
Explosionsschutz - VEXAT
Verordnung über explosionsfähige Atmosphären
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Die Verordnung über explosionsfähige Atmosphären (VEXAT), BGBl. II Nr. 309/2004 idgF, ist mit 1. August 2004 in Kraft getreten.
Die VEXAT enthält Anforderungen zum Explosionsschutz in Arbeitsstätten, auf Baustellen und auswärtigen Arbeitsstellen im Sinne des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes. Mit dieser Verordnung wurde die EU-Richtlinie 1999/92/EG über Mindestvorschriften zur Verbesserung des Gesundheitsschutzes und der Sicherheit der Arbeitnehmer, die durch explosionsfähige Atmosphären gefährdet werden können (die so genannte ATEX 137), in österreichisches Recht umgesetzt.
Falls innerbetrieblich eine geeignete fachkundige Person zur Durchführung der Gefahrenanalyse nicht zur Verfügung steht, ist ein befugtes technisches Büro, ein Ziviltechniker oder eine akkreditierte Prüf- und Überwachungsstelle heranzuziehen.
Wen trifft die VEXAT-Verordnung?
Für jeden Betrieb, der in Arbeitsstätten explosionsgefährliche Gase, Dämpfe, Nebel oder Stäube in Mischung mit Luft herstellt, bearbeitet, verarbeitet, lagert, bereitstellt oder innerbetrieblich umschlägt, ist die VEXAT anwendbar. Vor allem entstehen Explosionsgefahren, wenn mit brennbaren bzw. explosiven Flüssigkeiten, Klebern, Lacken, Farben, Lösungsmitteln, Verdünnern, Mehl-, Holz- oder Metallstäuben, hantiert wird.
Hauptbetroffen sind insbesondere die Berufsgruppen Bäcker, Chemisches Gewerbe, Karosseriebauer, -spengler und -lackierer, Kraftfahrzeugtechniker, Kunststoffverarbeiter, Lackhersteller, Metallschleifer, Müller, Schlosser, Spengler, Tischler, Zimmerer, Industrie, Handel (mit Farben, Lacken, Chemikalien, Holz), Tankstellen, Haustankstellen, Flüssiggaslagerung, Gefahrengutlager, Transportgewerbe, Spitäler, Druckereien, etc.
Die VEXAT-Verordnung beinhaltet insbesondere:
- die Verpflichtung zur Ermittlung und Beurteilung sowie Dokumentation der Explosionsgefahren
- Information, Unterweisung und Arbeitsfreigabe
- Prüfungen, Messungen, Gefahrenanalyse sowie Störfallvorsorge
- die primären, sekundären und tertiären Explosionsschutzmaßnahmen
- die Anforderungen an elektrische Anlagen und Gegenstände in explosionsgefährdeten Bereichen (wiederkehrende Prüfungen längstens alle 3 Jahre!)
Explosionsfähige Atmosphären - explosionsgefährdete Bereiche
Eine explosionsfähige Atmosphäre ist ein Gemisch aus Luft oder anderer oxidativer Atmosphäre und brennbaren Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben, in dem sich der Verbrennungsvorgang nach erfolgter Entzündung auf das gesamte unverbrannte Gemisch überträgt. Bei der Verwendung von brennbaren Flüssigkeiten ist das Auftreten explosionsfähiger Atmosphären - sofern nicht der Stand der Technik eine höhere Sicherheit erfordert - jedenfalls dann anzunehmen, wenn die maximal erreichbare Flüssigkeitstemperatur, Verarbeitungstemperatur oder Umgebungstemperatur
- nicht mindestens 5°C unter der Temperatur des Flammpunktes liegt, oder
- bei einem Gemisch, für das kein Flammpunkt bestimmt ist, nicht mindestens 15°C unter der Temperatur des niedrigsten Flammpunktes liegt, oder
- beim Vernebeln oder Zerstäuben nicht mindestens 15°C unter der Temperatur des Flammpunktes liegt.
Explosionsgefährdete Bereiche sind alle Bereiche, in denen explosionsfähige Atmosphären in gefahrdrohenden Mengen auftreten können, sodass besondere Schutzmaßnahmen für die Aufrechterhaltung des Schutzes von Sicherheit und Gesundheit der betroffenen Arbeitnehmer/innen erforderlich werden. Ein explosionsgefährdeter Bereich liegt jedenfalls dann vor, wenn 50 % der unteren Explosionsgrenze (UEG) erreicht werden können, sofern nicht die VEXAT- Verordnung oder der Stand der Technik eine höhere Sicherheit erfordert. Werden Arbeitsvorgänge oberhalb der oberen Explosionsgrenze (OEG) durchgeführt, liegt ein explosionsgefährdeter Bereich dann vor, wenn die OEG unterschritten werden kann.
Ermittlung und Beurteilung der Explosionsgefahren
Vor Betriebsaufnahme einer Arbeitsstätte sind die Explosionsrisiken zu analysieren und die dabei gleichzeitig auftretenden möglichen Zündquellen festzustellen. Bei der Analyse sind die normalen Betriebsbedingungen, In- und Außerbetriebnahme, Instandhaltung, Reinigung, Betriebsstörungen und vorhersehbare Störungen und der vernünftigerweise vorhersehbare Fehlgebrauch zu berücksichtigen.
Die Explosionsgefahren sind in ihrer Gesamtheit zu beurteilen, wobei die eingesetzten Arbeitsmittel, die verwendeten Arbeitsstoffe, die Arbeitsund Verfahrensbedingungen und ihre möglichen Wechselwirkungen sowie die baulichen und örtlichen Gegebenheiten von Bedeutung sind. Der Beurteilungsvorgang ist für jeden Arbeitsplatz und jeden Produktionsprozess sowie für jeden Betriebszustand einer Anlage durchzuführen.
- Sind brennbare Stoffe (brennbare Gase und Gasgemische, brennbare Flüssigkeiten, Staub-Luft-Gemische, Staubablagerungen) vorhanden? Zu beachten: untere Explosionsgrenze (UEG), obere Explosionsgrenze (OEG), Zündtemperatur, entstehende oder herrschende Konzentrationen, Stoffeigenschaften (Kenndaten), Verarbeitungs- und Umgebungstemperatur, Flammpunkt, Verarbeitungsart (Versprühen, Verspritzen, Verdampfen, etc.), Flüssigkeiten mit hohem Druck (Hydraulik), Schwelpunkt, Korngrößenverteilung bei Stäuben, mögliche Wechselwirkungen, etc.
- Kann durch Verteilung in der Luft eine explosionsfähige Atmosphäre entstehen? Explosionen treten insbesondere auf bei einer hohen Verteilung brennbarer Stoffe, einer Konzentration brennbarer Stoffe in der Luft innerhalb ihrer Explosionsgrenzen, bei einer gefahrdrohenden Menge explosionsfähiger Atmosphären und bei einer wirksamen Zündquelle.
- Ist die Bildung eines explosionsgefährdeten Bereiches möglich? Zu beachten: das Vorhandensein, die Aktivierung und das Wirksamwerden von Zündquellen und elektrostatischen Entladungen, das Ausmaß der zu erwartenden Auswirkungen, die angewendeten Arbeitsmittel sowie deren Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen, die angewendeten Arbeitsvorgänge und ihre möglichen Wechselwirkungen, die elektrischen Anlagen, die baulichen und örtlichen Gegebenheiten.
- Ist die Bildung eines explosionsgefährdeten Bereiches zuverlässig verhindert?
- Ist die Entzündung in einem explosionsgefährdeten Bereich zuverlässig verhindert?
Explosionsschutzdokument
Wenn explosionsfähige Atmosphären auftreten, muss der Arbeitgeber vor Betriebsaufnahme ein Explosionsschutzdokument erstellen. Dieses hat jedenfalls zu enthalten:
- die festgestellten Explosionsgefahren bei den verschiedenen Betriebsarten (Normalbetrieb und vorhersehbare Störungen)
- die zur Gefahrenvermeidung durchzuführenden Explosionsschutzmaßnahmen (primärer, sekundärer und tertiärer Explosionsschutz)
- die örtliche Festlegung der explosionsgefährdeten Bereiche und deren Zoneneinstufung
- die Eignung der in den jeweiligen explosionsgefährdeten Bereichen verwendeten Arbeitsmittel (Klassifikation der Geräte und Schutzsysteme), der Arbeitskleidung und persönlichen Schutzausrüstung (CE-Kennzeichnung beachten!), der elektrischen Anlagen sowie über die Sicherheits-, Kontroll- und Regelvorrichtungen
- die Information und Unterweisung der Arbeitnehmer sowie Kontrolleinrichtungen
- der Umfang und die Ergebnisse von Prüfungen und Messungen
- Warn- oder Alarmplan
- Arbeiten mit Arbeitsfreigabesystemen
- Angaben über Koordinationsmaßnahmen
Ein Muster-Explosionsschutzdokument ist im Internet unter http://www.eval.at (unter „Arbeitsplatzevaluierung“ - „Leerformulare“ VEXAT-„Explosionsschutzdokument“) abrufbar.
Arbeitsrechtliche Pflichten
Der Arbeitgeber muss Arbeitnehmer in explosionsgefährdeten Bereichen über die Entstehung und den Schutz vor Explosionsgefahren sowie das Verhalten bei Alarm informieren. Weiters sind die Arbeitnehmer jährlich im richtigen Verhalten bei Störungen, in der Verwendung von Arbeitsmitteln, in der sicheren Durchführung von Arbeiten, der Trage- und Kontrollpflicht für Arbeitskleidung und persönliche Schutzausrüstung (Eignung PSASV) zu unterweisen. Für das Befahren und Arbeiten in oder an Betriebseinrichtungen, die brennbare Arbeitsstoffe enthalten oder in denen sich explosionsfähige Atmosphären ansammeln können, ist eine schriftliche Arbeitsanweisung erforderlich und dafür ein Arbeitsfreigabesystem samt den notwendigen Schutz- und Rettungsmaßnahmen und der Benennung einer geeigneten fachkundigen Person festzulegen (Arbeitsplatzevaluierung).
Gefahrenanalyse
Eine Gefahrenanalyse ist dann erforderlich, wenn die Eignung von Arbeitsmitteln (Sicherheits-, Kontroll- und Regeleinrichtungen), Arbeitskleidung und persönlicher Schutzausrüstung für den explosionsgefährdeten Bereich, in denen sie verwendet werden sollen, nicht klar ist. Sie erfolgt durch Konformitätserklärung (Hersteller, Bevollmächtigter), akkreditierte Prüf- und Überwachungsstellen, Technische Büros und Ziviltechniker.
Explosionsschutzmaßnahmen
Primärer Explosionsschutz
In erster Linie ist dafür zu sorgen, dass die Entstehung von explosionsfähigen Atmosphären oder von explosionsgefährdeten Bereichen möglichst vermieden wird. Mögliche Maßnahmen: Ersatz, Verdünnung, Begrenzung, Inertisierung, Absaugung, Lüftung, Staubablagerungen reduzieren, Überwachung, etc.
Ist dennoch mit explosionsgefährdeten Bereichen zu rechnen, sind diese nach Ausmaß, Häufigkeit und Dauer des Auftretens von explosionsfähigen Atmosphären in Zonen einzustufen. Von dieser Einstufung hängt ab, welche Schutzvorkehrungen in diesem Bereich getroffen werden müssen (z.B. geeignete Steuerungen bzw. geeignete bauliche Ausführung). Alle Geräte, Betriebsmittel, Maschinen und Anlagen (elektrische Anlagen - Installationsvorschriften lt. Anhang), die zur Zündquelle werden können, sind auf ihre Eignung für die jeweiligen Zonen zu prüfen.
Falls die Eignung nicht eindeutig ist, dürfen sie in der jeweiligen Zone nicht verwendet werden. Eine temporäre Einstufung oder Umstufung für bestimmte Arbeiten ist möglich.
Einstufung und Kennzeichnung explosionsgefährdeter Bereiche in Zonen:
- Zone 0: Geräte und Schutzsysteme der Kategorie 1G (G für Gase, Dämpfe, Nebel) - Bereich, in dem explosionsfähige Atmosphären als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln ständig, über lange Zeiträume oder häufig vorhanden ist.
- Zone 1: Geräte und Schutzsysteme der Kategorie 1G oder 2G – Bereich, in dem sich bei Normalbetrieb gelegentlich explosionsfähige Atmosphären als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln bilden können.
- Zone 2: Geräte und Schutzsysteme der Kategorie 1G, 2G oder 3G – Bereich, in dem bei Normalbetrieb explosionsfähige Atmosphären als Gemisch aus Luft und brennbaren Gasen, Dämpfen oder Nebeln normalerweise nicht oder aber nur kurzzeitig auftreten.
- Zone 20: Geräte und Schutzsysteme der Kategorie 1D (D für Staub/Luft-Gemisch) – Bereich, in dem explosionsfähige Atmosphären in Form einer Wolke aus in der Luft enthaltenem brennbaren Staub ständig, über lange Zeiträume oder häufig vorhanden sind.
- Zone 21: Geräte und Schutzsysteme der Kategorie 1D oder 2D – Bereich, in dem sich bei Normalbetrieb gelegentlich explosionsfähige Atmosphären in Form einer Wolke aus in der Luft enthaltenem brennbarem Staub bilden können.
- Zone 22: Geräte und Schutzsysteme der Kategorie 1D, 2D oder 3D – Bereich, in dem bei Normalbetrieb explosionsfähige Atmosphären in Form einer Wolke aus in der Luft enthaltenem brennbaren Staub normalerweise nicht oder aber nur kurzzeitig auftreten.
Schutzsysteme in explosionsgefährdeten Bereichen müssen entsprechend den geltenden Inverkehrbringervorschriften ausgeführt sein und benutzt werden. Werden Schutzsysteme verwendet, die keinen Inverkehrbringervorschriften entsprechen müssen, sind sie gemäß dem Stand der Technik unter Berücksichtigung erforderlicher Berechnungen (wie jene für Druckentlastungsflächen oder für reduzierte Explosionsdrücke) explosionssicher auszuführen.
Sekundärer Explosionsschutz
Ist die Bildung explosionsgefährdeter Bereiche nicht zu vermeiden, dürfen in diesem Bereich zumindest keine wirksamen Zündquellen vorhanden sein. Potenzielle Zündquellen müssen vermieden oder auf das unbedingt notwendige Ausmaß beschränkt werden. Es dürfen nur Arbeitsmittel, Arbeitskleidung und persönliche Schutzausrüstung verwendet werden, die nach dem Stand der Technik dafür geeignet sind und bestimmungsgemäß verwendet werden.
Tertiärer (konstruktiver) Explosionsschutz
Wenn wirksame Zündquellen in explosionsgefährdeten Bereichen organisatorisch oder technisch nicht sicher ausgeschlossen werden können, müssen geeignete Maßnahmen zur Begrenzung der Auswirkung von Explosionen auf ein für Arbeitnehmer unbedenkliches Maß getroffen werden. Mögliche Maßnahmen: explosionsfester Bau, Ex-Druckentlastung, ExUnterdrückung, Ex-technische Entkopplung,. etc.
Überprüfung von Anlagen und Betriebsmitteln
Elektrische Anlagen und Betriebsmittel, die in explosionsgefährdeten Bereichen verwendet werden, müssen vor der erstmaligen Inbetriebnahme und danach regelmäßig von geeigneten, fachkundigen Personen auf ihren ordnungsgemäßen Zustand überprüft werden.
Wiederkehrende Prüfungen auf ihre Explosionssicherheit sind grundsätzlich alle 3 Jahre durchzuführen. Abweichend davon betragen die Zeitabstände:
- längstens sechs Monate bei Untertagebauarbeiten und im Untertagebergbau,
- längstens ein Jahr auf Baustellen und im Tagbau,
- längstens ein Jahr im Fall einer außergewöhnlichen Beanspruchung z.B. durch
- Feuchtigkeit oder Nässe oder wenn Kondenswasser oder Spritzwasser nicht ausgeschlossen werden kann,
- Umgebungstemperaturen von weniger als -20°C oder mehr als 40°C,
- Einwirkung von Säuren, Laugen, Lösemitteln oder deren Dämpfen, die Korrosion bewirken können,
- direkte Einwirkungen von Witterungseinflüssen, soweit sie nicht schon durch lit. a oder b erfasst sind,
- Einwirkung von Staub, der durch die Arbeitsvorgänge entsteht
Erlässe über die Auslegung des Explosionsschutzes nach dem Stand der Technik auf der Arbeitsinspektions-Homepage.
Stand: 03.04.2017