Metalltechniker, Bundesinnung

Ein Mann mit Tiefgang

Bundesinnungsmeister-Stellvertreter Mst. Andreas Lahner im Interview

Lesedauer: 5 Minuten

22.09.2023

Andreas Lahner ist ein Mann mit Tiefgang – allerdings nicht nur wegen der mehr als tausend Tauchgänge, die er in seinem Leben bereits absolviert hat. Lahner ist seit achtunddreißig Jahren Geschäftsführer seines Unternehmens "Lahner Oberflächentechnik" in Brunn am Gebirge. Seit 2015 ist der Niederösterreicher außerdem Bundesinnungsmeister-Stellvertreter der Metalltechniker. Im Interview auf www.metalltechnik.at verrät er, mit welchen täglichen Herausforderungen er konfrontiert ist und was er sich von seinem Nachfolger

Herr Lahner, wie sieht ein "typischer" Tag im Alltag eines Bundesinnungsmeister-Stellvertreters aus?

Sehr unterschiedlich, je nach Anforderungsprofil und Jahreszeit. Im Herbst bin ich wesentlich mehr gefordert als im Sommer, auch wegen der Kollektivvertragsverhandlungen für die Metalltechnik und das Metallgewerbe. Davon abgesehen habe ich einmal pro Woche gewisse Aufgaben zu erledigen, auch in meiner Rolle als Berufsgruppenobmann der Oberflächentechniker. Das geht von einfachen Anfragen über aufwändige Recherchen, der Ausarbeitung von Meisterprüfungsordnungen bis hin zu Stellungnahmen für das Gericht. Darüber hinaus unterstütze ich den Bundesinnungsmeister. Meiner Meinung nach sollte ein Stellvertreter nicht nur dann in Aktion treten, wenn er die Stellvertretung übernimmt, sondern ergänzend auch diverse Aufgaben erledigen und vor allem da sein, wenn er gebraucht wird.

Sie sind nur noch eine gewisse Zeit lang im Amt. Was wünschen Sie sich von Ihrem Nachfolger/Ihrer Nachfolgerin?

Für meinen Nachfolger oder meine Nachfolgerin wünsche ich mir jemanden, der oder die den Job ernst nimmt und sich vor allem auch um die kleineren Gruppierungen innerhalb der Innung kümmert. Mir war es schon immer ein besonderes Anliegen, gerade kleineren Gruppen wie den Schmieden, etc. genügend Gehör zu geben und auch, wenn notwendig, in ihren Ausschusssitzungen mit dabei zu sein. Im Übrigen wünsche ich mir, dass meinem Nachfolger oder meiner Nachfolgerin auch ein gewisser Vertrauensvorschuss seitens der Innung gewährt wird. Schließlich fängt jeder einmal an.

Ihr Nachfolger wird wohl wieder männlich sein – es fehlt nach wie vor an Frauen in der Metalltechnik ….

Ja, leider gibt es nach wie vor zu wenige Frauen in der Metalltechnik, vor allem in den leitenden Positionen. Allerdings ist die Innungsarbeit natürlich auch mit gewissen zeitlichen Aufwendungen verbunden, was sich wiederum schwer mit Familie vereinbaren lässt. Generell habe ich immer gern mit Frauen zusammengearbeitet. In den vergangenen 30 Jahren im Job habe ich unter anderem die Erfahrung gemacht, dass Frauen oft viel besser „querdenken“ als Männer. Außerdem sind sie flexibler und zum Teil auch kompromissbereiter. In der Sache an sich können sie allerdings sehr bestimmend sein - mit einer Frau zu verhandeln war deshalb für mich immer schwieriger als mit einem Mann (lacht).

Sie sind in der Oberflächentechnik tätig. Was ist das Besondere an diesem "Genre" der Metalltechnik?

Außer Holz und Glas gibt es im täglichen Gebrauch nichts, das nicht aus Metall ist. Wenn Sie genau schauen, handelt es sich immer um Metall, welches in irgendeiner Form beschichtet wurde. Das fängt bei der Uhr an, geht über den vergoldeten oder versilberten Schmuck bis hin zu Türschnallen oder Fahrzeugteilen im Auto oder am Moped. Genau hier kommt der Oberflächentechniker ins Spiel. Mein Unternehmen hat die Galvanik und die mechanische Oberflächentechnik als Schwerpunkt. Das heißt, wir veredeln Metalle (durch Verzinken, Vernickeln, Verchromen....) oder bearbeiten die Metalle mechanisch (durch Schleifen, Polieren etc.) Weitere Schwerpunkte in der Oberflächentechnik sind Pulverbeschichten, Feuerverzinken, Emaillieren und neu die Dünnschicht und Plasmatechnik. Gartenmöbel zum Beispiel sind zu 90 Prozent pulverbeschichtet, Leitschienen oder alte Mistkübel an der Straße oft feuerverzinkt, genauso wie viele andere Metall-Konstruktionen. Dadurch sind sie besser gegen einen Brand geschützt. Wenn man also einmal genauer drüber nachdenkt, würde die Welt ohne uns Oberflächentechniker wohl wesentlich anders aussehen.

Inwieweit ist die Oberflächentechnik in den letzten Jahren klimafreundlicher geworden?

In der Branche sind wir hier schon seit mehr als zehn Jahren stark gefordert. Im Normalfall produziert die Oberflächentechnik durch ihre Arbeit Abwasser und Abfall. Zunächst ist das Umweltbewusstsein stetig gestiegen und durch strengere Bestimmungen in den letzten Jahren ist die Entsorgung wesentlich teuer geworden, weshalb es natürlich im Interesse jedes Oberflächentechnikers ist, so wenig Abwasser bzw. Abfall als nötig zu produzieren. Moderne Techniken in der Abwasserbehandlung und auch in der Beschichtungstechnik sind heute ressourcenschonender und umweltfreundlicher denn je. Jene Firmen, die mit der Zeit gehen – und das sind zum Glück die meisten – produzieren daher heute höchstens noch zwanzig Prozent des Abfalls und Abwassers, das sie noch vor zwanzig Jahren produziert haben. Ohne Beschichtung würde beispielsweise ein Stahlteil durchschnittlich maximal acht Jahre halten. Danach müsste es entsorgt und neu produziert werden. Das heißt, die Oberflächentechnik trägt langfristig gesehen sogar zum Umweltschutz bei.

Sie verhandeln auch heuer wieder bei den KV-Verhandlungen für das Metall-Gewerbe - welchen Abschluss würden Sie sich erhoffen?

Ich erhoffe mir auf jeden Fall, besser abzuschließen als die Metallindustrie. Allerdings muss uns auch klar sein, dass die Arbeitnehmer:innen es nicht schaffen werden, längerfristig zu überleben, wenn die Inflationsrate nicht abgegolten wird. Wir als Betriebe brauchen aber Konsument:innen, die sich uns leisten können. Wenn sich jemand heute keinen Elektro- oder KFZ- Techniker mehr leisten kann, schneiden wir uns ins eigene Fleisch.

Welche Herausforderungen sehen Sie durch die anhaltende Ukraine-Krise für die Betriebe?

Eine der größten Challenges ist nach wie vor die Lieferketten-Problematik. Die Allgemeinheit glaubt, dass sich ein Elektrotechniker doch gerade in Zeiten wie diesen eine goldene Nase verdienen müsste - schließlich will aktuell jeder eine Photovoltaikanlage am Dach. Doch der Elektrotechniker kann seine vielen offenen Baustellen gar nicht abschließen, weil ihm wichtige Teile fehlen, zum Beispiel ein Wechselrichter. Das heißt, er muss in Vorleistung gehen und im schlimmsten Fall Insolvenz anmelden, weil ihm bereits vor seinem Verdienst das Geld ausgeht. Generell wird es für viele Arbeitgeber aktuell verdammt eng, weil sie Liquiditätsprobleme haben. Arbeit ist zwar genügend vorhanden, doch Ertrag bleibt fast keiner mehr übrig. Schuld sind hier auch die horrenden Preissteigerungen.

Wie stehen Sie zum Thema Digitalisierung in der Oberflächentechnik?

Natürlich stehen auch in meinem Unternehmen sämtliche Zeichen auf Fortschritt. Wir haben etwa in den Produktionshallen schon lange computergesteuerte Anlagen im Einsatz. Es gibt sogar Mitbewerber, die mittlerweile in der Produktion überwiegend mit Robotern arbeiten. Diese Vorgehensweise sehe ich aber sehr kritisch. Ich denke, es braucht die richtige Mischung und gerade im Handwerk gibt es viele Tätigkeiten, wo der Digitalisierung schlichtweg Grenzen gesetzt sind. Ich kann schließlich bei einem Wasserrohrbruch schlecht einem Roboter sagen, er soll mir das Problem doch schnell wieder in Ordnung bringen.

Abschließend: Was sind die privaten Hobbies eines Oberflächentechnikers?

Die haben so gar nichts mit Beschichten zu tun (lacht). Ich reise gern und viel mit meiner Ehefrau und möchte das in Zukunft noch intensivieren, unter anderem mit meinem kleinen Wohnmobil. Außerdem bin ich ein Genussmensch und lasse mich gerne verwöhnen. Die Familie würde ich als meinen Lebensmittelpunkt bezeichnen.