne zur Verfügung.
Stand: 28.08.2023