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Handelsagenten, Bundesgremium

Rechtstipps für Sales Agents

Rechtsinfos und Fakten nach Schlagworten und Themen

Lesedauer: 291 Minuten

A

Das Thema Gebietsschutz oder Exklusivität stellt aus der Sicht des Handelsagenten stets ein wichtiges Anliegen dar, das in der Praxis leider viel zu häufig sehr nachlässig behandelt oder nur unzureichend vertraglich geregelt wird.

Wenn eine Alleinvertretung beabsichtigt ist, dann sollte dies im schriftlichen Handelsagentenvertrag konkret festgehalten werden, um die gesetzlichen Rechtsfolgen auch gezielt auszulösen. In einer aktuelleren Entscheidung vom 30.07.2015 führt das Oberlandesgericht Wien als Berufungsgericht zu 5 R 5/15i unter anderem sehr umfassend aus, unter welchen Voraussetzungen ein Handelsagent (aber auch angestellter Vertreter) vor dem Hintergrund der gesetzlichen Bestimmungen des Handelsagentenrechts (HVertrG) sowie des Angestelltengesetzes (AngG) tatsächlich Gebietsschutz genießt.

Gesetzliche Grundlagen

Grundsätzlich gebührt dem Handelsagenten nur dann eine Provision, wenn aufgrund seiner Vermittlungs- bzw. Abschlusstätigkeit ein Geschäft zu Stande gekommen ist. Ausnahmen von diesem Grundsatz normieren unter anderem im § 8 Abs 4 HVertG, wonach einem ausdrücklich für ein bestimmtes Gebiet oder für einen bestimmten Kundenkreis als alleinigen Vertreter bestellten Handelsagenten im Zweifel auch die Provision für solche Geschäfte zusteht, die ohne seine Mitwirkung während der Dauer des Vertragsverhältnisses durch den Unternehmer oder für diesen mit der zum Gebiet oder zum Kundenkreis des Handelsagenten gehörigen Kundschaft geschlossen worden sind.

Dispositiver Charakter 

Zu berücksichtigen ist dabei zunächst, dass die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen über die Provision – so insbesondere § 8 Abs 4 HVertrG – dispositiver Natur sind und von diesen daher vertraglich abgewichen werden kann. Dies steht auch im Einklang mit der diesbezüglichen europarechtlichen Vorgabe, der Richtlinie 86/653/EWG des Rates vom 18. Dezember 1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Handelsagenten, zumal gemäß Art 10 Abs 4 und Art 11 Abs 3 lediglich der Zeitpunkt des Entstehens, des Fälligwerdens sowie des Entfalls der Provision nicht zum Nachteil des Handelsagenten abbedungen werden darf. Der dispositive Charakter der Gebietsschutz-Bestimmung lässt sich insbesondere aus der Formulierung als Zweifelsregel ableiten.

Ausdrücklichkeit ist auch Schlüssigkeit

 Sofern nichts anderes vereinbart wurde, entsteht ein Provisionsanspruch iSd § 8 Abs 4 HVertrG ohne jede Mitwirkung des Handelsagenten nur dann, wenn der Handelsagent ausdrücklich auf ein bestimmtes Gebiet zugewiesen wurde. Einer expliziten Formulierung im Vertragstext „Bestellung als alleiniger Vertreter“ bedarf es jedoch nicht, sofern sich diese Stellung des Handelsagenten deutlich genug aus dem Vertragstext ergibt (Nocker, HVertrG § 8 Rz 91). Ferner soll nach der Rechtsprechung auch trotz des gesetzlichen Erfordernisses der Ausdrücklichkeit die schlüssige Vereinbarung eines Gebietsschutzes nach § 863 ABGB nicht von vornherein ausgeschlossen sein. Der Gesetzgeber habe damit nach herrschender Auffassung (nur) die notwendige Unzweifelhaftigkeit der alleinigen Bestellung für ein bestimmtes Gebiet zum Ausdruck bringen wollen (vgl RIS-Justiz RS0028028; Gerlach in Marhold/Burgstaller/Preyer Hrsg Kommentar zum AngG § 11 Rz 17). Eine schlüssige Vereinbarung könne demnach nur dann angenommen werden, wenn die Willensäußerungen ein so hohes Maß an Eindeutigkeit aufweisen, dass eine andere Auslegung vernünftigerweise nicht in Frage kommt (RIS-Justiz RS0013947, RS0014155). Die bloße Zuweisung eines Gebietes zur Bearbeitung, wie sie in irgendeiner Form praktisch bei jedem Vertretungsverhältnis vorkommt, könne somit per se noch keinen Gebietsschutz im Sinne des § 8 HVertG begründen (RIS-Justiz RS0028003).

Alleiniger Vertreter

Ferner muss der ausdrücklich für ein bestimmtes Gebiet bestellte Handelsagent auch zum "alleinigen Vertreter" bestellt sein, welcher Begriff gesetzlich nicht näher definiert ist und insofern in der Praxis Auslegungsschwierigkeiten bereitet. Nocker vertritt die Auffassung, dass diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn der Unternehmer keine weiteren Handelsagenten für dieses Gebiet bestellt hat. Dass der Unternehmer selbst in diesem Gebiet tätig wird, schadet seiner Meinung nach nicht für die Qualifikation als „alleiniger Vertreter“. Umgekehrt solle die Zuweisung eines bestimmten Vertragsgebietes allein noch nicht bedeuten, dass der Handelsagent nicht auch außerhalb seines Gebietes tätig werden darf (Nocker, HVetrG § 8 Rz 88 f).

Gebietszugehörigkeit

Der Provisionsanspruch eines „ausdrücklich“ als alleiniger Vertreter bestellten Handelsagenten gebührt entsprechend des Gesetzeswortlautes schließlich nur, wenn ein Geschäft mit einem Kunden geschlossen worden ist, der zu diesem Gebiet gehört. Entscheidend ist dabei der Sitz des Kunden, welcher sich bei natürlichen Personen nach deren (Haupt)Wohnsitz bestimmt. Bei juristischen Personen soll es nach einer Entscheidung des EuGH (Rs C-104/95, Kontogeorgas gegen Kartonpak AE, Slg 1996, I-6643 ff Rz 27) jedoch nicht auf den im Firmenbuch eingetragenen Sitz ankommen, sondern ist mangels einer entgegenstehenden Vereinbarung der Parteien der Ort der Ausübung der Geschäftstätigkeit der juristischen Person ausschlaggebend. Zumal es nach dem Wortlaut der Gesetzesbestimmung auf die Gebietszugehörigkeit des Kunden ankommt, dürfte auch der tatsächliche geographische Ort des Geschäftsabschlusses ebenso unerheblich sein wie der Ort der Lieferung der bestellten Ware. Der Provisionsanspruch entsteht somit auch, wenn der in dem, dem Handelsagenten zugewiesenen Gebiet ansässige Kunde die bestellten Waren beispielsweise an eine Filiale außerhalb des vorbehaltenen Gebiets versendet bzw. diese dorthin geliefert wird.

Anwendungsumfang des Handelsagentenrechts

Klarstellend wird festgehalten, dass die Bestimmungen des Handelsagentenrechts gem § 1 Abs 1 HVertrG lediglich auf jene Person anwendbar sind, die von einem Unternehmer mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften in dessen Namen und für dessen Rechnung ständig betraut sind und diese Tätigkeit selbstständig und gewerbsmäßig ausüben. Somit finden sie grundsätzlich keine Anwendung auf angestellte Vermittler, die ihre Tätigkeit in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit bzw. Unselbständigkeit ausüben. Zumal das auf Dienstnehmer anwendbare Angestelltengesetz jedoch eine dem § 8 Abs 4 HVertG quasi inhaltsgleiche Bestimmung enthält (§ 11 Abs 2 AngG), liegt in Bezug auf den Gebietsschutz eine im Wesentlichen kongruente gesetzliche Ausgangslage vor. So gebührt dem Angestellten, der ausdrücklich für einen bestimmten Bezirk als alleiniger Vertreter des Dienstgebers bestellt ist, mangels anderer Vereinbarung die Provision auch für solche Geschäfte, die ohne seine Mitwirkung während der Dauer des Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber oder für diesen in dem Bezirk abgeschlossen worden sind.

Zusammenfassung

In der genannten Entscheidung hat das OLG Wien als zweite Instanz zwar ausgesprochen, dass dem Handelsagenten ein Gebietsschutz weder ausdrücklich noch schlüssig (konkludent) eingeräumt wurde. Seiner Berufung wurde aber dennoch Folge gegeben, weil das Erstgericht seine beendigungsabhängigen Ansprüche (Ausgleichsanspruch und Kündigungsentschädigung infolge berechtigter vorzeitiger Auflösung durch den Handelsagenten) nicht geprüft bzw. den gesetzlichen Vorgaben entsprechend nicht zuerkannt hatte. Diese Ausführungen sind jedoch für die Frage des „Gebietsschutzes“ ohne Belang. Für das gegenständliche Thema zur Begründung einer Alleinvertretung empfiehlt es sich, im Vertrag möglichst detailliert die Exklusivität des Handelsagenten zu regeln, wobei zweckmäßigerweise darauf geachtet werden sollte, dass Wörter wie „Alleinvertretung“ (Gebietsschutz) oder „Bezirksvertretung“ (Kundenschutz) verwendet werden. Näheres in diesem Zusammenhang finden Sie unter anderem in den einschlägigen branchenspezifischen Publikationen (vgl. zB Breiter, Praxishandbuch Handelsagentenrecht, Seite 19f und auf www.handelsagenten.at unter „Serviceleistungen/Checkliste/Vertragscheck für Handelsagenten“ vom 04.07.2016).

Mag. Alexander Todor-Kostic, LL.M.

In vieler Hinsicht ist es nicht gleichgültig, ob Sie ein Handelsagent mit allen Attributen der Selbständigkeit sind oder Ihr Verhältnis zum vertretenen Unternehmen einen „arbeitnehmerähnlichen“ Charakter hat. Eine rechtliche Betrachtung, die ins Geld gehen kann.

Kriterien der Selbständigkeit

Die Realität zeigt, dass bei manchem Handelsagenten eine Überprüfung der Frage angeraten ist, ob und in welchem Umfang seine Selbständigkeit tatsächlich besteht. Der Check nur des oder der bestehenden Verträge mit vertretenen Unternehmen gibt häufig keinen Aufschluss darüber, weil diese Verträge meistens dem Handelsvertretergesetz entsprechen bzw. gravierende Abweichungen durch einschlägige gesetzliche Bestimmungen ohnedies nichtig werden.

Der Gewerbeschein bedeutet nur, dass der Inhaber die Absicht hat seine Tätigkeit auf eine gesetzliche Basis zu stellen und die Zugehörigkeit zur Sozialversicherung der Selbständigen ist eine logische Folge daraus.

Trotz Bestehens all dieser formalen Voraussetzungen kann es sein, dass das Umfeld und die Umstände unter denen der Handelsagent seinen Beruf ausübt, einen Hinweis darauf geben, dass bei ihm eine „Arbeitnehmerähnlichkeit“ vorliegt. In Ausnahmefällen kommt es vor, dass dem Handelsagenten die Selbständigkeit aufgezwungen wurde (unter Androhung des Arbeitsplatzverlustes), er aber dazu verhalten wird seine Tätigkeit praktisch unter den gleichen Bedingungen zu leisten wie vorher, ohne aber den Schutz des Angestelltenrechts zu genießen.

Der Handelsagent, für den die Selbständigkeit ein Lebensziel ist, sollte darauf achten, dass die Wirklichkeit seines Berufsalltags eben jene eines Selbständigen ist und bleibt. Er wird alle Versuche der Einengung durch den (die) Geschäftsherren unterbinden.

Die nachfolgende Tabelle stellt dem Selbständigen den Angestellten gegenüber. Sie gibt Aufschluss darüber, wo die schwerstwiegenden Unterschiede liegen. Bei einiger Überlegung kann man auch erkennen, wo sich Graubereiche bilden können, in denen an der reinen Selbständigkeit „geknabbert“ wird.

Allgemein typische Unterschiede
Handelsagent  Angestellter Provisionsvertreter
Ist verpflichtet, sich um laufende Vermittlungs- / Abschlusstätigkeit zu bemühen Ist zu Dienstleistung verpflichtet, idR laufende Vermittlungs- / Abschlusstätigkeit, Details bestimmt der Dienstgeber

Keine persönliche Arbeitspflicht, kann auch Subvertreter oder eigene Angestellte einsetzen

Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung 

 

Vertretungsmöglichkeit (eigene Mitarbeiter und Untervertreter)

Keine Vertretungsmöglichkeit

 

Nicht weisungsgebunden: keine Anwesenheitspflicht, Arbeitszeit und Arbeitsort sind im wesentlichen frei wählbar

Weisungsbindung hinsichtlich: Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenem Verhalten*

 

Keine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit  

Persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit 

Eigene Betriebsmittel (Büro, Computer, Fahrzeug...) 

Betriebsmittel des Arbeitgebers 

Erfolgsrisiko liegt beim Handelsagent 

Erfolgsrisiko liegt beim Unternehmer 

* Zum Arbeitsort: Die räumliche Bindung an die Betriebsstätte ist nicht von ausschlaggebender Bedeutung, zumal auch angestellte Provisionsvertreter bedingt durch ihre Tätigkeit vorwiegend im Außendienst arbeiten. Zur Arbeitszeit: Da der Beruf des Vertreters eine relativ weitgehende Zeitsouveränität zwingend mit sich bringt (Kundenbesuche!) ist auch eine vorweg fixierte Arbeitszeit auch beim Handelsagenten wie beim angestellten Vertreter gleichermaßen unüblich. Diesen Unterscheidungskriterien kommt daher eine geringere Aussagekraft zu.

Wenn Sie Zweifel daran haben, dass Sie wirklich ein unabhängiger Handelsagent reinsten Wassers sind, sollten Sie sich mit dem im Anschluss behandelten Begriff des „arbeitnehmerähnlichen Handelsagenten“ beschäftigen.

Die Hinweise auf Arbeitnehmerähnlichkeit

Arbeitnehmerähnlichkeit ist dadurch gekennzeichnet, dass es zwar kein Angestelltenverhältnis gibt, das Agenturverhältnis aber doch in vielerlei Hinsicht sehr stark einer Anstellung ähnelt. Die Arbeitnehmerähnlichkeit ist nach der herrschenden Rechtsprechung vor allem bei einer gewissen Regelmäßigkeit der Arbeitsleistung gegeben, sofern die betreffende Person zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes auf diese Entlohnung angewiesen ist und ihre Arbeit nicht in einem selbständigen eigenen Betrieb, sondern in wirtschaftlicher Unterordnung für die Zwecke eines anderen leistet. Wesentlich ist dabei die Fremdbestimmung der Arbeit, welche dann anzunehmen ist, wenn der wirtschaftliche Erfolg der Tätigkeit dem Unternehmer zukommt.

Derartiges findet sich gar nicht so selten in Verträgen der Handelsagenten. Für den Unternehmer bietet die Verwendung eines formal selbständigen Agenten erhebliche Vorteile (keine Soziallasten, keine Fixkosten, niedere Vertriebskosten), allerdings auch den Nachteil, dass der Handelsagent nicht wie ein Angestellter kontrolliert werden kann. Um dem zu begegnen trachten manche Unternehmen den Handelsagenten in eine wirtschaftliche Abhängigkeit (u.a. durch vertragliche oder faktische Exklusivitätsbindungen) zu drängen, sodass die Tätigkeit dann für den Handelsagenten die alleinige wirtschaftliche Existenzgrundlage darstellt und er auch oftmals kaum mehr über seine Arbeitskraft frei disponieren kann.

Der Einfirmenvertreter (Handelsagent wird nur für ein Unternehmen tätig) wird damit regelmäßig vom Unternehmen in einem besonderen Maß wirtschaftlich abhängig sein. Durch diese wirtschaftliche Abhängigkeit erhält der Handelsagent möglicherweise eine arbeitnehmerähnliche Stellung (also rechtlich selbständig, aber wirtschaftlich unselbständig).

Zusammenfassend heißt das, dass wirtschaftliche Abhängigkeit eines Handelsagenten vor allem durch folgende Merkmale bedingt ist:

  • Tätigkeit für nur einen Unternehmer 
  • Dieses Einkommen ist die alleinige oder weitaus überwiegende Grundlage für die  wirtschaftliche Existenz
  • Weisungsgebundenheit
  • regelmäßige (persönliche) Berichtspflicht
  • Mindestumsatz.

Ergänzend finden Sie als weitere Hilfestellung nachstehend eine Liste der Kriterien, anhand welcher Sie bei Zweifeln an der Selbständigkeit Ihrer Erwerbstätigkeit eine erste Vorabprüfung Ihres Vertrages vornehmen können.

Für eine abschließende Klärung der Qualifikation Ihres Vertrages sollten Sie jedoch jedenfalls eine detaillierte rechtliche Beurteilung Ihres Vertrages vornehmen lassen, da grundsätzlich nicht durch das Überwiegen der einen oder anderen Kriterien eine bestimmte Einordnung erreicht werden kann, sondern eine Gesamtabwägung der Umstände in einem beweglichen System vorzunehmen ist.

Merkmale eines “selbständigen Handelsagenten“ 

JANEIN
Vertretungsmöglichkeit
Eigene Firma
Eigene Geschäftsräume
Eigene Betriebsmittel (ua Auto)
Tätigkeit auf reiner Provisionsbasis ohne Fixum
Vertretung mehrer Unternehmer

Merkmale eines „arbeitnehmerähnlichen Handelsagenten“

 JA  NEIN
Vorgabe eines genauen Arbeitsplans
Bestimmung der täglichen Arbeitszeit
Vorgegebene Einteilung der Kundenbesuche
Regelmäßige Berichtspflicht
Genehmigungspflicht für jede Geschäftstätigkeit
Fixvergütung ohne erfolgsabhängige Provision
Sonderzahlungen
Spesenersatz
Dienstwagenregelung
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot
(Konkurrenzklausel)
Urlaubsregelung
Mindestumsatz

Trifft auf Sie die Mehrzahl der obigen Merkmale zu, sind Sie vermutlich „arbeitnehmerähnlicher Handelsagent“ und unterstehen, wie erwähnt, bestimmten arbeitsrechtlichen Schutzvorschriften (siehe dazu unten).

Der Nutzen für den Handelsagenten

Was bedeutet es für Sie, wenn Sie (möglichst mit rechtskundiger Hilfe) zu dem Schluss kommen, dass Ihre Position die eines „arbeitnehmerähnlichen Handelsagenten“ ist?

Die Qualifikation als „arbeitnehmerähnlicher Handelsagent“ hat zur Folge, dass einzelne für Arbeitnehmer geschaffene Rechtsvorschriften trotz des formalen Status als selbständiger Handelsagent auf Ihr Vertragsverhältnis Anwendung finden.

Zunächst wird dadurch, dass Sie als „arbeitnehmerähnlicher Handelsagent“ zu qualifizieren sind, auch die Zuständigkeit des Arbeits- und Sozialgerichtes begründet, wenn es um Provisions- und Ausgleichsansprüche an das vertretene Unternehmen geht. Die Zuständigkeit der Arbeits- und Sozialgerichte bietet erhebliche prozessrechtliche Vorteile. Das Verfahren ist insgesamt durch eine Vereinfachung im Interesse des gegenüber dem Arbeitgeber schwächeren Arbeitnehmers gekennzeichnet.

Die Arbeitnehmerähnlichkeit hat des Weiteren Auswirkungen auf Ihre Haftung für Schäden, die im Rahmen des Vertragsverhältnisses entstehen. Es gelten für arbeitnehmerähnliche Handelsagenten die Haftungs- bzw. Rückgriffsbeschränkungen des Dienstnehmerhaftpflichtgesetzes (DHG). Das Dienstnehmerhaftpflichtgesetz befreit den Handelsagenten gegenüber seinem Unternehmer von der Haftung für Schäden, die als „entschuldbare Fehlleistungen“ zu werten sind. Für Schäden, die der Handelsagent aus einem minderen Grad des Versehens zugefügt hat, kann das Gericht den Ersatz mäßigen oder gar ganz erlassen. Bei grober Fahrlässigkeit ist eine Mäßigung des Ersatzes möglich. Hat der Handelsagent den Schaden vorsätzlich zugefügt, haftet er nach den allgemeinen Schadenersatzregeln. Die Anwendung des DHG hat für den Handelsagenten als ständig Dienstreisenden eine große Bedeutung im Zusammenhang mit Verkehrsunfällen. Verursacht der arbeitnehmerähnliche Handelsagent einen Verkehrsunfall aus einer entschuldbaren Fehlleistung, so trifft den Unternehmer gegenüber dem Handelsagent die volle Schadenersatzpflicht. Gegenüber einem durch den Verkehrsunfall zu Schaden gekommenen Dritten ist der Handelsagent zunächst zum vollen Ersatz verpflichtet. Der Handelsagent kann sich jedoch je nach Verschuldensgrad beim Arbeitgeber regressieren, wenn die Rückvergütung der Billigkeit entspricht. Im Fall eines anderen Verschuldensgrades variiert das Ausmaß der Ersatzpflicht.

Nach der Rechtsprechung sind auf arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsverhältnisse noch andere arbeitsrechtliche Normen analog anzuwenden. In diesem Zusammenhang ist der Gleichbehandlungsgrundsatz von besonderer Bedeutung, da dieser grundsätzlich im Vertriebsrecht nicht Anwendung findet und es dem Unternehmer freisteht, mit seinen Handelsagenten unterschiedliche Konditionen auszuhandeln. Das bedeutet also, dass ein arbeitnehmerähnlicher Handelsagent das Recht darauf hat, nicht willkürlich oder aus sachfremden Motiven unter denselben Voraussetzungen schlechter gestellt zu werden, als die übrigen Handelsagenten des Unternehmers. Dies wird wohl insbesondere bei der Höhe des Provisionssatzes bzw. bei freiwilligen Leistungen eine Rolle spielen.

RA Mag. Dominik Leiter

Rechtliches Neuland – Mit dem nachfolgenden Thema verknüpfen sich eine Fülle wiederkehrender, teils komplizierter Rechtsfragen.

Ausgleichsanspruch bei Regelpensionsalter 

Wiederholt treten Handelsagenten an den Anwalt mit der Mitteilung heran, sie hätten nunmehr einen Anspruch auf Pension wegen langer Versicherungsdauer (Hacklerregelung), der Bescheid sei bereits in Arbeit, sie beabsichtigen daher aufgrund dieses Umstandes den Handelsagentenvertrag zu kündigen und den gesetzlichen Ausgleichsanspruch gemäß § 24 Handelsagentenrecht (HVertrG) geltend zu machen.

Die in dieser Absicht der Handelsagenten zum Ausdruck kommende  Rechtsmeinung, dass nämlich der Anspruch auf Pension wegen langer Versicherungsdauer auch das Recht zur Kündigung des Vertrages unter Aufrechterhaltung des Ausgleichsanspruchs berechtige, ist problematisch und im Ergebnis falsch. Das Gesetz sieht zwar im § 24 Abs 3 Zif 1 den Anspruch auf Ausgleichszahlung vor, wenn den Handelsagenten eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit "wegen des Nutzen Sie die maßgeschneiderte Rechtsschutzversicherung für Handelsagenten, die für Streitigkeiten vor Gericht die finanzielle Rückendeckung gibt. Alters oder wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann", die Rechtsprechung nimmt aber beim Begriff des "Alters" das gesetzliche Regelpensionsalter von 60 Jahren bei Frauen bzw. 65 Jahren bei Männern an.

Wenn zum Beispiel eine Handelsagentin mit 58 Jahren einen Pensionsanspruch hat, ist das Regelpensionsalter von 60 Jahren nicht erreicht. So hilft ihr dieser Umstand bei der Kündigung unter Aufrechterhaltung des Ausgleichsanspruchs nicht (OGH 16.9.2011, 9 ObA 105/10x). Die ratsuchenden Klienten sind also darauf hinzuweisen, dass eine Kündigung derzeit nicht ratsam ist und daher das Regelpensionsalter abzuwarten ist.

Ausgleichsanspruch bei neu zugeführten Stammkunden

Neben der "richtigen" Vertragsbeendigung sind für den Erwerb des Ausgleichsanspruchs weitere Voraussetzungen erforderlich. Unter anderem müssen die Handelsagenten  nachweisen, dass sie dem Unternehmen Neukunden zugeführt haben und dass zu erwarten ist, dass das Unternehmen aus diesen neu zugeführten Geschäftsbeziehungen auch nach Vertragsbeendigung mit den Handelsagenten weiter bestehende wirtschaftliche Vorteile hat.

Der Umstand der Neukundenzuführung ist allerdings für den Erwerb des Ausgleichsanspruchs noch nicht ausreichend. Die neu zugeführten Kunden müssen nämlich zu Stammkunden des Unternehmens werden, was insbesondere im Zusammenhang damit, dass es sich in machen Fällen um so genannte
"langlebige Wirtschaftsgüter" handelt, näherer Betrachtung bedarf. Gerade im industriellen Bereich kommt es immer wieder vor, dass die an den zugeführten Neukunden gelieferten Wirtschaftsgüter eine lange Lebensdauer, also beispiels- weise zehn oder bis zu 30 Jahren und länger haben.

Es stellt sich die Frage, ob hier weiterbestehende berücksichtigungswürdige erhebliche Vorteile des Unternehmens gegeben sind, ob hier von einer Stammkundeneigenschaft zu sprechen ist und ob daher überhaupt ein Ausgleichsanspruch zu Recht besteht. Im Regelfall und üblicherweise geht die Rechtsprechung davon aus, dass von einem Stammkunden nur dann gesprochen werden kann, wenn in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als ein Geschäft mit dem Unternehmen abgeschlossen wird oder voraussichtlich abgeschlossen werden kann.

Unter besonderen Voraussetzungen können jedoch auch bei Wirtschaftsgütern mit einem längeren Bestellintervall Einmalkunden als potenzielle Stammkunden für den Ausgleichsanspruch berücksichtigt werden. Dies ist allerdings nur unter besonderen zusätzlichen Voraussetzungen möglich:
Die Rechtsprechung und Lehre nimmt auch bei langlebigen Wirtschaftsgütern die grundsätzliche Möglichkeit eines Ausgleichsanspruchs dann an, wenn nach der Erstanschaffung und während der Lebensdauer des Produkts Wartungs- oder Reparaturarbeiten anfallen, also eine gewisse "Nahebeziehung" zum Kunden bestanden hat. Wenn also derartige laufende Ersatzteil- und Servicearbeiten bzw. auch Serviceverträg bestehen, ist von der Möglichkeit eines Wiederholungskaufes (Nachbestellung) auszugehen und sodann, trotz langer Lebensdauer der verkauften Produkte, grundsätzlich von einem Ausgleichsanspruch auszugehen.

Rohausgleich und Corona

Bei Berechnung des Rohausgleichsbetrages, also der Prüfrechnung für den Ausgleichsanspruch, ist normalerweise zu berücksichtigen, dass diese auf der Basis der Provisionen des letzten Vertragsjahres ein völlig unbefriedigendes Ergebnis hervorbringen kann, weil ja die Unternehmensumsätze durch die Coronakrise erheblich und damit auch die Provisionsverdienste der Handelsagenten zurückgegangen sind.

Es wäre daher unbillig, wie bisher von Rechtsprechung und Lehre vorgesehen, das letzte Vertragsjahr für die Berechnung heranzuziehen. Gerecht wäre es und wird wohl von einer künftigen Rechtsprechung davon auszugehen sein, dass zur Berechnung eben das vorletzte, nicht von der Coronakrise betroffene Vertragsjahr herangezogen wird.

Problematisch ist in diesem Zusammenhang die bisherige Rechtsprechung, dass für die Einschätzung der weiterbestehenden Vorteile des Unternehmens der Tag der Vertragsbeendigung heranzuziehen ist und dass diese Vorteile zunächst einmal vermutet werden. Von diesem Prinzip wird man, da nicht absehbar ist, wie lange die Coronakrise – insbesondere wirtschaftlich (!) – tatsächlich andauert, abgehen müssen. Billigkeitsgrundsätze werden jedenfalls anzuwenden sein.

Fristlose Vertragsbeendigung wegen Coronakrise

Behördlich angeordnete Geschäftsschließungen – so genannte "Lockdowns" – wie in der Vergangenheit des Öfteren vorgekommen und auch in Zukunft drohend, führen zu empfindlichen Einkommensverlusten der Unternehmen sowie zu Provisionsverlusten der Handelsagenten.

Wenn absehbar ist, dass der Unternehmer über einen längeren Zeitraum verhindert ist, Waren an die Kunden auszuliefern, bzw. es den Handelsagenten unmöglich ist, Geschäfte zu vermitteln, kann eine einseitige Vertragsbeendigung angedacht werden. Ob allerdings der "begründete Anlass" im Sinne des § 24 Abs 3 Zif 1 HVertrG aufgrund der Einstellung der Lieferungen durch das Unternehmen wegen der Coronakrise gegeben ist und daher eine gerechtfertigte ausgleichserhaltende Eigenkündigung der Handelsagenten vorliegt, ist fraglich, da anzunehmen ist, dass die Hindernisse, die ihren Ursprung in der Coronakrise haben, den Unternehmen nicht "zurechenbar" sind. Es droht daher der Verlust des Ausgleichsanspruchs.

Geht man davon aus, dass es infolge einer weiteren Welle etwa zu neuerlichen Betriebsschließungen kommt und ist deren Ende nicht absehbar, wird man wohl vom Rechtsbegriff der „höheren Gewalt“ ausgehen können. Dieser Umstand würde die Handelsagenten zur fristlosen Vertragsbeendigung berechtigen. Dies gilt auch umgekehrt für die Geschäftsherren. Ob die Handelsagenten in diesem Fall unter Berücksichtigung der Bestimmung des § 24 Abs 3 Zif 1 HVertrG bei einer derartigen coronabedingten fristlosen Vertragsbeendigung ihren Ausgleichanspruch behalten, ist wohl nicht anzunehmen.

Provisionsanspruch und coronabedingte Stornierung durch den Kunden

Wenn der Kunde etwa wegen Schließung seines Ladens bereits rechtswirksame Bestellungen storniert, ergibt sich die Frage im Sinne des § 9 Abs 3 HVertrG, ob dieser Vorgang "auf Umständen beruht, die vom Unternehmen zu vertreten sind" und daher, trotz Nichtausführung des Geschäftes, der Handelsagent weiterhin seinen Provisionsanspruch behält. Die Nichtauslieferung bestellter Waren fällt auf den ersten Blick in die Sphäre des Unternehmens. Nach Meinung des Verfassers dieses Artikels behält der Handelsagent seinen Provisionsanspruch.

Falls in den Handelsagentenverträgen, was üblicherweise nicht der Fall ist, der Umstand der höheren Gewalt nicht geregelt ist, gilt Folgendes: Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass der Fall höherer Gewalt zum Wegfall der Vertragsgrundlage führt, sohin beide Vertragspartner von ihren Pflichten entbunden sind.

All diese Fragen zu Corona stellen rechtliches Neuland dar und können mangels Rechtsprechung derzeit nicht abschließend beurteilt werden.

Dr. Erich Schwarz

Wodurch kann der Ausgleichsanspruch in der Praxis eingeschränkt sein, woran kann er scheitern?

Der Sales Agent (=Handelsagent) hat nach dem Vertragsende einen zwingenden Ausgleichsanspruch für den aufgebauten Kundenstock. Dennoch hört man bisweilen, dass er „nichts gekriegt“ hätte. Woran kann dies liegen und worauf ist zu achten? 

Vorbemerkung

In diesem Beitrag geht es nicht so sehr um die Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs. Fehlt eine, versteht es sich von selbst, dass der Ausgleichsanspruch nicht zusteht. Das gilt etwa, wenn der Sales Agent z.B. den Vertrag ohne tragfähige Begründung auflöst. Hier geht es um etwas anderes, nämlich um praktische Fälle, in denen „an sich“ ein Ausgleich zugestanden wäre, dieser aber aufgrund verschiedener Umstände eingeschränkt war oder gar entfallen ist. 

Verfehlungen und Fehler des Sales Agent

Beleidigungen

Kaum zu glauben aber dennoch in der Praxis immer wieder zu beobachten sind Fälle, in denen sich der Sales Agent zu Beleidigungen des Business Partner (= Geschäftsherrn) hinreißen lässt. Hier wird schon einmal die Geschäftsführerin bei einer Vertretertagung als "Schwein" bezeichnet, der Juniorchef gegenüber einem angestellten Vertriebskollegen als "faule Sau, der genauso deppert ist wie sein Vater" oder der Geschäftsführer in einem (mitgehörten) Telefonat als "zu blöd, zu wissen, was ein DB ist". 

Besonders unglücklich ist dies, wenn Zeugen dabei waren (obgleich man Beleidigungen dieser Art auch im Vieraugengespräch absolut vermeiden sollte). Selbst wenn ein Business Partner den Agenturvertrag nicht (rechtzeitig) auflöst, können sich diese Beleidigungen im Zuge der Billigkeit auswirken (zur Billigkeit noch später). 

Konkurrenzverstoß

Ein Sales Agent unterliegt einem gesetzlichen, strengen Konkurrenzverbot. Hier gilt es besonders aufzupassen. Denn was für den Sales Agent "ein völlig anderes Produkt", "eine andere Linie" etc. ist, muss es für den Richter im Streitfall nicht sein. Richtig ist, dass sich ein Konkurrenzprodukt nach der Verwendung, dem Kundenkreis, dem Preisniveau etc. richtet. Oft gibt es aber – etwa im Modebereich – "Überschneidungen" zwischen verschiedenen Vertretungen. Streitfälle sind hier vorprogrammiert. Bisweilen meint ein Sales Agent, dass es in Ordnung sei, wenn er zwar einen Mitbewerber, aber konkret kein Konkurrenzprodukt vertritt. Auch dies ist zumindest nach deutscher Rechtsprechung ein Fehler, da ein Mitbewerber auf keine Weise unterstützt werden darf. 

Es ist also Vorsicht geboten. Sollen tatsächlich Konkurrenten parallel vertreten werden, benötigt man die schriftliche Zustimmung sämtlicher beteiligter Business Partner. Als Beweis anzuführen "die haben das gewusst, der hat mich doch auf der Messe auf dem anderen Stand gesehen", sind für eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht tauglich.

Verstoß gegen gesetzliche und/oder vertragliche Informationspflichten

Ist der Sales Agent eine GmbH, wird bisweilen vereinbart, dass Änderungen auf Gesellschafter- und/oder Geschäftsführerebene zustimmungspflichtig sind, ansonsten ein Vertragsverstoß vorliegt. Je nach den Umständen des Falls und auch abhängig von der anwendbaren Rechtsordnung, kann der Ausgleichsanspruch gefährdet sein. In Frankreich hat es diesbezüglich vor kurzem eine Entscheidung gegeben, die den Ausgleichsanspruch aufgrund dessen verneint hat. 

Nicht aufgearbeitete Kundenstruktur

Je komplizierter die betreffende Branche, desto mehr sollte der Sales Agent darauf achten, seine Tätigkeit, Bemühungen und Akquise zu dokumentieren. Wir hatten einen Fall, in dem Buchhandlungen betreut wurden. Diese waren im Lauf von Jahren und Jahrzehnten teilweise von Ketten übernommen worden (wobei Filialen dazukamen aber auch entfielen), neu gegründet, vererbt, Nachfolger haben Sortimente einfach weiter geführt etc. Die Darlegung, wer denn überhaupt Entscheidungsträger und damit Kunde war und wann und wie der Sales Agent diese geworben hat, war schwierig. 

Oder ein Fall aus dem Krankenhausbereich: Betreuen Großkunden die eigentlichen Entscheidungsträger in den einzelnen Krankenhäusern, gibt es Listungsgespräche und Verträge mit diesen Großkunden, diesbezügliche Aktivitäten des Verkaufsleiters etc., ist die Darlegung der Akquise durch den Sales Agent, der eben die einzelnen Häuser betreut, eine Herausforderung, vor allem wenn die letzten 15-20 Jahre aufzuarbeiten sind. 

Führt der Sales Agent eine eigene Kundenkartei im Sinne von Kundenstammdatenblättern, die den maßgebenden Akquisevorgang dokumentieren, hat er im Streitfall alles rasch zur Hand. Kann er die Kundenstruktur selbst kaum nachvollziehen, wird es schwierig. 

Vertragsgestaltung

Vorabzahlung und Einstandszahlung

Sämtliche Zahlungen, die der Sales Agent auf seinen späteren Ausgleichsanspruch erhalten soll oder umgekehrt für die Übernahme des Vertriebsgebietes bezahlen soll, stehen unter dem Verdacht einer Umgehung. Dennoch sind sie nicht jedenfalls unwirksam. Bei Einstandszahlungen sind, was eine spätere Rückforderung anlangt, zudem Verjährungsfristen zu beachten. Soll mit dem Ausgleich gegengerechnet werden, kann dieser im Ergebnis eingeschränkt sein oder gar entfallen. Durch solche Vertragspunkte kommt es jedenfalls zu unnötigen und unerfreulichen rechtlichen Diskussionen. 

Neuer Vertrag

Dasselbe gilt, wenn ein bestehender Vertrag eigentlich nur geändert oder erweitert werden soll, der Business Partner bei dieser Gelegenheit aber einen "neuen Vertrag" vorlegt. Im Nachhinein wird diskutiert, ob dadurch tatsächlich ein neues Vertragsverhältnis begründet wurde, ob Neukunden zu Altkunden wurden etc. Vermieden werden kann dies dadurch, dass bloße Änderungs- bzw. Nachtragsvereinbarungen erfolgen. 

Umsatzziele

Rechtlich heikler für den Sales Agent sind Umsatzziele, die gerade Lieferanten aus Italien oder Spanien gerne vereinbaren. Werden die Umsatzziele verfehlt, besteht die Gefahr, dass das Vertragsverhältnis fristlos gekündigt wird und ein Ausgleichsanspruch entfällt. Dies ist zwar selbst in Italien nicht gängige Rechtsprechung, es gibt von Gericht zu Gericht unterschiedliche Auffassungen. Zum österreichischen Recht gibt es eine Entscheidung des OGH, wonach der Sales Agent beweisen muss, dass er die Ziele aus Gründen nicht erreicht hat, die der Business Partner zu vertreten hat. Was das genau bedeutet, ist unklar. Wir haben dazu aktuell einen Fall anhängig, über den wir berichten werden. Tatsache ist, dass bei Zielvereinbarungen rechtliche Probleme vorprogrammiert sind. 

Gerichtsstand und anwendbares Recht

Der erfahrene Leser weiß bereits: für Handelsagentenverträge ist im Verhältnis zu Business Partnern innerhalb der EU österreichisches Recht anwendbar und es gilt ein österreichischer Gerichtsstand – sofern im Agenturvertrag nichts anderes vereinbart wird. Hier gilt es, insbesondere teure Schiedsgerichte zu vermeiden. Hat der Sales Agent "nichts gekriegt", kann das also (auch) daran liegen, dass er aus Kostengründen vor einem ausländischen Schiedsgericht nicht klagen wollte. 

Billigkeit als "Black Box"

Der Ausgleichsanspruch unterliegt der sogenannten Billigkeit. Damit ist gemeint, dass das Gericht sämtliche Umstände des Einzelfalls berücksichtigen muss und sich der Ausgleichsanspruch entsprechend vermindern (theoretisch auch erhöhen) kann. Hat der Sales Agent etwa ein geringeres Risiko zu tragen gehabt (z.B. durch ein Fixum), hat er sich Beleidigungen schuldig gemacht (auch wenn erst verspätet gekündigt wurde), hat er eine wenn auch unwirksame Vorabzahlung erhalten etc. sind all das Umstände, die bei der Bemessung des Ausgleichs einfließen können.  

Summary

Vermeiden Sie, dass der berechtigte Ausgleichsanspruch eingeschränkt wird oder zur Gänze entfällt. Dazu haben Sie zwei Möglichkeiten zur Vorsorge: einerseits es gar nicht so weit kommen lassen, also entsprechende Vertragsregelungen ablehnen bzw. Verfehlungen aller Art vermeiden. Zum anderen für den Fall des Falles die Rechtsschutzversicherung für Sales Agents abschließen.

Dr. Gustav Breiter

Hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs haben sich italienische Unternehmen bis dato auf kollektivvertragliche Beschränkungen berufen. Nach einer neuen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs sind diese unzulässig.

1. Die Ausgangslage

Die italienischen Verbände Confcommerceo (Vertretungsorganisation von Betrieben der Sektoren Handel, Tourismus und Dienstleistungen) und FNAARC (Vertretungsorganisation der Handelsagenten) haben im Jahr 1992 einen Tarifvertrag abgeschlossen. Dieser Vertrag sollte sozusagen eine bindende Auslegung des Art. 1751 Codice Civile darstellen, der in Umsetzung der Richtlinie zum Schutz der Handelsvertreter aus dem Jahr 1986 bei Beendigung des Handelsagentenvertrags unter bestimmten Voraussetzungen den sogenannten Ausgleichsanspruch (Kundenabgeltung) vorsieht.

In der Praxis sind die italienischen Unternehmen daher bei Berechnung der Beendigungsansprüche des Handelsagenten zunächst einmal von der Berechnungsmethodik dieses Tarifvertrags ausgegangen. Demnach sollten die Handelsagenten – abhängig von Provisionsumsatz und Exklusivität – 2 bis 5 % des Gesamtbetrags der im Laufe des Vertragsverhältnisses aufgelaufenen Provisionen als Ausgleichszahlung erhalten.

Diese Ausgleichszahlung sollte auch dann zustehen, wenn die Voraussetzungen des Art. 1751 Codice Civile (bzw der zugrunde liegenden EG-Richtlinie) nicht gegeben waren, dh also auch dann, wenn der Handelsagent keine neue Kunden akquiriert hatte, er aus der Beendigung keine Provisionsverluste erleidet (also auch bei Projektgeschäft) oder auch, wenn keine weiterwirkenden Vorteile für das Unternehmen vorliegen.

Die Regelung konnte sich daher – im Vergleich zu den herkömmlichen Grundsätzen der Ausgleichsberechnung – also durchaus auch zum Vorteil des Handelsagenten auswirken. Der Nachteil der tarifvertraglichen Regelung lag aber darin, dass ein Handelsagent, der sehr wohl neue Kunden akquiriert hatte, im Regelfall nach dem italienischen Tarifvertrag weniger erhielt als nach der (zumindest in Deutschland und in Österreich) üblichen Berechnung des Ausgleichsanspruchs. Mit anderen Worten: Eine Berechnung nach dem Tarifvertrag brachte eine erhebliche Schmälerung des Ausgleichs mit sich, wenn der Handelsagent Neukunden akquiriert hatte und daher aufgrund Art. 1751 Codice Civile mehr, nämlich bis zu einer Jahresdurchschnittsprovision, erhalten hätte.

Auch für österreichische Handelsvertreter war der italienische Tarifvertrag in der außergerichtlichen Diskussion mit dem italienischen Geschäftsherrn durchaus ein Thema. Die italienischen Unternehmen haben sich auch gegenüber ausländischen Handelsagenten gerne auf den Tarifvertrag berufen, zumal sie diesen ja durchaus gewohnt waren, sie sich andererseits langwierige Berechnungen ersparten und zudem im Ergebnis der Ausgleichsanspruch des Handelsagenten limitiert wurde.

Ein zwischen italienischen Verbänden ausgehandelter Kollektivvertrag konnte freilich (außer es wurde vertraglich darauf Bezug genommen) für einen österreichischen Handelsagenten keine Wirkung entfalten. Dennoch musste man dies in der Vergangenheit einem italienischen Unternehmen erst einmal erklären.

2. Entscheidung des EuGH

In einem italienischen Zivilverfahren zwischen einer italienischen Handelsvertreterin und einem italienischem Unternehmen kam es nun zu einem sogenannten Vorlageantrag an den Europäischen Gerichtshof. Das Gericht fragte beim Europäischen Gerichtshof an, ob die genannte Regelung im Tarifvertrag mit Art. 17 der EG-Richtlinie zum Schutz der Handelsvertreter in Einklang zu bringen ist.

Die Antwort des EuGH war eindeutig. Er folgte – wie üblicherweise – den Schlussanträgen des Generalanwalts, der sich bereits am 25. 10. 2005 gegen eine Wirksamkeit dieser tarifvertraglichen Beschränkung des Ausgleichsanspruchs ausgesprochen hatte. Der EuGH ist dem gefolgt und hat im Wesentlichen hervorgehoben, dass es nicht darauf ankommt, ob die im Tarifvertrag festgelegte Regelung vielleicht im Einzelfall für einen Handelsagenten günstiger sei als die Berechnung nach Art. 1751 Codice Civile. Maßgeblich ist, ob von vornherein feststeht, dass die Regelung des Tarifvertrages für alle Handelsvertreter jedenfalls gleich günstig oder sogar günstiger ist als die gesetzliche Bestimmung, die die Richtlinie umsetzt. Und dies war selbstverständlich klar zu verneinen. Denn derjenige Handelsagent, der neue Kunden brachte, ist ja nach dem Tarifvertrag Beschränkungen unterworfen, die ansonsten nicht bestehen. Die tarifvertragliche Regelung begünstigte die Handelsagenten also nicht, im Gegenteil, in vielen Fällen hatte der Tarifvertrag den Anspruch des Agenten schlicht und einfach limitiert.

Der Europäische Gerichtshof hat bei dieser Gelegenheit wiederum betont, dass den Art. 17-19 der EG-Richtlinie (dh den Ausgleichsanspruch betreffend) zwingender Charakter zukommt, dh dass die Vertragsparteien auch nicht über den Umweg eines Tarifvertrages zum Nachteil des Handelsvertreters davon abweichen können.

Im Ergebnis wird der Ausgleichsanspruch eines Handelsagenten nicht durch die Regelung des Tarifvertrages beschränkt. Ein Handelsagent, der die allgemeinen Voraussetzungen für einen Ausgleichsanspruch (insbesondere die Neukundenzufuhr) erfüllt, hat daher Anspruch auf einen Ausgleichsanspruch in der Höhe, wie er sich nach Art. 1751 Codice Civile in Umsetzung des Art. 17 der EG-Richtlinie ergibt. Hilfsweise wird man hier auf die in Österreich und Deutschland gewohnte Berechnungsmethodik zurückgreifen können.

Die Entscheidung des EuGH stellt jedenfalls einen weiteren Meilenstein in der Entwicklung des „europäischen“ Handelsagentenrechts dar. Es hat sich wieder gezeigt, dass der zugrundeliegenden Bestimmung der EG-Richtlinie zwingende Wirkung zukommt und dass daher keine vertraglichen Einschränkungen möglich sind.

3. Gerichtsstand und anwendbares Recht

Hat ein österreichischer Handelsagent einen Handelsagentenvertrag mit einem italienischen Prinzipal abgeschlossen, hängt die Frage, welches Recht anwendbar ist, in erster Linie davon ab, ob ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wurde oder nicht. Denn in schriftlichen Verträgen ist regelmäßig eine Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des Unternehmers vorgesehen. Ist dies aber nicht der Fall oder besteht von vornherein ein mündlicher/schlüssiger Vertrag, kommt österreichisches Recht zur Anwendung, sofern der Handelsagent seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich hat.

Da in den meisten schriftlichen Verträgen zwischen österreichischen Handelsagenten und italienischen Unternehmen eine Rechtswahl zugunsten italienischen Rechts getroffen worden ist, ist der österreichische Handelsagent im Regelfall auf italienisches Recht verwiesen. Insofern spielt die genannte EuGH-Entscheidung hier eine besondere Rolle, da man nunmehr (ohne die Anwendbarkeit bzw Beschränkungen von Tarifverträgen diskutieren zu müssen) auf das herkömmliche System der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs (mit der Höchstgrenze einer Jahresdurchschnittsprovision) zurückgreifen kann.

Hinsichtlich der Frage des Gerichtsortes gilt das oben Gesagte. Im Regelfall wird in einem schriftlichen Vertrag festgelegt, dass nur am Heimatgericht des italienischen Geschäftsherrn geklagt werden kann. Besteht allerdings eine solche Vereinbarung nicht, greift auch hier das EG-Recht ein. In der einschlägigen Brüssel I-Verordnung (EG 44/2001) ist in Art. 5 vorgesehen, dass betreffend Dienstleistungsverträge ein einheitlicher Gerichtsstand zugunsten des Heimatgerichts des Dienstleistenden besteht. Sämtliche Ansprüche aus diesem Dienstleistungsvertrag sind dann vor dem Heimatgericht des Dienstleistenden geltend zu machen. Zu den Dienstleistungsverträgen gehören (auch nach Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs) auch Handelsvertreter (und im Übrigen auch Vertragshändlerverträge). Mit anderen Worten: Besteht keine schriftliche Gerichtsstandsklausel zugunsten eines italienischen Gerichts, kann der Handelsagent sämtliche Ansprüche vor seinem Heimatgericht geltend machen.

Dr. Gustav Breiter

Kettenverträge

Vorteil für den Unternehmer: Die jeweiligen Einjahresfristen für die Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs laufen ab. Am Ende der Kettenverträge bleibt nur noch das letzte Jahr übrig. Auch eine 'ältere' Neukundenakquisition bzw. wesentliche Erweiterung von Altkundenbeziehungen bleibt außer Betracht. Man kann nur noch das letzte Vertragsjahr heranziehen (werden die Kettenverträge nicht mehr fortgesetzt, ist aber gerade das letzte Vertragsjahr idR das schlechteste).

Einzige 'Rettungsargumentation' für den Handelsagenten: In Wahrheit handelt es sich um ein und dasselbe Vertragsverhältnis, insbesondere dann, wenn dem Handelsvertreter immer wieder derselbe Vertrag vorgelegt wird, ohne dass dieser inhaltlich erörtert wird (vgl. BGH - dt. Bundesgerichtshof). Dennoch ist nach dem Wortlaut der jeweiligen Verträge der Vertragswille eben nur auf eine einjährige Vertragslaufzeit gerichtet die Argumentation eines durchgehenden Vertragsverhältnisses ist damit schwierig.

Tätigkeitspflicht

Manche Unternehmer versuchen, den Ausgleichsanspruch von vornherein dadurch zu verhindern, dass im Vertrag festgehalten wird, dass den HandeIsagenten keine Tätigkeitspflicht treffe.

Entscheidend ist aber die tatsächliche Durchführung des Vertrags. Eine Bemühungspflicht kann auch schlüssig vereinbart werden. 'Die tatsächliche Vermittlungstätigkeit kann sich zu einer Rechtspflicht verdichten' (dt. Bundesgerichtshof).

Ausgleichsanspruch - Vorabzahlung


Vorsicht:
Hier sind nach deutscher Judikatur strenge Kriterien zu beachten: Die Provision muss deutlich über dem üblichen Provisionssatz liegen ohne Vorauserfüllung wäre eine niedrigere Provision gewährt worden es muss eine Rückzahlungspflicht des Handelsagenten für den Fall vereinbart werden, dass gar kein Ausgleichsanspruch entsteht.


Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann der Ausgleichsanspruch bei Beendigung des Vertrages unter den sonstigen Voraussetzungen gefordert werden.

Dr. Gustav Breiter

VORSICHT! Hier sind nach deutscher Judikatur strenge Kriterien zu beachten: Die Provision muss deutlich über dem üblichen Provisionssatz liegen_ ohne Vorauserfüllung wäre eine niedrigere Provision gewährt worden_ es muss eine Rückzahlungspflicht des Handelsagenten für den Fall vereinbart werden, dass gar kein Ausgleichsanspruch entsteht.

Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, kann der Ausgleichsanspruch bei Beendigung des Vertrages unter den sonstigen Voraussetzungen gefordert werden.

Dr. Gustav Breiter

Die Beratungspraxis zeigt, dass viele Handelsagenten davon ausgehen, dass der Ausgleichsanspruch bei Eigenkündigung nur bei Krankheit oder Pensionsantritt entsteht. Tatsächlich steht der Ausgleichsanspruch jedoch auch dann zu, wenn die Eigenkündigung aus Anlass eines dem Unternehmer zurechenbaren Umstandes erfolgt.

Gemäß § 24 Abs 1 Handelsvertretergesetz (HVertrG) gebührt einem Handelsagenten nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn er dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat und zu erwarten ist, dass der Unternehmer aus diesen Geschäftsverbindungen auch noch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen kann. Weiters muss die Zahlung eines Ausgleichs unter Berücksichtigung aller Umstände der Billigkeit entsprechen.

Liegen die genannten Voraussetzungen vor, entsteht bei Vertragsbeendigung also generell ein Ausgleichsanspruch. Von dieser Grundregel normiert § 24 Abs 3 HVertrG drei Ausnahmen. Der Ausgleichsanspruch entsteht demnach bei Vertragsbeendigung dann nicht, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis wegen eines schuldhaften, einen wichtigen Grund nach § 22 darstellenden Verhaltens des Handelsagenten beendet hat oder wenn der Handelsagent seinen Vertrag mit Zustimmung des Unternehmers an einen Dritten überträgt. Die dritte Ausnahme betrifft die Vertragskündigung durch den Handelsagenten:

§ 24 Abs 3 Zif 1 HVertrG bestimmt, dass der Anspruch bei Vertragsbeendigung durch den Handelsagenten nicht besteht, es sei denn, dass

  1. die Eigenkündigung aus dem Unternehmer zurechenbaren Umstände erfolgt;
  2. dem Handelsagenten eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters nicht zugemutet werden kann;
  3. dem Handelsagenten eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann.

Wörtlich entsteht der Ausgleichsanspruch bei Eigenkündigung dann, wenn „dem Unternehmer zurechenbare Umstände, auch wenn sie keinen wichtigen Grund nach § 22 darstellen, hierzu begründeten Anlass gegeben haben“.

Zurechenbare Umstände

Diese Bestimmung eröffnet einigen Interpretationsspielraum. Doch obwohl diese Bestimmung bereits seit dem Jahr 1993 in Kraft ist, erging die erste Entscheidung des Obersten Gerichtshofes bezüglich der konkreten Auslegung dieser Bestimmung – soweit ersichtlich - erst im Jahr 2008 (1 Ob 275/07h): 

Die Vertragspartnerin meines Mandanten hatte sich vertraglich vorbehalten, die Leistungspflicht meines Mandanten einseitig erhöhen zu können, ohne im Gegenzug die Provisionsleistung anheben zu müssen. Da aufgrund dieser Maßnahme der Geschäftsgewinn meines Mandanten gesunken wäre, kündigte mein Mandant den Vertriebsvertrag.

Da die Vertragspartnerin die Anerkennung des Ausgleichsanspruches aufgrund der Eigenkündigung schon dem Grunde nach ablehnte, musste Klage vor dem Handelsgericht Wien eingebracht werden. Das Erstgericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass mein Mandant die Möglichkeit gehabt hätte, einen Alternativvertrag abzuschließen, bei dem sein Geschäftsergebnis jährlich um höchsten EUR 1.200 niedriger gewesen wäre.

Gewinnrückgang

Das Berufungsgericht bestätigte die Klageabweisung unter anderem mit der Begründung, dass die geforderte Leistungserhöhung keinen „wichtigen“ Grund darstellen würde, weil mein Mandant von Anfang an mit dieser Umstellung habe rechnen müssen. Das Vorliegen eines wichtigen Grundes ist jedoch gerade nicht Voraussetzung für die Entstehung des Ausgleichsanspruches.

Das Oberlandesgericht Wien war sich seiner (unrichtigen) Meinung offenbar so sicher, dass es die ordentliche Revision an den Obersten Gerichtshof nicht zuließ. Der Oberste Gerichtshof ließ meine Revision dennoch zu und gab der Klage mit der Begründung statt, dass einem „vernünftigen, billig und gerecht denkenden“ Handelsagenten bei der sich bietenden Sachlage die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses „über den nächsten ordentlichen Kündigungstermin hinaus nicht mehr zumutbar“ gewesen sei. Dem Kläger könne „nicht zugesonnen werden, eine nicht unerhebliche – absehbare – Verschlechterung seiner wirtschaftlichen Position hinzunehmen, die bereits bisher durch eine bescheidene Ertragslage“ gekennzeichnet war.

Einige Jahre später beriet ich eine knapp 60jährige Mandantin bei einer Eigenkündigung, die erforderlich wurde, weil eine Systemumstellung des Unternehmers zu erheblichen Umsatz- und Gewinneinbußen bei meiner Mandantin geführt hatten. Wie es der Zufall wollte, wurde die Klage der gleichen Richterin des Handelsgerichtes Wien zugeteilt.

Systemumstellung

Obwohl ich selbstverständlich mit der Leitentscheidung aus 2008 argumentierte, wies die Richterin die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass sich meine Mandantin der Systemumstellung nicht widersetzt hätte und das Motiv, nicht mit Schulden in Pension gehen zu wollen, keinen dem Unternehmer zurechenbaren Grund darstellen würde.

Dieses Mal gab jedoch schon das Oberlandesgericht Wien meiner Berufung statt und erkannte den Ausgleichsanspruch dem Grunde nach zu. Die seitens der beklagten Partei dagegen erhobene außerordentliche Revision blieb erfolglos (3 Ob 114/13f).

Ein anderer Mandant hatte seinen Vertrag gekündigt, weil er aufgrund der Pflicht zur Einhaltung von Öffnungszeiten in Anbetracht der geringen Provisionszahlungen selbst bei hoher persönlicher Eigenleistung nicht in der Lage war, mit seinem Unternehmen ein Gewinn zu erzielen.

Auch in diesem Fall führten außergerichtliche Vergleichsgespräche zu keinem Ergebnis, sodass Klage am Landesgericht Linz eingebracht werden musste. Das Erstgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht erachtete jedoch manche Berufungsgründe der beklagten Partei für berechtigt und hob die erstgerichtliche Entscheidung auf. Der Oberste Gerichtshof wiederum gab meinem dagegen erhobenen Rekurs statt und erkannte den Ausgleichsanspruch dem Grunde nach zu (9 ObA 18/09a).

Unrentabilität

Zunächst betonte der Oberste Gerichtshof, dass der Begriff des „begründeten Anlasses […] weit auszulegen“ sei. Zum konkreten Fall führte der Oberste Gerichtshof aus, dass die Branchenkenntnis des Unternehmens in der Regel weit umfassender sei, als jene des Handelsagenten und der Unternehmer daher wesentlich leichter die wirtschaftliche Situation beurteilen könne.

Bei der „Vorgabe vertraglicher Bedingungen“, bei denen für den Handelsagenten „kein Verhandlungsspielraum“ besteht, handle es sich daher um einen, der „Sphäre des Unternehmers zurechenbaren Umstand“. Wenn ein Handelsagent kündigt, weil aufgrund des Vertrages eine wirtschaftliche Führung unter zumutbaren Voraussetzungen nicht möglich ist, bleibt der Ausgleichsanspruch daher gewahrt.

Für andere Mandanten konnte ich Ausgleichsansprüche gerichtlich durchsetzen, die beispielsweise aus folgenden Gründen gekündigt hatten:

  • Widerruf eines bis auf Widerruf gewährten Provisionsanteils
  • Nichtdurchführung einer zugesagten Änderung des Konzepts
  • inadäquate Geschäftsausstattung

Falls Sie mit Ihrer derzeitigen beruflichen Situation unzufrieden sind, muss Ihr Wahlrecht also nicht nur zwischen einer unattraktiven Vertragsfortsetzung einerseits und dem Verlust des Ausgleichsanspruches andererseits bestehen. Denn wenn Sie aus Anlass eines Umstandes kündigen, welcher dem Unternehmer zurechenbar ist, steht Ihnen trotz Eigenkündigung ein Ausgleichsanspruch zu. 

Wie die dargestellten Beispiele zeigen, eröffnet § 24 Abs. 3 Zif. 1 HVertrG variantenreiche Argumentationsmöglichkeiten, die man nur zu nutzen wissen muss. Wichtig ist, die dem Unternehmer zurechenbaren Umstände gut zu dokumentieren. Optimiert werden die Erfolgsaussichten durch die Inanspruchnahme einer Beratung durch eine/n auf das Handelsagentenrecht spezialisierte/n Rechtsanwältin/Rechtsanwalt vor Ausspruch der Vertragskündigung.

Da die Wahrscheinlichkeit, dass der Unternehmer die Entstehung des Anspruches schon dem Grunde nach bestreiten wird, hoch ist, bietet der rechtzeitige Abschluss der vom Bundesgremium der Handelsagenten initiierten Firmenrechtsschutzversicherung inkl. Ausgleichsansprüche entscheidende Vorteile.

Dr. Susanne Kuen

Entscheidung des Europäische Gerichtshof (EuGH 9.11.2000, RSC – 381/98) zum Ausgleichsanspruch.

Der Fall

Eine in England ansässige Handelsvertreterin war für ein in Kalifornien, USA, angesiedeltes Unternehmen, das auch eine Zweigniederlassung in England hatte, tätig. In dem 1989 abgeschlossenen Handelsvertretervertrag wurde zwischen den Parteien die Anwendbarkeit des Rechts des Staates Kalifornien vereinbart. Das amerikanische Unternehmen kündigte den Vertrag mit den Handelsvertretern.

Nach dem Recht des Staates Kalifornien steht dem Handelsvertreter kein Ausgleichsanspruch zu. Die englische Handelsvertreterin klagte aufgrund der Beendigung des Vertragsverhältnisses vor einem englischen Gericht den Ausgleichsanspruch – trotz Vereinbarung des amerikanischen Rechts – nach englischem Recht ein.

Der Europäische Gerichtshof hatte nun aufgrund einer Anfrage des englischen Gerichts zu entscheiden, ob die Bestimmung des Artikel 17 der Richtlinie des Rates vom 18.12.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten betreffend die selbständigen Handelsvertreter ('Richtlinie'), der Grundlage für die entsprechende englische Rechtsvorschrift war, auch zur Anwendung gelangt, wenn ausdrücklich in einem Vertrag eine Rechtswahl zugunsten einer Rechtsordnung außerhalb der Europäischen Union getroffen wurde, die keinen Ausgleichsanspruch vorsieht.

Entscheidung der Europäische Gerichtshof

Der Europäische Gerichtshof bejahte in seiner Entscheidung vom 9.11.2000 grundsätzlich die Zulässigkeit der Vereinbarung einer Rechtswahl auch zugunsten des Rechts eines nicht EU - Mitgliedsstaates. Die Vereinbarung des Rechts des Staates Kalifornien ist daher wirksam erfolgt. Allerdings ist die Rechtswahl nur so weit wirksam, als nicht zwingendes Recht verletzt wird.

Artikel 17 der Richtlinie bezweckt den Schutz des Handelsvertreters nach Vertragsbeendigung. Diese Richtlinienregelung ist zwingendes Recht. Art 17 verpflichtet nämlich die Mitgliedsstaaten, eine Regelung für die Entschädigung der Handelsvertreter nach Beendigung des Vertragsverhältnisses einzurichten. Diese Bestimmung wird noch dadurch verstärkt, dass die Vertragsparteien nach Art 19 der Richtlinie eine den Ausgleichsanspruch ausschließende Vereinbarung nicht wirksam abschließen können. Weiters bezwecken die Art 17 bis 19 der Richtlinie für die Gruppe der Handelsvertreter die Niederlassungsfreiheit und einen unverfälschten Wettbewerb im Binnenmarkt zu schützen. Die Einhaltung dieser Bestimmungen im Gemeinschaftsrecht erscheint daher für die Verwirklichung dieser Ziele des EG-Vertrags unerlässlich. Es ist daher für die gemeinschaftliche Rechtsordnung von grundlegender Bedeutung, dass ein Unternehmer mit Sitz in einem Drittland, dessen Handelsvertreter seine Tätigkeit innerhalb der Gemeinschaft ausübt, diese Bestimmungen nicht schlicht durch eine Rechtswahl umgehen kann. Der Zweck dieser Bestimmung erfordert nämlich, dass sie unabhängig davon, welchem Recht der Vertrag nach dem Willen der Parteien unterliegen sollen anwendbar sind, wenn der Sachverhalt einen stärkeren Gemeinschaftsbezug aufweist, etwa weil der Handelsvertreter seine Tätigkeit im Gebiet eines Mitgliedstaates ausübt.

Aus diesen Gründen entschied der Europäische Gerichtshof: die Art 17 und 18 der Richtlinie, die dem Handelsvertreter nach Vertragsbeendigung gewisse Ansprüche (Ausgleichsanspruch) gewähren, sind auch dann anzuwenden, wenn der Handelsvertreter seine Tätigkeit in einem Mitgliedsstaat ausgeübt hat, der Unternehmer seinen Sitz aber in einem Drittland hat und der Vertrag vereinbarungsgemäß dem Recht dieses Landes unterliegt.

Kommentar

In der vorliegenden Entscheidung hat sich der Europäische Gerichtshof erstmals mit der Frage befasst, ob die Bestimmungen über den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters von so erheblicher Bedeutung sind, dass diese Bestandteil der Europäischen Grundwertung und somit eine zwingende gesetzliche Vorschrift sind, von der auch im Wege einer Rechtswahl nicht abgegangen werden kann.

Erfreulicher Weise hat der Europäische Gerichtshof diese Frage zugunsten der Handelsvertreter bejaht. Damit wird die von der österreichischen Judikatur bislang vertretene Auffassung, dass der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreter nicht zu den Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung zählt und daher durch Rechtswahl umgangen werden kann, relativiert.

Es ist daher zu begrüßen, dass nunmehr durch die höchste Instanz in Europa zugunsten der Handelsvertreter entschieden wurde, dass es sich beim Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters um einen so erheblichen Anspruch handelt, dass dieser einen wesentlichen Bestandteil der Rechtsordnung darstellen und durch eine Rechtswahl nicht abbedungen werden kann.

Dies bedeutet zusammenfassend: Bei Beendigung eines Handelsvertretervertrages, mit einem in der EU tätigen Handelsvertreter, in dem die Anwendbarkeit einer Rechtsordnung, die den Ausgleichsanspruch nicht kennt, vereinbart wurde, steht dem Handelsvertreter nunmehr grundsätzlich ein Ausgleichsanspruch zu.

Hinzuweisen ist jedoch darauf, dass die Judikatur des Europäischen Gerichtshofes selbstverständlich nur dann zur Anwendung gelangt, wenn in einem Staate der Europäischen Union ein Gerichtsstand (Ort, an dem die Klage ordnungsgemäß eingebracht werden kann) begründet und die Klage somit vor einem Gericht innerhalb der Europäischen Union eingebracht werden kann.


RAA Mag. Hilmar Kroat-Reder LL.M.
Haarmann Hügel Rechtsanwälte OEG 
ARES-Tower, Donau-City-Straße 11 | 1220 Wien
T +43 1 260 50 - 0

Neben den rechtlichen Voraussetzungen spielt bei der Durchsetzung des Ausgleichsanspruchs der wirtschaftliche Hintergrund eine große Rolle. Welche Hilfsmittel zur Verfügung stehen, zeigt dieser Beitrag von Dr. Gustav Breiter.

1. Die Situation vor einem Gerichtsverfahren

Im Streitfall geht es in der außergerichtlichen Korrespondenz zwischen den Vertragsparteien nicht nur um den Austausch rechtlicher Argumente, sondern auch um psychologische und strategische Aspekte. Dabei spielt die wirtschaftliche Überlegenheit des einen Streitteils eine große Rolle, ist er doch dadurch in der Lage, den anderen unter Hinweis auf die in einem Gerichtsverfahren entstehenden Kosten je nach Situation von einer Klage abzuhalten bzw. zu erreichen, dass dieser den geltend gemachten Forderungen nachkommt. Der wirtschaftlichen Situation der Streitteile kommt daher in der Diskussion außergerichtlicher Vergleiche erhebliche Bedeutung zu, da sie für die Frage der Klagserhebung oft entscheidend ist. Gerade bei Streitigkeiten zwischen Prinzipal und Handelsagent gilt dies im besonderen Maß.

2. Beispiele

Die vielfältigen Situationen, die zwischen Unternehmer und Handelsagent vorstellbar sind, sollen anhand zweier Beispiele verdeutlicht werden.


Beispiel 1:

Einem Handelsagenten wird vorzeitig gekündigt, da nach Aussage des Prinzipals das Vertrauen 'endgültig' entfallen sei.

Dem Handelsagenten werden mangelnde Kooperation, sinkende Umsätze sowie Schwarzverkäufe vorgeworfen. Der Handelsagent bestreitet alle Vorwürfe und klagt Ausgleichsanspruch und Kündigungsentschädigung ein.

Das Gericht gibt diesen Ansprüchen vollinhaltlich statt - der Handelsagent hat Anspruch nicht nur auf das eingeklagte Kapital samt Zinsen, sondern auch auf die investierten Prozesskosten.



Beispiel 2:

Auch in diesem Fall wird dem Handelsagenten vorzeitig gekündigt. Der Unternehmer wirft ihm vor, nicht regelmäßig Kundenbesuche zu absolvieren bzw. unrichtige Besuchsberichte erstattet zu haben.

Man hat den Eindruck, dass der Unternehmer Gründe vorschiebt, um den zu teuer gewordenen Handelsagenten loszuwerden bzw. um sich Zahlungen bei Vertragsbeendigung zu ersparen.

Diesem Handelsagenten fehlen allerdings die Mittel zur Finanzierung eines Prozesses. Es bleibt ihm nichts anderes übrig, als das äußerst dürftige Vergleichsangebot des Unternehmers anzunehmen.


Der Unterschied zwischen diesen Beispielen wird nur allzu deutlich. Der Handelsagent in Beispiel 1 hat die finanziellen Mittel, um einen Prozess zu führen. Anhand unseres Beispiels könnte der Eindruck entstehen, dass der Handelsagent den Prozess 'nur vorzufinanzieren' brauchte. Dies stellt sich aber nur im Nachhinein so dar, da der Prozess gewonnen wurde. In Wahrheit ist der Ausgang eines Verfahrens aufgrund diverser Unabwägbarkeiten stets ungewiss_ lediglich eine Risikoeinschätzung kann getroffen werden. Das bedeutet aber für jeden Kläger, dass er die investierten Prozesskosten letztlich 'riskiert'. In unserem Fall 1 hat sich dieses Risiko bezahlt gemacht.

Der Handelsagent in Beispiel 2 hingegen hat zwar möglicherweise einen Anspruch gegen den Prinzipal, kann diesen aber mangels ausreichender Mittel nicht durchsetzen. Er ist, sofern der Unternehmer ihm überhaupt ein Angebot macht, darauf angewiesen, dieses anzunehmen.

Es stellt sich nun die Frage, wie der Handelsagent in Beispiel 2 vorsorgen hätte können bzw. welche Möglichkeiten es gibt, den Prozess sozusagen im Nachhinein zu finanzieren.

3. Möglichkeiten der Prozessfinanzierung

Eine Absicherung im Vorhinein kann lediglich durch Abschluss einer Rechtsschutzversicherung erfolgen. Dies ist freilich nicht neu_ so mancher Handelsagent hat eine Versicherung abgeschlossen. Einige müssen aber im Ernstfall feststellen, dass Angelegenheiten, die aus einem Handelsagentenverhältnis resultieren, ausgenommen sind. Ein sogenannter 'Vertrags-Rechtsschutz' ist grundsätzlich teuer, da dieser Bereich sehr streitanfällig ist.

Trotz der nicht unerheblichen Prämien sollte der Handelsagent grundsätzlich diese Absicherungsmöglichkeit überlegen. Die Rechtsschutzversicherung kann nicht nur bei Beginn der Tätigkeit, sondern auch während laufendem Vertragsverhältnis (aber noch vor Entstehen der Streitigkeit) abgeschlossen werden. Die Prämienhöhe hängt dabei von einem allfälligen Selbstbehalt und insbesondere vom abgedeckten Streitwert ab.

Bei geringem Streitwert (etwa bei der Klage auf Buchauszüge) laufen freilich Kosten auf, die auch ohne Versicherung finanzierbar sind. Der Ausgleichsanspruch hingegen kann eine beträchtliche Höhe erreichen. Es wäre zwar sinnvoll, den nach dem Rechtsanwaltstarifgesetz relativ teuren Streitwertbereich bis EUR 36.000,-- abzudecken (und im Prozessfall den Klagsbetrag vor Schluss der Verhandlung auszudehnen), aber selbst für diese Deckung müssen recht hohe Prämien in Kauf genommen werden.

Hat der Handelsagent hingegen keine Rechtsschutzversicherung abgeschlossen, bleibt immer noch die Möglichkeit, einen Prozess sozusagen 'im Nachhinein' über eine nun auch in Österreich tätige Prozessfinanzierungsgesellschaft zu finanzieren. Dieser Weg bietet mehrere Vorteile:

Zunächst wird der vermeintliche Anspruch, den der Handelsagent geltend machen möchte, durch den Prozessfinanzierer geprüft, d.h. es werden die Erfolgsaussichten einer Klagsführung ebenso überprüft wie die Bonität des Prinzipals. Diese Prüfung nimmt der Prozessfinanzierer auf eigene Rechnung vor. Der Handelsagent kann seinen Anwalt frei wählen.

Das Entgelt, das der Handelsagent für die Finanzierung des Prozesses bezahlt, besteht in einer reinen Erfolgsbeteiligung des Finanzierers. Dieses beträgt je nach Einschätzung der Aussichten, der Bonität des Schuldners sowie der Höhe des Streitwertes zwischen 20 % und 50 %. Solche Prozessfinanzierungen werden grundsätzlich erst ab einem Streitwert von EUR 50.000,-- übernommen, in Einzelfällen auch darunter.

Nehmen wir also an, dass der Handelsagent einen Ausgleichsanspruch von EUR 100.000,-- geltend macht. Werden im Verfahren durch Urteil oder Vergleich EUR 60.000,-- erzielt, erhält der Handelsagent bei einer durchschnittlichen Prozessbeteiligung des Finanzierers von 30 % immerhin einen Betrag von etwa EUR 42.000,--. Freilich stellt dies nur ein Zahlenbeispiel dar, das nicht verallgemeinert werden kann. Letztlich stellt dieses Modell der Prozessfinanzierung aber die einzige Möglichkeit dar, Ansprüche ohne eigenes finanzielles Risiko durchzusetzen und damit – unter der Voraussetzung ausreichender Liquidität des Prinzipals – im Ergebnis wenigstens einen Teil der Forderung zu lukrieren.

Dr. Gustav Breiter

OGH-Entscheidung zur Kündigung des Handelsagenten wegen vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer bzw. wegen Krankheit: In der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (26.05.2004, 9 ObA 2/04s) wurde zur Kündigung wegen vorzeitiger Alterspension bzw. wegen Krankheit des Handelsagenten Stellung genommen.

Sachverhalt

Der entschiedene Sachverhalt umschreibt geradezu einen „Klassiker“ aus der Beratungspraxis. Der Handelsagent hatte dem Prinzipal bereits im November 1999 nach einer Auskunft der Sozialversicherungsanstalt mitgeteilt, dass er am 01.05.2000 nach Vollendung seines 60. Lebensjahres die Pension anzutreten gedenke. Der Prinzipal hat dies zunächst nicht ganz ernst genommen den vom Kläger angesprochenen Ausgleichsanspruch hat er jedenfalls abgelehnt.

Im März 2000 hat der Kläger dann den Antrag bei der Versicherungsanstalt gestellt. Da der Pensionsantritt aufgrund der Auskünfte der SVA mit 01.05.2000 feststand, kündigte der Handelsagent mit Schreiben vom 31.03.2000 zum 30.04.2000. Mit Bescheid vom 07.07.2000 ist ihm rückwirkend zum 01.05.2000 die Pension zuerkannt worden. Zudem war der Kläger aus Krankheitsgründen nicht mehr in der Lage, die konkrete Tätigkeit auszuüben (umfangreiche Hebetätigkeiten).

Das Erstgericht hat mit Zwischenurteil ausgesprochen, dass der Ausgleichsanspruch dem Grunde nach zurecht besteht. Auch bei Eigenkündigung wegen vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer steht ein Ausgleichsanspruch zu.

Das Berufungsgericht hat den Ausgleichsanspruch hingegen deshalb zuerkannt, weil dem Kläger eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen Krankheit unzumutbar gewesen sei. Auf die vorzeitige Alterspension könne er sich nicht berufen, weil es erforderlich gewesen sei, dass diese am letzten Tag des Vertragsverhältnisses, d.h. am 30.04.2000, bereits zuerkannt gewesen wäre, was aber nicht der Fall war.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu Folgendes ausgesprochen:

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich nicht daran gestoßen, dass der Kläger „erst“ 60 Jahre alt gewesen ist. Der Oberste Gerichtshof hebt ausdrücklich hervor, dass in den Gesetzesmaterialien davon die Rede ist, dass „spätestens“ mit Erreichung des gesetzlichen Regelpensionsalters das Kriterium der Unzumutbarkeit der Fortsetzung aus Altersgründen erfüllt ist.


Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs reicht daher die vorzeitige Alterspension zur ausgleichswahrenden Eigenkündigung des Handelsvertreters aus.

2. Der Oberste Gerichtshof bezeichnet die Auffassung des Berufungsgerichtes als „zweifelhaft“, wonach diese Alterspension im Zeitpunkt der Auflösung des Vertragsverhältnisses bereits zuerkannt sein müsse.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ist aber fraglich, ob der Handelsvertreter die ordentliche Kündigungsfrist einhalten hätte müssen. Er bezieht sich diesbezüglich auf Rechtsprechung des BGH, wonach dies nicht der Fall ist. Der Oberste Gerichtshof stellt zusätzlich die Überlegung an, ob nicht gerade eine lange Kündigungsfrist (in concreto 6 Monate) eine vorzeitige Auflösung rechtfertigt. In diesem Punkt scheint der Oberste Gerichtshof eher der Auffassung zuzuneigen, dass der Handelsagent die ordentliche Kündigungsfrist nicht einhalten muss. Der Oberste Gerichtshof spricht aber selbst davon, dass es hier keiner abschließenden Klärung bedarf.


In der Praxis bedeutet dies, dass dem Handelsagenten (nach wie vor) zu raten ist, vor Pensionsantritt die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten.

3. Der Oberste Gerichtshof klärte diese Frage deshalb nicht abschließend, da ohnedies der Krankheitsfall gegeben war.

Diesbezüglich meint der Oberste Gerichtshof, dass dem Kläger aufgrund der umfassenden Hebetätigkeiten eine Fortsetzung – insbesondere bis zum Ablauf der 6-monatigen Kündigungsfrist – nicht zumutbar war.

Es war allerdings fraglich, ob der Handelsagent (so wie es in der deutschen Literatur und auch bei "Nocker" vertreten wird), den Krankheitsgrund in der Kündigungserklärung nennen muss.

Der Oberste Gerichtshof lehnt diese Ansicht ab. Es besteht im Zeitpunkt der jeweiligen Auflösungserklärung keine Begründungspflicht von Kündigungen oder vorzeitigen Auflösungen, zumal ein Nachschieben von Kündigungs-/oder Auflösungsgründen allgemein anerkannt ist.


Es gilt also daher auch im Krankheitsfall, dass der Handelsagent die Kündigung nicht begründen muss. Insofern ist die Linie des OGH einheitlich: auch bei einer Kündigung aus begründetem Anlass muss dieser ja weder genannt werden noch muss der Agent zu verstehen geben, dass er aus begründetem Anlass kündigt.

Dr. Gustav Breiter

Zwar ist der Ausgleichsanspruch in Österreich zwingendes Recht, dennoch können bei grenzüberschreitenden Verträgen die Rechtswahlklausel und die Zuständigkeitsvereinbarung eine entscheidende Rolle für die Durchsetzung dieses Anspruchs spielen. Die Entscheidungen der österreichischen und europäischen Gerichte erlauben hier gewisse Gestaltungsspielräume, die vielen Handelsagenten nicht bewusst sind.

Im Vertriebsrecht kommt dem Ausgleichsanspruch in § 24 Handelsagentenrecht (HVertrG) eine besondere Bedeutung zu. Dieser berechtigt den Handelsagenten, unter gewissen Voraussetzungen nach Beendigung des Vertretungsvertrages einen Ausgleich von bis zu einer Jahresvergütung vom Geschäftsherrn zu fordern. Allgemein bekannt ist dabei, dass es sich bei § 24 HVertrG um zwingendes Recht handelt, er kann also nicht durch vertragliche Vereinbarung ausgeschlossen werden. Diese Bestimmung basiert auch auf einer EU-Richtlinie, der Richtlinie 86/653/EWG (Handelsagenten-Richtlinie, HV-RL), auch in anderen EU-Staaten finden sich somit ähnliche Regelungen.

Dennoch bleibt gerade bei Vertriebsverträgen mit grenzüberschreitendem Bezug ein vertraglicher Gestaltungsspielraum, um Ausgleichsansprüche von Handelsagenten zu minimieren. Dabei wiegt besonders schwer, dass die Vertriebsverträge im Regelfall von den Geschäftsherren vorformuliert werden. Handelsagenten haben auf den Inhalt der vertraglichen Bestimmungen häufig nur wenig Einfluss, auch die Tragweite einzelner, unscheinbar wirkender Klauseln ist ihnen oft nicht bewusst. Die böse Überraschung kommt erst am Ende des Vertragsverhältnisses, wenn sich die Durchsetzung des sicher geglaubten Ausgleichsanspruchs als schwierig erweist. In der Beratungspraxis kommt hier besonders den in solchen Verträgen enthaltenen Rechtswahl- und Zuständigkeitsvereinbarungen große Bedeutung zu.

Möglichkeit zur Rechtswahl

Besteht ein grenzüberschreitender Bezug des Vertrages zwischen Handelsagent und Geschäftsherrn, so kann das anwendbare Recht für den Vertrag grundsätzlich frei gewählt werden. Selbst wenn der Handelsagent seinen Sitz in Österreich hat, könnte der Vertrag vorsehen, dass ausschließlich das Recht eines anderen Staates angewendet wird. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) darf durch Rechtswahl zwar nicht der Schutz der EU-Richtlinie umgangen werden, das garantiert allerdings noch nicht den Ausgleichsanspruch.

Die Handelsagenten-Richtlinie sieht nämlich nicht zwingend einen Ausgleichsanspruch vor. Artikel 17 HV-RL lässt den Mitgliedsstaaten die Wahl, ob sie einen Ausgleichsanspruch oder einen Anspruch auf Schadenersatz vorsehen wollen. Die allermeisten Mitgliedsstaaten, so auch Österreich und Deutschland, gewähren dem Handelsagenten einen Ausgleichsanspruch. Dieser ist einigermaßen genau determiniert und schließt einen weitergehenden Schadenersatzanspruch nicht aus. Demgegenüber sehen Frankreich und Irland bloß einen Schadenersatzanspruch für die entgangenen Provisionen und die nicht amortisierten Investitionen vor. Ein Ausgleichsanspruch wie in § 24 HVertrG besteht in diesen Staaten nicht.

Dann könnte sich der Handelsagent nur auf den Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG berufen, wenn dieser von den entscheidenden Gerichten als sogenannte Eingriffsnorm anerkannt wird. Ob dies aussichtsreich ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Ansonsten bleibt dem Handelsagenten nur ein Schadenersatzanspruch nach der jeweils gewählten Rechtsordnung. Auch dieser Anspruch kann für den Handelsagenten erstrebenswert sein, allerdings ist seine Durchsetzung kostenintensiver, da im Regelfall auch ausländischer Rechtsbeistand eingeholt werden muss.

Unterschiedliche Regelungen des Ausgleichs-Anspruchs

Selbst wenn die Rechtsordnung eines Staates gewählt wird, der ebenso einen Ausgleichsanspruch vorsieht, können die Erwartungen des Handelsagenten enttäuscht werden.

Die in den Ausgleichsanspruch zwingend einzubeziehenden Gebiete unterscheiden sich teils erheblich. Der EuGH verlangt lediglich, dass der Ausgleichsanspruch für Handelsagenten gilt, die innerhalb der EU tätig sind. Das österreichische Recht erklärt den Ausgleichsanspruch unabhängig vom Tätigkeitsgebiet des Handelsagenten für zwingend. Ist also § 24 HVertrG auf einen Vertrag anwendbar, so besteht der Ausgleichsanspruch auch zwingend, wenn der Handelsagent außerhalb der EU tätig war. Demgegenüber beschränkt der deutsche Gesetzgeber die zwingende Natur des Ausgleichsanspruchs auf Handelsagenten mit Tätigkeit innerhalb der EU oder des EWR. Ist somit deutsches Recht gewählt und wird der Handelsagent in Drittstaaten tätig, so könnte der Ausgleichsanspruch vertraglich ausgeschlossen werden.

Die belgischen Gerichte wiederum tendieren dazu, die Schutzbestimmungen des belgischen Handelsagentenrechts inklusive des Ausgleichsanspruchs nur auf Handelsagenten mit Sitz in Belgien anzuwenden. Zwar ist diese Herangehensweise im Lichte des EU-Diskriminierungsverbotes problematisch, allein schon diese Rechtsfrage könnte aber in einem allfälligen Prozess erhebliche Mehrkosten verursachen.

Ebenso unterscheidet sich die Praxis der Mitgliedsstaaten in Bezug auf die Höhe des Ausgleichsanspruches. Die HV-RL gibt dabei bloß vor, dass dieser nicht mehr als eine Jahresvergütung betragen darf. Unterhalb dieser Grenze bleibt den Gerichten ein bedeutender Spielraum. So fällt die Höhe von Ausgleichsansprüchen in Dänemark im Regelfall deutlich geringer aus, als dies etwa in Österreich oder Deutschland der Fall ist.

Zuständigkeitsvereinbarungen 

Nicht nur das anwendbare Recht kann von den Parteien gewählt werden, auch über die gerichtliche Zuständigkeit können sie entscheiden. So finden sich häufig ausschließliche Gerichtsstands- oder Schiedsklauseln in Verträgen mit Handelsagenten. Um ihre Ansprüche durchzusetzen, müssen die Handelsagenten dann vor eben diese Instanzen ziehen. Zwar haben die Gerichte der Mitgliedsstaaten in verschiedenen Entscheidungen dargelegt, dass sie in Bezug auf Ausgleichsansprüche ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarungen für Gerichte oder Schiedsgerichte außerhalb der EU nicht anerkennen.

Eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der Gerichte eines anderen Mitgliedsstaates bleibt allerdings zulässig und verbindlich. Wird im Vertrag also bestimmt, dass alle Rechtsstreitigkeiten vor den irischen Gerichten auszutragen sind, so kann in Österreich nicht geklagt werden. Auch wenn die Rechtsverfolgung in Irland aufgrund der höheren Kosten für den österreichischen Handelsagenten oft unattraktiv ist, müssten die österreichischen Gerichte (nach derzeitigem Stand des EU-Rechts) diese Wahl der Parteien im Regelfall akzeptieren.

Ebenso ist die Rechtsdurchsetzung vor einem Schiedsgericht oft mit deutlich höheren Kosten verbunden als vor einem österreichischen Gericht. Befindet sich der Sitz des Schiedsgerichts innerhalb der EU, wird die Schiedsvereinbarung regelmäßig auch von den Gerichten akzeptiert werden, der Handelsagent muss also ein Schiedsverfahren anstrengen, um den Ausgleichsanspruch durchzusetzen.

Klarheit von Beginn an 

Der Handelsagent hat oft nur eingeschränkte Möglichkeiten, auf die Gestaltung des Vertrages Einfluss zu nehmen. Dennoch lohnt es sich, vor Unterzeichnung Klarheit über die Auswirkungen einzelner Regelungen auf den Ausgleichsanspruch zu erlangen. Zum einen kann sehr wohl versucht werden, einzelne Bestimmungen abzuändern. Zum anderen ist dann von Beginn an klar, ob realistischerweise mit einem Ausgleichsanspruch gerechnet werden kann. Ist dessen Durchsetzung nur eingeschränkt möglich, wird der Handelsagent dies in die Kalkulation seiner Investitionen einfließen lassen.

Auch wenn Rechtswahl und Zuständigkeitsklauseln die Durchsetzung des gewünschten Ausgleichsanspruches erschweren, ist eine rechtliche Beratung durch Spezialisten jedenfalls sinnvoll. Die Rechtsentwicklung ist in diesen Fragen nämlich noch lange nicht abgeschlossen. Sowohl der EuGH als auch die Höchstgerichte der Mitgliedsstaaten sind laufend mit Fragen des Ausgleichsanspruchs im internationalen Kontext beschäftigt. Auch bei scheinbar ungünstigen Vertragsklauseln lohnt sich die Beiziehung von spezialisierten Rechtsanwälten, die bei der Prüfung und allfälligen Durchsetzung von Ansprüchen unterstützen.

RA Dr. Michael Komuczky ist seit Juni 2020 Rechtsanwalt bei Lansky, Ganzger & Partner in Wien. Davor war er für verschiedene namhafte Kanzleien sowie die Universität Wien tätig.

B

Zum besseren Verständnis sei der Text des § 16 Abs 1 und Abs 2 vorweg angeführt: 


Buchauszug und Büchereinsicht 

(1) Der Handelsvertreter kann vom Unternehmer zur Nachprüfung des Betrages der ihm zustehenden Provision einen Buchauszug sowie alle Auskünfte verlangen.

(2) Wenn der Handelsvertreter glaubhaft macht, dass der Buchauszug unrichtig oder unvollständig ist oder dass ihm die Mitteilung eines Buchauszugs verweigert wurde, kann er, auch vor dem Prozess, bei dem Bezirksgericht, in dessen Sprengel sich die Handelsbücher befinden, deren Vorlage beantragen; zugleich kann er auch beantragen, dem Unternehmer ergänzende Auskünfte aufzutragen, die eine vollständige Berechnung des dem Handelsvertreter zustehenden Anspruchs ermöglichen.


Das Recht des Handelsagenten auf Erhalt eines Buchauszugs vom Unternehmer stellt, dies sei einleitend vorangestellt, eine starke Waffe in Händen des Handelsagenten dar.

Während aufrechten Vertrages wird der Handelsvertreter wohl eher selten von diesem Recht Gebrauch machen um nicht eine zur Vertragsbeendigung führende Verstimmung des Unternehmers zu riskieren.

Wenn allerdings das Vertragsverhältnis bereits, aus welchen Gründen immer, gestört ist und insbesondere nach Beendigung desselben, stellt das Recht auf Erhalt eines Buchauszuges einen praktischen und wichtigen Rechtsbehelf dar.

Im Stadium vor Vertragsbeendigung und allenfalls auch zur Vorbereitung derselben durch den Handelsagenten, kann die Forderung nach einem Buchauszug u. U. bei Verweigerung desselben innerhalb angemessener Frist dazu verwendet werden, um aus beim Unternehmer liegenden Gründen das Vertragsverhältnis zu beenden und dennoch den Anspruch auf Ausgleichszahlung im Sinne des § 24 des Handelsvertretergesetzes aufrecht zu erhalten.

Nach Beendigung des Vertrages ist der Buchauszug ein unverzichtbares Hilfsmittel für den Handelsagenten.

Der Buchauszug stellt ein Werkzeug des Handelsagenten dar seine Ansprüche auf Provisionszahlung und Provisionsabrechnung zu überprüfen. Bloß zum Zweck die Höhe des Ausgleichsanspruchs zu berechnen, kann der Buchauszug nicht gefordert werden, dieser Fall ist jedoch in der Praxis zu vernachlässigen.

Der Inhalt des Buchauszugs wird vom Verfasser dieses Artikels gegenüber den Unternehmern unter Berücksichtigung von Rechtsprechung und Lehre wie folgt gefordert:

  1. Name und Anschrift des Kunden 
  2. Kundennummer
  3. Datum der Auftragserteilung
  4. Umfang des erteilten Auftrages, Warenspezifikation, Warenmengen
  5. Datum der Auftragsbestätigung
  6. Datum der Lieferung
  7. Umfang der Lieferung, Teillieferung, vollständige Lieferung
  8.  Datum der Rechnung
  9. Rechnungsbeträge
  10. Datum der Zahlung
  11. Höhe der bezahlten Beträge
  12. Angabe der Annullierungen und Retouren mit Angabe der jeweiligen Gründe hiefür, Gutschriften
  13. Datum der vollständigen Abwicklung
  14. Auslieferungs-/Fehlbestand
  15. Grund für den Fehlbestand
  16. Wert des Fehlbestandes
  17. Provisionssatz

Bereits dieser detaillierte Inhalt zeigt welch wirksames Druckmittel der Buchauszug für den Handelsagenten darstellt, da es im Regelfall für den Unternehmer nur sehr schwer möglich ist diesen Anforderungen gerecht zu werden.

In zeitlicher Hinsicht hat sich der Buchauszug grundsätzlich auf den Rahmen der Verjährungsfrist zu beschränken, also auf den Zeitraum von 3 Jahren ab Ende des Jahres der Abrechnung oder 3 Jahre ab Ende des Jahres der Vertragsbeendigung für nicht abgerechnete Ansprüche.

Der Buchauszug hat im Regelfall „bis dato“ zu lauten, also auch über das Ende des Vertrages hinaus Angaben zu enthalten, dies deshalb weil ja die Problematik der so genannten Nachhanggeschäfte zu beachten ist, also Geschäfte die vom Handelsagenten noch vor Vertragsbeendigung eingeleitet wurden.

Die Herausgabe des Buchauszuges an den Handelsagenten ist eine unabdingbare Verpflichtung des Unternehmers und kann im Vorhinein auch nicht durch entgegenstehende vertragliche Vereinbarungen beseitigt werden, weil es sich beim § 16 Abs 1 und 2 um eine so genannte zwingende Gesetzesbestimmung handelt auf die im Vorhinein wirksam nicht verzichtet werden kann.

Selbst für den Fall, dass im Handelsvertretervertrag ein derartiger schriftlicher Verzicht enthalten ist und vom Handelsagenten unterschrieben wurde, so ist dieser Verzicht unwirksam.

Der Unternehmer kann sich gegen das Begehren des Handelsagenten auf Ausfolgung eines Buchauszuges auch nicht dadurch zu Wehr setzen dass er darauf hinweist, er hätte ohnedies immer die Provisionen abgerechnet und habe der Handelsagent dagegen keinen Einwand erhoben.

In diesem Zusammenhang muss auch darauf aufmerksam gemacht werden, dass mitunter in Handelsvertreterverträgen enthaltene Passagen dahingehend, dass der Handelsagent wenn er nicht binnen bestimmter Fristen gegen die Provisionsabrechnungen Einspruch erhebt, diese ausdrücklich anerkennt etc. ebenfalls in Bezug auf den Buchauszug unwirksam sind.

Auch der Einwand des Unternehmers, der Handelsagent habe während aufrechten Vertrages Zugang zu einem elektronischen Agentur-Abrechnungssystem gehabt, entbindet den Unternehmer nicht von seiner Verpflichtung.

Der Unternehmer kann sich auch nicht darauf berufen, dass seiner Meinung nach bestimmte Geschäfte, dies im Gegensatz zur Ansicht des Handelsagenten, nicht provisionspflichtig seien. Dies befreit ihn nicht von der Verpflichtung diese Geschäfte ebenfalls in den Buchauszug aufzunehmen. Die oberstgerichtliche Rechtsprechung steht hier auf dem Standpunkt, dass insbesondere auch und ganz besonders Geschäfte bei denen zweifelhaft ist ob hier ein Provisionsanspruch besteht, ebenfalls in den Buchauszug aufzunehmen sind.

Nur wenn von vorne herein ganz klar ist, dass für bestimmte Geschäfte kein Provisionsanspruch besteht, können diese vom Buchauszug ausgenommen werden.

Festzuhalten ist dass der zu übermittelnde Buchauszug leicht und problemlos für den Handelsagenten lesbar sein muss, d. h. dass er zum einem übersichtlich und chronologisch geordnet sein muss und dass aus dem Buchauszug selbst alle notwendigen Angaben die zur Berechnung der Provisionsansprüche des Handelsagenten erforderlich sind, zu entnehmen sein müssen. Der Verweis auf irgendwelche andere Quellen oder beiliegende Urkunden ist nicht statthaft.

Der Handelsagent muss sich nicht aus irgendwelchen Beilagen, Rechnungskopien etc. seine Provisionsansprüche ausrechnen.

Von wesentlicher Bedeutung im Zusammenhang mit dem Buchauszug ist auch die hier ebenfalls zum besseren Verständnis abgedruckte Bestimmung des § 9 Abs 2 und 3 des Handelsvertretergesetzes, bei welcher es sich ebenfalls um eine zwingende Bestimmung handelt.

Dr. Erich Schwarz

Wenn Sie Ihrem Steuerberater, Ihrem Anwalt oder Ihrer Bank eine kompetente Beratung in Sachen Betriebsübergabe nicht zutrauen, können Sie sich ein Komplettangebot kaufen.

Was immer Sie aber tun, Sie sollten das Problem nicht auf die lange Bank schieben.

Text: Nikolaus Gerstmayer

Gehören Sie auch dazu? In den nächsten zehn Jahren stehen in irgend einer Form 56.000 Betriebe vor der Übergabe. Das sind 28 Prozent der Betriebe der gewerblichen Wirtschaft mit 400.000 Arbeitsplätzen. Innerhalb der Familie findet nur jedes fünfte Unternehmen geeignete Nachfolger. Das war zwar wohl schon immer so, ist eine schlichte Folge des unabänderlichen Älterwerdens. 'Jetzt aber ist es ein Markt und gehört auf breiter Basis bekannt gemacht', sagt der Sprecher der Initiative, Franz Schwarzgruber von der Beraterfirma AVS Initiative Nachfolge GmbH. Die geht aber nicht allein auf Kundenfang, sondern schloss sich zu einem Netzwerk mit einer Reihe von Prominenz zusammen, mit

  • PriceWaterhouseCoopers für die Steuerfragen,
  • der Anwaltsgesellschaft Hasch & Partner (mit Kanzleisitzen auch in Tschechien) für die Rechtsfragen,
  • dem Management Zentrum St. Gallen für die 'Gestaltung eines systematischen Gesamtprozesse',
  • dem Kreditschutzverband KSV, der für die Seriosität und Liquidität der suchenden und findenden Partner den Kopf hinhält,
  • der Bank Austria Creditanstalt für die finanziellen Belange und schließlich
  • dem Gründerservice der Wirtschaftskammer.

Die Weiterführung misslingt oft

Nur einem Drittel aller Nachfolger gelinge die kontinuierliche Weiterführung eines übernommenen Unternehmens, schätzt die Initiative. Schuld ist nicht nur, dass sich bisher zu wenige von ihr beraten ließen, sondern auch eine menschliche Schwäche der älter Gewordenen. Sie beschäftigen sich mit dem unerfreulichen Thema Übergabe nur ungern und deshalb zu spät. Auf der anderen Seite sind gerade Handelsagenten dermaßen viel unterwegs, dass sie Gefahr laufen, in der Hektik des Arbeitsalltags vielleicht zu wenig an die Zukunft zu denken. Und dann könnte es eng werden: Wer schnell handeln muss, handelt manchmal unvorsichtig oder unüberlegt.

Auf der Hand liegt dann der Stress aus Zeitdruck. Weniger auf der Hand liegt die gesunkene Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe vor der Übergabe. Wenn ein Unternehmer anfängt, ans Ende zu denken, entwickelt sich der Umsatz erfahrungsgemäß eher schwach, investiert wird kaum noch, dem Unternehmen werden bei Gelegenheit und kleinlaut aber doch stille Reserven entzogen. Wobei es vorkommt, dass einer Marktanteile verliert und deshalb aussteigen will – im besten Alter. Oder dass einer aussteigt, weil er für seine Firma einen hohen Preis erzielt – öfter im Kino, im wirklichen Leben eher seltener. In fünf Prozent der Fälle laut Marktforschung. Den anderen bleibt die undankbare Aufgabe, den angemessenen Verkaufserlös zu finden. Wobei die Faustregeln Umsatz mal drei oder Gewinn mal zehn wirklich nicht mehr sind als Daumen mal pi. Das erfolgversprechendste (weil Synergien frei werden) Ende eines Unternehmens, die Fusion mit einem Mitbewerber, kommt in der Wirklichkeit in zehn Prozent der Fälle vor (Übergabe an ein Familienmitglied: 17 Prozent).

Wohin wenden?

Als Erstkontakt empfiehlt sich:

www.initiative-nachfolger.at Andererseits spricht für die kleineren Unternehmensberater, die sich zum Teil auch auf Firmennachfolger konzentrieren, zumindest einmal ein Argument: Wer bei Namen wie PriceWaterhouseCoopers vor der voraussichtlichen Honorarforderung zurückschreckt, kann sich möglicherweise auch billiger helfen lassen. Außerdem sind die Gründer-Services der Wirtschaftskammern in den Bundesländern bis in die Bezirke hinein organisiert. Sie wollen den Bedarf nach Hilfe nicht nur der Gründer, sondern auch der Übergeber dort abdecken, 'wo er tatsächlich entsteht'. 100.000 Kontaktgespräche gab es im Jahr 2001. Eine erste Dienstleistung abseits der (irgend wann einmal doch notwendigen) persönlichen Gespräche verspricht das Internetportal www.gruenderservice.at Die Themen Nachfolge und Franchise sind dort gleichberechtigte Schwerpunkte.

Und letzten Endes liefern Ihnen auch Ihre Ansprechpartner in den Landesgremien gute Dienste: Wer stets mitten in Geschehen ist, weiß oft auch, wo sich Veränderungen ergeben könnten oder erwünscht sind. Daher ist der Kontakt zum Landesgremium der Handelsagenten ein wichtiger Schritt. Dort erhalten Sie beispielsweise auch Informationen zum wichtigen Thema 'Übertragung des Ausgleichsanspruchs'!

Geschäftsherren schreiben unterschiedlich „streng“ formulierte Berichtspflichten des Handelsagenten in ihre Verträge. Müssen diese (immer) beachtet werden? Was gilt nach dem Gesetz? Und was sind die Folgen eines Fehlverhaltens?

Ausgangssituation

Der Geschäftsherr wähnt sich bisweilen in einer „Zwickmühle“: er will die (zumeist) bereits vorhandenen Kundenkontakte einer etablierten Handelsagentur für seine Produkte oder Dienstleistungen nützen, er hat also in allererster Linie Interesse daran, seinen Umsatz zu steigern. Andererseits sieht er sich aufgrund verschiedenster Gründe dazu veranlasst, von seinem Vertriebspartner „Berichte“ zu erhalten.

Diese Gründe können zum einen darin liegen, dass der Geschäftsherr meint, aufgrund des spezifischen Charakters seiner Produkte/Dienstleistungen immer auf dem aktuellen Stand sein zu müssen. Das wird oft für technisch anspruchsvolle Branchen behauptet, aber auch für weniger anspruchsvolle Bereiche wie bedruckte Servietten, Geschenkartikel etc. Dazu kommen bisweilen (vermeintlich) schlechte Erfahrungen mit Vertriebspartnern, von denen sich der Geschäftsherr in der Vergangenheit „nicht genug“ informiert gefühlt hat. Manchmal liegt das Motiv schlicht darin, dass der Geschäftsherr alles in seinem Unternehmen und was damit in Zusammenhang steht, „im Griff haben“ will. Dieses – an sich nicht unverständliche – Ansinnen soll aber auch auf selbstständige Vertriebspartner durchschlagen und gerade darin liegt die Krux der Sache. Teilweise gewinnt man auch den Eindruck, dass der Handelsagent durch laufende und umfangreiche Berichte im Ernstfall rasch und unproblematisch austauschbar sein soll.

In diesem Beitrag soll dargestellt werden, wo die Grenzen liegen und worauf der Handelsagent achten sollte. Eines kann man schon jetzt sagen: starre Regeln gibt es dazu nicht, die Grenzen sind sicherlich fließend. Denn das Gesetz sagt nur, aber immerhin, dass der Handelsagent dem Geschäftsherrn „die erforderlichen Mitteilungen zu machen“ hat. Was erforderlich ist, ob der Geschäftsherr womöglich (in gewissen Grenzen) festlegen darf, was erforderlich ist und in welcher Form welche Berichte wann zu übermitteln sind, sagt das Gesetz nicht.

Vertragliche Regelungen in der Praxis

In der Praxis sind unterschiedlichste Vertragsklauseln anzutreffen. Von der (inhaltsleeren) Bestimmung, „wird dem Unternehmen berichten“ über die Vorgabe, „monatlich über alles Relevante“ zu berichten, bis hin zu wöchentlicher oder gar täglicher Berichterstattung. Geradezu exzessive Ausformungen in den Verträgen sind eine tägliche Berichtspflicht, die Verpflichtung zur vorherigen Terminbekanntgabe bei Kunden (so wie zumindest früher im Finanzdienstleistungsbereich üblich) oder die permanente Kontrolle durch Anrufe des Gebietsleiters zu den absolvierten bzw. geplanten Terminen (bekannt etwa aus dem Vertrieb von Elektroheizungen).

Manch Geschäftsherr will den Handelsagenten verpflichten, jede Korrespondenz mit Kunden an ihn weiterzuleiten. Ob dies dem Gesetz entspricht – ich meine: nein –, wird ein dazu anhängiges Gerichtsverfahren zeigen.

Zu extremen Auswüchsen kommt es freilich durch technische Neuerungen, wie die Verpflichtung, tagesaktuell alle Aktivitäten samt Kundendaten in das Computersystem des Geschäftsherrn einzugeben oder bei Verwendung des vom Geschäftsherrn zur Verfügung gestellten Handys durch Überwachung per GPS.

Die Agentur muss also wissen, woran sie ist und wie sie sich am besten verhält. So kann die Aufnahme solcher Klauseln in den Vertrag bisweilen dadurch verhindert werden, dass der Agent auf die möglichen sozialversicherungs- und steuerrechtlichen Folgen überzogener Berichtspflichten hinweist. Denn diese werden bei einer Prüfung durch die Behörden in Richtung eines echten Dienstvertrags ausgelegt – mit durchaus unangenehmen Folgen für den Geschäftsherrn was das Nachverlangen von Sozialversicherungsbeiträgen und Lohnsteuer anlangt. Durch einen Hinweis darauf konnte schon so manche überzogene Klausel aus dem Vertragsentwurf, den der Geschäftsherr vorgelegt hatte, eliminiert werden. Tatsächlich sollte ein vorausschauender Geschäftsherr aus den genannten Gründen jede Erwähnung einer Berichtspflicht im Vertrag vermeiden (es gilt ohnehin die gesetzliche Regelung).

Stets zu überlegen ist auch, ob und wie weit sich der Handelsagent einer solchen vertraglichen Berichtspflicht verschließt. Dies wird – neben der Reichweite der Klausel – von seinem Arbeitsstil, aber auch von den Erfordernissen der Branche abhängen. Letztlich ist auch zu beachten, dass Berichte (in welcher Form auch immer) die Tätigkeit des Agenten dokumentieren. Der Geschäftsherr kann, einen entsprechenden Umfang der Berichte vorausgesetzt, dann nur schwerlich behaupten, der Agent sei untätig oder zu wenig tätig gewesen.

Gesetzliche Verpflichtung der Handelsagentur

Der Handelsagent hat dem Geschäftsherrn nach zwingendem Recht wie erwähnt „die erforderlichen Mitteilungen zu machen“. Der Geschäftsherr muss über die Markt- und Kundensituation auf dem Laufenden gehalten werden, dies erstreckt sich auch auf den Stand der Bemühungen und die Aussicht auf Abschlüsse. Dabei ist aber nicht die Erwartungshaltung des konkreten Geschäftsherrn maßgeblich, es zählt vielmehr der Maßstab eines objektiven, d.h. „verständigen“ Unternehmers. Überzogene, subjektive Anforderungen werden damit ausgeschlossen. Umgekehrt kann aber nicht (nur) maßgeblich sein, was der konkrete Handelsagent gerade für erforderlich hält oder nicht – es zählt beiderseits der objektive Maßstab einer vernünftigen und gedeihlichen Zusammenarbeit.

Dass dem Unternehmer durch solche erforderlichen Mitteilungen eine gewisse Kontrolle der Tätigkeit der Handelsagentur ermöglicht wird, ist hinzunehmen. Immerhin würde eine dauernde Untätigkeit des Agenten einen wichtigen Auflösungsgrund darstellen.

Die Erforderlichkeit im Sinn des Gesetzes hat eine zeitliche Dimension (wie oft) und eine inhaltliche (worüber, in welcher Form und wie umfangreich ist zu berichten). Leider kann eine solche Anordnung im Gesetz (wie sonst auch) nur anhand der Umstände des Einzelfalls ausgelegt werden. Generell gesprochen geht es darum, den Geschäftsherrn auf dem Laufenden zu halten, ohne dass der selbstständige Vertriebspartner wie der angestellte Außendienst behandelt wird, d.h. seine persönliche Unabhängigkeit zu beachten.

Was kann nun wirksam vereinbart oder verlangt werden?

Nach bisherigem Verständnis werden zulässige von unzulässigen Berichtspflichten wie folgt abgegrenzt: das Verlangen nach täglichen Berichten ist unzulässig, eine monatliche Berichtspflicht ist aber zulässig. Wöchentliche Berichte dürfen nur in Ausnahmesituationen verlangt werden, so etwa bei deutlichen Umsatzrückgängen. Meines Erachtens müssen die Berichte dann aber im Einzelfall überhaupt geeignet sein (und vom Geschäftsherrn wohl auch genutzt werden), diesen Umsatzverlusten gegenzusteuern. Lediglich als „Motivationsspritze“ für die Agentur wären solche Wochenberichte meiner Meinung nach unzulässig, vor allem dann, wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass es die Agentur an Motivation vermissen lässt.

Unzulässig sind freilich auch die vorhin geschilderten täglichen bzw. permanenten Nachfragen bzw. ständige Kontrollanrufe, etwa durch Gebietsleiter. Dass eine Überwachung per GPS unzulässig ist, bedarf keiner weiteren Erörterung.

Unzulässig ist es auch, dem Handelsagenten die Bekanntgabe seiner Reiseroute abzuverlangen. Wann er welche Kunden besucht, fällt in den Kernbereich seines selbstständigen Unternehmertums. Damit ist auch die Frage beantwortet, ob der Geschäftsherr solche Informationen in Form von ihm vorgegebener Berichtsformulare abfragen darf. Dies darf er nämlich nicht, schon gar nicht, wenn diese Formulare (z.B. nach einem Wechsel in der Geschäftsführung oder in der Vertriebsleitung) ohne vertragliche Grundlage einseitig eingeführt werden sollen.

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass dem Handelsagenten Monatsberichte vorgeschrieben werden dürfen. Dies gilt als Ausfluss der gesetzlichen Verpflichtung wohl auch, wenn solche Monatsberichte im Vertrag nicht vorgesehen sind. Für Wochenberichte gilt dies nur im Ausnahmefall. Über aktuelle, entsprechend gewichtige Vorkommnisse hat der Agent im Anlassfall zeitnah zu berichten. Eine (laufende) Kontrolle über seine Reisetätigkeit darf mit alldem nicht einhergehen.

Mögliche Rechtsfolgen

Verstöße gegen die gesetzliche Benachrichtigungspflicht bzw. gegen diese allenfalls ergänzenden vertraglichen Regelungen können – je nach Schwere und Vorwerfbarkeit des Verstoßes – einen wichtigen Auflösungsgrund darstellen. Der Geschäftsherr muss dann keine Kündigungsfrist einhalten und es entfällt – Verschulden des Handelsagenten vorausgesetzt – sogar der Ausgleichsanspruch für einen aufgebauten Kundenstock.

Die allgemeinen Anforderungen an solche eine Kündigung aus wichtigem Grund sind auch hier zu beachten: der Geschäftsherr wird an einer aussagekräftigen Abmahnung nicht vorbeikommen. Er muss daher den (behaupteten) Vertragsverstoß entsprechend deutlich einmahnen. Immerhin soll ja dem anderen Vertragsteil, hier dem Handelsagenten, Gelegenheit gegeben werden, sein Verhalten zu ändern bzw. zu dem Vorwurf Stellung zu nehmen. In der Praxis wird der Handelsagent, der mit Vorwürfen konfrontiert ist, gut beraten sein, sich nicht auf eine (allfällige) Unzulässigkeit des Ansinnens des Geschäftsherrn zu verlassen, sondern konkret zu antworten und auszuführen, warum der Vorwurf falsch ist, das Ansinnen des Geschäftsherrn überschießend ist, die vertragliche Klausel unwirksam ist, die bisherige Zusammenarbeit anders war und dass kein Grund für ein Abgehen besteht etc. Freilich hängt das konkrete Vorgehen bzw. der Inhalt der Antwort vom konkreten Sachverhalt ab; die oben genannten Aspekte werden dabei aber in aller Regel maßgebend sein.

Sind die Anforderungen des Geschäftsherrn überschießend und beharrt er trotz hinreichender Einwände des Handelsagenten darauf, kann (umgekehrt) ein begründeter Anlass für eine Kündigung durch den Agenten vorliegen. Der Handelsagent sollte aber zeitnah reagieren und vor dem Ausspruch der Kündigung eine Frist setzen, die unzumutbare bzw. überschießende Anforderung nach Berichten zurück zu nehmen. Die mögliche bzw. erforderliche Vorgangsweise hängt von den konkreten Umständen ab.

Bisherige Handhabung von Bedeutung?

Die bisherige Handhabung, d.h. der gelebte Vertrag ist sicherlich von einer gewissen Bedeutung. Ist der Handelsagent bisher den (wenn auch möglicherweise überschießenden) Anforderungen des Geschäftsherrn nachgekommen, wird er nur schwerlich erklären können, warum er diese nicht mehr erfüllen will. Umgekehrt ist aber eine Berichtspflicht nicht nur deshalb ausgeschlossen, weil bisher nicht oder nur kursorisch berichtet wurde. Es empfiehlt sich jedenfalls eine sehr genaue Bewertung der Sach- und Rechtslage. Ein Verstoß gegen Berichtspflichten kann (ebenso wie ein überschießendes Verlangen derselben durch den Geschäftsherrn) entscheidende Bedeutung für die Berechtigung zur Vertragsauflösung und für den Ausgleichsanspruch haben.

Andere Rechtsordnungen

Kommt ein auswärtiges Recht zur Anwendung (z.B. weil im Vertrag wirksam vereinbart), dann richtet sich das Gesagte freilich nach dem anwendbaren Recht. Allfällige Besonderheiten sind dann zu berücksichtigen.


Der Handelsagent ist nach österreichischem Gesetz jedenfalls verpflichtet, dem Geschäftsherrn die erforderlichen Mitteilungen zu machen.

Inhalt und Umfang richten sich nach dem Einzelfall und nach objektiven Maßstäben.

Die bisweilen in Handelsagentenverträgen enthaltenen Präzisierungen bzw. Erweiterungen dieser Pflicht sind unwirksam, wenn die Stellung des Handelsagenten als selbstständiger Unternehmer nicht hinreichend berücksichtigt wird (z.B. Tagesberichte, permanente Kontrolle etc).

Ist die Reichweite der Verpflichtungen der Agentur strittig, sollte die Vorgangsweise, insbesondere auch eine daran anschließende Kündigung gut überlegt sein, da Beendigungsansprüche wie der Ausgleichsanspruch davon abhängen. 


Dr. Gustav Breiter

Bei Beendigung des Handelsagentenvertrages ist in jedem Fall aus der Sicht des Handelsagenten (HA) besonders darauf zu achten, dass diese derart erfolgt, dass der gesetzliche Ausgleichsanspruch (§ 24 HVertrG 93) erhalten bleibt.

Neben anderen Beendigungsgründen die den HA berechtigen auch bei Eigenkündigung den Ausgleichsanspruch geltend zu machen, nennt das Gesetz u.a. im § 24 Abs. 3 Z 1 HVertrG 93 den Tatbestand der Vertragsbeendigung dahingehend, dass dem HA eine Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen seines Alters oder wegen Krankheit oder Gebrechen nicht zugemutet werden kann.

Die beiden hier genannten Endigungsgründe bergen bei nicht richtiger Vorgangsweise unter Umständen ein hohes Risiko des HA seinen Ausgleichsanspruch zu verlieren.

I) Beendigungsgrund des Alters:

Nach übereinstimmender österreichischer Lehre und Rechtsprechung ist der Vertragsbeendigungsgrund des Alters mit der Erreichung des gesetzlichen Pensionsalters verbunden. Gemäß § 130 Abs. 1 GSVG entsteht der Anspruch auf Alterspension bei Männern nach Vollendung des 65. Lebensjahres (Regelpensionsalter bei Frauen nach Vollendung des 60. Lebensjahres).

Nun bestand und besteht nach den Bestimmungen des in diesem Zusammenhang für den Handelsvertreter maßgeblichen Gesetzes, nämlich des gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes (GSVG), die Möglichkeit vor Erreichung des gesetzlichen Pensionsalters eine Pension zu beanspruchen.

Hier kommt insbesondere die unter dem Schlagwort „Hacklerregelung“ bezeichnete gesetzliche Regelung in Frage.

Nach der früher geltenden Regelung des § 131 Abs. 1 GSVG konnte der männliche HA mit 61,5 und der weibliche mit 56,5 Jahren in Frühpension gehen, vorausgesetzt es bestanden 450 anrechenbare Versicherungsmonate.

Im Zuge der vom Gesetz angestrebten Abschaffung dieser „Hacklerregelung“ wurde der § 131 Abs. 1 GSVG außer Kraft gesetzt, jedoch können bestimmte Jahrgänge, nämlich vom 30.6.1955 bis 31.12.1959 bei Frauen und Männer der Jahrgänge vom 30.6.1950 bis 31.12.1954 nach wie vor vorzeitig in Pension gehen, und zwar Frauen vom 55. bis 59. Lebensjahr und Männer zwischen dem 60 und dem 64 Lebensjahr. Außerdem müssen für die Frau 40 Beitragsjahre und für den Mann 45 Beitragsjahre nachgewiesen werden.

Die Möglichkeit einer diesbezüglichen vorzeitigen Pensionierung die durch Bescheid der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft erfolgt besteht daher nach wie vor.

Diese Regelung soll durch die 68. Novelle zum ASVG eine fixe gesetzliche Verankerung erhalten, wonach allgemein Frauen mit 40 Beitragsjahren und Männer mit 45 Beitragsjahren abschlagsfrei mit 55 bzw. 60 Jahren in Pension gehen können („Buchinger: 45 Beitragsjahre sind genug“).

Es wäre nun ein fataler Irrtum, wenn der HA unter Berufung auf seine vorzeitige Pensionierung durch die SVA den Handelsagentenvertrag beendet, wie dies in der Praxis mehrfach geschehen ist.

Die vorzeitige Pensionierung nach der Bestimmung des GSVG ändert nämlich nichts daran, dass der Begriff des „Alters“ im § 24 Abs. 3 Z 1 HVertrG 93 – wie bereits ausgeführt – ausschließlich das gesetzliche Pensionsalter, also 60 bzw. 65 Jahre, meint.

Würde der HA daher aus diesem Grund den Vertrag, sei es fristlos oder unter Einhaltung der gesetzlichen oder vereinbarten Kündigungsfrist auflösen, so würde der HA seinen Ausgleichsanspruch zur Gänze verlieren.

Obige Ausführungen geben die überwiegende Lehre und Rechtssprechung sowie die Meinung des Autors nieder, es darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass es auch in der Literatur gegenteilige Meinungen gibt, in der Judikatur hat zuletzt der OGH zu 9 Oba 2/04s eine relativierende Meinung eingenommen, indem er formuliert hat, dass „der Begriff des „Alters“ jedenfalls bei Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters erfüllt sei.“ Daraus ist zu schließen, dass unter Umständen der Begriff des Alters auch schon vorher also im Sinne der oben zitierten Hacklerregelung erfüllt sein könnte.

II) Beendigung wegen Krankheit oder Gebrechen:

1) So wie nach den obigen Ausführungen der Pensionsbescheid der SVA nicht ausreicht, den Tatbestand des „Alters“ herzustellen, so ist in gleicher Weise ein allfälliger Bescheid, welcher eine Berufsunfähigkeit aus medizinischen Gründen ausspricht, nicht geeignet, den Tatbestand der „Krankheit oder des Gebrechens“ herbeizuführen.

Wenn nun der HA unter ausschließlicher Berufung auf einen für ihn positiven Bescheid der SVA das Vertragsverhältnis fristlos oder unter Einhaltung einer Kündigungsfrist beendet, wird er grundsätzlich ebenfalls seinen Anspruch auf Ausgleichszahlung verlieren.

Das Handelsvertretergesetz kennt die Berufsunfähigkeitspension als ausgleichsbegründenden Tatbestand nicht. Es besteht auch keine Bindung der Gerichte an die Ergebnisse des sozialgerichtlichen Verfahrens.

Daher kann die im Pensionsverfahren zugrundegelegte Berufsunfähigkeit nicht mit einer schwerwiegenden Erkrankung oder einem Gebrechen im Sinne des § 24 Abs. 3 Z 1 HVertrG 93 gleichgesetzt und deren Beweis durch die Gewährung der Berufungsunfähigkeitspension nicht ohne weiteres als erbracht angesehen werden.

Dem gemäß muss der HA ganz konkret und detailliert alle Tatsachen behaupten, die im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsgrundsätze für die Beurteilung einer, die weitere Tätigkeit als Handelsvertreter unzumutbar machenden schwerwiegenden Krankheit oder Gebrechens relevant sind.

„Das bedeutet, dass der HA bei Vertragsbeendigung, sei es fristlos oder unter Einhaltung einer Kündigungsfrist, darzulegen hat, an welcher Krankheit oder an welchem Gebrechen er leidet und warum sie so schwerwiegend ist, dass er seinen Beruf als HA nicht mehr ausüben könne. Dabei muss er sich auch mit der Frage auseinandersetzen, wie lange diese Krankheit oder dieses Gebrechen voraussichtlich andauern werde und muss er überhaupt alle Gründe dafür angeben, warum ihm seine Erkrankung die Fortsetzung seiner Tätigkeit unzumutbar mache (Zitat aus 6 R 184/07g OLG Linz vom 19.2.2008).“

In einem allfälligen gerichtlichen Verfahren hat der HA daher im einzelnen anzugeben, aufgrund welcher konkreter medizinischer Gründe er seine Tätigkeit nicht mehr fortsetzen kann. Im Regelfall wird diese Frage dann durch einen beizuziehenden medizinischen Sachverständigen zu klären sein, sofern der Unternehmer die Berufsunfähigkeit bestreitet.

Hier werden dann die spezifischen Details der Tätigkeit des HA, die je nach Wirtschaftszweig und Sparte verschieden sein können, eine Rolle spielen.

Man denke in diesem Zusammenhang nur daran, dass ein HA der regelmäßig schwere Musterkoffer zu transportieren hat, große Strecken mit dem Kfz zurücklegen muss, etc., andere Voraussetzungen zu erfüllen hat, um eine Berufsunfähigkeit anzunehmen, also insbesondere den Beendigungsgrund des „Gebrechens“ als ein HA einer anderen Berufssparte, der derartige körperliche Anforderungen nicht erfüllen muss.

Auch in diesem obigen Zusammenhang muss der Ordnung halber darauf hingewiesen werden, dass es auch vereinzelt in der Lehre andere Meinungen gibt und dass die bereits oben zitierte Entscheidung 9 Oba 2/04s auch den Beendigungsgrund der Krankheit etwas relativiert.

2) In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, dies betrifft sowohl den Vertragsbeendigungsgrund des Alters als auch den der Krankheit oder des Gebrechens, ob der HA verpflichtet ist, eine Kündigungsfrist einzuhalten oder ob er berechtigt ist, allenfalls fristlos den Vertrag zu beenden.

Bei den Endigungsgründen der Krankheit und des Gebrechens ist eine fristlose Vertragsbeendigung durchaus vorstellbar, wenn der Eintritt der Krankheit – hier kommt es jedoch wiederum auf die voraussichtliche Dauer an – oder des Gebrechens kurzfristig erfolgt.

Wenn allerdings – wie dies in der Praxis nicht selten ist – der HA seinen Antrag auf vorzeitige Pensionierung oder den Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension einreicht, ohne dem Unternehmer hievon Mitteilung zu machen und dann, wenn er den jeweiligen positiven Bescheid in Händen hält, fristlos den Vertrag beendet, ist dies als problematisch anzusehen.

Die gesetzliche Verpflichtung zur Einhaltung von Kündigungsfristen hat den Regelungszweck dem Gekündigten die Möglichkeit zu geben, sich auf die Vertragsbeendigung rechtzeitig und ausreichend einzustellen.

Wenn nun der HA, der Pensionsanträge einreicht, nach Zustellung der positiven Erledigung fristlos kündigt, so kann dem gekündigten Unternehmer dadurch ein Schaden entstehen, weil das vom HA bisher betreute Gebiet plötzlich unbetreut ist und das Auffinden eines Nachfolgehandelsagenten längere Zeiträume in Anspruch nehmen kann.

Die während dieser Zeiträume bestehende mangelhafte Betreuung der Kunden und damit verbunden ein Umsatzrückgang kann zu konkreten Schadenersatzansprüchen des Unternehmers gegen den HA führen.

Es ist daher empfehlenswert entweder schon vor Erhalt des Pensionsbescheides unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist den Vertrag zu beenden oder aber zumindest dem Unternehmer Mitteilung zu machen, dass ein Pensionierungsverfahren anhängig ist, wenngleich hier ein zeitliches Koordinierungsproblem besteht, weil man ja auf die Dauer des Pensionierungsverfahrens grundsätzlich keinen Einfluss hat.

Empfehlenswert wäre daher die Variante, nach Erhalt des positiven Pensionierungsbescheides unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfrist den Handelsvertretervertrag zu beenden, um derartige mögliche Schadenersatzansprüche des Unternehmers zu vermeiden. Wie schon oben ausgeführt genügt die Berufung auf den Bescheid alleine jedoch nicht.

Sofern dies möglich ist, ist also eine fristenwahrende Kündigung jedenfalls vorzuziehen, weil die fristlose Vertragsbeendigung neben allfälligen Schadenersatzansprüchen auch aus anderen Gründen einen Wegfall des Ausgleichsanspruchs bewirken kann. Entschließt sich nämlich der Unternehmer aufgrund der fristlosen Vertragsbeendigung durch den HA den Vertriebsweg der von ihm erzeugten Waren zu ändern, insbesondere weil der Neuaufbau eines Außendienstes schwierig ist, so kann dies im Einzelfall bedeuten, dass die vom HA zugeführten Neukunden nicht mehr direkt vom Unternehmer beliefert werden.

Wenn der Unternehmer nämlich aus Anlass der Vertragsbeendigung durch den HA, z.B. nicht mehr direkt an den Endverbraucher liefert, sondern nur mehr an die davor geschalteten Handelsstufen (Großhandel, Einzelhandel), so kann er die vom HA geschaffenen Geschäftsverbindungen nicht weiter nutzen. Mangels erheblicher Unternehmervorteile entsteht dann kein Ausgleichsanspruch.

Lediglich wenn der Unternehmer in diesem Zusammenhang rechtsmissbräuchlich, um den HA um seinen Ausgleichsanspruch zu bringen, den Vertriebsweg ändert, bliebe ein solcher Anspruch bestehen (Nocker, Ausgleichsanspruch, RZ 323).

Wie obige Ausführungen zeigen, muss die Beendigung des Vertrages durch den HA in jedem Fall sorgfältig vorbereitet werden um die geschilderten möglichen Nachteile zu vermeiden.

In jedem Fall ist zur Klärung der dargestellten spezifischen Rechtsfragen immer der aktuelle Stand der Rechtssprechung zu erheben, da diese offensichtlich im Fluss ist.

Dr. Erich Schwarz

V

In einer interessanten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs werden die Schutzprinzipien des Handelsvertretergesetzes zugunsten der Handelsagenten deutlich. Im konkreten Fall lag kein wichtiger Grund für eine Auflösung des Vertrags vor.

Vorgeschichte

Eine deutsche Handelsagentur wurde vom österreichischen Hersteller mit dem Vertrieb von Berufsbekleidung beauftragt. Zu diesem Zweck wurde Ende 2001 ein Handelsagentenvertrag abgeschlossen. Die Besonderheit des Falls lag darin, dass die Handelsagentur sich selbst mit der Entwicklung und dem Vertrieb von Sicherheitsschuhen befasste. Die Agentur war damit in der Lage, „Komplettpakete“ anzubieten, die Bekleidung, Sicherheitsschuhe und den „PSA-Bereich“, dh Helm, Arbeitshandschuhe, Schutzbrille etc umfasste.

Auflösung durch den Geschäftsherrn

Im Jahr 2003 kam es im Zusammenhang mit der Angebotslegung an einen Großkunden zu Streitigkeiten zwischen dem Geschäftsherrn und der Handelsagentur. Der Geschäftsherr warf der Agentur vor, aus dem gelegten „Komplettangebot“ das Angebot für die Schutz- und Sicherheitsausrüstung herausgenommen zu haben, weshalb der Großkunde, der ja ein Komplettangebot erwartete, den Auftrag nicht erteilt hätte. Dadurch sei die Vertrauensbasis zwischen den Vertriebspartnern derart gestört worden, dass das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet werden müsse (außer die Handelsagentur wäre mit der „Herausnahme“ dieses Großkunden aus dem Kundenkreis einverstanden, was aber nicht der Fall war). Im Ergebnis kam es also zur Vertragsauflösung, ohne dass die Kündigungsfrist eingehalten worden wäre.

Dazu kam, dass der Geschäftsherr entgegen § 11 HVertrG Geschäfte, die erst nach Vertragsbeendigung zur Ausführung kamen, nicht abrechnete, geschweige denn die zustehende Provision für diese Geschäfte bezahlte.

Die Handelsagentur klagte auf Feststellung, dass der Handelsagentenvertrag bis zur nächsten Kündigungsmöglichkeit (1 ½ Jahre später) aufrecht ist und sie erhob ein entsprechendes Rechnungslegungsbegehren über die noch zu verprovisionierenden Geschäftsfälle.

Entscheidungen der Unterinstanzen

Vorauszuschicken ist, dass ein wichtiger Grund für die Auflösung eines Handelsagentenvertrages nur dann vorliegt, wenn es dem Geschäftsherrn unter Berücksichtigung aller Umstände nicht zumutbar ist, den Vertrag bis zum im Vertrag vorgesehenen Befristungsdatum oder für die Dauer der Kündigungsfrist fortzuführen. Was im konkreten Fall ein wichtiger Grund ist oder nicht, kann nur im Einzelfall und nicht abstrakt festgestellt werden. Grob gesprochen muss eine massive Vertragsverletzung vorliegen, die das Vertrauen des anderen Vertragspartners nachhaltig erschüttert. Den Beweis des Vorliegens eines wichtigen Grundes zur vorzeitigen Auflösung des Vertrags hat der Geschäftsherr zu erbringen.

Das LG Ried im Innkreis gab dem Handelsagenten vollinhaltlich recht. Es wurde auf Tatsachenebene festgestellt, dass die Handelsagentur an den betreffenden Großkunden ein Komplettangebot gelegt hatte, dass aber dem Kunden die darin angebotene Schuhe zu hochwertig und die Textilien und der „PSA-Bereich“ zu teuer gewesen sind. Außerdem hatte der Einkaufsleiter den Eindruck gehabt, dass Differenzen zwischen den Vertriebspartnern bestanden hätten und dass die Organisation der Auftragsabwicklung „kein schlüssiges Bild“ ergeben hätte. Mit anderen Worten: Das Erstgericht stellte fest, dass der Auftrag nicht zustande kam, weil sich der Kunde aus verschiedenen Gründen dagegen entschieden hat.

Weiters hatte der Geschäftsherr behauptet, dass die Handelsagentur mangelhaft gearbeitet hätte. Da aber der Gesamtjahresumsatz durchaus beträchtlich war und bei einem von der Handelsagentur akquirierten Großkunden die Umsätze sogar noch gesteigert wurden, wurde diese Argumentation vom Gericht abgelehnt, dh es konnte keine mangelnde Vertriebsaktivität der Handelsagentur festgestellt werden.

Da im Falle einer sofortigen Vertragsauflösung durch den Geschäftsherrn der Beweis für das Vorliegen eines wichtigen Auflösungsgrundes eben durch den Geschäftsherrn zu erbringen ist, was aber nicht gelang, war die sofortige Auflösung unrechtmäßig. Auch dem Rechnungslegungsbegehren wurde stattgegeben.

Der Geschäftsherr erhob gegen diese Entscheidung Berufung. Die Berufungsentscheidung des OLG Linz fiel durchaus unerwartet aus. Denn das OLG Linz meinte, dass der „verheerende Eindruck“, den der Kunde gewonnen hat, weil die Handelsagentur ein bereits gelegtes Angebot zurückgezogen hatte, zu berücksichtigen sei. Ein solches Vorgehen sei unprofessionell und sei geeignet, beim Kunden Bedenken gegen die Zuverlässigkeit des Anbieters hervorzurufen. Dies sei ein wichtiger Grund für die Auflösung des Vertrags. Die nachvertraglichen Provisionen hingegen seien abzurechnen und auszubezahlen.

Oberster Gerichtshof – Auflösung unrechtmäßig

Der Oberste Gerichtshof ging von den festgestellten Tatsachen aus. Das erstinstanzliche Verfahren hat eben nur gezeigt, dass der Kunde das Angebot abgelehnt hat. Lediglich in der Beweiswürdigung hatte das Gericht gemeint, die Handelsagentur hätte den „PSA-Bereich“ wegen überhöhter Preisvorstellungen der Handelsagentur nachträglich aus dem Angebot herausgenommen. Dies war aber nicht die Tatsachengrundlage, auf deren Basis die Gerichte zu entscheiden hatten. Streng formal betrachtet wurde eben nur festgestellt, dass der Kunde das Angebot abgelehnt hat. Alles übrige (also auch eine eventuelle Rückziehung des Angebots durch die Handelagentur aus welchen Gründen auch immer) hätte der Geschäftsherr im erstinstanzlichen Verfahren konkret behaupten und beweisen müssen. Mit anderen Worten: Offenbar hat das gegenständliche erstinstanzliche Verfahren „schon irgendwie“ nahe gelegt, dass die Handelsagentur möglicherweise Teile des Angebots nachträglich aus welchen Gründen auch immer zurückgezogen hat, dies fand jedoch keinen Eingang in die gerichtlichen Feststellungen. Dies wäre aber aus der Sicht des Geschäftsherrn erforderlich gewesen.

Es ist festzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof einen solchen Sachverhalt, nämlich die Zurückziehung eines Angebots durch die Handelsagentur, nicht beurteilt hat und gar nicht beurteilen konnte, da es eben an den diesbezüglichen Feststellungen mangelte.

Der Oberste Gerichtshof hat aber klar ausgesprochen, dass ausgehend vom tatsächlich vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt (bloße Ablehnung des Angebots durch den Kunden) kein wichtiger Grund vorlag.

Der vorliegende Fall zeigt nicht nur die grundsätzliche Fragestellung zur sofortigen Vertragsauflösung durch den Geschäftsherrn wegen angeblicher Vertragsverstöße des Handelsagenten, sondern man kann auch, wenn man nicht mit der Gerichtspraxis befasst ist, einen interessanten Einblick in die Vorgangsweise der Gerichte und die sich in der Praxis stellenden Probleme gewinnen. Festzuhalten ist, dass es bei einem angeblich wichtigen Auflösungsgrund darauf ankommt, dass der Geschäftsherr im Verfahren diesen nicht nur (konkret) behauptet, sondern ob er ihn auch beweisen kann.

Dr. Gustav Breiter

Seit Beginn Ihrer Tätigkeit als Handelsagent erhalten Sie den vereinbarten Provisionssatz. Mit der aktuellen Abrechung kommt plötzlich die Ernüchterung – Einseitig vorgenommene Provisionskürzungen!

Zwischen Ihnen als Handelsagent und dem Geschäftsherrn (in weiterer Folge „Unternehmer“ genannt) besteht ein aufrechtes Vertragsverhältnis – ein Handelsvertretervertrag. Die Höhe Ihrer Provision, Ihr Betreuungsgebiet, die Art der von Ihnen vertretenen Produkte – alle diese Komponenten richten sich primär nach den zwischen Ihnen und dem Unternehmer zu Beginn Ihrer Tätigkeit darüber getroffenen Vereinbarungen. Nun weicht der Unternehmer plötzlich von diesen Vereinbarungen ab, indem er etwa das Betreuungsgebiet einschränkt, den Provisionssatz oder die Provisionsberechnung ändert. Wie können Sie als Handelsagent darauf reagieren?

Sie als Handelsagent befinden sich meist im Interessenkonflikt. Einerseits wollen Sie die Vertretung aufrecht halten, andererseits die vom Unternehmer vorgenommenen Kürzungen nicht akzeptieren.

Nachstehend wird versucht zunächst die für den geschilderten Sachverhalt wesentliche Rechtslage überblicksweise darzustellen um anschließend Ihre möglichen Schritte aufzuzeigen und auf allfällige nachteilige Rechtsfolgen aufmerksam zu machen.

Sind einseitige Vertragsänderungen zulässig?

Grundsätzlich ist diese Frage mit „Nein“ zu beantworten. Wie jeder andere Vertrag kommt auch der Handelsvertretervertrag durch übereinstimmende Willenserklärungen – nämlich Angebot und Annahme – zustande. Er kann schriftlich, mündlich oder schlüssig (durch entsprechende Übung) abgeschlossen werden. Eine Änderung des geschlossenen Vertrages bedarf wiederum der Zustimmung beider Vertragsparteien. Eine einseitige Vertragsänderung seitens des Unternehmers steht somit im Widerspruch zum allgemeinen Vertragsrecht. Sie würde Ihnen als Handelsagent einen Vertrag aufzwingen, den Sie so nicht abgeschlossen hätten.

Unter Umständen kann der Unternehmer aber aus wirtschaftlichen und sachlich vertretbaren Gesichtspunkten gewisse einseitige Änderungen in seinem Geschäftsbereich vornehmen ohne damit vertragswidrig zu handeln. Zu denken ist dabei insbesondere an organisatorische Änderungen im Rahmen des Unternehmens wie Betriebseinschränkungen oder Einschränkungen der Produktpalette. Derartige Änderungen können im Einzelfall Sie als Handelsagenten zu einer ausgleichwahrenden Kündigung des Handelsvertretervertrages berechtigen.

Anders ist die Sachlage zu beurteilen, wenn im Handelsvertretervertrag Vereinbarungen zur Zulässigkeit von Vertragsänderungen (Änderungsvorbehalt oder Teilkündigungsrechte) getroffen oder selbständige Zusatzvereinbarungen abgeschlossen wurden.

Änderungsvorbehalt

Bei Änderungsvorbehalten handelt es sich um Vereinbarungen zwischen dem Handelsagenten und dem Unternehmer mit denen sich der Unternehmer die Änderung einzelner Vertragspunkte vorbehält. Solche Vorbehalte werden in der Praxis häufig im Hinblick auf den Provisionssatz, das Vertretungsgebiet oder die vertretenen Produkte vereinbart.

Derartige Vereinbarungen stellen naturgemäß eine Benachteiligung des Handelsagenten dar, sodass an deren Wirksamkeit erhöhte Anforderungen bei deren Vereinbarung gestellt werden. Einseitige Änderungsvorbehalte und Teilkündigungen sind grundsätzlich nur dann rechtswirksam, wenn sie zwischen Ihnen als Handelsagent und dem Unternehmer im Einzelnen ausgehandelt wurden. Sind Änderungsvorbehalte hingegen bloß in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers oder in einem vorformulierten Vertrag enthalten wird dies regelmäßig als gröbliche Benachteiligung des Handelsagenten im Sinne des § 879 ABGB gewertet. In diesem Fall sind die Vorbehalte als nichtig und damit als unwirksam anzusehen. Eine einseitige Abänderung oder Teilkündigung ist sodann im Ergebnis wiederum unzulässige.

Betrifft die vereinbarte Teilkündigung Hauptpunkte des Vertrages wie etwa die Provisionshöhe, so gilt – sofern nichts Gegenteiliges vereinbart ist – die gesetzliche Regelung bzw. der jeweils übliche Provisionssatz.

Zusatzvereinbarungen

Eine Teilkündigung wird ausnahmsweise auch dann als zulässig angesehen, wenn zwischen den Vertragsparteien über einzelne Vertragspunkte Zusatzvereinbarungen abgeschlossen wurden. Solche Zusatzvereinbarungen können nur über Vertrags(neben)punkte abgeschlossen werden, die selbständig bestehen können. Zusatzvereinbarungen sind im Hinblick auf die Übernahme der Vertretung weiterer Produkte oder Vertretungsgebiete und dergleichen, nicht jedoch im Hinblick auf die Provision zulässig.

Wie können Sie sich als Handelsagent gegen unzulässige Änderungen zur Wehr setzen?

Widerspruch/ gerichtliche Geltendmachung

Ihr primäres Ziel als Handelsagent wird die Aufrechterhaltung des Vertrages zu den ursprünglichen Bedingungen sein. Zu diesem Zweck müssen Sie den unzulässigen Änderungen jedenfalls sogleich widersprechen. Dieser Widerspruch ist von Bedeutung, da ein Schweigen unter Umständen als Zustimmung zu den Änderungen gewertet werden könnte. Dieser Widerspruch sollte zum Zwecke des Nachweises jedenfalls schriftlich und mittels Einschreiben oder gegen Übernahmebestätigung ausgesprochen werden.

Bleibt der Widerspruch erfolglos und beharrt der Unternehmer auf den einseitig vorgenommenen Änderungen, haben Sie die Möglichkeit Ihre Ansprüche durch die ordentlichen Gerichte prüfen zu lassen, indem Sie etwa die zu wenig ausbezahlten Provisionen einklagen. Eine Auflösung des Handelsvertretervertrages ist dazu nicht erforderlich.

Vorzeitige Auflösung

Neben der gerichtlichen Geltendmachung Ihrer Ansprüche können Sie den Vertrag bei Vorliegen eines wichtigen Grundes ausgleichswahrend vorzeitig auflösen. Wesentliche unzulässige Vertragsänderungen seitens des Unternehmers wie etwa einseitige erhebliche Provisionskürzungen können einen wichtigen Grund darstellen, der Sie bei Verschulden des Unternehmers zur vorzeitigen Auflösung des Handelsvertretervertrages berechtigt. Verschulden des Unternehmers liegt dann vor, wenn dieser wusste oder wissen hätte müssen, dass seine Vorgangsweise unrechtmäßig war. Dies wird in den meisten Fällen vorliegen. Nach vorheriger Aufforderung zur Herstellung des vertragsgemäßen Zustandes unter gleichzeitiger Setzung einer angemessenen Nachfrist, können Sie das Vertragsverhältnis ohne Einhaltung von Fristen und Terminen mit sofortiger Wirkung auflösen, da davon auszugehen ist, dass die Fortsetzung des Vertrages für Sie unzumutbar ist.

Die Erklärung der vorzeitigen Auflösung des Vertrages hat außerdem möglichst unverzüglich nach Kenntnis vom Vorliegen des wichtigen Grundes zu erfolgen. Ansonsten laufen Sie Gefahr, Ihr Recht zur vorzeitigen Auflösung zu verwirken (vgl. OGH 14.04.1999, 7 Ob 292/98m).

Berechtigte Kündigung

Überdies können Sie bei Vorliegen von Umständen, die einen begründeten Anlass zur Kündigung bieten, den Handelsvertretervertrag unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen und -termine kündigen. Voraussetzung ist, dass die betreffenden Umstände dem Unternehmer zurechenbar sind. Anders als bei der vorzeitigen Auflösung aus wichtigem Grund müssen diese Umstände nicht so schwer wiegen, dass die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses „sofort“ unzumutbar wird. Wie zu Beginn bereits angeführt, könnten diese Voraussetzungen etwa bei einer wesentlichen Einschränkung der Produktpalette durch den Unternehmer gegeben sein. Die Berechtigung zur Kündigung ist beim Ausspruch zur Kündigung anzuführen, damit der Unternehmer sogleich Kenntnis von der Art der Beendigung erlangt, andernfalls diese als ordentliche Kündigung gewertet wird.

Maßgeblich ist, dass bei einer unter diesen Gesichtspunkten vorgenommenen Kündigung, im Unterschied zur ordentlichen Kündigung, Ihr allfälliger Ausgleichsanspruch erhalten bleibt. Wie bei der vorzeitigen Auflösung ist jedoch auch hier eine mögliche Verwirkung des Kündigungsrechtes zu bedenken.

Das Heft des Handelns liegt daher bei Ihnen. Sicherlich hat der Unternehmer im Falle einer Nichteinigung über die von ihm gewollten Vertragsänderungen die Möglichkeit den Vertrag unter Einhaltung der entsprechenden Fristen – etwa in Form einer Änderungskündigung – zu kündigen. Der vernünftige Unternehmer wird sich seine Kündigung in der Regel jedoch gut überlegen, da er damit einen wertvollen Handelsagenten verliert und Ihnen den Ausgleichsanspruch auszahlen muss.

Schlussfolgerungen

Bedenken Sie zusammenfassend daher Folgendes: Mit Abschluss des Handelsvertretervertrages wird das Fundament Ihres Verhältnisses zum Unternehmer und damit der Grundstein für reibungslose Abwicklung oder für ein späteres böses Erwachen gelegt. Sie sollten daher bei Vertragsschluss insbesondere darauf achten, Vereinbarungen, welche einseitige Vertragsänderungen zulässig machen, zu vermeiden. Ändert der Unternehmer den bestehenden Vertrag unzulässigerweise einseitig ab, müssen Sie der Änderung primär widersprechen und können in der Folge Ihre Ansprüche – auch bei aufrechtem Vertrag – klagsweise geltend machen. Weiters steht es Ihnen frei den Vertag nach den allgemeinen Bestimmungen berechtigt zu kündigen oder mit sofortiger Wirkung aufzulösen. Da die vorzeitige oder berechtigte Auflösung gravierende Maßnahmen darstellen, die erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen, sollte die Auflösung nur nach Einholung einer Rechtsauskunft und jedenfalls in schriftlicher Form erfolgen.

Mag. Wolfgang Denkmair

Ausgangspunkt der gegenständlichen Betrachtung sind die Interessen und rechtliche Situation österreichischer Handelsagenten mit Vertretungsgebiet Österreich einerseits und italienischer Unternehmer, sei es Erzeuger oder Großhändler, andererseits.

Gerichtsstand

Im Regelfall wird der wesentliche Vertragsinhalt vom Unternehmer vorgegeben. Daher enthalten Verträge zwischen österreichischen Handelsagenten und italienischen Unternehmern u. a. üblicherweise die Klausel, dass für diesen Vertrag italienisches Recht gilt und der Gerichtsstand am Ort des Unternehmens, also in Italien, liegt.

Dies bedeutet im Fall von Streitigkeiten eine Benachteiligung des Handelsagenten, da er gezwungen ist, einen allfälligen Prozess, zum Beispiel auf Zahlung eines Ausgleichs bei Vertragsbeendigung, bei dem jeweiligen italienischen Gericht zu führen. Wenn möglich sollte versucht werden, die Anwendung österreichischen Rechtes zu vereinbaren und hinsichtlich des Gerichtsstandes den sogenannten aktorischen Gerichtsstand zu wählen (Formulierung: „Gerichtsstand ist der Sitz des jeweiligen Klägers“).

Gelingt dies nicht und besteht das italienische Unternehmen auf der Anwendung italienischen Rechtes und dem italienischen Gerichtsstand, muss dies jedoch akzeptiert werden. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass sich unter Umständen ein mündlicher Vertrag empfiehlt. In diesem Fall ist nach den Bestimmungen des internationalen Privatrechtes und den sonstigen europäischen Normen (EuGVVO, EG 44/2001) der Gerichtsstand in Österreich am Sitz des Handelsagenten zuständig und es gilt österreichisches Recht.

Unterschiede im Handelsrecht

Im Jahr 1986 erging die EU-Handelsagentenrichtlinie, deren Inhalt von den EU-Mitgliedsstaaten durch innerstaatliche Gesetze umzusetzen war. In Österreich wurde die EU-Richtlinie 1993 in Form des Handelsagentengesetzes 1993 (HVertrG) umgesetzt, der italienische Gesetzgeber fügte 1994 die diesbezüglichen Bestimmungen in die Artikel 1742–1753 des Italienischen bürgerlichen Gesetzbuches, Codice civile, ein. Nachstehend werden einzelne Bestimmungen des Codice civile behandelt, insoweit hier Abweichungen vom österreichischen Handelsagentenrecht vorliegen.

Schriftform erforderlich

Im Artikel 1742 findet sich die etwas merkwürdig anmutende Bestimmung, dass der Handelsagentenvertrag schriftlich nachgewiesen werden muss. Gleichzeitig wird allerdings dem Handelsagenten das unverzichtbare Recht eingeräumt, eine vom Unternehmer unterzeichnete Urkunde zu erhalten, die den Vertragsinhalt wiedergibt.

Sollte kein schriftlicher Vertrag vorliegen, so kommt meiner Meinung nach – wie zuvor erwähnt – das österreichische Recht mit österreichischem Gerichtsstand zur Anwendung. Die italienische Rechtsprechung weist darauf hin, dass für die Wirksamkeit eines Vertrages die Schriftform nicht erforderlich ist.

Alleinvertretung vorgesehen

Im Artikel 1743 ist die, dem österreichischen Handelsagentenrecht unbekannte, Bestimmung enthalten, dass der Geschäftsherr sich in ein und demselben Gebiet und für denselben Tätigkeitsbereich nicht gleichzeitig mehrerer Handelsagenten bedienen darf.

Dies heißt im Gegensatz zur österreichischen Regelung, dass die Alleinvertretung von vorneherein als gesetzliche Regelung vorgesehen ist. Diese Regelung ist allerdings abdingbar. Nach österreichischem Handelsagentenrecht ist dies genau umgekehrt, Alleinvertretung muss ausdrücklich vereinbart werden.

Del-credere-Haftung möglich

Im dritten Absatz des Artikel 1746 war ursprünglich eine Del-credere-Haftung des Handelsagenten vorgesehen, also die Haftung desselben für die Uneinbringlichkeit von Rechnungsbeträgen beim Kunden.

Diese Bestimmung ist jedoch mittlerweile beseitigt worden. Allerdings erlaubt das italienische Handelsagentenrecht dennoch ausnahmsweise eine derartige Haftung des Handelsagenten zu vereinbaren, diese muss jedoch genau konkretisiert und spezifiziert werden.

Benachrichtigungsverpflichtung

Zu beachten ist auch die Bestimmung des Artikels 1747, wonach der Handelsagent verpflichtet ist, falls ihm die Erfüllung der ihm übertragenen Aufgaben unmöglich wird, den Geschäftsherrn unverzüglich zu benachrichtigen. Der italienische Gesetzgeber statuiert in diesem Zusammenhang ausdrücklich eine Schadenersatzverpflichtung des Handelsagenten.

Provisionsregelung, Minderung bei

Storno des Geschäftes Die Bestimmungen über den Provisionsanspruch im Artikel 1748 sind richtlinienkonform und im Wesentlichen ident mit den österreichischen gesetzlichen Regelungen. Lediglich die Bestimmung des 5. Absatzes des Artikel 1748 sei kurz zu kommentieren: Demnach sieht der italienische Gesetzgeber vor, dass für den Fall des einvernehmlichen Stornos des Geschäftes zwischen Unternehmer und Kunden der Handelsagent für den unausgeführt gebliebenen Teil Anspruch auf eine verminderte Provision hat, deren Ausmaß durch „Gebräuche“ oder vom Gericht nach Billigkeit bestimmt wird. Eine derartige Bestimmung fehlt im österreichischen Handelsagentenrecht, die italienische Regelung entspricht auch nicht der österreichischen Lehre und Rechtsprechung. Der Fall der einvernehmlichen Vertragsstornierung zwischen Unternehmer und Kunden wird hier nämlich der Bestimmung des § 9 Abs 3 HVertrG 93 unterstellt, wonach in diesem Fall die gesamte Provision trotz Stornierung oder Teilstornierung zusteht. Die Regelungen über die Abrechnung der Provisionen stimmen im Wesentlichen überein, die Bestimmung im österreichischen Handelsagentenrecht, dass der Handelsagent einen entsprechenden Provisionsvorschuss verlangen kann, fehlt in der italienischen Regelung.

Buchauszug kaum erwähnt

Weiters fehlen die in der Praxis sehr wichtigen und wertvollen Bestimmungen des § 16 des österreichischen Handelsagentenrechts über den Buchauszug, dieser wird im Artikel 1749 lediglich in einem Dreizeiler erwähnt, wohingegen das österreichische Gesetz dieses wichtige Hilfsmittel des Handelsagenten in 6 Absätzen behandelt.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot möglich

§ 25 des österreichischen Handelsagentenrechts sieht vor, dass der Handelsagent in seiner beruflichen Tätigkeit nach Beendigung des Vertrages nicht beschränkt werden darf, allenfalls entgegenstehende Vereinbarungen sind nichtig. Dagegen regelt das italienische Recht diese Frage dahingehend, dass ein derartiges Wettbewerbsverbot sehr wohl vereinbart werden kann, dies allerdings schriftlich erfolgen, sich auf den bisherigen Tätigkeitsbereich des Handelsagenten beziehen muss und darüber hinaus nicht länger als zwei Jahre nach Vertragsende andauern darf. Weiters ist hierfür eine Entschädigung zu zahlen, über deren Höhe ins Einzelne gehende Bestimmungen vorgesehen sind, bei Nichteinigung kann das Gericht nach Billigkeit entscheiden. 

Ausgleichs- und Schadensersatzanspruch

Die europäische Richtlinie sieht hierfür eine klare Regelung vor, die in Österreich auch so umgesetzt wurde. Dies wurde es vom italienischen Gesetzgeber im Artikel 1751 im Wesentlichen ebenfalls, wobei geringfügige Unterschiede anzumerken sind. Nach der österreichischen Regelung ist hinsichtlich der verbleibenden erheblichen Vorteile des Unternehmers eine Prognose anzustellen, die italienische Regelung hat offenbar den tatsächlichen Geschäftsverlauf nach Vertragsbeendigung im Auge: Die deutsche autorisierte Übersetzung gebraucht nämlich die Formulierung „zieht aus Geschäften mit solchen Kunden noch erhebliche Vorteile“. Weiters ist bemerkenswert, dass die italienische Regelung ausdrücklich das Recht des Handelsagenten anmerkt, neben dem Ausgleichsanspruch auch noch einen Schadenersatzanspruch zu fordern. Die Praxis der italienischen Gerichte bei Bemessung und Zuerkennung eines Ausgleichsanspruchs war jedoch bisher eine völlig andere als in Österreich, und zwar abweichend vom Gesetzestext. In Italien besteht nämlich seit dem Jahr 1992 eine kollektive Tarifvereinbarung. Diese „accordi economici collectivi, AEC“ sehen eine Ausgleichszahlung in der Höhe von zwei bis fünf Prozent des Gesamtbetrages der während des Vertragsverhältnisses verdienten Provisionen vor. Der Vorteil dieser Regelung für den Handelsagenten liegt darin, dass u. a. der Nachweis der Neukundenwerbung nicht erforderlich ist. Diese Regelung ist allerdings im Normalfall des Ausgleichsanspruchs für den Handelsagenten der Höhe nach wesentlich nachteilig, weil ja unter den gegebenen Voraussetzungen der Ausgleichsanspruch bis zur Höhe einer durchschnittlichen Jahresprovision zusteht. Die kollektivvertraglichen Regelungen bleiben weit darunter. Diese Praxis der italienischen Gerichte wurde mit einem Urteil des EuGH vom 23.03.2006 als richtlinienwidrig abgelehnt. Es wurde ausgesprochen, dass die Anwendung des Tarifvertrages nicht die Regelungen der Richtlinie 1986 bei Bemessung des Ausgleichsanspruchs ersetzen kann. Soweit den Mitteilungen der italienischen Korrespondenzkollegen zu entnehmen ist, halten die italienischen Gerichte jedoch teilweise nach wie vor an den Tarifverträgen fest.

Dr. Erich Schwarz

Beim Abschluss eines Handelsagentenvertrags ist gerade im Verhältnis zu auswärtigen  Geschäftsherren besondere Vorsicht geboten. Das zeigte ein Fall aus der jüngsten Vergangenheit, der hier dargestellt werden soll. Den Vertragsentwurf hatte ein italienischer Geschäftsherr vorgelegt. 

Vertragsbezeichnung

Die Bezeichnung eines Vertrags ist zwar grundsätzlich nicht entscheidend, sondern sein Inhalt und die gelebte Praxis. Dennoch sollte die Bezeichnung korrekt sein, um Unsicherheiten zu vermeiden.

Im vorliegenden Fall war der Vertrag als "private deed for business procurement" (also "Privaturkunde für Unternehmensbeschaffung") bezeichnet. Nach dem 7. Unterpunkt auf Seite 1 des Vertrags sollte dies ausdrücklich nicht als Agenturvertrag verstanden werden.

Beides war jedoch widersprüchlich zur ausdrücklichen Regelung, wonach der österreichische Vertragspartner alle Anstrengungen zu unternehmen hatte, um die Umsatzziele zu erreichen, und zu seiner Pflicht, die Produkte bei den Kunden zu promoten. Das ist also eindeutig eine Handelsagententätigkeit. Dies sollte auch in der Vertragsbezeichnung zum Ausdruck kommen.

Probezeit

Im Vertrag war eine Probezeit von drei Monaten vorgesehen. Probezeiten sind im Handelsagentenrecht nach herkömmlichem Verständnis zwar nicht möglich, nach anderen Rechtsordnungen ist dies aber durchaus denkbar, insbesondere nach französischem Recht.

Es kann nicht abschließend beurteilt werden, ob die italienische Rechtsprechung Probezeiten zulässt. Es wäre möglich, dass auch italienische Gerichte so entscheiden könnten, wie es vom französischen Recht vertreten wird (dazu ist derzeit ein Verfahren vor dem EuGH anhängig, das wohl klarstellen wird, dass dies nicht zulässig ist).

Dennoch sollten auch hier Unsicherheiten vermieden werden. Eine „Probezeit“ könnte nicht nur bedeuten, dass eine jederzeitige Auflösung zulässig ist (also ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist), sondern dass bei Auflösung innerhalb der Probezeit der Ausgleichsanspruch entfällt. Insofern konnte die Empfehlung nur lauten, die Probezeit zu streichen.

Befristung

Der Vertrag sollte auf ein Jahr befristet sein. Dagegen spricht grundsätzlich nichts, da der Geschäftsherr einen unbefristeten Vertrag nach einem Jahr ohnehin auch beenden, nämlich kündigen könnte.

Insofern wäre ein unbefristeter Vertrag um nichts besser oder "sicherer". Es macht lediglich einen psychologischen Unterschied, ob man den Vertrag, um ihn zu beenden, nur "auslaufen lassen" oder kündigen muss.

Umsatzziele

Umsatzziele sind an sich zu vermeiden, denn gerade die italienische Rechtsprechung ist hier tendenziell großzügig. Bei Umsatzverfehlung wird eine sofortige Beendigung als zulässig angesehen.

Italienische Gerichte sind bisweilen der Ansicht, dass dann auch der Ausgleichsanspruch für den aufgebauten Kundenstock entfällt. Dass der Vertrag ohnehin nur auf ein Jahr befristet war, machte diesen Aspekt nicht hinfällig. Denn die Umsatzziele waren nicht an das Jahresergebnis gebunden, sondern sollten quartalsweise vereinbart werden – und falls ein Quartalsziel verfehlt würde, sollte der Vertrag automatisch beendet sein.

Die Umsatzziele gänzlich zu streichen, ist in der Regel nicht ohne weiteres zu erreichen. Es sollte aber zumindest festgehalten werden, dass die Auftragswerte, besser noch die Bestellwerte maßgebend sind. Denn sonst würde die Erfüllung der Umsatzziele davon abhängen, ob/was geliefert und verrechnet wird. Eine solche Auslegung wäre bei Fehlen einer Klarstellung zumindest nicht ausgeschlossen.

Provisionsbasis

Im Vertrag war auch vorgesehen, dass sich die Provision ausschließlich nach den Rechnungsbeträgen richten sollte. Dies ist aber nur eingeschränkt wirksam.

Ist der Geschäftsherr dafür verantwortlich, dass weniger geliefert wird bzw. dass es zu Gutschriften/Retouren kommt, darf die Provision nicht geschmälert werden (zwingendes Recht).

Nach italienischem Recht gibt es zusätzlich eine Sonderregel: Die Provision für den nicht ausgeführten Teil darf nur dann (nach Handelsbrauch) reduziert werden, wenn sich Geschäftsherr und Kunde auf eine Verminderung des Auftrags geeinigt haben.

Die genannte Vertragsbestimmung konnte also letztlich so belassen werden, die Problematik sollte aber bewusst sein.

Berichtspflicht

Weiters war eine wöchentliche Berichtspflicht vorgesehen. Eine solche wäre nach zwingendem österreichischen Recht grundsätzlich unzulässig.

Falls dies den Handelsagenten nicht stört, kann er es dabei belassen – er sollte dieser Verpflichtung dann aber auch nachkommen.

Es ist doch eher unwahrscheinlich, dass ein italienisches Gericht eine Verpflichtung zu Wochenberichten verneinen würde, wenn der Agent diese zuerst akzeptiert und laufend übermittelt, irgendwann aber nicht mehr.

Ähnliches gilt für die Regelung, dass der Agent den Geschäftsherrn über all seine Aktivitäten außerhalb des Vertrags informieren müsse. Das geht doch sehr weit.

In der Praxis wäre der Agent dann wohl nach jeder diesbezüglichen Benachrichtigung über zusätzliche Aktivitäten einer Diskussion mit dem Geschäftsherrn ausgesetzt, zum Beispiel, ob er denn noch genügend Zeit für ihn haben würde.

Dazu kommt das Risiko, auf die Information einmal schlicht zu vergessen. Dann hätte man eine Vertragsverletzung begangen. Die Empfehlung war also, solch eine Verpflichtung ersatzlos zu streichen.

Zustimmungsrecht zu einer Vergesellschaftung bzw. zu gesellschaftsrechtlichen Änderungen

Vorgesehen war auch, dass der Agent als Einzelunternehmer tätig wird. Für den Fall einer Gesellschaftsgründung und allfälligen späteren Änderungen in der Gesellschaft sollte der Geschäftsherr ein Zustimmungsrecht haben.

Eine solche "Change-of-control-Klausel", die nicht unüblich ist, erscheint zunächst harmlos, wenn der Agent Einzelunternehmer ist (und auf absehbare Zeit bleiben möchte).

Falls er aber zum Beispiel in eine GmbH umwandeln will, bräuchte er die Zustimmung des Geschäftsherrn. Auch dies sollte bewusst sein.

Anwendbares Recht und Gerichtsstand

Die ebenso im Vertrag vorgesehene Anwendbarkeit italienischen Rechts und eines italienischen Gerichtsstands werden sich in der Regel nicht vermeiden lassen.

Allenfalls kann der Handelsagent vorschlagen, dass sich das Gericht nach dem Sitz des jeweiligen Klägers richtet. Das wäre für ihn vorteilhaft, da im Streitfall üblicherweise der Handelsagent in der Klägerrolle ist, wenn er ausständige Provisionen, eine zu kurze Kündigungsfrist und vor allem seinen Ausgleichsanspruch geltend macht.

Zudem war die konkrete Gerichtsstandvereinbarung unverständlich, da einmal auf das Gericht in XY und an anderer Stelle auf ein Schiedsgericht verwiesen wurde. Auch das war also klärungsbedürftig.

Fazit

Freilich stellt sich der hier dargestellte Änderungsbedarf nicht in jedem Vertrag mit einem auswärtigen, insbesondere italienischen Geschäftsherrn – dafür vielleicht ein anderer. Die Erfahrung zeigt, dass fast jeder Vertragsentwurf, der von einem Geschäftsherrn vorgelegt wird, seine Tücken und Fallstricke hat. Der Verweis auf professionelle Hilfe soll an dieser Stelle daher nicht fehlen.

Dr. Gustav Breiter

Wer eine Forderung nicht rechtzeitig gerichtlich geltend macht, verliert diesen Anspruch – der Anspruch verjährt. Die gesetzliche Verjährungsfrist beträgt im geschäftlichen Bereich in der Regel drei Jahre. Aber Achtung: Durch Vereinbarung kann die Verjährungsfrist auch wesentlich verkürzt werden.

weitere Informationen

Die Verjährungsvorschriften des Handelsvertretergesetzes für sämtliche aus dem Vertretungsvertrag entspringenden Ansprüche weichen zu Gunsten der Handelsvertreter von den allgemeinen Verjährungsvorschriften ab. Bei Vertragsauflösung empfiehlt sich für den Vertreter, auch ältere Ansprüche nochmals einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Unvollständige Abrechnungen oder nicht abgerechnete Geschäftsabschlüsse verjähren nämlich erst 3 Jahre nach Ende des Jahres, in dem der Vertrag aufgelöst wurde.

Immer wieder kommt es in der Praxis vor, dass dem Handelsvertreter Ansprüche, etwa Provisionsansprüche nach Abrechnung durch den Unternehmer vorenthalten werden. Insbesondere nach Beendigung des Handelsvertretervertrages ist die Motivation des Unternehmers oftmals gering, dem nicht mehr für ihn tätigen Handelsvertreter die aushaftende Ansprüche noch zu bezahlen.

Die Abrechnungspflicht über Provisionsvereinbarungen trifft nach dem Handelsvertretergesetz grundsätzlich den Unternehmer, der – mangels abweichender Vereinbarung - die Abrechnung dabei spätestens am letzten Tag jenes Monats vorzunehmen hat, der auf das Quartal folgt, in dem der Provisionsanspruch entstanden ist. Die Abrechnung hat hierbei sämtliche Provisionsansprüche zu enthalten, die im Abrechnungszeitraum entstanden sind.

Gerät nun der Unternehmer mit der Bezahlung der Ansprüche in Verzug oder bestreitet bereits abgerechnete Ansprüche, kann sich die (gerichtliche) Geltendmachung dieser Ansprüche während des aufrechten Vertragsverhältnisses aus psychologischer Sicht oder aus wirtschaftlichen Erwägungen als Hürde erweisen. Bei einem Provisionsstreit kann für den Agenten gar der Fortbestand des Agenturverhältnisses auf dem Spiel stehen – eine Konsequenz, die oftmals außer Relation zum aushaftenden Anspruch steht.

Entschließt sich der Agent - aus welchen Motiven auch immer – erst verspätet zur Geltendmachung seiner Ansprüche oder werden Abrechnungsdefizite früherer Geschäftsabschlüsse erst im Nachhinein erkannt, wird der gewiefte Unternehmer zunächst den Einwand der Verjährung erheben.

Rechtlich ist vorauszuschicken, dass die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen des Handelsvertreters aus dem Vertragsverhältnis mit dem Unternehmer gemäß § 18 Handelsvertretergesetz 3 Jahre beträgt und vertraglich zwar verkürzt, nicht jedoch verlängert werden kann. Eine vertragliche Verkürzung der gesetzlichen Verjährungsfrist wird jedoch im Einzelfall ausverhandelt werden müssen. Eine Verkürzung dieser Frist in Standardformblättern des Unternehmers unterliegt jedenfalls der Inhaltskontrolle unter dem Aspekt der Sittenwidrigkeit gemäß § 879 Abs 3 ABGB.

Die Verjährungsvorschriften des § 18 HVertrG 1993 umfassen nunmehr im Gegensatz zu der früheren Bestimmung des § 17 HVG 1921 ausdrücklich nicht nur Provisionsansprüche und Ansprüche aus Auslagenersatz, sondern einheitlich alle aus dem Handelsvertreterverhältnis entstehenden Ansprüche.

Der Lauf der gesetzlichen Verjährungsfrist für bereits abgerechnete Ansprüche beginnt abweichend von den allgemeinen Verjährungsnormen des ABGB erst mit Ende jenes Jahres, in dem die Abrechnung stattgefunden hat. Hat der Handelsvertreter seine Ansprüche beim Unternehmer jedoch ordnungsgemäß und bestimmt angemeldet, wird der Fortlauf der Verjährung gehemmt. Aus Beweisgründen wird es zweckmäßig sein, dieses Anmeldungsschreiben schriftlich zu verfassen.

In der Praxis kommt es jedoch häufig vor, dass Fehler in den Abrechnungen oder unterlassene Abrechnungen einzelner Ansprüche vom Handelsvertreter, sei es aus Zeitgründen, sei es aus der Komplexität der buchhalterischen Anspruchsgrundlagen zunächst nicht erkannt werden oder Abrechnungen überhaupt gänzlich unterbleiben. Benötigt der Vertreter zur ziffernmäßigen Bestimmung seiner Ansprüche Bucheinsicht, kann dieses Recht nicht nur im Außerstreitverfahren (ohne Kostenersatz), sondern seit zwischenzeitig gesicherter Rechtsprechung auch durch eine sogenannte Stufenklage auf Abrechnung und Leistung im streitigen Verfahren (bei Kostenersatz) geltend machen, wodurch auch der Ablauf der Verjährung verhindert wird.

§ 18 Abs 2 Handelsvertretergesetz bestimmt hinsichtlich jener Ansprüche, die in die Abrechnung des Unternehmers aus welchen Gründen auch immer (unabhängig davon, ob dies aus Irrtum geschah oder der Unternehmer Geschäftsabschlüsse verheimlichen wollte) nicht einbezogen wurden oder hinsichtlich deren gar keine Abrechnung erfolgt ist (OGH 28.05.2002, 4 Ob 100/02p), dass die Verjährung erst mit Ende jenes Jahres beginnt, in welchem das Vertragsverhältnis mit dem Unternehmer gelöst worden ist. Von diesem Zeitpunkt an beginnt die 3-jährige Verjährungsfrist zu laufen.

Die vielfach unbeachtete Konsequenz dieser Bestimmung ist, dass auch jene Ansprüche, die etwa anlässlich einer Prüfung aufgrund der Vertragsbeendigung entdeckt werden, für den gesamten Zeitraum des Vertreterverhältnisses rückforderbar sind, ohne dass vom Unternehmer der Verjährungseinwand erhoben werden kann. In der Folge können sohin für den Unternehmer Provisionen aus Geschäftsfällen, die während des aufrechten Vertreterverhältnisses laufend nicht (transparent) abgerechnet wurden – etwa Direktgeschäfte des Unternehmers - in beträchtlicher Höhe entstehen. Der rechtspolitische Hintergrund dieser für den Vertreter günstigen Schutznorm ist die Sanktionierung unvollständiger (und für den Vertreter nicht immer zur Gänze einsehbarer) Abrechnungen des Unternehmers.

Jene Ansprüche, die erst nach Auflösung des Vertragsverhältnisses abzurechnen waren, beispielsweise Überhangprovisionen oder Geschäfte, bei denen der Provisionsanspruch erst nach der Vertragsauflösung fällig wurde, verjähren 3 Jahre nach dem Ende jenes Jahres, in dem die Abrechnung hätte stattfinden sollen. Bedeutend ist diese Bestimmung auch für vertraglich vereinbarte Provisionsfortzahlungen bei Auflösung des Vermittlungsvertrages, etwa jene des Versicherungsagenten aus weiterlaufenden Renten- oder Sachversicherungen. Wurde eine derartige vertragliche Regelung nicht getroffen, steht dem Vermittler (nach jüngster Judikatur auch dem Versicherungsagenten, OGH 09.08.2006, 4 Ob 65/06x) als Abgeltung der dem Unternehmen durch seine Tätigkeit erwachsenen Vorteile auch ein Ausgleichanspruch zu, welcher jedoch gemäß § 24 Abs 5 Handelsvertretergesetz innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend zu machen ist.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass durch die Verjährungsregelungen im Handelsvertretergesetz richtigerweise die fehlerhafte Abrechnung oder die erfolgreiche Verheimlichung von Geschäftsabschlüssen durch den Unternehmer erschwert wird. Versucht ein Unternehmer anhand unlauterer Mitteln Ansprüche nicht ordnungsgemäß abzurechnen, droht ihm durch den verzögerten Beginn der Verjährung sohin unter Umständen eine über die Jahre hinweg massiv summierte Nachzahlung an den Handelsvertreter.

Mag. Alexander Todor-Kostic, LL.M.

Im ersten Beirag (Die richtige Vertretung - Teil I) haben wir uns auf die Agentur konzentriert, die bestehende Art der Marktbearbeitung, die Dienstleistungen, die voraussichtlich von der Agentur erwartet werden und die Vergütung, die notwendig ist, den Agenturaufwand zu decken und einen angemessenen Gewinn sicherzustellen.

Jetzt wollen wir uns das Unternehmen ansehen, dessen Vertretung die Agentur übernehmen soll.

Zuerst sollten wir überprüfen, wer unser zukünftiger Geschäftspartner ist und in welchem Zustand er sich befindet. Dazu wäre die Beantwortung der folgenden Fragen schon ganz nützlich:

  • Ist es ein österreichisches, ein EU- Unternehmen oder kommt es von außerhalb der EU?
  • Welche Bedeutung hat es innerhalb der Branche (Beschäftigtenzahl, Umsatz, Marktanteile)?
  • Ist es international tätig? In welchen Ländern? Wohin exportiert es?
  • Wie hat sich der Umsatz in den letzten 3 Jahren entwickelt und mit welchen Schwerpunkten?
  • Bestehen Bindungen zu anderen Herstellern oder Handelsbetrieben?
  • Wie ist die wirtschaftliche Lage des Unternehmens?
  • Wie wird das Image von den Kunden und den Konkurrenten beurteilt?
  • Wie sieht es mit der Kapazität aus?
  • Auf welchem Stand ist die Produktionstechnik (modern, veraltet ...)?
  • Welche Unternehmenspolitik wird verfolgt (expansiv, innovativ, sparsam ....)?
  • Auf welchem Stand ist die Infrastruktur in Bezug auf Informationstechnik?

Auch bei größter Anstrengung ist der Handelsagent immer von der Güte der angebotenen Erzeugnisse abhängig und wie sich diese im Markt bewähren.

Naturgemäß ist in diesem Zusammenhang eine wettbewerbsfähige Produkt- und Programmpolitik des Herstellers eine unabdingbare Notwendigkeit. Dazu kommt die Forderung nach Kontinuität dieser Politik, die erst dem Unternehmen einen festen Platz im Markt verschafft.

Daher sollte vor Übernahme einer neuen Vertretung eine ganze Reihe von Fragen beantwortet werden:

  • Welchen Stellenwert haben die angebotenen Produkte oder Programmteile am Markt und innerhalb des vertretenen Unternehmens?
  • Ist eine kontinuierlich erfolgreiche Produkt- bzw. Markenpolitik erkennbar?
  • Qualität, Reklamationshäufigkeit?
  • Wie urteilen die Abnehmerkreise über die Produkte?
  • Welche Programmveränderungen bzw. -erweiterungen sind geplant?
  • Welche Preis-, Spannen- und Rabattpolitik betreibt das Unternehmen?

Immer wieder gibt es Reibereien mit der vertretenen Firma, die aus ungeklärten oder sich rasch verändernden Situationen im Vertriebsbereich herrühren. Es liegt daher im Interesse des Handelsagenten, sich schon vor Vertragsunterzeichnung ein Bild darüber zu machen, wie der Vertrieb schlechthin organisiert ist:

  • Werden die Produkte ausschließlich über Handelsagenten vertrieben?
  • Werden je nach Produktbereich oder Kundenkreis unterschiedliche Vertriebskanäle benutzt?
  • Welche Rolle spielt e-Business im Unternehmen?
  • Gibt es häufig Veränderungen bezüglich der Bezirksgrenzen?
  • Wer sind die maßgeblichen Gesprächspartner in der Verkaufsleitung?

Zum Abschluss sei noch darauf hingewiesen, dass die anfangs oft unbeachtet bleibenden Verkaufsunterstützungen, die das vertretene Unternehmen leistet (oder bedauerlicherweise nicht leistet) von großer Bedeutung sind. Besonders deshalb, weil sie für manchen Abnehmer einen wichtiger Beurteilungsfaktor darstellen.

Nachfolgend daher eine Liste von den Verkauf unterstützenden Hilfsmitteln. Die Frage ist jeweils, gibt es sie, wenn ja in welcher Qualität, in welchem Umfang, zu welchen Konditionen?

  • Produktwerbung
  • Verkaufsförderung im Handel
  • Beteiligung an Messen und Ausstellungen
  • Beteiligung an Werbeaktivitäten des Handelsagenten oder des Händlers
  • Werbegeschenke
  • Einsatz von Propagandisten
  • Überlassung von Vorführmodellen oder Mustern
  • Verkaufsunterlagen
  • Call-Center
  • Internetauftritt
  • Schulung der Handelsagenten und ihrer Mitarbeiter
  • Informationsmaterial über das Unternehmen

Betrachten Sie diesen Beitrag als Hilfsmittel, wenn Sie die Entscheidung über die Neuaufnahme einer Vertretung fällen sollen. Sie werden nie alle hier aufgeführten Fragen beantworten können. Es hängt auch sehr vom Einzelfall ab, ob Sie es überhaupt für notwendig halten. Manchmal wird es nur ein bestimmter Teilbereich sein, dem Sie sich besonders widmen müssen. Es kann aber nichts schaden, im Fall des Falles die Liste durchzuarbeiten und sich zu fragen, ob man nicht dem einen oder anderen Punkt konsequent nachgehen sollte, bevor man den Vertrag unterzeichnet.

Die Qualität jeder einzelnen übernommenen Vertretung und die Zusammenstellung des Vertretungssortiments gehören zu den bedeutendsten Faktoren, die über Erfolg oder Misserfolg einer Handelsvertretung bestimmen. Denn beispielsweise mit den Produkten profiliert sich die Handelsvertretung gegenüber ihren Kunden, erzielt sie die notwendigen Einnahmen und hebt sie sich von den Konkurrenten ab. Zu den wichtigsten unternehmenspolitischen Aufgaben eines Handelsvertreters zählen daher

  • die ständige kritische Überprüfung bereits übernommener Vertretungen,
  • die Kontrolle der Zusammensetzung des Vertretungssortiments sowie
  • die Suche nach neuen und die Beurteilung angebotener Vertretungen.

Entscheidungen bezüglich der Auswahl und der Kombination von Vertretungen sind mit großen Risiken behaftet und haben – langfristig gesehen – Auswirkungen auf die Existenz einer Handelsvertretung. Um Überlegungen solcher Art auf eine solide Basis zu stellen und um Fehlentscheidungen zu vermeiden, ist es daher unbedingt notwendig, eine Vielzahl von Informationen heranzuziehen und die Sachverhalte gegeneinander abzuwägen.

Die einzelnen Beurteilungskriterien helfen, die besonderen Merkmale jeder einzelnen Vertretung herauszustellen sowie ihre Vor- und nachteile zu verdeutlichen. Durch eine vergleichende Betrachtung der wichtigsten positiven und negativen Ausprägungen kann der Handelsvertreter schließlich erkennen, welche Konsequenzen sich ergeben und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen.

Es ist eine Unternehmerentscheidung des Handelsagenten, neue Vertretungen aufzunehmen, bestehende abzustoßen und sein Vertretungssortiment laufend zu überprüfen.

Dieser Beitrag soll zeigen, welche Kriterien hilfreich sind, die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Die folgenden Fragen, die der Handelsagent beantworten muss, betreffen in erster Linie das eigene Unternehmen:

  • Ist die neue Vertretung eine sinnvolle Ergänzung des eigenen Sortiments?
  • Gibt es Unverträglichkeiten mit bestehenden Vertretungen?
  • Wird die neue Vertretung ein Randsortiment oder eine Hauptvertretung?
  • Muss ich für die neue Vertretung eine bestehende abgeben?
  • Reichen die eigenen Kapazitäten?
  • Wenn nicht, lohnt sich eine Ausweitung wirtschaftlich?

Die Marktbearbeitung für die neue Vertretung wirft auch offene Fragen auf, die gewissenhaft erledigt werden wollen:

  • Wird das angebotene Gebiet bereits vom Handelsagenten bereist?
  • Welcher Umsatz wurde dort bis jetzt von dem neuen Unternehmen erzielt?
  • Welchen zukünftigen Umsatz stellt man sich vor?
  • Wie hoch werden die Provisionserlöse auf Basis der derzeitigen Umsätze sein?
  • Handelt es sich um eine Exklusivvertretung?
  • Wie wurde das Gebiet bis jetzt betreut und warum will der Hersteller das ändern?
  • Können Mitarbeiter oder Untervertreter eingesetzt werden?
  • Wie hoch ist die Zahl der aktuellen Kunden und wie ist ihre Qualität?
  • Wie wird das Potenzial des Gebiets bezüglich neuer Kunden und zusätzlicher Umsätze eingeschätzt?
  • Ist vielleicht überhaupt ein neuer Kundenkreis denkbar oder notwendig?

Manchmal erwarten sich die neuen vertretenen Unternehmen Dienstleistungen, die vielleicht für die bestehenden Vertretungen nicht erbracht werden mussten. Dies könnte zum Beispiel sein:

Auslieferungslager, Ersatzteillager, Kundendienstleistungen, Messebeteiligungen, Regalpflege und Preisauszeichnung, Marktanalysen, Berichte über Branchen- bzw. Unternehmensentwicklungen, Inkasso etc.

Können eine oder mehrere derartige Dienstleistungen sinnvoller Weise angeboten werden? Wenn ja, mit welchem Aufwand. Wird dafür auch eine entsprechende Vergütung geboten?

Ganz besonders heikel ist der manchmal recht lässige Umgang mit der Vergütung für die erbrachten Dienste des Handelsagenten. Wir alle wissen, dass die Frage der Provisionsgestaltung natürlich damit zusammenhängt, wer von den beiden Partnern mehr daran interessiert ist, dass gerade dieser Handelsagent die Vertretung übernimmt.

Unabhängig davon sollte aber jedem Handelsagenten bewusst sein, dass es im Zusammenhang mit der Vergütung einige schwerwiegende Fragen gibt, die man beantworten können sollte, bevor man den Vertrag unterschreibt. Hier ein paar Beispiele:

  • Wie hoch ist der Provisionssatz und wie weit weicht dieser von den bestehenden Sätzen ab?
  • Ist die angebotene Provision branchenüblich und ist sie dem zu erwartenden Aufwand angemessen?
  • Gibt es einen Einführungszuschuss oder eine Garantieprovision?
  • Wird eine Provisionsstaffel offeriert bzw. Provisionskürzungen bei Gewährung von Preisnachlässen? Wie wahrscheinlich sind solche Nachlässe?
  • Sind Erfolgsprämien für die Erreichung bestimmter Ziele vorgesehen?
  • Wie sind Zentraleinkaufssituationen geregelt und Provisionsteilungen?
  • Wann werden die Provisionen abgerechnet (nach Rechnungslegung, nach Zahlung) und wie oft im Jahr?
  • Gibt es Regelungen für die Deckung eines allfälligen Eigenbedarfs?

Die Fortsetzung (Die richtige Vertretung - Teil II) beschäftigt sich mit dem zu vertretenden Unternehmen.

S

Spanischer Auftraggeber - Olé, wie sieht es aber mit den rechtlichen Grundlagen aus? Ausgleichs- und Schadenersatzansprüche des Handelsagenten bei Vertragskündigung durch den Unternehmer aus Spanien

1.1 Kündigung

Die Kündigungsfrist eines unbefristeten Handelsagentenvertrages beträgt gemäß Art. 25 Ley 12/1992 de 27 de mayo sobre Contrato de Agencia (LCA) einen Monat pro Jahr der Laufzeit, höchstens jedoch sechs Monate. War der Vertrag weniger als ein Jahr in Kraft, beträgt die Kündigungsfrist einen Monat (Art. 25). Den Parteien steht es jedoch frei, längere Kündigungsfristen zu vereinbaren.

Wird die Kündigungsfrist nicht eingehalten, stehen dem Handelsagenten für den Zeitraum der nicht eingehaltenen Kündigungsfrist die durchschnittlichen Monatsprovisionen des letzten Jahres zu.

1.2 Ausgleichsansprüche

Gemäß Art. 28 LCA steht dem Handelsagenten ein Ausgleichsanspruch für den geworbenen Kundenstamm oder für eine wesentliche Ausweitung des vorbestehenden Kundenstammes dann zu, wenn seine Tätigkeit dem Unternehmer weiterhin wesentliche Vorteile bringen kann und der Ausgleichsanspruch unter Berücksichtigung aller Umstände billig und angemessen erscheint.

Der Ausgleichsbetrag ist beschränkt auf den Maximalwert einer durchschnittlichen Jahresvergütung der letzten fünf Jahre oder der gesamten Laufzeit des Vertrages, sofern die Vertragsdauer kürzer ist. Dieser Maximalwert wird insbesondere dann von den Gerichten gekürzt (25 – 50%), wenn bei bekannten Marken eine Sogwirkung der Marke des Unternehmers bejaht werden kann.

1.3 Schadensersatzansprüche

Im Falle einer ordentlichen Kündigung des Handelsagentenvertrages mit unbestimmter Laufzeit durch den Unternehmer ist dieser verpflichtet, dem Handelsagenten den Schaden zu ersetzen, der diesem aus einer vorzeitigen Kündigung erwachsen ist, sofern die vorzeitige Kündigung eine Amortisierung der Ausgaben des Handelsagenten, die dieser auf Anweisung des Unternehmers zur Erfüllung des Vertrages vorgenommen hat, nicht zulässt (Art. 29 LCA).

Sofern die Kündigung, und zwar auch die ordentliche fristgerechte Kündigung, ohne triftigen Grund erfolgte (vertragliche Nichterfüllung, signifikanter Umsatzrückgang), kann vom Handelsagenten noch ein weitergehender Schadensersatzanspruch für an entlassenes Personal bezahlte Abfindungen, aufgewendete Werbekosten und sonstige nicht amortisierte Investitionen (Büroräume, Informatik, etc.) geltend gemacht werden.

Die Ausgleichs- und Schadensersatzansprüche gemäß Art. 28 und 29 LCA sind innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertrages geltend zu machen (Art. 31).

1.4 Provision bei Direktverkäufen des Unternehmers

Sofern sich während oder nach der Beendigung des Vertrages herausstellt, dass der Unternehmer unter Umgehung des Handelsagenten direkte Verkäufe an Kunden getätigt hat, die vom Handelsagenten irgendwann einmal betreut worden sind, steht diesem dennoch gemäß Art. 12 1. b) Ley 12/1992 ein Provisionsanspruch zu.

Eventuelle verheimlichte direkte Verkäufe seitens des Herstellers können dadurch aufgedeckt werden, dass der Unternehmer zur Herausgabe eines Buchauszuges über die im Vertragsgebiet des Handelsagenten getätigten Verkäufe, notfalls gerichtlich, aufgefordert wird. Art. 15 LCA gewährt nämlich dem Handelsagenten einen entsprechenden Auskunftsanspruch gegen den Unternehmer.

Gerichtsstand

Gerichtsstand für Klagen des Handelsagenten gegen den Unternehmer sind die Gerichte am Sitz des Handelsagenten. Dieser Gerichtsstand ist zwingend  und kann vertraglich nicht zu Lasten des Handelsagenten abbedungen werden (Disposición Adicional Segunda LCA). Dem Handelsagenten steht es jedoch immer frei, den Unternehmer an seinem Sitz zu verklagen.

Rückfragen und Kontakt

Dr. Carlos Wienberg
Wienberg Abogados
Muntaner, 438, 5º, 1ª | 08006 Barcelona (Spanien)
T 00 34 93 241 97 20
carlos.wienberg@wienberg.es
www.wienberg.es

Schiedsgerichtsbarkeit - eine Alternative zu Gerichtsverfahren 

Auch wenn Geschäftsbeziehungen meistens für beide Teile zufriedenstellend verlaufen, kann es hin und wieder vorkommen, dass Meinungsverschiedenheiten auftreten und gelöst werden müssen. In erster Linie sind dazu die staatlichen Gerichte berufen.

Es gibt aber auch eine private Alternative: die Schiedsgerichtsbarkeit. Dabei wird die richterliche Entscheidungsgewalt durch eine zwischen den Parteien abgeschlossene Vereinbarung, den Schiedsvertrag (Schiedsvereinbarung) [1] [2], an einen oder mehrere Schiedsrichter übertragen. 

Schiedsverfahren bieten daher einen Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten, bei dem sich die Parteien einigen, dass der Streit nicht von einem staatlichen Gericht, sondern von einem Schiedsgericht entschieden werden soll

Flexibilität des Schiedsverfahrens 

Im Vergleich zur staatlichen Gerichtsbarkeit sind Schiedsverfahren in der Regel schneller, günstiger (zumindest bei höheren Streitwerten) und bieten einen höheren Grad an Vertraulichkeit. Darüber hinaus können die Parteien in einem großen Ausmaß über die Rahmenbedingungen des Verfahrens entscheiden (z.B. die Sprache, den Sitz, das anwendbare Recht und vor allem die Schiedsrichter).

Die Parteien können durch die Auswahl der Schiedsrichterinnen/Schiedsrichter auch mitbestimmen, wer über ihre Streitigkeit entscheiden wird. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass Experten in den jeweils auftretenden Sach- und Rechtsfragen tätig sind, was bei kleineren staatlichen Gerichten mangels Spezialisierung nicht der Fall ist.

Durch die Flexibilität des Verfahrens und die eingeschränkte Anfechtbarkeit von Schiedssprüchen[3] kommt es meistens viel schneller zu einer endgültigen Entscheidung.

Vereinfacht gesagt, können Schiedssprüche nur aufgrund besonders schwerwiegender Verfahrensmängel und inhaltlicher Fehler aufgehoben werden. So darf ein Schiedsspruch z.B. nicht gegen die Grundwertungen der österreichischen Rechtsordnung verstoßen[4].

Die Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit sind also vielfältig. Aber auch die sonstigen Rahmenbedingungen in Österreich sind für Schiedsverfahren ideal: ein schiedsfreundliches Gerichtswesen sowie ausgezeichnete Schiedspraktiker, die mit nationalen und internationalen Gepflogenheiten bestens vertraut sind.


Die wichtigsten Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit auf einen Blick:

  • nahezu weltweite[1] Durchsetzbarkeit von Schiedssprüchen, während staatliche österreichische Urteile außerhalb der EU mangels bilateraler Abkommen kaum vollstreckt werden können;
  • Auswahl des Schiedsrichters (und damit eines fachlichen Experten) durch die Parteien;
  • Vertraulichkeit des Verfahrens (vs Öffentlichkeit staatlicher Prozesse);
  • Bündelung der Anfechtbarkeit von Schiedssprüchen beim Obersten Gerichtshof und dadurch
    • Kostenreduktion (gegenüber einem 3-instanzlichen staatlichen Gerichtsverfahren)
    • rascheres Aufhebungsverfahren durch Wegfall des 3-gliedrigen Instanzenzugs
  • Flexibilität des Verfahrens: die Parteien können ua über anwendbares Recht, Schiedsort und Verfahrenssprache selbst entscheiden.

Das Schiedsgericht entscheidet den Streit letztlich endgültig mittels eines Schiedsspruchs, der wie ein staatliches Urteil in Rechtskraft erwächst und vollstreckt werden kann. Mit der Zustellung des Schiedsspruchs an die Parteien erlangt er für sie Wirksamkeit.

Schiedsgerichten sind nur insofern Grenzen gesetzt, als ihnen keine Straf- oder Vollstreckungsgewalt zukommt, sie also keine Strafen verhängen und ihre Entscheidungen auch nicht unter Anwendung von Zwangsmitteln vollstrecken können. Dies ist den ordentlichen Gerichten vorbehalten.

Bei unklaren oder unvollständigen Schiedsklauseln kann das Europäische Übereinkommen über die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit 1961 (EÜ 1961), dem Österreich beigetreten ist, Abhilfe schaffen (für nähere Informationen klicken Sie bitte hier).

Institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit vs ad-hoc Verfahren

Bei der Schiedsgerichtsbarkeit unterscheidet man zwischen den so genannten ad-hoc-Verfahren einerseits und der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit andererseits.

Bei einem ad-hoc-Verfahren müssen die Parteien selbst alle Maßnahmen treffen, die bei der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit von einer Schiedsinstitution, wie z.B. der Internationalen Schiedsinstitution der Wirtschaftskammer Österreich (VIAC) besorgt werden. Dies betrifft z.B. die Zustellung von Schriftsätzen, das Inkasso der Verfahrenskosten, den Abschluss von Schiedsrichterverträgen mit den Schiedsrichtern oder die Bereitstellung von Verhandlungsräumen, von Schriftführern und anderem Personal.

Falls eine der Parteien mit der Benennung ihres Schiedsrichters säumig ist, oder wenn sich die Parteien nicht auf einen Einzelschiedsrichter einigen können, nimmt in der institutionellen Schiedsgerichtsbarkeit die Schiedsinstitution die Ersatzbestellung vor. Sie entscheidet auch über Anträge auf Ablehnung oder Amtsenthebung von Schiedsrichtern.

Im Falle der ad-hoc Schiedsgerichtsbarkeit sind für diese Aufgaben staatliche Gerichte zuständig, es kann jedoch auch eine so genannte „Benennende Stelle“ vereinbart werden, welche die oben genannten Entscheidungen zu treffen hat. Dabei handelt es sich in der Praxis meistens wieder um Schiedsinstitutionen, sodass die Grenzen fließend sind.

Die WKO – Ihr Partner

Die österreichischen Wirtschaftskammern bieten mit VIAC institutionelle Schiedsgerichtsbarkeit als Dienstleistung mit einer modernen Schiedsordnung, hoher Effizienz in der Fallabwicklung und raschen Verfahren, an.

VIAC ist für die Administration von Streitigkeiten zuständig, wenn die Parteien vereinbart haben, das Verfahren entsprechend der Schiedsordnung des VIAC („Wiener Regeln“) oder der Mediationsordnung des VIAC („Wiener Mediationsregeln“) durchzuführen sind oder wenn sie sonst die Zuständigkeit des VIAC vereinbart haben. Eine solche Vereinbarung kann entweder bereits Teil des der Streitigkeit zugrundeliegenden Vertrags sein, oder auch erst nach dem Entstehen der Streitigkeit getroffen werden.

Seit 1.7.2018 ist VIAC für sämtliche (nationale und internationale) Verfahren zuständig. Die ehemals bestehenden Ständigen Schiedsgerichte der Landeskammern wurden mit diesem Tag aufgelöst, ihre Agenden und die anhängigen Verfahren an VIAC übertragen.

Damit ein Schiedsgericht tätig werden kann, muss vorher die Zuständigkeit schriftlich vereinbart werden. Dies geschieht meistens durch die Aufnahme einer entsprechenden Klausel in den Vertrag. Eine Standardklausel finden Sie in finden Sie in unseren Musterverträgen.


Zusammenfassung

Schiedsgerichtsbarkeit bildet gerade in internationalen Verfahren, in Verfahren mit hohen Streitwerten und in inhaltlich komplexen Verfahren eine wichtige Alternative zur Streitbeilegung durch staatliche Gerichte.

Im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit können die Parteien mitbestimmen, wer über ihre Streitigkeiten entscheiden wird. Es kann auf diese Art und Weise sichergestellt werden, dass Experten in den jeweils auftretenden Sach- und Rechtsfragen tätig sind.

Durch die Flexibilität des Verfahrens und der eingeschränkten Anfechtbarkeit von Schiedssprüchen kommt es meistens viel schneller zu einer endgültigen Entscheidung als bei herkömmlichen Gerichtsverfahren.

Außerdem sind Schiedssprüche– anders als staatliche Gerichtsurteile - nahezu weltweit vollstreckbar.


Dr. Alice Fremuth-Wolf
Internationale Schiedsinstitution der Wirtschaftskammer Österreich

Wiedner Hauptstraße 63 | 1045 Wien, Österreich
T +43 590 900 4402
F +43 590 900 216
alice.fremuth-wolf@viac.eu
http://wko.at/arbitration  


[1] Die Schiedsvereinbarung kann in Form einer selbständigen Vereinbarung oder in Form einer Klausel in einem Vertrag abgeschlossen werden. Zur Form der Vereinbarung bestimmt § 583 ZPO, dass die Schiedsvereinbarung entweder in einem von den Parteien unterzeichneten Schriftstück oder in zwischen ihnen gewechselten Schreiben, Telefaxen, e-Mails oder anderen Formen der Nachrichtenübermittlung enthalten sein muss, die einen Nachweis der Vereinbarung sicherstellen.

[2] Nicht alle Streitigkeiten sind objektiv schiedsfähig. Nur vermögensrechtliche Ansprüche, die vor die ordentlichen Gerichte gehören, können Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. Nicht-vermögensrechtliche Ansprüche sind nur dann schiedsfähig, wenn sie vergleichsfähig sind. Bestimmte Bereiche hingegen sind von der Schiedsgerichtsbarkeit ganz ausgenommen, wie zB familienrechtliche Ansprüche oder Ansprüche, die dem MRG unterliegen.

[3] Herkömmliche staatliche Gerichtsverfahren ziehen sich oft über drei Instanzen, was hohe Kosten und hohen Zeitaufwand bedeutet. In Österreich ist seit 1.1.2014 ist der OGH allein für Aufhebungsverfahren zuständig; Ausnahmen von dieser Zuständigkeit des Obersten Gerichtshofs gelten für Schiedsverfahren, an denen Verbraucherinnen/Verbraucher beteiligt sind und für Schiedsverfahren in Arbeitsrechtssachen.

[4] Die Aufhebung des Schiedsspruchs kann beispielsweise lediglich begehrt werden, wenn keine gültige Schiedsvereinbarung vorhanden war, das Schiedsgericht seine Zuständigkeit zu Unrecht verneint hat, eine Partei zum Abschluss einer gültigen Schiedsvereinbarung nicht fähig war, eine Partei von der Bestellung einer Schiedsrichterin/eines Schiedsrichters oder vom Schiedsverfahren nicht vorschriftsgemäß in Kenntnis gesetzt wurde, der Schiedsspruch eine Streitigkeit betrifft, für die die Schiedsvereinbarung nicht gilt, das Schiedsverfahren in einer Weise durchgeführt wurde, die den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung widerspricht, der Gegenstand des Streits nach österreichischem Recht nicht schiedsfähig ist oder der Schiedsspruch den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung widerspricht.

Der Sachverständigenbeweis spielt bei allen Streitigkeiten über die Höhe des Ausgleichsanspruches eine dominante Rolle. Notwendig wird die Bestellung eines Sachverständigen immer dann, wenn der Richter die erforderlichen fachmännischen Kenntnisse nicht selbst besitzt.

Die Rolle des Sachverständigen im Zivilprozess: Chancen und Risiken

Der Sachverständigenbeweis spielt bei allen Streitigkeiten über die Höhe des   Ausgleichsanspruches gemäß § 24 Handelsagentenrecht (HVertrG) eine dominante Rolle, weil dem anspruchsberechtigten Handelsagenten der Beweis einerseits für die Zuführung von Neukunden und/oder intensivierten Altkunden bzw. andererseits für den mit Neukunden oder intensivierten Altkunden vermittelten Umsatz sowie die daraus bezogenen Vergütungen zukommt. Beide Beweisthemen haben somit – insbesondere in einem Gerichtsverfahren – besondere Bedeutung, weil sowohl die Bestimmung der Höhe des Stammkundenanteils, aber auch vor allem die Einschätzung der meisten Parameter bei der Rohausgleichsberechnung, die im zweistufigen Verfahren zur Ermittlung der Höhe des Ausgleichsanspruches durchzuführen ist, normalerweise der Sachkunde des Richters weitgehend entzogen ist.

Um statistische Markterhebungen und daran anknüpfende, sehr kursorische Sachverständigengutachten, die inhaltlich in der Regel sehr wenig Substrat aufweisen, zu vermeiden, besteht primär die Möglichkeit, anhand von Datenträgern eine Stammkundenanalyse durchzuführen.

Zur Berechnung des Ausgleichsanspruches des Handelsagenten wird in der Regel ein in die Liste der österreichischen Sachverständigen eingetragener Gutachter von den Gerichten zu bestellen sein, wenngleich in der Praxis häufig ohne nähere Begründung hilfsweise auf Wirtschaftstreuhänder bzw. Steuerberater als Buchsachverständige oder sogar Statistiker zurückgegriffen wird.

Gesetzliche Grundlagen

Der Sachverständige ist im Zivilprozess einerseits eines der 5 klassischen Beweismittel der Zivilprozessordnung (ZPO) sowie andererseits Gehilfe des Gerichts. Wie schon dargestellt, hat er zumeist prozessentscheidenden Einfluss, welcher aber aufgrund der teilweise zu unkritischen Judikatur der Tatrichter häufig viel zu weit reicht, weil das Gesetz bzw. die einschlägige Judikatur doch schon sehr klare Vorgaben liefert. Die Regelungen zum Sachverständigen finden sich in der ZPO in den §§ 351–367 ZPO, auf welche Bestimmungen der Einfachheit verwiesen werden darf. Von besonderer Relevanz sind dabei sicherlich die §§ 355, 356 ZPO, welche die Ablehnung von Sachverständigen regeln. Im Grunde genommen gelten für die Beurteilung der Befangenheit von  Sachverständigen dieselben Voraussetzungen und Gründe, welche zur Ablehnung eines Richters berechtigen, jedoch kann die Ablehnung nicht darauf gegründet werden, dass der Sachverständige früher in derselben Rechtssache als Zeuge vernommen wurde.

Ebenso von Relevanz ist wohl in jedem Zivilverfahren, in welchem es zur Beiziehung eines Gerichtssachverständigen kommt, die Bestimmung des § 362 ZPO. Absatz 1 der genannten Norm regelt die Begründungspflicht zum Gutachten, während Abs. 2 die Vorgangsweise im Falle mangelhafter bzw. unvollständiger Gutachten vorgibt. In diesem Zusammenhang wird angeordnet, dass das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen eine neuerliche Begutachtung durch dieselben oder durch andere Sachverständige anordnen kann, wenn das abgegebene Gutachten ungenügend erscheint oder von den Sachverständigen verschiedene Ansichten ausgesprochen wurden. Sollten die Mängel durch ergänzende Fragestellungen (allenfalls unter Heranziehung eines Privatgutachtens, das als Urkundenbeweis zuzulassen ist) und weiterer Ausführungen der beigezogenen Sachverständigen nicht aufgeklärt werden können, kann das Gericht die Hinzuziehung anderer (neuer) Sachverständiger oder Obergutachter anordnen. Tut es das nicht, könnte dies bei entsprechend begründeter Antragstellung gem. § 362 Abs 2 ZPO einen rechtlich relevanten Verfahrensmangel bilden.

Notwendig wird die Bestellung eines Sachverständigen immer dann, wenn der Richter die zur Beurteilung eines Gegenstandes erforderlichen fachmännischen Kenntnisse nicht selbst besitzt. Dem Gericht kommt diesfalls das ausschließliche Recht zur Bestellung und zur Auswahl des Sachverständigen zu. Zwar sieht § 351 Abs 1 ZPO die vorherige Einvernahme der Parteien zur Person des Sachverständigen vor, jedoch kommt der vorherigen Anhörung der Parteien keine besondere Bedeutung zu und bildet deren Unterlassung in der Regel auch keinen erheblichen Verfahrensmangel. Die Sachverständigenbestellung kann darüber hinaus unabhängig davon, ob auch ein entsprechendes Beweisanbot einer Partei oder beider Parteien gestellt wurde, auch von Amts wegen erfolgen, obwohl einer solchen Vorgangsweise vor allem in Zusammenhang mit der Frage, welche Seite unter dieser Voraussetzung zum Erlag eines Kostenvorschusses verpflichtet ist, Bedeutung zukommt.


Relevanz des Sachverständigengutachtens im Handelsagentenprozess

Wie schon einleitend dargestellt, ist der Sachverständigenbeweis bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruches in der Regel prozessentscheidend. Dabei ist der Einfluss und die Macht des Gerichtsgutachters aufgrund der jüngsten Rechtsprechung deutlich größer geworden, zumal der Oberste Gerichtshof (OGH) einerseits immer häufiger in die Sache mit der Begründung von Einzelfallentscheidungen nicht einsteigt und andererseits auch Fragen des Rohausgleichs und der darin enthaltenen Parameter als im Revisionsverfahren nicht mehr aufgreifbare Tatfragen wertet. Dies, obwohl es sich bei den dort heranzuziehenden Einschätzungen nahezu durchwegs zumindest um Mischfragen handelt müsste. Das Höchstgericht geht aber nach neuesten Entscheidungen noch weiter, indem nach dessen Ansicht sogar die Beurteilung der Vollständigkeit und der Schlüssigkeit eines Sachverständigengutachtens eine Frage der vom OGH nicht mehr überprüfbaren Beweiswürdigung darstellen soll (8ObA59/15g;6Ob78/15m; RIS-Justiz RS0113643). Dasselbe soll für die Frage gelten, ob das eingeholte Sachverständigengutachten die von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen rechtfertige (RIS-Justiz RS0043163), da diese Überprüfung der Behandlung der Tatsachenrüge durch das Berufungsgericht vorbehalten ist. Dabei begnügt sich der OGH unter anderem auch damit, dass das Erstgericht seine Feststellungen – dem Gutachten eines Sachverständigen folgend – zu einem nicht unbeträchtlichen Teil in Form von bloßen Aufstellungen und Tabellen treffen darf, da es sich auch dabei um Tatsachenfeststellungen handle, die infolge einer Bestätigung durch die II. Instanz vom OGH ebenso nicht mehr überprüft werden können. Ebenso soll auch die Berufung auf die Unrichtigkeit der vom Sachverständigen angewendeten Methoden daran nichts zu ändern vermögen, in welchem Zusammenhang der OGH in seiner Entscheidung vom 24.05.2016, 8 ObA 59/15g, wortwörtlich  Folgendes ausführt:

„Es ist Aufgabe des Sachverständigen, aufgrund seiner einschlägigen Fachkenntnisse jene Methode auszuwählen, die sich zur Klärung der nach dem Gerichtsauftraggeber als maßgebend strittigen Tatfrage(n) am besten eignet; anderenfalls verhinderte das Gericht, dem es an der notwendigen Fachkunde zur Lösung der durch Sachverständige zu beurteilenden Tatfragen mangelt, die Fruchtbarmachung spezifischen Expertenwissens. Das Gericht hat daher  Sachverständigen  die im Zuge der Auftragserledigung anzuwendende(n) Methode(n) im Allgemeinen nicht vorzuschreiben, gehört doch die Methodenwahl  zum Kern der Sachverständigentätigkeit (RIS-Justiz RS0119439; zuletzt 16 Ok 9/15g). Besteht für eine Gutachtenserstattung keine gesetzlich vorgeschriebene Methode, so unterliegt das von den Tatsacheninstanzen gebilligte Ergebnis eines Gutachtens keiner Nachprüfung durch den Obersten Gerichthof, weil es um eine Tat- frage geht. Eine Ausnahme bestünde nur dann, wenn eine grundsätzlich inadäquate Methode angewendet wurde, wovon in der Regel aber nicht auszugehen ist (RIS-Justiz RS0118604; 16 Ok 9/15g).“

Hält man sich vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen noch vor Augen, dass auch das schon im Berufungsverfahren erfolglos gerügte Unterbleiben der Einholung weiterer Sachverständigengutachten in III. Instanz nicht mehr geltend gemacht werden kann (RIS-Justiz RS0042963; 8 ObA 59/15g), zeigt sich, dass die Parteien den wesentlichen Teil strittiger Sachverständigenfragen offenbar vor dem OGH nicht mehr relevieren können. Unser Höchstgericht beschränkt seine Kompetenz zur Vornahme von Korrekturen bei der Beurteilung von Sachverständigenbeweisen somit nur noch auf Fälle offensichtlicher Fehlbeurteilungen bzw. grundsätzlich unadäquater Methodenanwendungen. Diese Judikatur unterstreicht daher in besonderem Maße die Wichtigkeit sowohl in der Auswahl der Person des Gerichtssachverständigen als auch in seiner Befragung im erstinstanzlichen Verfahren, welche erforderlichenfalls noch mit zusätzlichen Beweisanträgen zu verbinden wäre. Dies nicht zuletzt auch in Beachtung der Beweislastregeln, in welchem Zusammenhang der OGH zuletzt in 8 ObA 59/15g klargestellt hat, dass vor dem Hintergrund der europarechtlich geforderten „handelsagentenfreundlichsten Normauslegung“ (EuGH vom 07.04.2016, C-315/14, Marchon, zu Art 17 Abs 2 lit a der Richtlinie 86/653/EWG über  Handelsvertreter) der Handelsagent der ihm obliegenden Behauptungs-und Beweispflicht ausreichend nachkommt, wenn er behauptet und beweist, dass und in welchem Ausmaß er dem Auftraggeber Stammkunden zugeführt hat.

Resümee  –  Ausblick:

In Beachtung der letzten Tendenz der oberstgerichtlichen Rechtsprechung kommt der Person des Gerichtssachverständigen bei der Berechnung bzw. Ermittlung des Ausgleichsanspruches eine immer dominantere Stellung zu. Es wird daher im Falle einer sorgfältigen Prozessführung notwendig sein, den ins Auge gefassten Gerichtsgutachter im Vorhinein genau abzuchecken, um diesen allenfalls noch vor seiner wirksamen Bestellung erfolgreich abzulehnen, sofern dieser von den in der Judikatur üblichen Grundsätzen bei der Berechnung des Rohausgleiches in Verbindung mit der Bewertung der einzelnen Parameter schon in anderen Verfahren wesentlich abgewichen ist. Ferner wäre unter Hinweis darauf, dass primär jene Gutachter zu Gerichtssachverständigen zu bestellen sind, die in die Liste der gerichtlich beeideten Sachverständigen (www.sdgliste.justiz.gv.at) eingetragen sind, hervorzuheben bzw. erforderlichenfalls konkret zu beantragen, dass zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs jene Personen bestellt werden, die zu den Fachgebieten 84.15 (Handelsagentenfragen)  eingetragen sind.

Zumal vor dem Hintergrund der zuvor geschilderten Rechtsprechung nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes im Übrigen bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruches für pauschale Berechnungsweisen oder für die Beurteilung der Höhe des Anspruches nach festen Formeln grundsätzlich kein Raum besteht (RIS-Justiz RS0116276 [T1]) und auch keine gültigen Prozentsätze für die einzelnen als anspruchsmindernd zu berücksichtigenden Faktoren bzw. für die Dauer des Prognosezeitraumes festgelegt werden können (9 Ob 32/11p), ist man der Einschätzung des bestellten Gerichtsgutachters – sofern dieser seine Expertise nur schlüssig begründet – weitgehend ausgeliefert. Jedenfalls als Rechtsfrage verbleibt zumindest die Frage des Billigkeitsabschlages gemäß § 24 Abs 1 Z 3 HVertrG in Zusammenhang mit der üblichen Sogwirkung der Marke, den Werbemaßnahmen und Kundenbindungsprogrammen etc., für welche sich nach ständiger Rechtsprechung ebenso keine gültigen Prozentsätze für die einzelnen als anspruchsmindernd anzusetzenden Faktoren heranziehen lassen
(8 ObA 45/08p).

Mag. Alexander Todor-Kostic, LL.M.

D

Wie dokumentiert der Handelsagent seine Tätigkeit?

In verschiedensten Zusammenhängen kann sich die Frage auftun, was der Handelsagent denn überhaupt getan hätte. Geschäftsherren behaupte bisweilen, dass er gar kein Handelsagent im Sinne des Gesetzes gewesen sei. Man versucht, ihn auf reine Kontaktpflege, technische Unterstützung, Weiterleitung von Angeboten etc. zu reduzieren.

Es zeigt sich also bereits bei dieser grundsätzlichen Frage, dass es von Vorteil und bisweilen erforderlich ist, entsprechende Nachweise zur Hand zu haben.

Wann/Wofür stellen sich die Fragen?

Bei der Provision gilt für die Verdienstlichkeit dasselbe – auch für die maßgebende Vorbereitung eines Geschäfts, das erst nach dem Ende des Agenturvertrags zum Abschluss kommt. Und natürlich für die Kundenakquise, was den Ausgleichsanspruch anlangt und dabei auch für die Frage, ob Neukunde
oder wesentlich erweiterter Altkunde. Auch dieser Beweis obliegt grundsätzlich
zunächst einmal dem Handelsagenten.

Schlimmer die Situation für Erben: Diese haben in der Regel keine Detailkenntnisse und müssen im Nachhinein mühsam die entsprechenden Informationen zusammentragen, soweit dies überhaupt machbar ist.

Die übliche Praxis

Der Handelsagent hat seine Kundendaten in der Regel in Form seiner Kontakte
gespeichert, sei es im Computer, am Handy etc. E-Mails stehen zur Verfügung,
allerdings ungeordnet und retour für einen Zeitraum, der sich meistens erst im Nachhinein herausstellt. Natürlich ist auch Handelsagenten bewusst, dass Computersysteme entsprechend gesichert gehören (dennoch kommt es immer wieder zu Datenverlusten). Wann man wo und wie tätig war, ist dann im Nachhinein – verständlicherweise – nicht leicht rekonstruierbar.

Eingaben im System des Geschäftsherren

Bisweilen sind die Daten auch oder – viel schlimmer – nur im System des
Geschäftsherrn gespeichert. Praktisch ist es, dort alle Daten verfügbar zu haben.
Dennoch sollte der Handelsagent seine Nachweise zur Hand haben, ohne
auf die Daten des Geschäftsherrn angewiesen zu sein (der Zugang wird im Streitfall meistens sehr rasch gekappt).

Schon gar nicht sollte sich der Handelsagent in die Rolle eines "Auftragsverarbeiters" im Sinne des Datenschutzrechts drängen lassen. Denn ein
solcher ist er gerade nicht. Geschäftsherrn versuchen, dies dennoch in den
Vertrag zu schreiben, freilich mit der Verpflichtung, bei Vertragsende sämtliche
Daten, über die der Handelsagent verfügt, "zurückzugeben" – auch wenn
er sie vom Geschäftsherrn gar nicht erhalten, sondern selbst erhoben hat.

Eigene Nachweise

Die Lösung kann also nur darin liegen, nicht nur sämtliche Verträge und Vertragskorrespondenzen, E-Mails, Aktenvermerke, Provisionsabrechnungen etc. aufzubewahren. Der Handelsagent sollte idealerweise bereits während des aufrechten Vertragsverhältnisses laufend seine erfolgreiche Akquise dokumentieren.

Mir schwebt an dieser Stelle eine Art "Kundenstammdatenblatt" vor, das alle wesentlichen Daten enthält: die Tätigkeit des Handelsagenten, der entscheidende Kontakt auf Kundenseite, wann und wo mit wem gesprochen wurde, samt den entsprechenden E-Mails.

Dies bezieht sich nicht nur auf die Neukundenakquise, sondern auf jeden größeren Geschäftsabschluss, auch und insbesondere, wenn dieser erst nach dem Vertragsende zu erwarten ist. Dasselbe gilt für Jahresverträge für das nächste Jahr. Eine professionelle Vorsorge erleichtert die spätere Geltendmachung ungemein und ist bisweilen sogar unabdingbar.

Dr. Gustav Breiter

Die Reisekostenabrechnung ist für viele Selbständige ein rotes Tuch. Vor allem, weil die nötige Mobilität der Mitarbeiter einen ziemlich großen administrativen Aufwand nach sich zieht. Ist der Arbeitnehmer die eigene Gattin, lohnt es sich durchaus, sich doch intensiv mit der Materie zu befassen.

Die Mitarbeiterin der Handelsagentur war von bis in B – sie verrechnet den Tagsatz, fügt als Beleg die Restaurantrechnung dazu, die Verbuchung ist einfach, Vorgang abgeschlossen. 'Ein Wunschtraum,' weiß Christine Hafner, Reisestellenleiterin bei ABB und Vizepräsidentin der Abta (Austrian Business Travellers’ Association). Also ließ sie Mitgliedern, die pro Jahr gut eine halbe Millionen Abrechnungen abwickeln müssen, die komplizierte Sache vom Steuerberater Ernst Patka erklären – die leider auch für die Kleinen in gleicher Weise gilt. Patka ortet einen prinzipiellen Zielkonflikt: Für die Steuerfreiheit beim Dienstnehmer braucht es, 'einen definierten Grund, einen Mehraufwand – und der muss dokumentiert sein bis zum Letzten'. Penible Dokumentation ist aber das letzte, was ein Selbständiger will, denn das heißt teure Abwicklung per Hand. Um die kommt man aber derzeit nicht herum.

180 Kollektivverträge

Reisekostenabrechnung und die steuerliche Behandlung der Reisespesen und –diäten regelt zum Teil das Einkommensteuergesetz. Ein Gutteil ist aber in den gut 180 Kollektivverträgen verankert, wo auch festgelegt ist, was genau als Dienstreise zu verstehen ist. Im Zweifelsfall greifen Buchhalter gern zur Lohnsteuerrichtlinien volle Rechtssicherheit bieten die aber auch nicht, so Patka, weil sie nur eine Richtschnur für die prüfenden Finanzbeamten sind, die eine halbwegs einheitliche Rechtsauslegung sicher stellen sollen.

Diese Uneinheitlichkeit des Regelwerks steigert den Verwaltungsaufwand, einmal vorausgesetzt, man bemüht sich um korrekte Abrechnung und hat das Interesse an Steuerminderung der Mitarbeiter im Auge. Wie das gehen soll, ist nicht ausgemacht. Finanzbeamte verweisen achselzuckend auf die Tarifhoheit der Sozialpartner, die jeden KV aushandeln.

Eine Reform der Reisekostenabrechnung unter dem Titel Verwaltungsvereinfachung ist zwar angedacht (es gibt eine interministerielle Arbeitsgruppe), aber mehr auch nicht, so Josef Hofbauer von der Lohnsteuerabteilung des Finanzministeriums. Man sei derzeit zu sehr mit der gemeinsamen Abgabeneinhebung (Steuern und SV-Beiträge werden nur mehr von einer Stelle eingezogen) beschäftigt. Für Leute die Reisekosten abrechnen müssen heißt das: Weitertüfteln wie bisher.

Nächtigungskosten einfach abzurechnen

Die gute Nachricht: Nächtigungskosten und Fahrtspesen lassen sich mittels Beleg ja ganz gut dokumentieren. Haarig wird es, wo es um die Ernährung der Arbeitnehmer auf Reisen geht. Da ist es nicht wurscht, ob man die Schnitzelsemmel in Caorle oder Ottakring verzehrt. Kernfrage hungriger Dienstnehmer und gestresster Lohnverrechner: Wie lange und unter welchen Bedingungen ist Verpflegung auf Dienstreisen steuerfrei?

Leider: Zahlt man einem Dienstnehmer mehr als 26,40 Euro Taggeld, ist die Differenz zwischen diesem Satz und dem tatsächlich bezahlten Taggeld nicht mehr steuerfrei.

Steuerfrei zu McDonalds

Kommt man mit dem KV nicht weiter, muss man sich ans Gesetz halten. Die Frage, wo hier die Steuerfreiheit endet, formuliert Patka anschaulich: 'Wie lange hat man, um zum nächsten McDonalds zu finden?' Der Gesetzgeber gesteht den beruflich Dislozierten 5 Tage Orientierungsphase zu, wenn die Reise an einen Ort führt ist man öfter unterwegs, ist nach 15 Tagen pro Kalenderjahr Schluss. Tröstlich für den Vielfahrer, zum Haareausraufen für den, der die Abrechnung machen muss: Nach 6 Monaten darf man vergessen haben, wie man sich an einem Zielort (und sei er 50 Kilometer weit vom regulären Dienstsitz entfernt) preiswert verpflegt – die Orientierungsphase fängt wieder neu an.

Auswege oder Fallstricke?

Wer sich Zores mit den Taggeldern ersparen möchte, wird eben Dienstorte 'optimieren', bis hin zur Anmeldung von Dienstnehmern. Bei mehrfacher Entsendungen der selben Person binnen kurzer Zeiträume an den gleichen Ort diese bei der Gebietskrankenkasse an- und wieder abzumelden (jedes Mal mit neuer Personalnummer), ist nicht so empfehlenswert, meint Gerhard Binder, bei der Wiener GKK stellvertretender Abteilungsleiter für Beitragsprüfung: 'Das hält maximal bis zur nächsten Beitragsprüfung – dann macht unsere EDV das sofort transparent.'

Reisespesen sind für Handelsagenturen, die einen oder mehrere Mitarbeiter haben, immer wieder ein großer adminstrativer Aufwand. Achtung: Auch wenn Ihre Gattin oder Ihr Gatte bei Ihnen angestellt ist, können diese Spesen natürlich verrechnet werden – ein Aspekt, den viele Handelsagenten übersehen oder für zu gering erachten. Doch die Chance zum Steuern sparen sollte man nicht auslassen.

Was bedeutet ...

... absetzbare Werbungskosten - 'Reisekosten'?

Fahrtkosen, Nächtigungsaufwand, Verpflegungsmehraufwand

... lohngestaltende Vorschrift?

Kollektivvertrag, Betriebsvereinbarung aufgrund einer besonderen Ermächtigung (die im KV festgelegt ist!) freie Betriebsvereinbarungen fallen nicht darunter.

... Legaldefinition?

Lohn/Einkommenssteuergesetze, Versteuerungsregeln nach den Lohnsteuerrichtlinien.

Dienstnehmerreisen

Unternehmerreisen

KV-Beispiel IT

Der Beitrag wurde im Magazin HANDELSAGENT 10/2002 veröffentlicht.

E

Die Rentabilität eines Agenturvertrages kann durch Kosten erheblich geschmälert werden, die der Handelsagent nicht oder nicht in der entstandenen Höhe erwartet hat. Unter bestimmten Voraussetzungen kann gegen den Unternehmer für auf den Handelsagenten übergewälzte Kosten ein Ersatzanspruch bestehen.

Ausnahmen vertraglicher Verpflichtungen

Aufgrund der bestehenden Privatautonomie gilt, dass es den Vertragspartnern prinzipiell frei steht, vertragliche Verpflichtungen nach eigenem Ermessen einzugehen. In der Regel sind die Vertragsparteien an ihre vertraglichen Verpflichtungen gebunden und bei Nichteinhaltung stehen dem anderen Vertragspartner entsprechende rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung.

Von dieser Grundregel gibt es jedoch wichtige Ausnahmen: Eine wesentliche rechtliche Grundlage für die mögliche Reduktion von Kosten bildet § 6 Handelsagentenrecht (HVertrG), wonach der Unternehmer dem Handelsagenten die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat. Der Begriff „Unterlagen“ ist unstrittig weit auszulegen und umfasst jedenfalls Werbematerial, Preislisten oder Musterkollektionen. 

Strittig ist die Auslegung des Begriffes „erforderlich“, weil damit die unentgeltliche Zur-Verfügung-Stellung verbunden ist. Jedenfalls sollen davon alle Mittel erfasst sein, die aus der Sphäre des Unternehmers stammen (z. B. Musterkollektionen, produktspezifische Seminare), nicht aber Visitenkarten oder allgemeine Verkaufsseminare.

Erforderliche Unterlagen

Die EU-Richtlinie 86/653/EWG zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Handelsagenten ist etwas präziser: Denn deren Artikel 4 normiert, dass der Unternehmer dem Handelsagenten die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat, die sich auf die betreffenden Waren beziehen. Wenn ein Unternehmer dem Handelsagenten also Kosten für Unterlagen im Sinne des § 6 HVertrG bzw. der Richtlinie in Rechnung stellt, können diese somit zurückgefordert werden.

Einen weiteren Ansatzpunkt für eine Rückforderung bildet § 864a des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB). Diese Bestimmung lautet: „Bestimmungen ungewöhnlichen Inhaltes in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern, die ein Vertragsteil verwendet hat, werden nicht Vertragsbestandteil, wenn sie dem anderen Teil nachteilig sind und er mit ihnen auch nach den Umständen, vor allem nach dem äußeren Erscheinungsbild der Urkunde, nicht zu rechnen brauchte; es sei denn, der eine Vertragsteil hat den anderen besonders darauf hingewiesen.“

Wird ein Handelsagent also auf Basis von Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder eines Standardvertrages des Unternehmers tätig, bestehen gute Chancen, dass Kosten, die sich– salopp gesagt – aus „versteckten“ Vertragsbestimmungen ergeben, rückgefordert werden können.

Kartellrecht

Als weitere Rechtsgrundlage kommt das Kartellrecht in Betracht. Ein Handelsagent im Sinne des HVertrG ist, wer die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften in fremdem Namen und für fremde Rechnung selbständig und gewerbsmäßig ausübt.

Während das Handelsagentenrecht ausschließlich für den Geschäftsherrn den Begriff „Unternehmer“ verwendet, ist der Handelsagent ebenfalls Unternehmer im Sinne aller anderen Gesetze und somit auch des Kartellgesetzes.

Wesentliches Merkmal eines Agenturvertrages ist die Bindung des Handelsagenten an den vom Unternehmer vorgegebenen Verkaufspreis. Die Vorgabe von Verkaufspreisen ist wettbewerbsrechtlich allerdings prinzipiell verpönt und daher gemäß Artikel 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) bzw. § 1 des österreichischen Kartellgesetzes nichtig.

Zwischen Unternehmern und ihren Handelsagenten ist die Preisbindung nur aufgrund des sogenannten „Handelsagenten-Privilegs“ wirksam vereinbar. Dieses Privileg greift jedoch nur dann, wenn der Handelsagent keine oder nur unbedeutende Risiken des Absatzes an Dritte trägt.

Die Leitlinien für vertikale Beschränkungen der Europäischen Kommission (2010/C 130/01) erläutern dieses Prinzip in Rz 15 wie folgt: „Für die Anwendung von Artikel 101 Absatz 1 AEUV gilt eine Vereinbarung als Handelsagentenvertrag, wenn der Handelsagent bezüglich der Verträge, die er im Namen des Auftraggebers schließt und/oder aushandelt, bezüglich marktspezifischer Investitionen für diesen Tätigkeitsbereich […] keine oder nur unbedeutende Risiken trägt.

Risiken, die mit der Erbringung von Handelsagentenleistungen generell zusammenhängen, wie z. B. die Abhängigkeit des Einkommens des Handelsagenten von seinem Erfolg als Vertreter oder von allgemeinen Investitionen in Geschäftsräume oder Personal, sind für die Würdigung irrelevant.“

Handelsagenten-Privileg

Gemäß Rz 16 sind unter anderem folgende Sachverhalte für die Bejahung des Handelsagenten-Privilegs relevant: „Eine Vereinbarung wird für die Anwendung von Artikel 101 Absatz 1 AEUV im Allgemeinen als Handelsagentenvertrag betrachtet, wenn das Eigentum an erworbenen oder verkauften Vertragswaren nicht auf den Handelsagenten übergeht, wenn der Handelsagent die Vertragsdienstleistungen nicht selbst erbringt und wenn der Agent

  1. sich nicht an den Kosten, einschließlich Beförderungskosten, beteiligt, die mit der Lieferung/Erbringung bzw. dem Erwerb der Vertragswaren oder -dienstleistungen verbunden sind. […];
  2. nicht auf eigene Kosten oder eigenes Risiko Vertragswaren lagert, was die Kosten für die Finanzierung der Lagerbestände und für den Verlust von Lagerbeständen einschließt, und unverkaufte Waren unentgeltlich an den Auftraggeber zurückgeben kann […];
  3. weder unmittelbar noch mittelbar verpflichtet ist, in verkaufsfördernde Maßnahmen zu investieren und sich z. B. an den Werbeaufwendungen des Auftraggebers zu beteiligen;
  4. nicht in marktspezifische Ausrüstungen, Räumlichkeiten oder Mitarbeiterschulungen investiert, wie z. B. einen Kraftstofftank im Fall des Kraftstoffeinzelhandels oder spezielle Software für den Verkauf von Policen im Fall von Versicherungsvermittlern, es sei denn, der Auftraggeber übernimmt diese Kosten in vollem Umfang; […]“

Trägt der Handelsagent eines oder mehrere solcher Risiken oder Kosten, dann unterliegt die Preisbindung dem Kartellverbot und ist damit nichtig. Der Handelsagent wäre somit in seiner Preisgestaltung frei. Darüber hinaus können weitere Bestimmungen des Handelsagentenvertrages oder der Vertrag in seiner Gesamtheit nichtig sein.

Die Überwälzung nicht unerheblicher Kosten einerseits und Preisbindung andererseits schließen einander jedenfalls aus. Da dem Unternehmer die Preishoheit wichtig ist, kann dieser kartellrechtliche Ansatz eine Möglichkeit darstellen, um im Verhandlungswege oder notfalls vor Gericht eine Kostenreduktion bzw. einen Kostenersatz durchzusetzen.

Dr. Susanne Kuen, LL.M.

Mit 1. Jänner 2017 ist das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 in Kraft getreten. Es enthält einige wesentliche Änderungen zur davor geltenden Rechtslage. Neben den gesetzlichen Neuerungen hat auch der Oberste Gerichtshof in jüngster Zeit einige Entscheidungen erlassen, welche die Formgültigkeit von Testamenten betreffen.

Gesetzliche Erbberechtigungen

Hat man keine letztwillige Verfügung hinterlassen, so richtet sich die Erbfolge nach den gesetzlichen Bestimmungen. Erbberechtigt sind, je nach individueller familiärer Situation, die Nachkommen, Ehegatten bzw. eingetragene Partner sowie Vorfahren und deren Nachkommen. Die gesetzlichen Erbquoten und die gesetzlichen Erbberechtigungen sind im Einzelfall zu ermitteln. 

Die Erbquoten beziehen sich auf die "reine Verlassenschaft", also den Wert des Verlassenschaftsvermögens abzüglich aller den Verstorbenen und die Verlassenschaft betreffenden Verbindlichkeiten. Das Vorhandensein von eigenen Nachkommen schließt die Erbberechtigung von Vorfahren (und deren Nachkommen) aus.

Hat man also Kinder, erben nach dem Gesetz weder die eigenen Eltern noch die Geschwister. Ist man verheiratet bzw. verpartnert, erben Ehegatten bzw. eingetragene Partner neben Nachkommen ein Drittel der reinen Verlassenschaft.

Sind keine eigenen Nachkommen vorhanden, erben Ehegatten bzw. eingetragene Partner neben noch lebenden Eltern zwei Drittel der reinen Verlassenschaft. Ist jedoch ein Elternteil vorverstorben, erbt dessen Erbteil auch der Ehegatte bzw. eingetragene Partner. Geschwister, also Nachkommen vorverstorbener Eltern, haben neben dem Ehegatten bzw. eingetragenen Partner kein gesetzliches Erbrecht.

Erbrecht der Lebensgefährten 

Entgegen irreführenden Meldungen in den vergangenen Jahren haben Lebensgefährten nur in seltenen Einzelfällen ein außerordentliches gesetzliches Erbrecht. Dieses besteht nur dann, wenn keinerlei gesetzliche Erben (Nachkommen, Vorfahren und deren Nachkommen sowie 
naturgemäß Ehegatten bzw. eingetragene Partner) vorhanden sind und die Verlassenschaft ansonsten dem Staat zufallen würde.

Zusätzlich besteht dieses außerordentliche Erbrecht nur dann, wenn der Lebensgefährte mit dem Verstorbenen mindestens drei Jahre vor dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt hat. Eine testamentarische Absicherung des Lebensgefährten ist daher weiterhin erforderlich.

Das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 hat aber auch eine wesentliche Erleichterung für Lebensgefährten eingeführt. Ihnen steht jetzt ein gesetzliches Vorausvermächtnis zu. Das bedeutet, dass Lebensgefährten, die mit dem Verstorbenen mindestens drei Jahre vor dessen Tod im gemeinsamen Haushalt gelebt haben, das Recht haben, für eine Dauer von höchstens einem Jahr in der gemeinsamen Wohnung weiter zu wohnen.

Neues bei den Testamenten 

Durch die Errichtung letztwilliger Verfügungen (Testamente) kann man in die gesetzliche Erbfolge nach freiem Ermessen eingreifen ("Testierfreiheit"), wobei die Grenze das Pflichtteilsrecht bildet. Neben dem eigenhändig verfassten und unterschriebenen Testament bietet das "fremdhändige Testament" bei entsprechender vorheriger Rechtsberatung zusätzliche Rechtssicherheit. Dieses fremdhändige Testament kann, wie auch nach alter Rechtslage, weiterhin mit einem Computer geschrieben werden und muss vom Testator und drei fähigen Zeugen samt Zeugenzusatz eigenhändig unterschrieben werden.

Nach neuer Rechtslage muss der Testator seine Unterschrift zusätzlich dadurch bekräftigen, dass er dieser einen handschriftlichen Zusatz beifügt, wonach das Testament tatsächlich seinem letzten Willen entspricht. Die drei Testamentszeugen müssen gleichzeitig und ununterbrochen während der Testamentserrichtung anwesend sein und es muss auch die Identität der Zeugen aus dem Testament hervorgehen.

Aufgrund einer vor Kurzem an den Obersten Gerichtshof herangetragenen Thematik hat das Höchstgericht Folgendes entschieden: Besteht ein fremdhändiges Testament aus mehreren Einzelblättern, so muss einerseits aus dem Textfluss des Testamentes erkennbar sein, dass diese Blätter eine Urkundeneinheit bilden, anderseits müssen diese Blätter zumindest im Zuge der Testamentserrichtung, etwa durch das Verbinden der Seiten mittels einer Nähschnur, zu einer Urkundeneinheit verbunden werden.

Hat man in seinem Testament den Ehepartner bzw. eingetragenen Partner als Erben eingesetzt und wird diese Ehe bzw. Partnerschaft geschieden bzw. aufgelöst, so gilt im Zweifel die Erbeinsetzung als aufgehoben. Bis zum Erbrechtsänderungsgesetz 2015 war dies nicht der Fall. Das Testament musste widerrufen werden.

Pflichtteilsrecht 

Die Grenze der Testierfreiheit bildet das Pflichtteilsrecht. Nachkommen sowie Ehegatten bzw. eingetragenen Partnern steht ein Pflichtteilsrecht in der Höhe der Hälfte dessen zu, was diese nach der gesetzlichen Erbfolge erhalten würden. Mit dem Erbrechtsänderungsgesetz 2015 ist das Pflichtteilsrecht von Vorfahren entfallen. Nachkommen von Vorfahren, also insbesondere Geschwister des Verstorbenen und deren Nachkommen, hatten auch nach alter Rechtslage kein Pflichtteilsrecht.

Neu eingeführt wurde eine Erleichterung betreffend die Bezahlung der Pflichtteile. Wenn man dies im Testament verfügt oder der Testamentserbe es beantragt, kann die Auszahlung der Pflichtteile auf höchstens fünf Jahre gestundet werden. Das Verlassenschaftsgericht kann in Ausnahmefällen diese Frist auf bis zu zehn Jahre verlängern.

Eine letztwillige Minderung des Anspruches von Pflichtteilsberechtigten auf die Hälfte des Pflichtteils ist nunmehr möglich, wenn in den letzten 20 Jahren vor dem Tod keine familiäre Beziehung zwischen dem Verstorbenen und dem Pflichtteilsberechtigten bestanden hat.

Das Pflegevermächtnis 

Eine große Erleichterung für pflegende Angehörige stellt die Einführung eines gesetzlichen Anspruches auf ein Pflegevermächtnis dar. Wer nahe Angehörige in den letzten drei Jahren vor deren Tod mindestens sechs Monate lang regelmäßig, das sind mehr als 20 Stunden im Monat, ohne oder nur für eine geringe Gegenleistung pflegt, hat nun Anspruch auf ein gesetzliches Vermächtnis. Die Höhe des Pflegevermächtnisses richtet sich nach der Dauer und dem Umfang der erbrachten Pflegeleistungen.

Schenkungen

Sowohl bei der gesetzlichen als auch testamentarischen Erbfolge muss sich jedes Kind nunmehr lebzeitige Schenkungen auf den Erb- und Pflichtteil anrechnen lassen. Ausnahmen von dieser neuen Bestimmung bestehen dann, wenn Schenkungen aus den laufenden Einkünften des Verstorbenen erfolgt sind oder der Verstorbene den Erlass der Anrechnung letztwillig angeordnet oder mit dem Geschenknehmer schriftlich vereinbart hat.

Die Bewertung der Schenkungen erfolgt auf den Zeitpunkt, in dem die Schenkung tatsächlich erfüllt wurde, und ist nach dem Verbraucherpreisindex Statistik Austria auf den Todestag zu valorisieren. Schenkungen an nicht pflichtteilsberechtigte Personen sind, wenn sie länger als zwei Jahre vor dem Tod getätigt wurden, nicht mehr anzurechnen.

Ausgleichsanspruch des Handelsagenten

Gemäß der gesetzlichen Sonderbestimmung des § 24 im Handelsagentenrecht (HVertrG) besteht nach Beendigung des Vertragsverhältnisses ein angemessener Ausgleichsanspruch, wenn der Handelsagent dem Unternehmer neue Kunden zugeführt hat oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert hat und zu erwarten ist, dass der Unternehmer auch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses aus diesen Geschäftsbeziehungen erhebliche Vorteile ziehen wird. Die Höhe dieses Ausgleichsanspruches beträgt, sofern nicht im Einzelfall eine für den Handelsagenten günstigere Vereinbarung besteht, in höchstens einer Jahresvergütung, die aus dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre errechnet wird. Wichtig ist, dass der Ausgleichsanspruch bei sonstigem Verlust binnen einem Jahr nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend gemacht werden muss.
Beachten Sie bei der Regelung Ihres Nachlasses, dass dieser Ausgleichsanspruch auch dann besteht, wenn das Vertragsverhältnis durch den Tod des Handelsagenten endet. Eine rechtzeitige Geltendmachung und eine präzise Regelung im Testament ist entscheidend, da der Ausgleichsanspruch in die Verlassenschaft fällt und sodann den Erben zufließt.
Aufgrund der Komplexität der Materie ist eine rechtliche Beratung im Einzelfall jedenfalls erforderlich. Erstberatungen sind bei den österreichischen Notaren kostenlos. 

Mag. Dominik Liebich

Es macht einen großen Unterschied, seinen Erben ein Einzelunternehmen oder einen Geschäftsanteil an einer GmbH zu hinterlassen, wenn es um die Erbenhaftung geht! 

Für die Schulden eines geerbten Einzelunternehmens haftet man als Erbe grundsätzlich unbeschränkt

Stirbt ein Unternehmer, so tun sich für die Erben gefährliche Haftungen auf: Für diese wird es vor allem dann unangenehm, wenn sie die Schulden des Unternehmens persönlich und unbeschränkt übernehmen müssen. Denn wenn ein zu einer Verlassenschaft gehörendes Unternehmen von einem Erben fortgeführt wird, so haftet dieser grundsätzlich für die unternehmensbezogenen Verbindlichkeiten unbeschadet seiner Haftung als Erbe mit seinem gesamten Privatvermögen unbeschränkt.

Kein Haftungsschutz durch eine bedingte Erbantrittserklärung

Selbst wenn der Erbe die Verlassenschaft durch eine sogenannte bedingte Erbantrittserklärung erwirbt, bei der er grundsätzlich maximal bis zur Höhe des Werts der übernommenen Verlassenschaft haftet, kommt ihm diese Haftungseinschränkung weder bei der Fortführung eines im Firmenbuch eingetragenen noch eines nicht protokollierten Unternehmens zugute.

Dringender Handlungsbedarf bei der Übernahme eines Unternehmens aus einer Verlassenschaft

Dieser Falle einer unbeschränkten Haftung kann man nur dann entkommen, wenn man das Unternehmen spätestens drei Monate nach Einantwortung einstellt, einen Haftungsausschluss im Firmenbuch eintragen lässt oder direkt den Gläubigern unverzüglich mitteilt, dass man keine Haftungen für Altschulden des verstorbenen Einzelunternehmers übernimmt.

Erben mehrere Personen als Miterben ein Unternehmen, so haften sie jeweils für sämtliche Schulden solidarisch, es sei denn, jeder Einzelne von ihnen setzt einen solchen Publizitätsakt für einen Haftungsausschluss. Wird dies vergessen oder unterlassen, schnappt spätestens nach drei Monaten für die Erben die Haftungsfalle zu. Einzig und allein minderjährige Kinder und andere geschäftsunfähige Erben sind dadurch geschützt, dass diese Dreimonatsfrist nicht vor der Bestellung eines gesetzlichen Vertreters zu laufen beginnt.

Vorteile der GmbH für die Erben

Hat der Unternehmer sein Unternehmen nicht als Einzelunternehmer unter persönlicher Haftung betrieben, sondern die Rechtsform einer GmbH gewählt, so stellt sich die Haftung der Erben für die unternehmerischen Schulden ganz anders dar: Die GmbH ist ein eigener Rechtsträger, eine sogenannte juristische Person, die als solche Trägerin des Unternehmens ist. Daher haftet auch nur diese für die Verbindlichkeiten für das von ihr betriebene Unternehmen. Haben die Gesellschafter einmal ihre Stammeinlagen zur Gänze geleistet und wurden diese auch nicht rechtswidrig an sie zurückbezahlt, so haften die Gesellschafter grundsätzlich genauso wenig wie deren Erben.

Aufgriffsrechte für die Mitgesellschafter verhindern das Eindringen unliebsamer Erben

Durch geschickte Gestaltung des Gesellschaftsvertrages kann außerdem verhindert werden, dass ein Geschäftsanteil eines verstorbenen Mitgesellschafters unter seinen Erben aufgeteilt wird und auf diese Weise plötzlich fremde Personen oder minderjährige Kinder im Erbfall als Gesellschafter beitreten. So können beispielsweise durch ein besonderes gesellschaftsvertraglich festgelegtes Aufgriffsrecht die verbleibenden Gesellschafter an den in der Verlassenschaft befindlichen Geschäftsanteil kommen und die Erben abfinden.

Vorsorgliche Bestellung von Drittgeschäftsführern im Falle schwerer Krankheit

Ein weiterer Vorteil der GmbH ist die Möglichkeit der Bestellung einer dritten Person zum Geschäftsführer – interimistisch oder auf Dauer –, die nicht dem Kreis der Gesellschafter angehören muss.

Neues Erbrecht seit 1. Jänner 2017

Durch das Erbrechtsänderungsgesetz 2015 wurden nicht nur die erbrechtlichen Bestimmungen des ABGB sprachlich reformiert, sondern auch einige tiefgreifende Änderungen im Bereich des gesetzlichen Erbrechts, des Pflichtteilsrechts und bei den Formvorschriften für letztwillige Verfügungen vorgenommen, die mit 1.1.2017 in Kraft getreten sind.

Kein gesetzliches Erbrecht der Geschwister neben dem überlebenden Ehegatten

Unverändert erbt der Ehegatte neben den Kindern ein Drittel des Nachlasses. Hinterlässt der Verstorbene aber keine Kinder und sind seine Eltern bereits vorverstorben, erbt der überlebende Ehegatte nach dem Gesetz alles und die Geschwister des Verstorbenen erben ab heuer nichts mehr. Sind die Eltern noch am Leben, so erben diese neben dem Ehegatten ein Drittel der Verlassenschaft. Ist aber ein Testament (zum Beispiel zugunsten des überlebenden Ehegatten) vorhanden, so haben die Eltern ab diesem Jahr keinen Pflichtteilsanspruch mehr.

Pflichtteilsberechtigt sind nur mehr der Ehegatte und die Kinder

Generell sind nur mehr der Ehegatte sowie die Kinder und deren Nachkommen pflichtteilsberechtigt, nicht mehr jedoch die Vorfahren. Der Pflichtteil ist weiterhin ein Geldanspruch in der Höhe der halben gesetzlichen Erbportion. Diese beträgt für den Ehegatten ein Drittel, die restlichen zwei Drittel teilen die Kinder nach Köpfen.

Pflichtteilsdeckung auch durch belastete Unternehmensanteile

Neu ist auch eine weitestgehende Gestaltungsfreiheit eines Testamentserrichters für die Pflichtteilsdeckung der Kinder und des überlebenden Ehegatten: Einschränkungen der Verwertbarkeit oder Übertragbarkeit von beispielsweise zum Zwecke der Pflichtteilsdeckung letztwillig vermachten Gesellschaftsanteilen schließen deren Eignung als Pflichtteilsdeckung nicht mehr aus; Belastungen oder Verfügungsbeschränkungen sind lediglich bei der Bewertung der Zuwendung zu berücksichtigen. Somit kann auch ein ererbter Geschäftsanteil an einer GmbH, den ein pflichtteilsberechtigter Erwerber nur mit Zustimmung der anderen Gesellschafter verkaufen kann oder der mit einer Unterbeteiligung zugunsten anderer Geschwister belastet ist, durchaus zur Pflichtteilsdeckung geeignet sein, sofern dieser wertmäßig den Pflichtteil deckt.

Stundungsmöglichkeiten für Unternehmenserben, wenn sie Pflichtteile auszahlen müssen

Muss der Erbe eines protokollierten oder nicht protokollierten Unternehmens der pflichtteilsberechtigten Ehegattin oder den Kindern den Pflichtteil in Geld auszahlen, so kann nunmehr der Pflichtteilsanspruch auf Verlangen des Pflichtteilsschuldners gerichtlich gestundet werden, soweit diesen die Erfüllung unter Berücksichtigung aller Umstände unbillig hart treffen würde.

Dies kann unter anderem der Fall sein, wenn er das geerbte Unternehmen, das seine wirtschaftliche Lebensgrundlage darstellt, veräußern müsste. Das Gericht kann den Pflichtteilsanspruch auf höchstens fünf Jahre nach dem Tod des Verstorbenen stunden oder die Zahlung in Teilbeträgen innerhalb dieses Zeitraums bewilligen. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann dieser Zeitraum gerichtlich auf insgesamt höchstens zehn Jahre verlängert werden.

Form von letztwilligen Verfügungen

In Folge des Vorarlberger Testamentskandals wurden die Anforderungen für fremdhändige letztwillige Verfügungen (darunter fallen auch solche, die mit dem PC geschrieben werden) massiv verschärft. Es empfiehlt sich, wenn man sich bei der Verfassung seines Testaments formell wie auch inhaltlich unsicher ist, die Beratung eines Notars in Anspruch zu nehmen. Unverändert geblieben sind aber die Vorschriften über das eigenhändig geschriebene und unterschriebene Testament. Es ist grundsätzlich gültig, wenn es mit eigener Hand geschrieben und am Ende mit dem Namen des Verfassers unterfertigt wurde.

Univ.-Lektor MMag. Dr. Arno Weigand

Bitte Zahlen – Vorsicht bei der Vereinbarung von Zahlungen für die Übernahme eines Kundenstocks

Immer wieder findet sich in Handelsagentenverträgen die Verpflichtung des Handelsagenten, für die Übernahme eines Kundenstocks bzw. eines Gebietes oder für einen sonstigen Vorteil eine Zahlung zu leisten ("Einstandszahlung").
Diese Einstandszahlung wird in den Vereinbarungen häufig gestundet und gegen einen bei Vertragsbeendigung zustehenden Ausgleichsanspruch des Handelsagenten aufgerechnet.

Das hat zur Folge, dass der Handelsagent bei Beendigung des Handelsagentenvertrages durch die Aufrechnung der Einstandszahlung mit dem Ausgleichsanspruch allenfalls keinen – oder nur einen geringeren – Ausgleichsanspruch erhält. Und spätestens dann stellt sich die Frage, ob die Einstandszahlungsvereinbarung wirksam vereinbart worden ist oder nicht. Von solchen Vereinbarungen kann daher aus Sicht des Handelsagenten nur dringend abgeraten werden.

Spannungsverhältnis zum Ausgleichsanspruch

Die Vereinbarung einer Einstandszahlung ist nicht von vorneherein unzulässig. Sie steht aber in einem starken Spannungsverhältnis zum Ausgleichsanspruch des Handelsagenten. Dieser kann im Voraus nämlich vertraglich weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden.

Aufgrund dieses Verbotes sind Einstandszahlungsvereinbarungen immer auch danach zu beurteilen, ob der Ausgleichsanspruch von ihnen negativ berührt wird oder nicht. Bewirkt eine Vertragsgestaltung, dass der Ausgleichsanspruch im Ergebnis eingeschränkt oder ausgeschlossen wird, ist sie unwirksam.

Einstandszahlung als Umgehungsgeschäft

Selbst wenn der Ausgleichsanspruch im Vertrag nicht ausdrücklich ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, kann auch eine Vereinbarung als Umgehungsgeschäft eine unzulässige Einschränkung des Ausgleichsanspruchs bewirken. Umgehungsgeschäfte ("Umgehungen") sind Vereinbarungen, die zwar nicht ausdrücklich gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen, sehr wohl aber gegen die Intention des Gesetzgebers.

Bei der Beurteilung von Umgehungen ist daher zu untersuchen, ob der ausschließliche oder hauptsächliche Zweck einer Vereinbarung darin liegt, ein Ergebnis zu erzielen, das nach der Intention des Gesetzgebers verboten ist.

Nach der Intention des Gesetzgebers soll der Ausgleichsanspruch weder ausgeschlossen noch eingeschränkt werden. Wird nun die Einstandszahlung nur oder hauptsächlich deshalb verlangt, damit sich der Unternehmer bei Vertragsbeendigung die Zahlung des Ausgleichsanspruchs erspart, dann ist die
Vereinbarung der Einstandszahlung eine Umgehung und unwirksam.

Indizien für das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes

In der Regel wird der Unternehmer in einem Rechtsstreit nicht zugestehen, dass die Vereinbarung einer Einstandszahlung zur Umgehung der Zahlung des Ausgleichsanspruchs verlangt wurde. Es haben sich daher verschiedene Indizien herausgebildet, die eine Umgehung des Ausgleichsanspruchs nahelegen:

  1. Liegt der Einstandszahlung keine reelle Gegenleistung gegenüber, erhält der Handelsagent also keinen zusätzlichen Vorteil, den er ohne Einstandszahlung nicht auch erlangt hätte, ist dies ein starkes Indiz für das Vorliegen eines Umgehungsgeschäftes. Gegenleistung können alle Vorteile sein, die dem Handelsagenten im Gegenzug für die Einstandszahlung eingeräumt werden, wie ein gut funktionierender, sofort provisionsmäßig nutzbarer Kundenstamm. Gerechtfertigt wird die Einstandszahlung dann damit, dass sich der Handelsagent durch die Übernahme des Kundenstocks eigene Mühen und Aufwendungen erspart, die für die Schaffung eines derartigen Kundenstocks notwendig wären. Weitere Indizien sind ein Kündigungsverzicht des Unternehmers für einen längeren Zeitraum; die Vereinbarung, die dem Handelsagenten übertragenen Altkunden als ausgleichspflichtige neue Kunden zu behandeln; oder die Übertragung der Alleinvertretung eines besonders qualifizierten Produktes mit hoher Nachfrage.
  2. Besteht zwar eine Gegenleistung, wird aber eine unangemessen hohe Einstandszahlung verlangt, ist dies ebenfalls ein Indiz für eine Umgehung.
  3. Als wichtiges Indiz für eine Umgehung wird insbesondere auch gewertet, wenn die Zahlung der Einstandszahlung bis zur Fälligkeit des möglichen Ausgleichsanspruchs gestundet wird. Bei einem auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Handelsagentenvertrag ist der Zeitpunkt des Vertragsendes naturgemäß ungewiss. Wird nun die Zahlung der Einstandszahlung erst bei Vertragsende geschuldet (das ja weit in der Zukunft liegen kann), spricht das dafür, dass in Wahrheit nicht die Abgeltung des Kundenstocks bezweckt ist, sondern die Bezahlung des Ausgleichsanspruches verhindert werden soll – indem dann bei Vertragsbeendigung die Einstandszahlung einfach mit dem Ausgleichsanspruch gegengerechnet wird.
  4. Auch die Höhe der Einstandszahlung kann ein Indiz für eine Umgehung sein. Wird die Einstandszahlung beispielsweise in einer Höhe vereinbart, die voraussichtlich bei Vertragsbeendigung als Ausgleichsanspruch zu bezahlen sein wird (üblicherweise handelt es sich dabei um die zu erwartende Jahresprovision), liegt Umgehungsabsicht nahe.
  5. Werden die durch die Einstandszahlung "gekauften" Kunden nicht als neu zugeführte und damit ausgleichspflichtige Kunden vereinbart, sieht die deutsche Judikatur darin ebenfalls eine Umgehung des Ausgleichsanspruchs. Dieser Ansatz ist in der österreichischen Literatur allerdings umstritten.

Spannungsverhältnis zum Auflösungs- bzw. Kündigungsrecht

Problematisch an der Vereinbarung einer Einstandszahlung kann auch die damit
möglicherweise einhergehende Einschränkung der Auflösungsmöglichkeiten des Handelsagentenvertrages durch den Handelsagenten sein. Der Handelsagent ist berechtigt, das Handelsagentenverhältnis bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vorzeitig aufzulösen. Unabhängig davon ist er berechtigt – auch ohne Vorliegen von Gründen –, den Vertrag unter Einhaltung einer Kündigungsfrist zu kündigen, sofern kein Kündigungsverzicht abgegeben wurde und keine Befristung des Vertrages vereinbart ist.

Diese Beendigungsrechte dürfen durch Einstandszahlungsvereinbarungen nicht
ausgehöhlt werden. Entsprechende Vereinbarungen sind daher auch auf unzulässige Beendigungsbeschränkungen zu untersuchen. Jeder Handelsagent wird es sich nämlich zweimal überlegen, ehe er kündigt bzw. den Vertrag auflöst, sollte an die Kündigung die Verpflichtung zur Tilgung der Einstandszahlung geknüpft sein – dies umso mehr, sollte aufgrund der Verpflichtung zur Einstandszahlung sogar die Kündigung des Handelsagenten aus vom Unternehmer veranlasstem wichtigen Grund erschwert sein. Es ist daher in Einstandszahlungsvereinbarungen unbedingt auch zu regeln, was bezüglich der Einstandszahlung gelten soll, wenn der Vertrag vor deren Amortisierung aufgelöst wird.

Schlimmstenfalls erhält der Handelsagent bei Beendigung des Vertragsverhältnisses nämlich keinen Ausgleichsanspruch (weil die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen), wird aber dennoch vom Unternehmer zur Zahlung der Einstandszahlung aufgefordert – die sich bis zum Beendigungszeitpunkt noch nicht einmal amortisiert hat.

Mag. Elisabeth Nagel

F

Ist der Handelsagent an seiner Tätigkeit z.B. durch Führerscheinentzug oder Krankheit gehindert, entstehen rechtliche Probleme, die im Folgenden erörtert werden sollen

1. Geplante Einführung eines Vormerksystems ('Punkteführerschein')

Anfang/Mitte 2005 soll ein verwaltungsrechtliches Vormerksystem eingeführt werden, um Verkehrssünder effizient bestrafen zu können. Nach dem derzeitigen Begutachtungsentwurf ist ein Katalog von besonders unfallträchtigen und risikobehafteten Delikten vorgesehen (Raserei, Fahren im alkoholisierten Zustand etc.). Bei der erstmaligen Begehung kommt es neben der Verwaltungsstrafe eben zu einer Vormerkung. Bei der zweiten Vormerkung ist dann eine besondere Maßnahme (z.B. eine Nachschulung) anzuordnen. Bei der dritten Vormerkung innerhalb von 2 Jahren wird die Lenkerberechtigung für mindestens 3 Monate entzogen. Nach einem Zeitablauf von 2 Jahren werden die vorgemerkten Delikte aber nicht mehr berücksichtigt, wenn bis dahin keine neue Übertretung erfolgt ist.

2. Auswirkungen des Führerscheinentzugs auf das Vertretungsverhältnis

Wird dem Handelsagenten der Führerschein entzogen, kann er seiner Reisetätigkeit nicht mehr nachkommen. Bahn- und Busverbindungen stellen idR keine für eine Handelsagententätigkeit adäquate Alternative zum eigenen Kfz dar. Obwohl sich ein Handelsagent (außer bei anderslautender vertraglicher Vereinbarung) vertreten lassen darf und damit (zumindest) für die Dauer der Verhinderung einen Subagenten bestellen könnte, sieht die deutsche Fachliteratur diesen Punkt durchaus streng. Wird einem Handelsvertreter der Führerschein z.B. wegen Alkoholisierung entzogen, ist der Prinzipal nach dieser Ansicht berechtigt, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos aufzukündigen!

Es ist zu befürchten, dass sich die österreichischen Gerichte dieser strengen Ansicht anschließen würden. Der Handelsagent hat durch einen (zu Recht) erfolgten Führerscheinentzug dokumentiert, dass er kein verlässlicher Vertragspartner ist. Dies wird auch dann gelten, wenn der Handelsagent den betreffenden Verstoß im Rahmen einer Privatfahrt gesetzt hat. Eine Auflösung durch den Unternehmer wäre dann nicht nur berechtigt, sondern es würde aufgrund des Verschuldens des Handelsagenten der Ausgleichsanspruch entfallen.

3. Verhinderung und Mitteilungspflicht

Der Handelsagent hat nach der gesetzlichen Anordnung des § 5 HVertrG das Interesse des Unternehmers wahrzunehmen und ist insbesondere verpflichtet, ihm die erforderlichen Mitteilungen zu machen. Damit ist in erster Linie die hinreichende Information über Geschäftschancen bzw -abschlüsse sowie eine Marktbeobachtung zu verstehen. Dennoch erlaubt es der weit gefasste Wortlaut des Gesetzes, auch die Benachrichtigung über eine Verhinderung als 'erforderliche Mitteilung' anzusehen.

Der Handelsagent hat den Unternehmer also bei Führerscheinverlust oder auch bei längerfristiger Krankheit oder einer sonstigen länger andauernden Verhinderung unverzüglich, das heißt ohne schuldhafte Verzögerung, zu informieren. Diese Information kann formfrei, also in einem persönlichen Gespräch oder in einem Telefonat erfolgen. Aus Beweisgründen sollte der Handelsagent den Prinzipal schriftlich informieren oder zumindest einen Aktenvermerk über die erfolgte Mitteilung verfassen.

In manchen Handelsvertreterverträgen ist ausdrücklich geregelt, ab welcher Dauer der Verhinderung der Handelsagent den Geschäftsherrn zu informieren hat. Aber auch ohne vertragliche Regelung ist der Handelsagent, wie gezeigt, gesetzlich verpflichtet, dem Prinzipal z.B. eine länger andauernde Krankheit, eine durchzuführende Operation samt Rehabilitation oder eine ärztlich angeordnete Kur mitzuteilen. Dasselbe gilt für einen Arm- oder Beinbruch, der aufgrund der damit einhergehenden Fahruntüchtigkeit ebenso einen Verhinderungsfall darstellt. Ein bloßer Schnupfen hingegen, aufgrund dessen der Handelsagent beschließt, z.B. am Freitag nicht mehr zu arbeiten und sich vielleicht auch noch am Montag zu schonen, ist freilich ausschließlich seine Sache.

4. Wann liegt eine Arbeitsunfähigkeit vor?

Der Auflösungsgrund der Arbeitsunfähigkeit liegt freilich erst dann vor, wenn mit der Wiederaufnahme der Tätigkeit auf absehbare Zeit nicht gerechnet werden kann (z.B. bei längerfristiger Krankheit). Da im Krankheitsfall kein Verschulden vorliegt, behält der Handelsagent bei Vertragsauflösung den Ausgleichsanspruch, dies auch bei Eigenkündigung.

Bei einem Führerscheinentzug ist der Zeitraum der Verhinderung, ganz im Gegensatz zum schwerwiegenden Krankheitsfall, von Anfang an klar. Mit der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit ist sehr wohl in absehbarer Zeit, nämlich auf den Tag genau, zu rechnen. Die Ansicht, dass der Prinzipal bei Führerscheinentzug zur sofortigen Auflösung befugt ist, kann also nicht mit einer Arbeitsunfähigkeit, sondern nur mit dem Vertrauensverlust wegen Unverlässlichkeit des Handelsagenten begründet werden.

5. Praxistipps bei Führerscheinentzug

Hat der Handelsagent den Prinzipal über den Führerscheinentzug zu informieren, bedeutet ein daran anschließendes Auflösungsrecht des Prinzipals im Ergebnis, dass sich der Handelsagent beim Prinzipal selbst 'anzeigen' muss. Dies wird dadurch verschärft, dass (im Gegensatz zum Krankheitsfall) der Verlust des Ausgleichsanspruchs droht. Für den Prinzipal kann es daher in diesen Fällen reizvoll sein, das Vertragsverhältnis zu beenden.

In der Praxis sollte der Handelsagent seine Mitteilung an den Prinzipal daher mit konkreten Maßnahmen verbinden, um dem Verhinderungsfall – und einer allfälligen Auflösung des Vertrags – bestmöglich zu begegnen. Nicht ausreichend wäre es, dem Prinzipal mitzuteilen, dass man für die Dauer des Führerscheinentzugs bei anderen Vertretern mitfahren könne. Denn dabei ist mit Terminkollisionen zu rechnen in der Regel werden die Vertretungsgebiete unterschiedlich sein. Vielmehr würde sich z.B. anbieten, ein Familienmitglied als 'Chauffeur' einzusetzen. Diese Vorgangsweise, die die Kontinuität der Vertretungstätigkeit gewährleistet, sollte dem Prinzipal ehestmöglich, am besten gleichzeitig mit der Information über den Führerscheinentzug mitgeteilt werden. Dabei sollte der Handelsagent betonen, dass die Verhinderung nur für einen begrenzten Zeitraum besteht. Hilfsweise kann auch darauf verwiesen werden, dass ja auch eine Vertretung zulässig wäre (sofern im Vertrag nicht die persönliche Arbeitsverrichtung vorgesehen ist). Durch diese Vorgangsweise würde der Handelsagent seine rechtliche Situation zweifellos verbessern. Eine Auflösung aus wichtigem Grund durch den Prinzipal trotz entsprechender Maßnahmen des Handelsagenten erscheint dann unangemessen.


Dr. Gustav Breiter

Der OGH spricht ein Machtwort: Folgeprovision für Dauerverträge zuerkannt.

Handelsagenten vermitteln bisweilen Dauerverträge über Telekommunikationsdienstleistungen, Aboverträge oder Mietverträge etwa über
Werbeflächen. Einer unserer Klienten, ein Ausschussmitglied des Wiener Gremiums, vermittelte Energielieferverträge und erhielt eine laufende, monatliche Provision.

Der schriftliche Vertrag sah vor, dass diese Folgeprovisionen für den Fall der (aus welchen Gründen auch immer erfolgenden) Auflösung des Agenturverhältnisses entfallen sollten. Die Vertriebsfirma kündigte den Vertrag fristlos. Das war aber, wie auch das Gericht später feststellte, unberechtigt.

Wir haben die Folgeprovisionen für den Zeitraum ab Beendigung geltend gemacht. Die Kundenverträge liefen ja noch zwei bis drei Jahre weiter. Das Handelsgericht, aber auch das Oberlandesgericht haben den Provisionsausschluss als wirksam angesehen und die Klage abgewiesen.

Allianz-Entscheidung des OGH

Hier lohnt ein Blick auf die bisherigen Entscheidungen. Wir hatten im Jahr 2014 für einen ehemaligen Versicherungsagenten der Allianz durchgesetzt, dass solch eine Provisionsverzichtsklausel unwirksam ist. Diese ist einseitig, weil der Geschäftsherr immer nur den Vorteil und der Handelsagent immer nur den Nachteil hat. Zudem war der Versicherungsagent nur für die Allianz tätig und damit wirtschaftlich von ihr abhängig. Jedenfalls für solche arbeitnehmerähnlichen Agenten sind solche Klauseln unwirksam.

In der Praxis haben die Geschäftsherren den letztgenannten Passus gerne
herangezogen, um zu argumentieren, dass diese Rechtsprechung eben nur bei
wirtschaftlicher Abhängigkeit gilt. Dies betraf auch unseren Klienten, für den
dieses Einkommen untergeordnet war. Für die erste und zweite Instanz war das
die tragende Argumentation, um den Anspruch abzuweisen.

Nunmehrige Klarstellung durch den OGH

Das Ausschussmitglied hat eine grundsätzliche Klärung vor dem Höchstgericht
erwirkt, dies unterstützt durch eine Rechtsschutzversicherung. Der OGH ist seiner Linie aus der Allianz-Entscheidung treu geblieben und hat ausgesprochen, dass, ob arbeitnehmerähnlich oder nicht, solche Provisionsverzichtsklauseln
sittenwidrig sind. Tragende Begründung ist eben die Einseitigkeit der Regelung.

Es kam noch dazu, dass die Vertriebsfirma ihre Provisionen für den vermittelten
Bestand zur Gänze erhalten hatte und andererseits den Vertrag mit unserem Klienten unberechtigt fristlos beendet hatte. Mit anderen Worten: Wenn dessen ungeachtet die Folgeprovisionen entfallen würden, würde das Vertriebsunternehmen nicht nur bereichert, sondern für die fristlose Beendigung im Ergebnis auch noch belohnt. Auch dieser Argumentation hat sich das Höchstgericht angeschlossen.

Das Verfahren läuft nun in 1. Instanz weiter. Das Vertriebsunternehmen muss nun zunächst einmal einen Buchauszug vorlegen.

Alternative zum Ausgleichsanspruch

Die Bedeutung dieser Entscheidung ist für Handelsagenten, die Dauerverträge
der geschilderten Art vermitteln und Folgeprovisionen erhalten, nicht hoch
genug einzuschätzen. Manche Verträge bestehen nicht wie im vorliegenden
Fall nur für zwei oder drei Jahre, sondern durchaus länger. Im Telekommunikationsbereich sind die Verträge bisweilen zehn Jahre aufrecht. Man kann leicht errechnen, dass eine Folgeprovision über diesen zukünftigen Zeitraum wesentlich attraktiver ist als ein Ausgleichsanspruch, der mit einer Jahresdurchschnittsvergütung gedeckelt ist.

G

Ein Eigentumsvorbehalt kann den Lieferanten im Konkurs des Abnehmers absichern. Jedoch bietet der Eigentumsvorbehalt nicht in allen Situationen einen Schutz. Wichtig ist die korrekte vertragliche Vereinbarung, ein bloßer Vermerk auf Lieferscheinen reicht nicht.

1. Ausgangslage

Ein Eigentumsvorbehalt wird üblicherweise mit folgender Vertragsklausel vereinbart: „Bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises bleibt die Ware im Eigentum des Verkäufers“.

Für einen Lieferanten ist der Eigentumsvorbehalt dann interessant, wenn der Kaufpreis nicht sofort, sondern zu einem späteren Zeitpunkt bezahlt werden soll. Dieser Kreditkauf beinhaltet verschiedene Gefahren: Der Käufer kann zahlungsunfähig werden und in Konkurs gehen. Hat sich der Verkäufer in einem solchen Fall nicht abgesichert, erhält er nur die Konkursquote.

Um dies zu vermeiden, kann ein Eigentumsvorbehalt vereinbart werden, der es dem Verkäufer ermöglicht, bis zur vollständigen Begleichung des Kaufpreises Eigentümer der Ware zu bleiben. Geht der Käufer davor in Konkurs, ist der Verkäufer nach wie vor Eigentümer und hat im Konkurs ein Aussonderungsrecht. Er kann die gelieferte Ware zurückverlangen.

2. Gültigkeit des Eigentumsvorbehalts

Zur Gültigkeit des Eigentumsvorbehalts bedarf es einer Vereinbarung zwischen Lieferant und Abnehmer. Der Eigentumsvorbehalt muss (rechtzeitig) Inhalt des Vertrags werden. Die Klausel muss also im schriftlichen Kaufvertrag oder zumindest in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) enthalten sein. Die in der Praxis häufig diskutierte Frage ist aber, ob die AGB wirksam vereinbart wurden. Denn eine formelle Unterfertigung durch beide Parteien kommt so gut wie nie vor. Zumeist werden die AGB mehr oder weniger deutlich in das Vertragsgeschehen einbezogen, sodass man dann im nachhinein trefflich streiten kann, ob denn nun die AGB Grundlage für die Vereinbarung waren, ob dem Vertragspartner eine Einsichtnahme möglich/zumutbar war, ob er ausreichend auf diese hingewiesen wurde etc.

So kommt es in der Praxis bisweilen vor, dass die AGB auf der Preisliste abgedruckt sind oder dass sich in der Preisliste zumindest ein Hinweis auf die AGB findet. Die AGB – und damit der Eigentumsvorbehalt – gelten dann als vereinbart, wenn die Preisliste Grundlage für den Vertragsabschluss war und der Käufer die AGB vor Vertragsabschluss zur Kenntnis nehmen konnte.

Es genügt aber grundsätzlich nicht, wenn die AGB nur auf der Auftragsbestätigung abgedruckt waren. Die AGB würden in diesem Fall nur gelten, wenn der Kunde die Auftragsbestätigung samt ausreichendem Verweis auf die (zumeist) „hinten aufgedruckten“ AGB rückbestätigt, was in der Praxis selten vorkommt. Ist der Eigentumsvorbehalt nur auf dem Lieferschein oder der Rechnung vermerkt, ist dies (umso mehr) verspätet. Der Vertrag wäre dann schon zu einem früheren Zeitpunkt – und zwar ohne den Eigentumsvorbehalt – zustande gekommen.

Nur in Ausnahmefällen kann ein Eigentumsvorbehalt, der bloß auf Rechnungen oder Lieferscheinen abgedruckt ist, Geltung erlangen. Dies, wenn die Parteien in längerer Geschäftsbeziehung stehen, mehrere gleichartige Geschäfte miteinander abwickeln, der Eigentumsvorbehalt auf Rechnungen oder Lieferscheinen jedes Mal deutlich sichtbar vermerkt ist und der Käufer dies widerspruchslos hinnimmt. Im Zweifel sollte darauf allerdings nicht vertraut werden. Um sicher zu gehen, sollte der Eigentumsvorbehalt daher auch bei längerer Geschäftsbeziehung bei jedem neuen Vertragsabschluss neu vereinbart werden. Werden mehrere Lieferungen aufgrund eines (Rahmen-)Vertrags abgewickelt, der einen Eigentumsvorbehalt enthält, muss er aber nicht jedes Mal gesondert vereinbart werden.

Wenn sich der Leser nun fragt, wie es denn Banken und Versicherungen schaffen würden, ihre Bedingungen zu vereinbaren, ist auf die für die genannten Branchen großzügigere Rechtsprechung zu verweisen. Demnach muss ein Kunde eben damit rechnen, dass die Bank oder die Versicherung nur zu ihren AGB abschließt. Daher reicht es aus, wenn die AGB vor Vertragsschluss einsehbar waren. Der Nachweis einer gesonderten Vereinbarung ist nicht erforderlich. Diese Rechtsprechung ist aber auf andere, uns hier interessierende Branchen nicht anwendbar.

In der Praxis ist es daher zu empfehlen, den Eigentumsvorbehalt in die AGB aufzunehmen und diese für jeden Geschäftsfall nachweisbar zu vereinbaren.

Ein Sonderproblem stellt sich dann, wenn sowohl Verkäufer als auch Käufer AGB verwenden, die voneinander abweichen. Wenn also nur die AGB des Verkäufers einen Eigentumsvorbehalt enthalten, die AGB des Käufers aber eine Bestimmung vorsehen, wonach Abweichungen von dessen eigenen AGB unwirksam sein sollen („Abwehrklausel“), besteht die Gefahr, dass der Eigentumsvorbehalt nicht gilt. Man muss daher darauf achten, ob (auch) der Käufer AGB, insb. Einkaufsbedingungen verwendet und in den Vertragsverhandlungen, vor allem auch bei der Bestellung, womöglich auf diese verweist.

3. Wirkung des Eigentumsvorbehalts und Gefahren

Wurde ein Eigentumsvorbehalt wirksam vereinbart und geht der Käufer in Konkurs, kann der Verkäufer grundsätzlich die Ware heraus verlangen. In bestimmten Situationen verliert der Verkäufer jedoch das Aussonderungsrecht. Hat der Verkäufer die Ware unter Eigentumsvorbehalt geliefert und verkauft sie der Käufer an einen Dritten weiter, der vom Eigentumsvorbehalt nichts weiß, kann das Eigentum verloren gehen. Im Konkursfall kann der ursprüngliche Lieferant nur die Quote verlangen.

Um dies zu vermeiden, wird oft ein sogenannter „verlängerter“ Eigentumsvorbehalt vereinbart: „Zur weiteren Sicherheit des Verkäufers gehen Forderungen aus der Weiterveräußerung durch den Käufer auf den Verkäufer über.“

Der Käufer ist dann zwar befugt, die unter Eigentumsvorbehalt gekaufte Sache weiter zu veräußern, wodurch das Eigentum des Verkäufers verloren geht. Im Gegenzug dazu erhält er allerdings die Kaufpreisforderung des Käufers gegen den Dritten. Geht nun der Käufer in Konkurs, hat der Verkäufer gegen den Abnehmer des Käufers den Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises. Der Verkäufer sollte sich aber vergewissern, dass der Käufer den erforderlichen Buchvermerk über die Abtretung der Kaufpreisforderung setzt. Sonst besteht die Gefahr, dass die Abtretung unwirksam ist, sodass der Verkäufer seine Besicherung verloren hätte.

4. Achtung bei Exportgeschäften

Besondere Vorsicht ist angebracht, wenn bei Exportgeschäften ein Eigentumsvorbehalt vereinbart werden soll. Im Einzelfall ist die Einholung von fachlicher Beratung empfehlenswert, um nicht böse Überraschungen zu erleben. Bei Exportgeschäften nach Rußland ist etwa zu beachten, dass das russische Recht keinen erweiterten Eigentumsvorbehalt kennt. Weitere Schwierigkeiten bestehen in der gerichtlichen Durchsetzung des Rückforderungsrechts und in der praktischen Vollstreckung einer gerichtlichen Anordnung zur Herausgabe der Vorbehaltsware. Auch mögliche nachteilige steuerrechtliche Konsequenzen sind zu beachten.

Dr. Gustav Breiter

Der Handelsagent hat es, meist ohne dies zu bemerken, oftmals mit sogenannten 'gewerblichen Schutzrechten' zu tun. Oft sind die Produkte, die der Handelsagent vertreibt, patentiert, oft bestehen an deren Bezeichnung oder Aufmachung wie auch Elementen des Werbematerials Schutzrechte. Soweit der Handelsagent beim Vertrieb und vor allem der Werbung nur ihm übertragene oder selbst zustehende geschützte Kennzeichen und Leistungen verwendet, sind Rechtsstreitigkeiten mit Dritten kaum zu erwarten. Dies kann sich jedoch schnell ändern, wenn der Handelsagent in Schutzrechte Dritter eingreift.

1. Welche Rechte sind geschützt?

Es gibt eine Mehrzahl von geschützten gewerblich verwertbaren Kennzeichen und Leistungen, unter anderem:

Marken

Marken sind primär alle Zeichen, die sich graphisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit anhand dieser Zeichen Produkte (dh Waren und Dienstleistungen) eines Unternehmens von gleichartigen Produkten anderer Unternehmen unterschieden werden können.

Der Markeninhaber kann einem Dritten verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr ein mit der Marke gleiches oder ähnliches Zeichen für bestimmte gleiche oder ähnliche Produkte zu benutzen, wenn die Gefahr besteht, dass Dritte das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung bringen bzw Zeichen und Marke verwechseln. Ein Zeichen ist erst durch die Registrierung als Marke geschützt.

Zu einer Verletzung von Markenrechten durch einen Handelsagenten kann es unter anderem dadurch kommen, dass dieser ein mit einer eingetragenen Marke verwechslungsfähiges Zeichen (auch wenn ihm dessen Nutzung vom Unternehmer ausdrücklich gestattet wurde) zB für die Werbung verwendet. Untersagt ist dem Handelsagenten aber zB auch die eigenmächtige Eintragung eines Kennzeichens des Unternehmers als eigene Marke (die sogenannte 'Agentenmarke').

Patente

Für Erfindungen, die neu sind, sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben und gewerblich anwendbar sind, können auf Antrag Patente erteilt werden. Patente gibt es nicht nur für Gegenstände, sondern auch für Verfahren.

Der Patentinhaber ist berechtigt, andere davon auszuschließen, den Gegenstand der Erfindung

  • betriebsmäßig herzustellen,

  • in Verkehr zu bringen (also jede Tätigkeit, die es einem anderen ermöglicht, die patentierte Sache zu gebrauchen),

  • feilzuhalten (also die Vorbereitung des entgeltlichen Inverkehrbringens), oder

  • zu gebrauchen (also die vorgesehene Verwendung des patentierten Produkts).

Die typische Verletzung von Patentrechten durch den Handelsagenten ist der Vertrieb (inklusive Bewerbung) von patentierten Produkten ohne Zustimmung des Patentinhabers (vor allem, wenn dies nicht der Unternehmer ist, was leicht übersehen werden kann).

Gebrauchsmuster

Als Gebrauchsmuster werden auf Antrag Erfindungen geschützt, die neu sind, auf einem erfinderischen Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind. Eine Erfindung gilt als neu, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Das Gebrauchsmuster wird landläufig als das 'kleine Patent' bezeichnet, für die Rechte daraus und die Verletzung dieser Rechte gilt im wesentlichen dasselbe wie beim Patent.

Geschmacksmuster

Ein Muster ist das Vorbild für das Aussehen eines gewerblichen Erzeugnisses. Voraussetzung für den Musterschutz ist die Neuheit des Musters. Konkret wird das Aussehen (Design) von Erzeugnissen geschützt.

Der Musterschutz berechtigt den Musterinhaber, andere davon auszuschließen, Erzeugnisse betriebsmäßig herzustellen, in Verkehr zu bringen, feilzuhalten oder zu gebrauchen, wenn sie mit seinem Muster übereinstimmen oder diesem unverwechselbar ähnlich sind und es im Hinblick auf die im Warenverzeichnis enthaltenen Erzeugnisse naheliegt, das Muster auf sie zu übertragen.

Urheberrechtlich geschützte Werke

Das Urheberrecht schützt besondere, individuell geprägte geistige Schöpfungen auf den Gebieten der Literatur, der Tonkunst, der bildenden Künste und der Filmkunst. Eine Registrierung des Werkes ist nicht vorgesehen_ der urheberrechtliche Schutz kommt dem Werk sofort ab Herstellung zu. Dem Urheber kommt das ausschließliche Recht zu, sein Werk wirtschaftlich zu nutzen, dh insbesondere es zu verwerten, zu vervielfältigen, zu verbreiten und aufzuführen.

Verletzungen des Rechts am Werk können Handelsagenten nicht nur durch den Vertrieb solcher Werke ohne Zustimmung des Berechtigten, sondern auch durch Verwendung in der Werbung (zB Lichtbilder, Zeichnungen udgl) unterlaufen.

2. Wer haftet für die Verletzung solcher Rechte?

Der Handelsagent hat zunächst für sein eigenes Verhalten einzustehen. Vor allem bei Kennzeichenverletzungen haftet der Handelsagent aber auch für das Verhalten von Personen im Betrieb seines Unternehmens (zB Subvertreter, Gehilfen). Ist der Handelsagent selbst in das Unternehmen seines Unternehmers eingegliedert (was oft der Fall sein wird) haftet auch der Unternehmer neben dem Handelsagenten für dessen rechtswidriges Verhalten.

3. Was sind die Folgen einer Verletzung?

Bei der Verletzung von Schutzrechten kann der Handelsagent im Klagsweg, auch ohne Verschulden des Handelsagenten, zur Unterlassung der Verletzung, Beseitigung (zB Vernichtung von Prospekten), Leistung eines angemessenen Entgelts, Urteilsveröffentlichung und, wenn ihn an der Verletzung ein Verschulden trifft, darüber hinaus zur Herausgabe des erzielten Gewinnes, Leistung von Schadenersatz uam verpflichtet werden. Im Streitfall besteht die Möglichkeit, dem Unternehmer den Streit zu verkünden, also ihn aufzufordern, dem Rechtsstreit auf Seiten des Handelsagenten beizutreten. Nicht zu vernachlässigen ist auch die Verpflichtung zum Ersatz der Verfahrenskosten. Bei Vorsatz sind sogar strafrechtliche Folgen denkbar.

4. Wie kann sich der Handelsagent schützen?

Natürlich kann der Handelsagent auch selbst versuchen, die Verletzung fremder Schutzrechte zu vermeiden.

Dies ist im Geschäftsleben aber oft nur unzureichend sowie nur mit umfangreichen kostspieligen Recherchen möglich. Daher verbleibt dem Handelsagenten nur, sich gegenüber seinem Unternehmer abzusichern. Einerseits besteht die Möglichkeit, sich vom Unternehmer ausdrücklich die Lizenz zur Nutzung von bestimmten seiner Schutzrechte einräumen zu lassen (diese Lizenz kann zT auch in die jeweiligen Register eingetragen werden). Andererseits sind folgende Vertragsbestimmungen hilfreich:

  • Die Erklärung des Unternehmers, dass durch den Vertrieb des Produktes (einschließlich Werbung mit vom Unternehmer beigestelltem Material bzw mit dessen Kennzeichen) keine Schutzrechte verletzt werden

  • Die Zusage des Unternehmers, den Handelsagenten für alle Nachteile zu entschädigen, sollte es doch zu einer Verletzung kommen und

  • Die Zusage des Unternehmers, den Handelsagenten bei Streitigkeiten über Schutzrechte zu unterstützen (zB durch Ausfolgung aller erforderlichen Dokumente und Erteilung der erforderlichen Auskünfte).

Eine diesbezügliche Vertragsklausel finden Sie unter Service/Angebote/ Musterverträge (Punkt 5 'Haftungsausschluss').

Mag. Dominik Leiter

Durch die Gewerbeordnungsnovelle 2002 wurde das Handelsagentengewerbe zum freien Gewerbe. Dies bedeutet, dass diese Tätigkeit nach wie vor gewerbescheinpflichtig bleibt, jedoch keine kfm. Ausbildung bzw. Praxis mehr nachzuweisen ist.

Bei Neugründungen bzw. bei Betriebsübernahmen kann der angehende Handelsagent die Begünstigungen des Neugründungs-Förderungsgesetzes (so insbes. bei Gebühren für Gewerbeanmeldung und Firmenbuch) in Anspruch nehmen, wenn er in den letzten 15 Jahren weder selbst in dieser Branche tätig war noch an einer Gesellschaft maßgeblich beteiligt war, die in dieser Branche tätig war.

Um in den Genuss dieser Begünstigung zu kommen, ist es unbedingt erforderlich, vor der Gewerbeanmeldung bzw. Firmengründung sich zu einem Beratungsgespräch in der örtlich zuständigen Sparte Handel bzw. im Handelsagentengremium einzufinden.

Neu ist bei freien Gewerben, dass die Wirtschaftskammer im Rahmen dieses Beratungsgespräches neben den sonstigen Voraussetzungen zu überprüfen hat, ob der Jungunternehmer über grundlegende unternehmerische Kenntnisse verfügt.

Dies erfolgt in einem ersten Schritt anhand der Berufsausbildung, wobei jegliche Form einer abgeschlossenen kfm. Ausbildung (aber auch jede Form einer sonstigen berufsbildenden mittleren oder höheren Schule, Matura, Studium) bzw. 3 Jahre Praxis anerkannt werden. Bei Nichtvorliegen dieser Voraussetzungen ist ein Kurztest in Vorbereitung bzw. wird ein Fachgespräch geführt.

Bei Handelsagententätigkeiten im EU-Gebiet können Gerichtsstandsvereinbarungen im Streitfall für den Handelsagenten mitunter sehr nachteilige Folgen haben. Das EU-Recht bietet bereits eine gute Grundlage.

Es ist gang und gäbe, dass  Handelsagenten grenzüberschreitend tätig sind bzw. die Produkte ausländischer Unternehmen in Österreich oder auch anderen Ländern „an den Mann bzw die Frau bringen“. Beim Eingehen einer derartigen Kooperation wird es meistens als selbstverständlich erachtet, dass ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wird.

Geradezu stiefmütterlich werden dabei oftmals die abschließenden Bestimmungen des Vertrags behandelt, die für den Streitfall fast immer auch die Frage des anwendbaren Rechts sowie des Gerichtsstands regeln. Letztlich kann dies aber für die Durchsetzung der Ansprüche des Handelsagenten bedeutende Nachteile mit sich bringen.

Ansprüche 

Die Handelsagenten-Richtlinie RL 86/653/EWG des Rates vom 18.1.1986 zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die Handelsagenten sieht als zentrale Bestimmung den Schadenersatz- sowie Ausgleichsanspruch im Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung vor (s. Artikel 17 Handelsagenten-Richtlinie sowie §§ 24ff österreichisches Handelsagentengesetz, HVertrG).

Diese Ansprüche können gemäß Artikel 19 der genannten Richtlinie auch nicht durch einvernehmliche Regelungen abbedungen werden, sondern werden sogar als derart grundlegende Wertvorstellung qualifiziert, dass sie als Teil des „odre public“ gewertet werden.

Der Schutz dieser Ansprüche geht sogar so weit, dass im Fall, dass deren Ausschluss über das „Hintertürl“ der Rechtswahl vereinbart wird, streng judiziert wird, dass der Handelsagenten gegebenenfalls dennoch einen Schadenersatz- und Ausgleichsanspruch hat, auch wenn das vereinbarte, ausländische Recht keinen derartigen Anspruch vorsieht.

Der Europäische Gerichtshof hat in dem Zusammenhang klar ausgesprochen, dass diesfalls die Bestimmungen der Richtlinie dem gewählten Recht vorgehen und die gegenteiligen Regelungen unbeachtlich sind (siehe zum Beispiel EuGH-Entscheidung  vom 9.11.2000, zu C-381/98, vergleichlich RdW 2001, 396 (398); siehe dazu insb. auch die österreichische und dt. Rechtsprechung dazu: 7Ob 255/09i und IHR 2009, 141).

Gerichtsstandsvereinbarung 

Im Hinblick darauf kann man sich vorstellen, dass Unternehmer danach trachten, auf anderem Weg die Geltendmachung dieser Ansprüche einzudämmen bzw. unattraktiv zu machen. Ein Weg geht dabei über die Gerichtsstandsvereinbarung, die vom Handelsagenten im Trugschluss darüber, dass seine Ansprüche im Anwendungsbereich der erwähnten Richtlinie ohnedies nicht abbedungen bzw. geschmälert werden können und er damit auch im Ausland gesichert sind, meist zunächst nicht als nachteilig empfunden wird.

Oftmals vergessen wird dabei aber, dass die die Geltendmachung der Ansprüche in einem anderen Land sehr beschwerlich bzw. derart aufwändig sein kann, dass dem Handelsagenten auf Grund dessen bereits „die Puste ausgeht“.

Auch wenn sich die Rechtsdurchsetzung innerhalb der Europäischen Union abspielt, kann der Handelsagent bei der Geltendmachung im Ausland beispielsweise mit enorm höheren Kosten und einem langwierigeren Prozedere der ausländischen Verfahrensordnung konfrontiert sein. Im Fall einer Sprachbarriere sind unter Umständen auch hohe Übersetzungskosten ins Kalkül zu ziehen, die bei der Geltendmachung im Inland eventuell nicht angefallen wären. Außerdem werden mit der Anwesenheit bei Gerichtsterminen im Ausland längere und damit kosten- und zeitaufwändigere Anreisen verbunden sein, als im Inland.

Auch wenn daher die Ansprüche des Handelsagenten durch die Richtlinie bzw. die hierauf angepassten nationalen Bestimmungen prinzipiell geschützt sind und ausgehend von diesem Schutzgedanken in Österreich und Deutschland die Ansicht vertreten bzw. judiziert wird, dass eine ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam ist, wenn die Entscheidung des ausländischen Gerichts in Österreich nicht vollstreckbar bzw. die Rechtsverfolgung im Ausland unzumutbar oder unmöglich wäre (vgl EvBL 1960/259, JBl 1997,434 (43), FN 40; ‚OLG München vom 17.5.2006 zu 7U 1781/06), kann mit einer getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung, auf Grund derer der Handelsagent verpflichtet wäre, seine Ansprüche im Ausland gerichtlich geltend zu machen, angesichts der geschilderten Erschwernisse die Motivation für die Durchsetzung der Ansprüche unter Umständen genommen werden; dies nicht zuletzt, wenn der Prozess ohne Rechtsschutzversicherungsdeckung womöglich selbst finanziert werden muss. Die Tücken einer zunächst harmlos erscheinenden Gerichtsstandsvereinbarung sind daher nicht zu unterschätzen.

Rechtliche Vorgaben

Mangelt es an einer Gerichtsstandsvereinbarung ist in Bezug auf die Frage des Gerichtsstands, also wo zu klagen ist, auf die gesetzlichen Regelungen zurückzugreifen.

Die Verordnung (EG) 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (kurz „EuGVVO“ genannt) sieht die internationale Zuständigkeit des Gerichts eines Mitgliedsstaates vor, wenn die beklagte Partei ihren (Wohn-)Sitz in einem Mitgliedstaat der EU hat.

Zwar gilt als „allgemeiner Gerichtsstand“ der EuGVVO der Sitz der beklagten Partei (womit für den Handelsagenten noch nichts gewonnen wäre), doch hält die EuGVVO darüber hinaus auch (Wahl)Gerichtsstände bereit, die es dem Handelsagenten gegebenenfalls ermöglichen, in seinem Wohnsitzland zu klagen.

Von Bedeutung ist in dem Zusammenhang vor allem der Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach Artikel 5 EuGVVO. Konkret besagt dieser:

Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

  • a) wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;
  • b) im Sinne dieser Vorschrift - und sofern nichts anderes vereinbart worden ist - ist der Erfüllungsort der Verpflichtung
    • für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen;
    • für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbracht worden sind oder hätten erbracht werden müssen;
  • c) ist Buchstabe b) nicht anwendbar, so gilt Buchstabe a);

In der Causa eines österreichischen Handelsagenten hat der Europäische Gerichtshof explizit judiziert, dass sich der Gerichtsstand primär nach dem Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung des Handelsagenten richtet. Soweit der Handelsagent daher „seine Fühler in mehrere Länder austreckt“, ist maßgeblich, wo seine Tätigkeit vorwiegend erfolgt. Dafür wird zunächst geprüft, ob der Vertrag diesbezüglich Aufschluss gibt und darin zum Beispiel ein Erfüllungsort festgelegt ist. In diesem Fall ist dieser Ort maßgeblich.

Soweit der Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung nicht anhand der Vertragsbestimmungen eruiert werden kann, ist zu ermitteln, wo die Tätigkeiten effektiv vorwiegend absolviert werden. Aufschlüsse dafür können bspw. die an einem Ort aufgewendete Zeit bzw die dort erbrachten Leistungen, wie Telefonate, Vorbereitungs-, Vermittlungs- und/oder Abschlusstätigkeiten geben.

Soweit auch auf Grund dessen kein „hauptsächlicher“ Erbringungsort zu ermitteln ist, weil der Handelsagent zum Beispiel in mehreren Ländern tätig ist, erachtet der Europäische Gerichtshof den Sitz des Handelsagenten, von dem aus er vorwiegend agiert, als einschlägig (EuGH vom 11. 3. 2010, C-19/09, Wood Floor Solutions – Andreas Domberger GmbH).

Auch das Oberlandesgericht Oldenburg hatte sich in seiner Entscheidung vom 25.2.14 (zu 13U86/13) mit der Frage des Gerichtsstands zu befassen und hat mangels eines Schwerpunkts der Tätigkeiten in einem der vom Handelsagenten betreuten Mitgliedstaaten auf dessen Sitz als Ort der hauptsächlichen Leistungserbringung zurückgegriffen.

Soweit die hauptsächliche Leistungserbringung des Handelsagenten daher von seinem Sitz ausgeht, können die rechtlichen Vorgaben für den Handelsagenten gegebenenfalls einen qualitativ besseren Rechtsschutz bieten, da der Handelsagent diesfalls in seinem „Heimatstaat“ klagen kann und nicht mit allfälligen hohen Reisekosten, einem enormen Zeitaufwand und einer eventuell verzögerter Verfahrensdauer konfrontiert ist und er sich auch seines inländischen Vertrauensanwalts bedienen kann.

Im Fall, dass die beklagte Partei keinen (Wohn-)Sitz innerhalb der Europäischen Union hat und die nationalen Zuständigkeitsvorschriften (Jurisdiktionsnorm) zur Anwendung gelangen, könnte der Handelsagent eventuell noch die Möglichkeit der Berufung auf den Gerichtsstand der Niederlassung (wenn der Geschäftsherr im Inland bspw. eine Niederlassung unterhält und sich die Rechtsstreitigkeiten auf diese beziehen), den Gerichtsstand des Erfüllungsortes (dieser muss von den Parteien ausdrücklich vereinbart worden sein) oder den subsidiären Gerichtsstand des Vermögens (der Wert des im Inland befindlichen Vermögens muss zumindest 20% des Streitwerts erreichen) prüfen, um nicht im EU-Ausland klagen zu müssen.

Schließlich ist zu empfehlen, auch den Vereinbarungen in Bezug auf das anwendbare Recht sowie den Gerichtsstand besonderes Augenmerk zu schenken, um letztlich nicht im Streitfall bösen Überraschungen gegenüberzustehen. Eine Gerichtsstandsvereinbarung will daher wohl überlegt sein!


Mag. Christine Schneider
RIESS - KÖLL - SCHNEIDER
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Was vor über hundert Jahren begann gilt auch heute noch. Handelsagenten sind und waren ein ganz wesentliches Bindeglied zwischen Industrie und Handel. Ihre Marktkenntnis und das Vertrauen sind nach wie vor unschätzbar wertvoll bei der Platzierung von Produkten am Markt. Ein Berufsstand macht weiterhin Karriere, benötigt aber Tipps von Rechtsexperten um vor Überraschungen gefeit zu bleiben.

Entstehung des Berufsstandes 

Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts erfolgte in Europa der Vertrieb von Waren vorwiegend auf den wöchentlich abgehaltenen Zentralmärkten. Hier stellten die Produzenten ihre Waren aus und die Kunden konnten die Märkte besuchen. Von dieser Wirtschaftsform zeugen noch heute die großen Stadtplätze der ehemals mittelalterlichen Städte in Europa.

Wegen der immer größer werdenden Konkurrenz hatten die Märkte gegen Ende des 19. Jahrhunderts ihre Bedeutung als zentrale Umschlagplätze verloren, nicht die Kundschaft suchte mehr die Produzenten auf, sondern das Angebot musste an die Kundschaft und die Händler herangetragen werden. Zu dieser Zeit entstand der Berufsstand des Handelsagenten.

Der Handelsagent wurde in der Folge als selbstständige Kaufmannskategorie anerkannt. Um die Jahrhundertwende hatte der Berufsstand bereits eine so große Bedeutung erlangt, dass die fehlende gesetzliche Regelung des Agenturverhältnisses immer deutlicher spürbar wurde. Der Gesetzgeber erkannte, dass der Handelsagent gegenüber dem zumeist wirtschaftlich übermächtigen Unternehmer eines besonderen Schutzes bedarf.

Entstehungsgeschichte des Gesetzes

Die damalige Rechtsprechung wandte zufolge Mangelung eines Gesetzes Bestimmungen über den Lohn-Werkvertrag, über den Bevollmächtigungsvertrag und bisweilen sogar über den Gesellschaftsvertrag an. Daraus resultierte eine erhebliche Rechtsunsicherheit.

Ein vom Gremium der Wiener Handelskammer erarbeiteter Gesetzesentwurf wurde bei einer Enquete im Frühjahr 1911 diskutiert, man einigte sich darüber, dass das Gesetz weitgehend die Wahrung der Vertragsfreiheit garantieren sollte, schränkte diese aber dort ein, wo nach Auffassung der am Entwurf Beteiligten die unmittelbarsten Interessen des Handelsagenten betroffen waren.

Anders als die damalige deutsche Gesetzgebung, nahmen also die österreichischen Gesetzesverfasser sehr wohl auf die oft bestehende wirtschaftlich schwächere Position des Handelsagenten bedacht. Der Ausbruch des Krieges 1914 bis 1918 verhinderte die weitere Behandlung des Entwurfes.

Erst nach Abschluss des Friedensvertrages, als über die staatliche Selbstständigkeit und die Bedingungen Klarheit geschaffen worden war, unter denen sich künftighin in der Republik Österreich Handel und Verkehr entwickeln würden, entschloss man sich den nun schon seit vielen Jahren vorliegenden Gesetzesentwurf der Nationalversammlung zur Beschlussfassung vorzulegen (teilweise Zitate aus Jabornegg, Handelsvertreterrecht, Manz 1987).

Handelsagentengesetz 1921

Am 24.06.1921 wurde das Handelsagentengesetz angenommen. Da man beabsichtigte für die Versicherungsagenten ein eigenes Gesetz zu schaffen, wurde der Geltungsbereich des Handelsagentengesetzes für die Versicherungsagenten ausdrücklich ausgenommen.

Dieses erste österreichische Handelsagentengesetz enthielt auch Bestimmungen über den Ausgleichsanspruch, wobei sich dieser nach 3-jähriger Vertragsdauer um jedes weitere Jahr verringerte, sodass schlussendlich der Höchstbetrag des Ausgleichsanspruchs mit 3/12 der Jahresprovision festgelegt wurde. Ähnliches findet sich noch in der derzeitigen schweizer Rechtsprechung zum Ausgleichsanspruch.

Handelsagentengesetz 1993 (HVertrG)

Im Rahmen der Europäischen Union ergab sich bald die Notwendigkeit der Harmonisierung der europäischen Handelsagentengesetze. Mit der Handelsagenten-Richtlinie des Jahres 1986 wurde allen EU-Mitgliedsstaaten die Umsetzung dieser Richtlinie in innerstaatliches Recht aufgetragen.

Die EU-Richtlinie lehnte sich im Wesentlichen – ausgenommen die französische Variante – an das deutsche Handelsgesetzbuch an, das seinerseits durch das österreichische Handelsagentengesetz inspiriert war, sodass auf diesem Wege das heute gültige europäische Handelsagentenrecht letztlich teilweise auf österreichische Wurzeln zurückzuführen ist.

Die EU-Richtlinie wurde in Österreich mit dem Handelsagentengesetz 1993 durchgeführt.

Praxistipps für Handelsagenten

Verträge mit ausländischen Unternehmen

Hier stellt sich Eingangs zunächst die Frage, ob nicht ein bloß mündlicher Handelsagentenvertrag oder ein kursorischer schriftlicher, der lediglich die Eckpunkte festlegt, als für den Handelsagenten in diesem Zusammenhang günstiger ist.

Nachteilige Vertragsbestimmungen

Der österreichische Handelsagent, der mit zum Beispiel italienischen oder deutschen Produzenten einen Vertretungsvertrag abschließt, wird in der Regel angehalten, den von dem Geschäftsherrn vorbereiteten schriftlichen Vertrag zu unterfertigen.

Darin finden sich als besonders nachteilig für den Handelsagenten insbesondere die Bestimmungen, dass das jeweilige ausländische Handelsagentenrecht zwingend anzuwenden sei und weiters, dass als Gerichtsstand das Gericht am Sitz des Unternehmers ausschließlich zuständig ist.

Dies bringt für den Handelsagenten im Konfliktsfall, insbesondere bei Beendigung des Vertrages, erhebliche Unannehmlichkeiten mit sich (Verfahrensdauer, Berechnung der Höhe des Ausgleichsanspruchs speziell in Italien).

Wenn schon seitens des Produzenten ein schriftlicher Vertragsabschluss als Bedingung vorgeschrieben wird, so kann der Handelsagent zumindest versuchen, einen österreichischen Gerichtsstand durch Einfügung der sogenannten aktorischen Gerichtsstandsklausel (Abwehrklausel) zu erreichen. Diese lautet „Gerichtsstand ist der Sitz des jeweiligen Klägers“.

Da die Auswirkung dieser Klausel in vielen Fällen vom Unternehmer nicht erkannt wird, kann es zur Einfügung dieser Bestimmung im schriftlichen Vertrag kommen.

In einem solchen Fall ist dann für Ansprüche des Handelsagenten die österreichische Gerichtszuständigkeit gegeben.

Alleinvertretung

Bei der Vertragsgestaltung ist auch darauf zu achten, dass der Handelsagent, der für ein bestimmtes Gebiet bestellt wird, auch ausdrücklich als alleiniger Vertreter bestellt wird.

In diesem Fall hat er, so nicht anders geregelt, einen Provisionsanspruch für alle Geschäfte in seinem Vertretungsgebiet, auch wenn er nicht persönlich oder unmittelbar daran mitgewirkt hat. In Österreich ist dies im § 8 Abs 4 HVertrG geregelt, gleichlautende Bestimmungen finden sich aufgrund der EU-Handelsagenten-Richtlinie auch im Wesentlichen in allen übrigen europäischen Regelungen.

Von Bedeutung wird dies insbesondere im Zusammenhang mit dem zwingenden Rechtsanspruch des Handelsagenten auf Buchauszug.

Provisionskürzungen

In besonderer Weise hinzuweisen ist auf die in Österreich im § 9 Abs 3 HVertrG enthaltene Regelung, die sich im Wesentlichen auch in den sonstigen europäischen Regelungen findet, wonach bei nicht vollständiger Ausführung des vom Handelsagenten vermittelten Geschäftes dennoch der vollständige Provisionsanspruch aufrecht bleibt, dann nämlich, wenn dieser Umstand auf Gründe zurückzuführen ist, die vom Unternehmer zu vertreten sind.

Dies betrifft insbesondere Minderauslieferungen, Schlechtauslieferungen, Storni, Gutschriften, Rücksendungen und Ähnliches. Es ist gängige Praxis in Österreich, aber auch zum Beispiel in Deutschland, dass in diesen Fällen die Provision des Handelsagenten nur vom Fakturenbetrag, also was schlussendlich in Rechnung gestellt wurde, berechnet wird, und nicht von der ursprünglichen Bestellung, die unter Umständen einen weitaus größeren Umfang hat.

Dies ist den meisten Handelsagenten nicht bekannt und nehmen sie stillschweigend die dadurch herbeigeführten Provisionskürzungen zur Kenntnis.

Auch diese Nachteile können durch einen Buchauszug saniert werden und auf diesem Wege zumindest 3 Jahre zurück u.U. erhebliche Provisionen nachgefordert werden.

Gleiches gilt, was ebenfalls bei einer Vielzahl der Handelsagenten unbekannt ist, für Rabatte, die nach der Bestimmung des § 10 HVertrG die Provisionsgrundlage, sofern nicht anders vertraglich geregelt, nicht schmälern dürfen. Auch hier können umfangreiche Nachforderungen gestellt werden.

Zurückbehaltungsrecht

Von praktischer Bedeutung ist, was weitgehend unbekannt ist, dass dem Handelsagenten, der bei Beendigung des Vertrages offene Forderungen hat, ein Zurückbehaltungsrecht an der Kollektion zusteht, was zum Beispiel im Bereiche der Uhren- und Schmuckbranche von Bedeutung ist.

Ausgleichsanspruch

Mitunter finden sich in den von den Unternehmern vorgelegten Verträgen Bestimmungen, die den Anspruch auf Ausgleichszahlung (§ 24 HVertrG) zum Teil oder zur Gänze ausschließen. Diese Vertragsbestimmungen können, falls der Unternehmer darauf besteht, unterfertigt werden, da sie ungültig sind.

Eine spezielle Problematik tritt in der Praxis manchmal auf, als speziell deutsche Unternehmer bei Beendigung des Vertragsverhältnisses auf schriftlichen Beendigungsvereinbarungen bestehen. In diesen Vereinbarungen sind regelmäßig auch Bestimmungen über den Ausgleichsanspruch, zumeist einschränkender Natur enthalten.

Sehr oft werden derartige Beendigungsvereinbarungen noch während des Laufs der Kündigungsfrist abgeschlossen und sind daher gemäß ständiger Rechtsprechung ungültig, weil ein Verzicht des Handelsagenten auf Ausgleichsanspruch nur nach vollständiger Beendigung des Vertrages möglich ist. Vereinbarungen, die auch nur wenige Tage vor Ablauf der Kündigungsfrist und damit vor Ende des Vertrages getroffen werden, sind, so sie für den Handelsagenten nachteilig sind, unwirksam.

Der Handelsagent kann daher seine eingeschränkten oder übergegangenen Rechte nach Vertragsbeendigung dennoch geltend machen.

Konkurrenzklausel

Eine Konkurrenzklausel, die den Handelsagenten nach Vertragsbeendigung in seiner Tätigkeit beschränkt, ist nach österreichischem Recht unwirksam. Andere europäische Regelungen, so z. B. in Deutschland, sehen die Möglichkeit einer nachvertraglichen Wettbewerbsabrede unter bestimmten Voraussetzungen vor.

Dies stellt nur eine unvollständige Auswahl von praktischen Rechtsfragen dar. Eine umfangreichere Behandlung finden Sie unter www.handelsagenten.at in der Rubrik Handelsagenten FAQ.

Dr. Erich Schwarz

Vor- und Nachteile des Vorliegens eines schriftlichen Vertrages

Grundsätzlich rät man als Anwalt seinen Mandanten, in jedem Fall einen schriftlichen Vertrag mit seinem Geschäftspartner abzuschließen. Der Grundsatz „Wer schreibt, der bleibt“ hat aber im Handelsagentenrecht nicht immer seine Berechtigung. Regelmäßig ist es nämlich so, dass der Handelsagent aufgrund der Übermacht des Unternehmers als Vertragspartner den Inhalt des ihm vorgelegten Vertrages nur sehr eingeschränkt beeinflussen kann.

Handelt es sich daher um eine wirtschaftlich interessante Erwerbsgelegenheit, wird man als Handelsagent oft Verträge unterfertigen müssen, mit deren Inhalt man eigentlich nicht einverstanden ist. In solchen Fällen kann es daher günstiger sein, das Handelsvertretervertragsverhältnis nur auf mündlicher Basis zu begründen, zumal in derartigen Fällen die jeweils nationalen gesetzlichen Regelengen aufgrund der europarechtlichen Vorgaben in weiten Teilen für den Handelsagenten günstiger sind. Dies insbesondere hinsichtlich des Gerichtsstandes und des anzuwendenden Rechts.

Wenn der Abschluss eines schriftlichen Vertrages nicht verhindert werden kann, so könnte eine (grundsätzlich nicht anzustrebende) enge Bindung an den Unternehmer (zB durch Normierung einer Berichtspflicht, Weisungsunterworfenheit, Arbeit mit fremden Betriebsmittel etc) zumindest bei rein nationalen Handelsvertreterverträgen Vorteile bringen. Aus der daraus resultierenden Arbeitnehmerähnlichkeit des Handelsagenten ließe sich nämlich eine mögliche Gerichtszuständigkeit am Ort des eigenen Firmensitzes (aufgrund Anrufbarkeit des örtlich zuständigen Arbeits- und Sozialgerichtes) ableiten.

Handelsvertreter in der Rechtsform der GmbH – Vor- und Nachteile

Die Rechtsform der GmbH wird von Handelsagenten oftmals aus steuerlichen Gründen gewählt. Günstig ist bei derartigen Konstruktionen oftmals auch, dass bei Handelsagenten-Kapitalgesellschaften in der Regel keine persönliche Tätigkeitspflicht einer natürlichen Person (des Hauptgesellschafters) besteht.

Ein wesentlicher Nachteil im Falle der Wahl dieser Rechtsform ist aus Handelsagentensicht jedoch der Umstand, dass eine GmbH nicht in Pension gehen kann. Die privilegierte Aufkündigungsmöglichkeit aus Altersgründen ist diesfalls für den Handelsagenten (in der Regeln den Hauptgesellschafter) grundsätzlich ausgeschlossen. Es gibt zwar in Deutschland vereinzelte Meinungen, die die ausgleichswahrende Vertragsauflösung aus Altersgründen infolge Pensionierung auch einer Kapitalgesellschaft zubilligen wollen, wenn der dahinter stehende Gesellschafter pensionsberechtigt ist, in Österreich findet sich eine höchstgerichtliche Bestätigung dieser Ansichten jedoch noch nicht.

Ist es zulässig, weitere Nebenvertretungen auszuüben?

Immer wieder kommt es vor, dass Handelsagenten der Ansicht sind, ein Konkurrenzverbot während des aufrechten Vertrages läge nur dann vor, wenn dieses schriftlich im Handelsvertretervertrag vereinbart wurde. Diese Ansicht hat schon manchen Handelsagenten in große Schwierigkeiten gebracht, weil ein Konkurrenzverbot während des aufrechten Vertrages auch ohne ausdrückliche Vereinbarung aufgrund der allgemeinen Treuepflicht besteht.

Ohne vertragliches Verbot sind nicht konkurrenzierende Vertretungen grundsätzlich zulässig, wenngleich oftmals das Interesse des Unternehmers besteht, möglichst die ganze Arbeitskraft des Handelsvertreters für die Vermittlung der eigenen Produkte zu beanspruchen. Es finden sich daher in Handelsvertreterverträgen häufig vertragliche Beschränkungen auch zur Übernahme von nicht konkurrenzierenden Vertretungen. Von der Warte des Handelsagenten ist es daher stets ratsam, sich alle (auch nicht konkurrenzierende) Nebenvertretungen von Vertragsbeginn an genehmigen zu lassen.

Die löse ich den Handelsvertretervertrag zum Unternehmer ausgleichswahrend auf?

Hiebei handelt es sich bekanntlich um einen der wichtigsten Bereiche des Handelsvertreterrechtes. Im Rahmen des gehaltenen Vortrages können naturgemäß nur einige wenige Aspekte angesprochen werden. Jedenfalls ist bei sogenannten Eigenkündigungen stets größte Vorsicht geboten, weil der Ausgleichsanspruch grundsätzlich bei dieser Art der Vertragsbeendigung entfällt. Grundsätzlich sollte eine Vertragsbeendigung von Seiten des Handelsagenten (vorzeitige Auflösung oder Kündigung mit Offenlegung der Gründe, die dem Unternehmer zuzurechnen sind oder Auflösung infolge Alters oder Krankheit) stets gut vorbereitet werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Gefahren aus Sicht des Handelsagenten stets im Detail liegen. Es sollte daher auch in guten Zeiten, also insbesondere schon zu Beginn des Vertretungsverhältnisses, an eine kurze Rechtsberatung gedacht werden, um in der Folge keine unliebsamen Überraschungen zu erleben und genau zu wissen, worauf man sich mit einem bestimmten Vertrag, der aus wirtschaftlicher Sicht günstig erscheint, wirklich einlässt. Hiezu stehen Ihnen wie gewohnt als Ansprechpartner die Landesgremien der Handelsagenten sowie deren Vertrauensanwälte zur Verfügung.

Mag. Alexander Todor-Kostic, LL.M.

Bereits rund 1/3 der österreichischen Handelsagenten, die ausländische Vertretungsgebiete betreuen, sind in den Reformstaaten tätig. Neben der immer stärker zusammenwachsenden Wirtschaft in Europa bringt die kommende EU-Erweiterung auch rechtliche Änderungen mit sich. Jüngstes Beispiel dafür sind die neuen Gesetze zum Handelsvertreterrecht in Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Ungarn.

Die mittel- und osteuropäischen Länder haben im Zuge der Umsetzung des Acquis Communautaire, also der gesamten Rechtsvorschriften, die innerhalb der EU gelten, nun auch das Handelsvertreterrecht in die jeweilige Rechtsordnung übernommen. Aufgrund der Vorgaben der EU-Handelsvertreter-Richtlinie von 1986, finden sich in den neuen Regelungen zahlreiche Gemeinsamkeiten zum österreichischen Handelsvertretergesetz 1993, einige nationale Abweichungen bestehen aber dennoch weiter.

Das ungarische Handelsvertreterrecht findet seit 1. Februar 2001 (neu abgeschlossene Verträge) bzw. seit 1. Jänner 2003 (Vertragsabschluss vor 1. Februar 2001) Anwendung auf Handelsvertreterverträge.

In Polen ist das neue Handelsvertreterrecht seit 09. September 2000 (neuabgeschlossene Verträge) bzw. seit 10. Dezember 2001 (Vertragsabschluss vor 09. September 2000) unter der Überschrift 'Agenturvertrag' Bestandteil des Zivilgesetzbuches (ZGB).

In der Tschechischen und Slowakischen Republik ist die neue Rechtslage seit 
1. Jänner 2001 in Kraft.

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, inwiefern sich österreichisches und deutsches Handelsvertreterrecht unterscheiden

UNTERSCHIEDE zwischen österreichischem und deutschem Handelsvertreterrecht: Teil 2

IV.  Berechnung des Ausgleichsanspruchs

Die Grundsätze der Berechnung des Ausgleichs sind in Österreich und Deutschland teilweise wortgleich im Gesetz geregelt bzw in der Judikatur in den maßgebenden Grundsätzen verankert. Dennoch bestehen Unterschiede im Detail. So berechnet die deutsche Praxis den sogenannten Rohausgleich (den ersten Berechnungsschritt zur Ermittlung des Ausgleichsanspruchs) in der Regel dahingehend, dass ein Prognosezeitraum von 5 Jahren nach Vertragsbeendigung angesetzt wird. Ausgangsbasis sind – wie in Österreich auch – die Provisionen der letzten 12 Monate, die aus Geschäften mit Neukunden und wesentlich erweiterten Altkunden verdient wurden. Im Rahmen der Prognoserechnung wird die jeweilige Kundenabwanderung (von in der Regel 20 %) auf das Vorjahr bezogen, dh es wird degressiv gerechnet (also zB für das zweite Jahr nach Vertragsbeendigung 80 % von 80 %, damit im Ergebnis 64 % der Berechnungsbasis).

In Österreich ist die Entwicklung diesbezüglich im Fluss. Würde man – wie bisher – den 20 %igen Abzug auf den ursprünglichen Betrag beziehen, würde das für das zweite Jahr nach Vertragsbeendigung nur 80 % minus 20 %, also 60 % (statt 64 %) bedeuten, für das dritte Jahr 40 % statt 51,2 % und für das vierte Jahr 20 % statt 40,96 % der Bemessungsgrundlage. Ein fünftes Jahr wird in Österreich üblicherweise nicht angesetzt der Oberste Gerichtshof hat dazu lediglich ausgesprochen, dass je nach den Verhältnissen des Einzelfalles ein 2-5jähriger Zeitraum anzusetzen ist. In der Praxis rechnet man idR mit 4 Jahren.

Insgesamt können sich durch diese „Details“ beachtliche Berechnungsunterschiede ergeben.

V. „Öffnungsklausel“ und EU-Erweiterung

Nach deutschem Recht kann mit Handelsvertretern, die ihre Tätigkeit nicht innerhalb des Gebietes der Europäischen Gemeinschaft ausüben, hinsichtlich aller Vorschriften des Handelsvertreterrechtes etwas anderes vereinbart werden. Dies bedeutet mit anderen Worten, dass für solche Vertragsverhältnisse keine Regelung des deutschen Handelsvertretergesetzes zwingend ist, insbesondere könnte der Ausgleichsanspruch wirksam ausgeschlossen werden. Dies gilt nach der Rechtsprechung aber nur dann, wenn der Ausgleichsanspruch im Vertrag explizit ausgeschlossen wird und der Handelsagent ausschließlich in Nicht-EU-Ländern tätig geworden ist.

In der Praxis stellt sich die Frage, inwiefern sich nachträgliche Veränderungen durch die EU-Erweiterung auswirken. So ist es ja durchaus möglich, dass zB ein österreichischer Handelsagent seit zB 1995 in Ungarn für ein deutsches Unternehmen tätig ist. Der schriftliche Vertrag mit dem deutschen Prinzipal hat (damals jedenfalls zulässigerweise) vorgesehen, dass der Ausgleichsanspruch ausgeschlossen ist. Klar ist freilich, dass solch ein Ausschluss des Ausgleichsanspruchs durch den nunmehrigen Beitritt Ungarns zur EU per 1. 5. 2004 unwirksam ist, da der Handelsagent ab diesem Zeitpunkt nicht länger außerhalb der EU tätig ist. Der Ausschluss des Ausgleichsanspruchs ist jedenfalls für die Zukunft unwirksam. Der Handelsagent erhält für ab 1. 5. 2004 in Ungarn geworbene Kunden (unter den sonstigen Voraussetzungen) bei Vertragsbeendigung einen Ausgleichsanspruch.

Fraglich ist jedoch, ob sich der Beitritt auch dahingehend auswirkt, dass der Ausschluss des Ausgleichsanspruchs rückwirkend mit dem Beginn des Vertragsverhältnisses unwirksam ist. Diesbezüglich gibt es in Deutschland im Wesentlichen zwei Theorien: Einerseits wird vertreten, dass es sich um ein einheitliches Vertragsverhältnis handelt und daher keine Aufsplittung in einen (vor dem Beitritt) zulässigen und (nach dem Beitritt) unzulässigen Ausschluss des Ausgleichsanspruchs erfolgen kann. Der Ausschluss wäre damit insgesamt (rückwirkend) unwirksam. Dagegen kann ins Treffen geführt werden, dass es dem Parteiwillen widersprechen würde, wenn man aufgrund des späteren Beitritts Ungarns zur EU den Willen der Vertragsparteien, den Ausgleichsanspruch in den Jahren 1995 bis zumindest 2004 auszuschließen, beiseite wischt.

Dieses Thema wird derzeit intensiv diskutiert. Es liegt dazu ein Urteil des Kammergerichts Berlin aus dem Jahr 2004 vor, wonach der Vertrag sehr wohl zu trennen ist, nämlich in die Zeit, in der der Handelsagent noch nicht innerhalb der EU tätig war (für die er keinen Ausgleichsanspruch erhält) und in die Zeit, in der er in den mittlerweile beigetretenen Ländern tätig war (für die ein Ausgleichsanspruch zustehen kann). Dieser wird in der Praxis aber nicht sehr hoch sein, da der Aufbau des Kundenstockes ja wohl in den vorangegangenen Jahren erfolgt sein wird.

Möglicherweise kann der Handelsagent einen höheren Ausgleichsanspruch mit der Begründung erreichen, dass auch in Ungarn das bereits vor dem Beitritt implementierte Handelsvertretergesetz ab 1. 1. 2003 anwendbar gewesen wäre (gleiches gilt für die übrigen Beitrittsstaaten, in denen die EU-Richtlinie zum Schutz der Handelsvertreter und insbesondere der zwingende Ausgleichsanspruch idR bereits vor dem Beitritt umgesetzt wurde). Zweck der Öffnungsklausel ist es, dem deutschen Unternehmen keine Wettbewerbsnachteile dadurch zuzufügen, dass es einem am ungarischen Markt tätigen Handelsvertreter einen zwingenden Ausgleichsanspruch bezahlen muss, während ein solcher Anspruch anderer Handelsvertreter, die am ungarischen Markt tätig waren, nicht bestand.

Wenn jedoch das anwendbare ausländische Recht einen vergleichbaren Schutz des Handelsvertreters vorsieht (wie eben in Ungarn seit 1. 1. 2003), kann die Öffnungsklausel von ihrem Zweck her nicht (länger) angewandt werden. Es wäre also argumentierbar, dass es nicht auf das Beitrittsdatum ankommt, sondern auf das jeweilige Datum der Einführung zwingender Regelungen im betreffenden Land. Im konkreten Fall könnte dann zur Berechnung des Ausgleichsanspruchs immerhin der Zeitraum ab 1. 1. 2003 herangezogen werden.

VI. Zurückbehaltungsrecht

Das Zurückbehaltungsrecht des Handelsvertreters ist nach österreichischem Recht nicht zwingend, dh es kann vertraglich ausgeschlossen werden. Wird es allerdings nicht ausgeschlossen, hat der Handelsvertreter ein Zurückbehaltungsrecht hinsichtlich aller fälligen Forderungen, die ihm gegen den Unternehmer aus dem Vertragsverhältnis zustehen, etwa auch hinsichtlich des Ausgleichsanspruchs.

In Deutschland ist die Situation umgekehrt: Das Zurückbehaltungsrecht ist zwar zwingend, es ist allerdings für die Zeit nach Vertragsbeendigung auf offene Provisionsansprüche eingeschränkt. Der österreichische Handelsvertreter kann daher nach deutschem Recht gegenüber dem deutschen Prinzipal zB nicht die Rückgabe von Kollektionen verweigern, weil der Ausgleichsanspruch nicht oder nur teilweise bezahlt wird.

VII. Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Im Gegensatz zum österreichischen Recht, nach dem ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot unwirksam ist (§ 25 HVertrG), kann dieses nach deutschem Recht sehr wohl wirksam vereinbart werden. Diesbezüglich bestehen allerdings Schranken wie eine zweijährige Frist nach Vertragsbeendigung sowie die Beschränkung auf den dem Handelsvertreter zugewiesenen Bezirk oder Kundenkreis und auf die Vertragsprodukte. Der Unternehmer ist dabei schon nach dem Gesetz verpflichtet, dem Handelsvertreter für die Dauer der Wettbewerbsbeschränkung eine angemessene Entschädigung zu bezahlen. Diese muss im Vertrag nicht ausdrücklich geregelt sein. In diesem Fall würde das Gericht eine angemessene Höhe festsetzen. Wird diese sogenannte Karenzentschädigung vom Prinzipal nach Vertragsbeendigung nicht bezahlt, müsste der Handelsagent eine Frist setzen und könnte bei weiterer Nicht-Bezahlung von der Wettbewerbsabrede zurücktreten.

Der Unternehmer kann unter bestimmten Voraussetzungen auf die Einhaltung der Wettbewerbsabrede verzichten_ umgekehrt kann sich der Handelsvertreter durch schriftliche Erklärung binnen einem Monat nach der Kündigung von der Wettbewerbsabrede lossagen, wenn er das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund wegen schuldhaftem Verhalten des Unternehmers gekündigt hat.

Zu beachten ist, dass die gesetzlichen Einschränkungen nur zur Anwendung kommen, wenn das nachvertragliche Wettbewerbsverbot bereits im Handelsvertretervertrag oder im Zuge des laufenden Vertragsverhältnisses vereinbart wurde. Wird das nachvertragliche Wettbewerbsverbot im Nachhinein oder im Zuge der Gespräche über die Beendigung vereinbart, ist die einzige Grenze die allgemeine Sittenwidrigkeit. Es wäre also nach deutschem Recht – bis zur Grenze der Sittenwidrigkeit – zulässig, im Zuge der Beendigung zB ein längeres oder umfassenderes Konkurrenzverbot zu vereinbaren.

VIII. Sonstiges

Weiters bestehen nach deutschem Recht umfassende Sonderregelungen für Versicherungsvertreter. Weiters bestehen Sonderregelungen für Handelsvertreter im Nebenberuf, nämlich spezielle Kündigungsfristen zudem hat der Handelsvertreter im Nebenberuf keinen Ausgleichsanspruch. Ein Handelsvertreter befindet sich dann im Sinne des Gesetzes „im Nebenberuf“, wenn er zB als Student, Pensionist oder Hausfrau in geringfügigem Ausmaß als Handelsvertreter tätig ist.

» Handelsagentenrecht: Österreich und Deutschland im Vergleich Teil 1

Dr. Gustav Breiter

In der Praxis stellt sich immer wieder die Frage, inwiefern sich österreichisches und deutsches Handelsvertreterrecht unterscheiden.

Die Unterschiede zwischen österreichischem und deutschem Handelsvertreterrecht: Teil 1

I. Wann ist deutsches Recht anwendbar?

Hat ein österreichischer Handelsvertreter einen Handelsvertretervertrag mit einem deutschen Prinzipal abgeschlossen, hängt die Frage, welches Recht auf das Vertragsverhältnis anwendbar ist, in erster Linie davon ab, ob ein schriftlicher Vertrag abgeschlossen wurde oder nicht. Denn in schriftlichen Verträgen ist regelmäßig eine Rechtswahl zugunsten des Heimatrechts des Unternehmers vorgesehen. Nur wenn dies nicht der Fall ist oder ein mündlicher/schlüssiger Vertrag besteht, kommt österreichisches Recht zur Anwendung, sofern der Handelsvertreter seine Tätigkeit in Österreich ausübt (Art. 4 EVÜ).

Handelsvertreterverträge zwischen österreichischen Handelsvertretern und deutschen Unternehmen unterliegen daher im Regelfall deutschem Recht. Im Folgenden sollen daher die wesentlichen Unterschiede zwischen österreichischem und deutschem Handelsvertreterrecht dargestellt werden.

II. Bezirks-/Allein-/Alleinige Vertretung

Soll dem Handelsagenten Exklusivität eingeräumt werden, stellen sich verschiedene Möglichkeiten. Die Vertragsteile sind grundsätzlich frei, die angemessen erscheinenden Regelungen zu vereinbaren. Oftmals beschränken sich die Vertragspartner in der Praxis darauf, Begriffe zu verwenden, die aber nicht im Vertrag definiert werden, wie etwa „Generalrepräsentant“, „Bezirksvertreter“, „Alleinvertreter“ etc. Hier ist genau zu unterscheiden:

Die Bezirksvertretung ist in Österreich wie in Deutschland im Wesentlichen gleichlautend geregelt. Der Bezirksvertreter hat für alle Geschäfte, die mit Kunden in seinem Gebiet bzw aus seinem Kundenkreis abgeschlossen werden, Anspruch auf Provision. Der Prinzipal verhält sich aber nicht unrechtmäßig, wenn er Direktgeschäfte abschließt. Der Handelsagent kann daraus keinen begründeten Anlass oder gar wichtigen Grund für eine Kündigung ableiten.

In diesen Fällen ist es in der Praxis für den Handelsagenten schwierig, die Verprovisionierung der Direktgeschäfte zu kontrollieren. Wird der Handelsagent von Direktgeschäften nicht hinreichend informiert (sodass sich Informationsdefizite gegenüber den von ihm betreuten Kunden ergeben), kann im Einzelfall durchaus ein ausgleichswahrender Beendigungsgrund vorliegen.

Grundsätzlich gilt aber, dass sich der Handelsagent gegen die Direktgeschäfte bzw gegen den Einsatz anderer Vertreter nicht zur Wehr setzen kann, sondern „nur“ die diesbezüglichen Provisionen einfordern kann. Bei korrekter und vollständiger Abrechnung durch den Prinzipal kann dies freilich eine erhebliche zusätzliche Einnahmequelle für den Handelsagenten darstellen.

Unterschiede zwischen österreichischem und deutschem Recht ergeben sich allerdings im Rahmen der umfassendsten Exklusivität für den Handelsvertreter, nämlich der – wie es im österreichischen Recht heißt – alleinigen Vertretung. In diesen Fällen hat der Handelsagent bei Direktgeschäften nicht nur einen Provisionsanspruch, sondern auch einen Unterlassungsanspruch gegen den Prinzipal. Mit anderen Worten: Der Prinzipal verhält sich unrechtmäßig, wenn er ohne vorheriges Einverständnis des Handelsagenten Direktgeschäfte tätigt oder sonst wie im Gebiet, das von der alleinigen Vertretung umfasst ist, tätig wird. Daraus kann der Handelsagent auch einen begründeten Anlass oder sogar einen wichtigen Grund für eine ausgleichswahrende Vertragsauflösung ableiten. Der Frage der Reichweite der Exklusivität kann daher in Streitigkeiten rund um den Ausgleichsanspruch und Schadenersatz durchaus erhebliche Bedeutung als Vorfrage zukommen.

Im deutschen Recht hingegen ist dieses umfassendste Exklusivitätsrecht des Handelsvertreters nicht gesetzlich geregelt. Im deutschen Recht spricht man diesbezüglich von einer „Alleinvertretung“. Während damit nach österreichischem Recht (ohne nähere vertragliche Definition) eine Bezirksvertretung begründet wird, ist im deutschen Recht tendenziell die volle Exklusivität gemeint, dh der Handelsagent kann sich auch gegen Direktgeschäfte zur Wehr setzen. Dennoch gibt es Meinungen, wonach der Alleinvertreter (ohne nähere vertragliche Definition) wie nach österreichischem Recht als bloßer Bezirksvertreter angesehen wird. Es kann in diesem Zusammenhang auch darauf ankommen, wer von den beiden Vertragsteilen den Begriff in das Vertragsgeschehen eingebracht hat, dh von wem die Formulierung stammt. Denn allfällige Unklarheiten sind zu Lasten des Vertragsverfassers bzw desjenigen, der die Formulierung in den Vertrag eingebracht hat, zu verstehen.

Um allfällige Missverständnisse und rechtlich durchaus komplexe Diskussionen von Anfang an zu vermeiden, empfiehlt sich – wie sonst auch in Verträgen – nicht bloß die Verwendung von Schlagwörtern, sondern die klare Ausformulierung, wie weit die Exklusivität des Handelsvertreters reicht. Es sollte also definiert werden, ob dem Prinzipal Direktgeschäfte und/oder die Bestellung eines anderen Handelsvertreters oder sonstigen Vertriebspartners wie Vertragshändler oder Franchisenehmer, erlaubt sind oder nicht.

III. Kündigungsfristen

Nach deutschem HGB beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist ab dem dritten begonnenen Vertragsjahr bis zum fünften begonnenen Vertragsjahr einheitlich 3 Monate, ab dem sechsten begonnenen Vertragsjahr 6 Monate. Nach österreichischem Handelsvertreterrecht ist die Staffelung durchgehend, sodass die Kündigungsfrist im dritten Jahr 3 Monate, im vierten Jahr 4 Monate und im fünften Jahr 5 Monate (und danach 6 Monate) beträgt.

Kündigung durch den Handelsagenten nach unberechtigter sofortiger Auflösung durch den Prinzipal erforderlich?

In der Praxis ist oftmals zu beobachten, dass deutsche Handelsvertreter eine (ihrer Ansicht nach) unberechtigte sofortige Vertragsauflösung durch den Prinzipal mit einer eigenen sofortigen Auflösung beantworten. Als Begründung wird die fristlose Auflösung durch den Prinzipal und der damit einhergehende Vertrauensverlust auf Seiten des Handelsvertreters angeführt.

Diese Vorgangsweise erklärt sich daraus, dass nach deutschem Recht eine unberechtigte sofortige Auflösung durch den Prinzipal den Vertrag nicht vollständig auflöst. Der Handelsvertreter müsste das Wettbewerbsverbot während dieses Schwebezustandes weiterhin einhalten. Um diese Folge zu vermeiden, ist es nach deutschem Recht erforderlich, den Vertrag dadurch endgültig aufzulösen, dass der Handelsagent die seiner Meinung nach unberechtigte sofortige Auflösung durch den Prinzipal mit einer eigenen (dann berechtigten) sofortigen Auflösung beantwortet.

Nach österreichischem Recht jedoch besteht bei unberechtigter sofortiger Auflösung das Wahlrecht nach § 23 HVertrG. Hat ein Vertragsteil ohne wichtigen Grund vorzeitig aufgelöst, kann der andere Vertragspartner die Erfüllung des Vertrages oder Schadenersatz verlangen. In der Praxis nimmt der von einer unberechtigten Auflösung häufiger betroffene Handelsvertreter die Auflösung hin, macht aber Schadenersatzansprüche für die nicht eingehaltene Kündigungsfrist und einen allfälligen Ausgleichsanspruch geltend. Mit der Geltendmachung hat der Handelsagent auf die weitere Erfüllung des Vertrages stillschweigend verzichtet. Der Vertrag gilt dann als aufgelöst das Wettbewerbsverbot muss nicht länger eingehalten werden. Eine sofortige Auflösung durch den Handelsagenten (wegen der unberechtigten sofortigen Auflösung durch den Prinzipal) ist nach österreichischem Recht also nicht erforderlich. 

» Handelsagentenrecht: Österreich und Deutschland im Vergleich Teil 2

Dr. Gustav Breiter

(Steuerliche) Vor- und Nachteile - Die Möglichkeit, die Handelsagententätigkeit im Rahmen einer juristischen Person – insbesondere in der Rechtsform der GmbH – auszuüben, bildet eine interessante Alternative zu Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften. Dieser Artikel soll einen Überblick über die (steuerlichen) Vor- und Nachteile einer GmbH gegenüber einem Einzelunternehmen bzw. einer Personengesellschaft bieten.

Handelsagent kann jede natürliche oder juristische Person (z.B. GmbH, AG) sowie eine Personengesellschaft (OHG, KG, OEG, KEG) sein. In der Praxis trifft man immer wieder auf eine Abneigung, ein Handelsagentenverhältnis mit einer Kapitalgesellschaft einzugehen, da Handelsagent in diesem Fall die Gesellschaft selbst ist und nicht die einzelnen Gesellschafter. Diese Abneigung ist allerdings unbegründet: Durch entsprechende vertragliche Gestaltung kann das persönliche Verhältnis, das dem Handelsagentenvertrag zumeist zugrunde liegt, trotz „Zwischenschaltung“ einer juristischen Person weitgehend beibehalten werden. So kann etwa der Bestand des Handelsagentenverhältnisses von der persönlichen Mitarbeit eines einzelnen, vertrauten „Handelsagenten“ in der Gesellschaft als Geschäftsführer abhängig gemacht werden.

Die Möglichkeit, die Handelsagententätigkeit im Rahmen einer GmbH auszuüben, kann eine durchaus interessante Alternative zu Einzelunternehmen bzw. Personengesellschaften darstellen. Hinsichtlich der Vorteilhaftigkeit einer derartigen Konstruktion sind persönliche, zivil- und gesellschaftsrechtliche, ertragsteuerliche, betriebswirtschaftliche und sozialversicherungsrechtliche Gesichtspunkte zu beachten und im Einzelfall abzuwiegen.

Allgemeines zur GmbH

Die GmbH ist eine Körperschaft mit Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschafter eine Vermögenseinlage (Stammeinlage) an die Gesellschaft erbringen. Die Gesellschafterstellung ist grundsätzlich (durch Notariatsakt) übertragbar und vererblich. Das Gesellschaftsvermögen ist von jenem der Gesellschafter getrennt. Für Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet grundsätzlich ausschließlich die Gesellschaft selbst, die Gesellschafter haften nur im Ausmaß der übernommenen Stammeinlage. Diese Haftungseinschränkung bringt eine zivilrechtliche Risikoabsicherung und eine Absicherung des Privatvermögens, das der Haftung nicht unterzogen werden kann. In Ausnahmefällen besteht eine persönliche Haftung des Geschäftsführers.

Als juristische Person handelt die GmbH durch Organe. Die obligatorischen Organe einer GmbH sind der Geschäftsführer und die Generalversammlung, wobei die Geschäftsführung den Weisungen der Generalversammlung als oberstes willensbildendes Organ unterliegt. Bei Kapitalgesellschaften gilt der Grundsatz der Drittorganschaft, dh, dass der Geschäftsführer nicht Gesellschafter sein muss in der Praxis sind bei der GmbH allerdings häufig Gesellschafter als Geschäftsführer tätig.

Gründung und Umgründung

Bei der Gründung einer GmbH übernimmt jeder Gesellschafter einen Gesellschaftsanteil, mit dem eine Stammeinlage verbunden ist. Die Stammeinlage stellt die Einzahlungsverpflichtung der Gesellschafter dar. Die einzelne Stammeinlage beträgt mindestens € 70.‑, darüber kann sie jeden beliebigen Wert haben. Die Summe der Stammeinlagen der Gesellschafter bildet das Stammkapital der Gesellschaft, wobei dieses mindestens € 35.000.- betragen und bei der Gründung grundsätzlich mindestens zur Hälfte bar eingezahlt werden muss. Einmanngründungen sind im GmbH-Recht zulässig.

Mit Abschluss des Gesellschaftsvertrages in Notariatsaktsform gilt die Gesellschaft als errichtet, mit der Eintragung ins Firmenbuch als entstanden. Vom eingezahlten Stammkapital fällt 1% Gesellschaftsteuer an, weitere Kosten ergeben sich aus den Notarkosten und der Firmenbucheintragungsgebühr. Für Unternehmensneugründungen bestehen Ausnahmen nach dem Neugründungs-Förderungsgesetz.

Ein bereits bestehender Handelsagenten-Betrieb bzw. die Anteile an einer Handelsagenten-Personengesellschaft können nach den Bestimmungen des Artikel III Umgründungssteuergesetz als Sacheinlage steuerneutral in eine bestehende oder neu gegründete GmbH eingebracht werden. Allfällige stille Reserven werden dabei nicht aufgedeckt und bleiben weiterhin steuerhängig, sodass die Umgründung zu keiner Gewinnrealisierung und somit zu keiner ertragsteuerlichen Belastung führt. Bei der Einbringung nach Art III UmgrStG fällt überdies keine Umsatzsteuer und – wenn das eingebrachte Vermögen mindestens 2 Jahre als Vermögen des Einbringenden besteht – keine Gesellschaftsteuer und Gebühren an im Bereich der Grunderwerbsteuer besteht eine Sonderbemessungsgrundlage.

Steuerliche Aspekte

Kapitalgesellschaften haben die Pflicht zur doppelten Buchführung und müssen ihren Gewinn nach § 5 EStG ermitteln, die Handelsbilanz wird der steuerlichen Gewinnermittlung zugrunde gelegt. Für Jahresabschluss und Lagebericht besteht eine Offenlegungspflicht mit Einschränkungen für kleine GmbHs. Bei mittelgroßen und großen GmbHs ist der Jahresabschluss und der Lagebericht überdies durch einen Abschlussprüfer zu prüfen. Die Gewinne einer GmbH sind nach dem Trennungsprinzip der GmbH und nicht – wie bei Personengesellschaften – den Gesellschaftern zuzurechnen. Den Gesellschaftern werden nur die ausgeschütteten Gewinne zugerechnet.

Die GmbH unterliegt mit ihrem laufenden Gewinn der Körperschaftsteuer (KöSt) mit einem fixen Steuersatz von – seit 2005 – 25%. Unabhängig von einer allfälligen Verlustsituation ist jedenfalls eine Mindestkörperschaftsteuer in Höhe von € 1.750.- (5% des Mindeststammkapitals von € 35.000.-) pro Jahr abzuführen im ersten Jahr beträgt die Mindestkörperschaftsteuer € 1.092.-. Die in einem Verlustjahr abgeführte Mindestkörperschaftsteuer wird aber auf die Steuerschuld der folgenden (gewinnbringenden) Jahre angerechnet.

Gewinnausschüttungen der GmbH an die Gesellschafter mindern als Einkommensverwendung nicht den von der Gesellschaft erwirtschafteten steuerpflichtigen Gewinn. Nach der KöSt-Besteuerung bei der GmbH unterliegen ausgeschüttete Gewinne grundsätzlich einem 25%igen Kapitalertragsteuerabzug. Beim Gesellschafter führt die Gewinnausschüttung zu Einkünften aus Kapitalvermögen, die mit dem KESt-Abzug endbesteuert sind, sodass damit die Einkommensteuer abgegolten ist.

Wird ein von der GmbH erwirtschafteter Gewinn an die Gesellschafter ausgeschüttet, fällt daher in einem ersten Schritt 25% KöSt und in weiterer Folge – bei Ausschüttung an die Gesellschafter – 25% KESt an. Gewinne der GmbH, die an die Gesellschafter ausgeschüttet werden, unterliegen somit insgesamt einem Steuerabzug von 43,75% (25% KöSt und 25% KESt von dem ausgeschütteten Gewinn nach KöSt).

Alternativ zur Endbesteuerung in Form des KESt-Abzuges kann der Gesellschafter die Gewinnausschüttung in die Einkommensteuerveranlagung aufnehmen. In diesem Fall werden die Gewinnausschüttungen mit dem halben Durchschnittssteuersatz besteuert.

Werden die Gewinne der GmbH nicht an die Gesellschafter ausgeschüttet sondern in der GmbH behalten, fällt nur KöSt im Ausmaß von 25% an. Die GmbH kann die erwirtschafteten Gewinne behalten und wieder investieren. Ist also ein Wachsen des Unternehmens mit weiteren Investitionen geplant, eignet sich die Rechtsform der GmbH, da auf Ebene der Gesellschaft nur 25% KöSt anfällt.

Beschäftigt die GmbH einen Gesellschafter (als Geschäftsführer), der zu nicht mehr als 25% beteiligt ist, liegt aus steuerlicher Sicht ein lohnsteuerpflichtiges Dienstverhältnis vor. Der beschäftigte Gesellschafter hat damit Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (begünstigtes 13. und 14. Gehalt, Abfertigungs- und Pensionsansprüche rückstellbar). Bei einer Beteiligung von mehr als 25% bezieht der beschäftigte Gesellschafter hingegen Einkünfte aus selbständiger Arbeit (betriebliche Einkünfte).

Abgabenbelastungsvergleich

Bei einer Gegenüberstellung der Abgabenbelastungen eines einkommensteuerpflichtigen Handelsagenten und einer körperschaftsteuerpflichtigen Handelsagenten-GmbH sind zum Zwecke eines Vorteilhaftigkeitsvergleiches eine Vielzahl von Faktoren zu berücksichtigen wie die Höhe des Einkommens/Gewinns, die Höhe der übrigen Einkünfte, das Ausmaß der Entnahmen/Ausschüttungen und die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge und des Geschäftsführergehaltes inklusive Lohnnebenkosten.

Unterstellt man, dass es sich bei den Einkünften aus der Handelsagententätigkeit um die einzigen Einkünfte handelt und dass die Gewinne zur Gänze entnommen/ausgeschüttet werden, dann ergibt sich unter – für einen Vergleich in der Praxis allerdings nicht zulässiger – Außerachtlassung der Auswirkungen der Sozialversicherungsbeiträge und des Geschäftsführergehaltes ab einem Jahres-Einkommen/Gewinn von € 135.000,- hinsichtlich des Gesamtsteuersatzes ein Vorteil der GmbH gegenüber einem einkommensteuerpflichtigen Einzelunternehmen bzw. einer Personengesellschaft: Bei einem Jahres-Einkommen von € 135.000.- ergibt sich in der Einkommensteuer ein Durchschnittssteuersatz von rund 43,77%, der aufgrund der Progression mit höherem Einkommen weiter steigt. Ausgeschüttete Gewinne einer GmbH unterliegen hingegen – wie oben dargestellt – einer fixen Gesamtsteuerbelastung von 43,75%.

Diese Berechnung ist freilich stark vereinfacht und für einen Abgabenbelastungsvergleich in der Praxis nicht heranzuziehen, da die konkreten Umstände des Einzelfalles keine Berücksichtigung finden. In der Praxis ergibt sich – abhängig von den konkreten Umständen des Einzelfalles – zumeist ein Abgabenbelastungsvorteil der GmbH gegenüber dem Einzelunternehmen bzw. der Personengesellschaft ab einem Jahres-Gewinn von ca. € 80.000.- bis € 150.000.-. Übersteigt der Jahres-Gewinn die angeführten Grenzen, ist die Ausübung der Handelsagententätigkeit im Rahmen einer GmbH aus ertragsteuerlicher Sicht regelmäßig günstiger.

Sozialversicherungsrechtliche Aspekte

In Bezug auf die Sozialversicherung ist zu überlegen, ob eine ASVG-Versicherung im Vergleich zu einer GSVG-Versicherung im Einzelfall vorteilhaft und erwünscht ist. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der zu nicht mehr als 25% beteiligt ist, unterliegt der ASVG-Versicherung. Ist er zwischen 25% und 50% beteiligt, fällt das Beschäftigungsverhältnis ebenfalls unter die ASVG-Versicherung außer der Gesellschafter-Geschäftsführer ist weisungsfrei gestellt. In den übrigen Fällen kommt es zu einer GSVG-Versicherung.

Zu beachten ist, dass die Sozialversicherungsbeiträge bei Einzelunternehmern bzw. Gesellschaftern einer Personengesellschaft gewinnabhängig bis zum Erreichen der Höchstbeitragsgrundlage ansteigen, während sie durch das Geschäftsführergehalt bei der GmbH fixiert sind.

Beendigung der Tätigkeit

Bei Beendigung der Tätigkeit besteht die Möglichkeit, die Anteile an der GmbH zu verkaufen oder die GmbH zu liquidieren. In der Praxis wird es sich jedoch zumeist schwierig gestalten, einen Käufer für die Anteile an einer (regelmäßig) personenbezogenen Handelsagenten-GmbH zu finden. Ein Gewinn aus der Veräußerung der Anteile unterliegt dann jedenfalls dem halben Durchschnittssteuersatz.

Wird die GmbH vollbeendigt, sind die handelsrechtlichen Regelungen über die Liquidation zu beachten. Für die Liquidation besteht ein besonderer Besteuerungszeitraum bis zu 3 Jahren, sodass in der Liquidationsphase Verluste mit früheren Gewinnen ausgeglichen werden können. Eine Steuersatzbegünstigung besteht nicht. Bei den Gesellschaftern unterliegt der Unterschiedsbetrag zwischen dem ausgezahlten Liquidationserlös und den Anschaffungskosten der Beteiligung nach den Grundsätzen der Beteiligungsveräußerung der Einkommensteuer (halber Durchschnittssteuersatz).

Im Vergleich dazu können bei Veräußerung oder Aufgabe eines Einzelunternehmens bzw. von Anteilen an einer Personengesellschaft – bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen – die steuerlichen Begünstigungen in Form des halben Durchschnittssteuersatzes, der progressionsmildernden Drei-Jahres-Verteilung oder eines Freibetrages in Anspruch genommen werden. Der Gewinn, der bei der Beendigung der Tätigkeit als Einzelunternehmer oder Personengesellschafter anfällt, kann also unter Umständen besseren steuerlichen Konditionen unterliegen.

Achtung Ausgleichsanspruch!

Hinsichtlich des gesetzlichen Ausgleichsanspruches eines Handelsagenten kommt es bei Beendigung der Handelsagententätigkeit im Rahmen einer GmbH zu Einschränkungen gegenüber Einzelunternehmern: Bei einem Verkauf der Anteile an der GmbH besteht kein Ausgleichsanspruch des (z.B. wegen Pensionierung) ausscheidenden Gesellschafters oder Geschäftsführers, da der Handelsagentenvertrag zwischen der GmbH und dem Unternehmer geschlossen wurde und die (verkaufte) GmbH ohne eine Kündigung weiter Vertragspartner des Unternehmers ist. Wird die GmbH liquidiert und der Handelsagentenvertrag von der GmbH gekündigt, besteht ebenfalls kein Ausgleichsanspruch, da die Kündigung durch den Handelsagenten (die GmbH) erfolgt und die GmbH selbst ihre Tätigkeit nicht im Sinne der gesetzlichen Ausnahme wegen Alters, Krankheit oder Gebrechen einstellt dies gilt natürlich auch dann, wenn die GmbH deshalb liquidiert wird, weil einer dieser Gründe beim Alleingesellschafter oder Geschäftsführer vorliegt.

Im Ergebnis kommt somit ein Ausgleichsanspruch im Falle der Beendigung der Handelsagententätigkeit im Rahmen einer GmbH nur eingeschränkt in Betracht. Es müsste etwa in einer Vertragsklausel vereinbart werden, dass der Handelsagentenvertrag bei Ausscheiden eines bestimmten Geschäftsführers aus der GmbH durch einvernehmliche Kündigung endet in diesem Fall bestünde ein Ausgleichsanspruch. 

Zusammenfassung

Ob die Ausübung der Handelsagententätigkeit im Rahmen einer GmbH vorteilhaft ist, ist im Einzelfall zu entscheiden. Dabei sind eine Reihe von Faktoren zu berücksichtigen und gegeneinander abzuwiegen. Vor allem für größere Handelsagentenunternehmen und solche, die weiter investieren und wachsen wollen, ist es aber – insbesondere aus ertragsteuerlicher Sicht – jedenfalls sinnvoll, sich die Gründung bzw. Umgründung zu einer Handelsagenten-GmbH zu überlegen.


Mag. Maximilian Weiler
Partnerschaft Wirtschaftsprüfer und Steuerberater 
Kärntnerstraße 8 | 1010 Wien
T 01/512 26 76
office@weiler.at
www.weiler.at

I

Seit 21.8.2003 hat der Handelsagent bei Vertragsbeendigung Anspruch auf Ersatz der Investitionen, die sich für ihn nicht gerechnet haben.

Die neue Regelung

Am 21.8.2003 trat der neue § 454 HGB in Kraft. Demnach haben nicht nur Händler (insbesondere Kfz-Händler) sondern auch Handelsagenten bei Vertragsbeendigung Anspruch auf Ersatz der Investitionen, zu denen sie vertraglich verpflichtet waren und soweit diese Investitionen im Zeitpunkt der Vertragsbeendigung weder amortisiert noch angemessen verwertbar sind. Der Anspruch steht nicht zu, wenn der Agent für die Vertragsauflösung verantwortlich ist. Der Investitionsersatz kann nicht vertraglich ausgeschlossen werden.

Mit dem Ausgleichsanspruch (§ 24 HVertrG) hat dieser Investitionsersatz nichts zu tun. Der Ausgleichsanspruch bleibt von dieser Bestimmung unberührt.

Hintergrund der Neuregelung

Mit dem neuen Gesetz sollen die Wirkungen kurzer Kündigungsfristen bzw eines zu kurzen Vertragsverhältnisses abgefedert werden. Der Gesetzgeber wurde endlich auf das Problem aufmerksam, dass insbesondere Kfz-Händler nach den vertraglichen Vorgaben umfassende Investitionen tätigen müssen. Dies kann auch für Handelsagenten gelten: auch sie sind bisweilen vertraglich zu gewissen Investitionen, wie insbesondere der Erhaltung eines Büros und/oder eines Schauraumes verpflichtet. Wird der Vertrag beendet, machen sie nicht nur kein weiteres Geschäft, sondern bleiben auch noch auf den sich nicht rechnenden Investitionen 'sitzen' – und erleiden damit einen Verlust.

Der Gesetzgeber hat nun Abhilfe geschaffen und die Entschädigungspflicht des Prinzipals ausdrücklich im Gesetz festgeschrieben. Sie ist aber nicht etwa von der konkret vereinbarten Kündigungsfrist oder der Dauer des Vertrages abhängig. Es ist allein maßgeblich, ob sich die Investitionen für den Handelsagenten gerechnet haben oder nicht.

Welche Investitionen werden ersetzt?

Der Handelsagent ist zum Ersatz derjenigen Aufwendungen und Investitionen berechtigt, zu denen er vom Hersteller vertraglich verpflichtet wurde. Der gesamte markenspezifische Aufwand wird ersetzbar.

Der Prinzipal kann nicht einwenden, dass dieser Aufwand auch beim Vertrieb einer anderen Marke angefallen wäre. Denn dann müsste kein Prinzipal jemals Investitionsersatz leisten die Schutzbestimmung zu Gunsten des Handelsagenten wäre ausgehöhlt. Es kommt also nur auf die konkreten Aufwendungen und Investitionen an, unabhängig davon, ob auch andere Unternehmen diesen Aufwand vom Handelsagenten verlangt hätten.

Der Gesetzgeber sieht den zu ersetzenden Aufwand bei Kfz-Händlern in der nicht amortisierten, dh nicht verdienten Differenz zwischen dem tatsächlich höheren Aufwand und den – bei nicht-markenspezifischer Ausstattung – niedrigeren Kosten. Berechnungsgrundlage sind also die Zusatzkosten für Sach- oder Personalaufwand, der aufgrund der vertraglichen Vorgaben entstand (Ausstattung, Kennzeichnung, markenspezifisches Personal etc.).

Beim Handelsagenten ist die Situation aber anders. Denn in den überwiegenden Fällen hat der Handelsagent – abgesehen von seinem laufenden Aufwand wie für Kfz, Telefon, Buchhaltung, evtl. Sekretärin – keine Investitionen zu tätigen. Es sollte daher nicht nur die Differenz zu einer 'nicht-markenspezifischen Ausstattung' ersetzt werden, da es beim Handelsagenten eine solche Ausstattung wie eben Schauräume etc in den überwiegenden Fällen nicht gibt.

Maßgeblich sollte also sein, wie weit der vom Handelsagent erzielte Reingewinn alle vom Prinzipal verlangten Kosten wie für ein Büro, Schauraum, Veranstaltungen, Messeteilnahmen etc. abdeckt, wobei für diese Kosten eine entsprechende Verzinsung einzurechnen ist. Eine verbleibende Differenz ist vom Prinzipal zu ersetzen, um den Handelsagenten vor einem Verlust zu bewahren.

Praktische Auswirkungen

In der Praxis sind Streitigkeiten über die Frage zu erwarten, zu welchen konkreten Investitionen der Handelsagent vertraglich wirksam verpflichtet war sowie über das Vorliegen von Ausschlussgründen. Es besteht nämlich kein Anspruch, wenn der Prinzipal aus einem dem Handelsagenten zurechenbaren wichtigen Grund gekündigt hat. Umgekehrt besteht bei Eigenkündigung des Agenten kein Anspruch, außer dem Prinzipal ist ein wichtiger Grund für diese Kündigung zurechenbar. Aufgrund einer diesbezüglich unterschiedlichen Formulierung im Gesetz können Ausgleichsanspruch und Investitionsersatz unabhängig voneinander zustehen.

Die Neuregelung ist auf Investitionen anzuwenden, zu denen der Handelsagent nach dem 21. 8. 2003 verpflichtet wird. War er hingegen schon vorher vertraglich dazu verpflichtet, werden die Investitionen aber erst nachher getätigt, greift das neue Gesetz nicht.

Fraglich ist, ob ein Anspruch besteht, wenn der Handelsagent im Rahmen eines bestehenden Vertrages, der grundsätzlich Investitionen vorsieht, erst nach dem 21. 8. 2003 durch eine konkrete Anweisung des Unternehmers bzw aufgrund geänderter Vorgaben zu der Investition verpflichtet wird. Hier könnte argumentiert werden, dass die konkrete Investitionsverpflichtung erst nachher begründet wurde und damit ein Anspruch bei Vertragsbeendigung sehr wohl besteht.

Dr. Gustav Breiter

Geht der Unternehmer als Vertragspartner eines Handelsagenten in Konkurs, ist meistens auch die Frage der wirtschaftlichen Existenz des Handelsagenten betroffen. In solchen Situationen ist nicht nur wesentlich, ob seine Forderungen als Konkursforderungen quotenmäßig, oder als Masseforderungen gänzlich zu befriedigen sind, sondern vor allem, welche gesetzlichen Möglichkeiten bestehen, die eigenen Ansprüche zumindest teilweise anderweitig zu sichern.

Da das gerichtliche Ausgleichsverfahren in der Praxis keine besondere Bedeutung hat, soll der Focus dieses Artikels auf den Unternehmerkonkurs gerichtet werden. Jahr für Jahr sind zahlreiche Handelsagenten von Konkursen ihrer Vertragspartner negativ betroffen, zumal ihre Forderungen seit 1997 nicht mehr dem Insolvenz- und Entgeltsicherungsgesetz (IESG) unterliegen, auch wenn sie arbeitnehmerähnlich tätig waren. Insolvenzverfahren sind für Handelsagenten daher oftmals existenzbedrohend. Dies umso mehr, wenn der Unternehmer erst nach einem (oftmals aufwendigen und kostenintensiven) Rechtsstreit gegen den Handelsagenten in Konkurs geht.

In der Folge will ich Ihnen einen kurzen Überblick über die wesentliche Rechtslage geben:

1. Unternehmerkonkurs

Die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Unternehmers bewirkt gem. § 26 HVertrG ex lege (= automatisch) die Auflösung des Vertragsverhältnisses mit dem Handelsagenten, ohne dass es einer Erklärung bedarf. Als Zeitpunkt der Konkurseröffnung gilt der der Veröffentlichung in der Insolvenzdatei www.edikte.justiz.gv.at folgende Tag. Ab diesem treten alle Rechtswirkungen, so auch die automatische Vertragsauflösung, ein.

Zumal das Vertragsverhältnis automatisch erlischt, bleibt auch für das grundsätzlich dem Masseverwalter zustehende Wahlrecht, in bestehende Verträge einzutreten oder diese zu kündigen, kein Raum. Vorsicht geboten ist im Falle der Konkurseröffnung daher für den Abschlussvermittler. Da die ihm erteilte Vollmacht mit der Vertragsbeendigung ebenso als widerrufen gilt, sind von ihm abgegebene Erklärungen gegenüber potentiellen Kunden unwirksam. Es können ihn als Vertreter ohne Vertretungsvollmacht somit Haftungsfolgen treffen, sofern er die Insolvenz seines Vertragspartners (Unternehmers) übersieht. Grundsätzlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass in der Insolvenzdatei veröffentlichte Insolvenzen allen Inländern, insbesondere Unternehmern, bekannt sind.

Für das Schicksal der Ansprüche des Handelsagenten ist der Entstehungszeitraum entscheidend. Grundsätzlich sind vor der Konkurseröffnung entstandene Ansprüche quotenmäßig zu befriedigende Konkursforderungen, nach Konkurseröffnung entstehende Ansprüche hingegen Masseforderungen, die ungekürzt aus der Masse bezahlt werden, sofern diese ausreichende Deckung aufweist. Grob können – wie anchfolgend aufgezeigt - drei Gruppen von Ansprüchen unterschieden werden.

2. Ansprüche des Handelsagenten im Unternehmerkonkurs

Provisionsansprüche

Bereits vor Konkurs fällig gewordene Provisionen sind jedenfalls reine Konkursforderungen. Da die Anwartschaft auf den Provisionsanspruch bereits durch die Vermittlung oder den Abschluss des Geschäftes entsteht, sind Provisionen aus vor Konkurseröffnung vermittelten oder abgeschlossenen, jedoch erst durch den Masseverwalter ausgeführten Geschäften ebenfalls nur Konkursforderungen.

Dem Masseverwalter verbleibt trotz ex lege Auflösung des Vertrages die Möglichkeit – im Falle der Weiterführung des Unternehmens - das Vertragsverhältnis mit Einwilligung des Handelsagenten wieder aufzunehmen. Da diesfalls ein gänzlich neuer Vertrag geschlossen wird, sind während des Konkurses neu entstandene (Provisions)Forderungen privilegierte Masseforderungen.

Der Handelsagent ist ferner gem. § 26 HVertrG gesetzlich verpflichtet, bei Gefahr in Verzug seine Tätigkeit so lange fortzusetzen, bis anderweitige Vorsorge getroffen werden kann. Wann Gefahr in Verzug besteht, bestimmt das Gesetz jedoch nicht. Im Falle der Unternehmensfortführung wird Gefahr in Verzug jedoch schon dann anzunehmen sein, wenn der Masse finanzielle Schäden drohen. Die unter dieser Voraussetzung nach Konkurseröffnung getätigten Geschäfte zu Gunsten der Masse sind jedenfalls provisionspflichtig und die daraus resultierenden Provisionsansprüche privilegierte Masseforderungen.

Ausgleichsanspruch

Durch die ex lege Auflösung des Vertragsverhältnisses wird auch der dem Handelsvertreter zustehende Ausgleichsanspruch nach § 24 HVertrG fällig, welcher möglichst umgehend gegenüber dem Masseverwalter geltend gemacht werden sollte. Der Ausgleichsanspruch setzt ua jedoch erhebliche, fortbestehende Vorteile auf Seiten des Unternehmers voraus. Führt der Masseverwalter das Unternehmen fort, sind die der Masse verbleibenden Vorteile durch den vom Handelsvertreter geworbenen Kundenstamm evident. Verkauft der Masseverwalter das Unternehmen oder Teile hiervon, wird der geworbene Kundenstamm in der Regel werterhöhend und sohin ebenso vorteilhaft sein. Schließt der Masseverwalter das Unternehmen aber, verbleiben für die Masse in der Regel keine Vorteile.

Der Ausgleichsanspruch ist als Konkursforderung innerhalb der im Konkursedikt ersichtlichen Anmeldungsfrist als Konkursforderung anzumelden. Lediglich bei einvernehmlicher Fortführung der Geschäftsbeziehung nach Konkurseröffnung (auf Basis eines neuen Vertrages) gelten Ausgleichsansprüche aus ab der Konkurseröffnung zugeführten Neu- oder intensivierten Altkunden als Masseforderung. Nichts anderes kann für gleichartige Geschäfte gelten, die infolge der gesetzlichen Verpflichtung bei Gefahr in Verzug (siehe oben) nach Konkurseröffnung geschlossen werden.

Schadenersatzansprüche aus der vorzeitigen Beendigung

Da die Konkurseröffnung - idR ohne Einhaltung der (gesetzlichen) Kündigungsfristen -ein aufrechtes Vertragsverhältnis ohne Verschulden des Handelsagenten auflöst, stehen letzterem gem. § 26 Abs 2 HVertrG zwingend auch Schadenersatzansprüche infolge Verdienstentgang zu. Ansprüche bestehen diesfalls für den Zeitraum der fiktiven Kündigungsfrist bzw bis zum Ablauf der bedungenen Vertragslaufzeit. Auch diese Schadenersatzforderungen sind aber im Konkurs des Unternehmers nur quotenmäßig zu befriedigende Konkursforderungen.

3. Zurückbehaltungsrecht

Wenn der Konkurs nun unabwendbar oder gar schon eingetreten ist, gibt es nur wenige Möglichkeiten, zumindest einen Teil der Forderungen zugunsten des Handelsagenten noch zu retten. Eine Möglichkeit ist die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes gem. § 369 UGB (Unternehmensgesetzbuch – vormals HGB), welche oftmals übersehen wird. Jeder Unternehmer, auch der Handelsagent, hat für die fälligen (sowie im Falle der Zahlungseinstellungen des Vertragspartners auch für die noch nicht fälligen) Forderungen, die ihm gegen einen anderen Unternehmer aus den zwischen ihnen geschlossenen unternehmensbezogenen Geschäften zustehen, ein Zurückbehaltungsrecht an den beweglichen Sachen und Wertpapieren des Schuldners, die mit dessen Willen auf Grund von unternehmensbezogenen Geschäften in seine Innehabung gelangt sind. § 17 HVertrG erweitert das Zurückbehaltungsrecht des Handelsagenten noch zusätzlich auf die ihm vom Unternehmer übergebenen Muster.

Sofern das Zurückbehaltungsrecht des Handelsagenten vertraglich nicht ausgeschlossen wurde, was häufig vorkommt, kann bis zur Erfüllung der Forderungen oder zumindest bis zum Erlag einer angemessenen Sicherheitsleistung (bezogen auf den Wert des Zurückbehaltungsgutes) die Herausgabe aller Gegenstände, Muster, Fahrnisse etc. vom Handelsagenten an den Unternehmer verweigert werden. Sofern seitens des Unternehmers oder des für ihn im Falle des Konkurses eingesetzten Masseverwalters dringendes Interesse an einer raschen Verwertung besteht, kann die Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes oftmals eine deutliche Verbesserung der Verhandlungsposition des Handelsvertreters bei Vergleichsgesprächen mit sich bringen. Ansonsten besteht in Ansehung der zurückbehaltenen Sachen zumindest ein Pfandrecht (= bevorzugte Befriedigung) nach der Verwertung im Konkurs.

4. Persönliche Haftung der Geschäftsführer / Vorstände

Kann der Ausfall des Handelsagenten im Konkurs des Unternehmers nicht mehr abgewendet werden, besteht im Falle, dass der Unternehmer eine juristische Person (zB GmbH oder AG) ist, unter bestimmten Voraussetzungen (im Wesentlichen bei grob fahrlässig herbeigeführter Insolvenz oder strafrechtlicher Verfolgung) die Möglichkeit, die Geschäftsführer oder Vorstände des gemeinschuldnerischen Unternehmens direkt straf- oder zivilrechtlich zu verfolgen. Im Strafverfahren wurden die Rechte der Geschädigten durch die Reform der Strafprozessordnung 2007 gestärkt und könnte sich ein potentiell geschädigter Handelsagent einem gegen die Geschäftsführer oder Vorstände zB wegen betrügerischer Krida oder grob fahrlässiger Beeinträchtigung der Gläubigerinteressen eingeleiteten Strafverfahren daher als Privatbeteiligter anschließen. Darin könnte bei weit geringerem Kostenaufwand als in einem Zivilprozess versucht werden, die Differenz zwischen der Konkursquote und dem tatsächlich entstandenen Schaden rechtskräftig zugesprochen zu erahlten oder einen (neuerdings möglichen) strafrechtlichen Vergleich mit dem Beschuldigten (Angeklagten) abzuschließen.

5. Zusammenfassung

Wenngleich ein Konkurs des Vertragspartners stets ein „Supergau“ ist, muss im Ernstfall noch nicht alles verloren sein. Häufig kann durch geschickte Vorgangsweisen und taktische Maßnahmen noch einiges gerettet werden. Vor dem Hintergrund der komplexen Materie empfiehlt es sich jedoch, sich umgehend fachlichen Rat bei Ihrer Interessensvertretung oder dem Anwalt Ihres Vertrauens einzuholen.

Mag. Alexander Todor-Kostic, LL.M.

K

In einer nunmehr veröffentlichten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (26.05.2004, 9 ObA 2/04s) wurde zur Kündigung wegen vorzeitiger Alterspension bzw. wegen Krankheit des Handelsagenten Stellung genommen.

Sachverhalt

Der entschiedene Sachverhalt umschreibt geradezu einen „Klassiker“ aus der Beratungspraxis. Der Handelsagent hatte dem Prinzipal bereits im November 1999 nach einer Auskunft der Sozialversicherungsanstalt mitgeteilt, dass er am 01.05.2000 nach Vollendung seines 60. Lebensjahres die Pension anzutreten gedenke. Der Prinzipal hat dies zunächst nicht ganz ernst genommen den vom Kläger angesprochenen Ausgleichsanspruch hat er jedenfalls abgelehnt.

Im März 2000 hat der Kläger dann den Antrag bei der Versicherungsanstalt gestellt. Da der Pensionsantritt aufgrund der Auskünfte der SVA mit 01.05.2000 feststand, kündigte der Handelsagent mit Schreiben vom 31.03.2000 zum 30.04.2000. Mit Bescheid vom 07.07.2000 ist ihm rückwirkend zum 01.05.2000 die Pension zuerkannt worden. Zudem war der Kläger aus Krankheitsgründen nicht mehr in der Lage, die konkrete Tätigkeit auszuüben (umfangreiche Hebetätigkeiten).

Das Erstgericht hat mit Zwischenurteil ausgesprochen, dass der Ausgleichsanspruch dem Grunde nach zurecht besteht. Auch bei Eigenkündigung wegen vorzeitiger Alterspension bei langer Versicherungsdauer steht ein Ausgleichsanspruch zu.

Das Berufungsgericht hat den Ausgleichsanspruch hingegen deshalb zuerkannt, weil dem Kläger eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen Krankheit unzumutbar gewesen sei. Auf die vorzeitige Alterspension könne er sich nicht berufen, weil es erforderlich gewesen sei, dass diese am letzten Tag des Vertragsverhältnisses, d.h. am 30.04.2000, bereits zuerkannt gewesen wäre, was aber nicht der Fall war.

Der Oberste Gerichtshof hat dazu Folgendes ausgesprochen:

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich nicht daran gestoßen, dass der Kläger „erst“ 60 Jahre alt gewesen ist. Der Oberste Gerichtshof hebt ausdrücklich hervor, dass in den Gesetzesmaterialien davon die Rede ist, dass „spätestens“ mit Erreichung des gesetzlichen Regelpensionsalters das Kriterium der Unzumutbarkeit der Fortsetzung aus Altersgründen erfüllt ist.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs reicht daher die vorzeitige Alterspension zur ausgleichswahrenden Eigenkündigung des Handelsvertreters aus.

2. Der Oberste Gerichtshof bezeichnet die Auffassung des Berufungsgerichtes als „zweifelhaft“, wonach diese Alterspension im Zeitpunkt der Auflösung des Vertragsverhältnisses bereits zuerkannt sein müsse.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofs ist aber fraglich, ob der Handelsvertreter die ordentliche Kündigungsfrist einhalten hätte müssen. Er bezieht sich diesbezüglich auf Rechtsprechung des BGH, wonach dies nicht der Fall ist. Der Oberste Gerichtshof stellt zusätzlich die Überlegung an, ob nicht gerade eine lange Kündigungsfrist (in concreto 6 Monate) eine vorzeitige Auflösung rechtfertigt. In diesem Punkt scheint der Oberste Gerichtshof eher der Auffassung zuzuneigen, dass der Handelsagent die ordentliche Kündigungsfrist nicht einhalten muss. Der Oberste Gerichtshof spricht aber selbst davon, dass es hier keiner abschließenden Klärung bedarf. 

In der Praxis bedeutet dies, dass dem Handelsagenten (nach wie vor) zu raten ist, vor Pensionsantritt die ordentliche Kündigungsfrist einzuhalten.

3. Der Oberste Gerichtshof klärte diese Frage deshalb nicht abschließend, da ohnedies der Krankheitsfall gegeben war.

Diesbezüglich meint der Oberste Gerichtshof, dass dem Kläger aufgrund der umfassenden Hebetätigkeiten eine Fortsetzung – insbesondere bis zum Ablauf der 6-monatigen Kündigungsfrist – nicht zumutbar war. 

Es war allerdings fraglich, ob der Handelsagent (so wie es in der deutschen Literatur und auch beiNocker vertreten wird), den Krankheitsgrund in der Kündigungserklärung nennen muss.

Der Oberste Gerichtshof lehnt diese Ansicht ab. Es besteht im Zeitpunkt der jeweiligen Auflösungserklärung keine Begründungspflicht von Kündigungen oder vorzeitigen Auflösungen, zumal ein Nachschieben von Kündigungs-/oder Auflösungsgründen allgemein anerkannt ist.

Es gilt also daher auch im Krankheitsfall, dass der Handelsagent die Kündigung nicht begründen muss. Insofern ist die Linie des OGH einheitlich: auch bei einer Kündigung aus begründetem Anlass muss dieser ja weder genannt werden noch muss der Agent zu verstehen geben, dass er aus begründetem Anlass kündigt.

Dr. Gustav Breiter

Handelsagenten gehen bisweilen davon aus, dass nach einer ausgesprochenen Kündigung „alles beim Alten“ bleiben müsse oder umgekehrt, dass der Vertrag „eigentlich so gut wie vorbei“ sei und dass die Regelungen „nicht mehr so wirklich“ gelten würden – beides ist falsch. In der Praxis können sich unterschiedliche Fragestellungen ergeben, die in diesem Beitrag beleuchtet werden.

Freistellung durch den Geschäftsherrn. Nach Ausspruch einer Kündigung entsteht beim Geschäftsherrn, vor allem, wenn er es war, der die Kündigung ausgesprochen hat, häufig der Wunsch, den Handelsagenten „dienstfrei“ zu stellen. Damit ist gemeint, dass der Handelsagent ab erfolgter Freistellung sozusagen zu Hause bleiben könne, also zumindest für den betreffenden Prinzipal nicht mehr tätig sein müsse. Manchmal ist diese Möglichkeit im Handelsagentenvertrag vorgesehen – und damit nach (deutscher) Rechtsprechung zulässig. Das Interesse des Geschäftsherrn ist legitim, den Kundenstock vor Abwerbung zu schützen, indem er den Handelsagenten sozusagen „vom Markt nimmt“. Voraussetzung ist aber, dass der Vertrag auch eine entsprechende Entschädigung des Handelsagenten vorsieht. Der Agent muss so gestellt werden, wie er ohne Suspendierung stünde (das gilt im Versicherungsagentenbereich sogar für Bestandspflegeprovisionen). Tut die Vertragsklausel dies nicht, ist sie nicht wirksam und die Freistellung unzulässig. Dies soll nach der Kommentarliteratur auch für das österreichische Recht gelten, obgleich österreichische Rechtsprechung dazu noch nicht vorliegt. Weiterzahlung der Provision „Gewiefte“ Geschäftsherren meinen, es sei bei einer Freistellung hinreichend, dem Agenten die laufenden Provisionen aus den bestehenden Aufträgen, d.h. aus den Vormonaten zu bezahlen. Das ist freilich Unsinn. Dem Agenten ist bei einer Freistellung, sofern überhaupt zulässig, das „bisherige Entgelt“ bzw. die „volle Provision“ weiter zu bezahlen. Es steht ihm also die bisherige durchschnittliche Provision zu. Sieht der Vertrag in diesem Punkt eine Reduktion oder gar den Entfall der Provision vor, wäre diese Vertragsbestimmung unwirksam.

Reduktion der Provision wegen Kostenersparnis?

Teilweise versuchen Geschäftsherren, im Rahmen einer Freistellung die Provision des Handelsagenten mit dem Argument zu reduzieren, dass er sich ja durch die Freistellung die laufenden Kosten ersparen würde.

Abgesehen davon, dass eine solche Kostenersparnis in der Praxis nicht sofort umzusetzen ist, ist eine solche Anrechnung nur dann zulässig, wenn sie vertraglich vereinbart wurde. Einseitig darf der Prinzipal eine solche Kürzung nicht vornehmen.

Anrechnung anderweitigen Verdienstes

Verdient der Handelsagent während der Dienstfreistellung aus einer anderen Tätigkeit etwas dazu, muss er sich dies anrechnen lassen. Einen solchen Verdienst muss aber der Geschäftsherr beweisen. Zudem kann es nur um einen Verdienst gehen, der kausal durch die Freistellung ermöglicht wurde (also eine neu aufgenommene Tätigkeit, um die frei werdende Zeit zu nützen).

Nur sicherheitshalber ein Hinweis: Auch während einer Freistellung darf der Handelsagent nicht für einen Konkurrenten tätig werden, außer der Geschäftsherr hätte dieser Tätigkeit zuvor (aus Beweisgründen am besten schriftlich) zugestimmt.

Freistellung auch ohne vertragliche Vereinbarung? 

Grundsätzlich wird dies in der Literatur verneint: Ohne vertragliche Grundlage darf der Geschäftsherr den Handelsagenten nicht freistellen. Etwas Anderes soll nur bei geplanter Konkurrenztätigkeit gelten. Eine solche hat der Handelsagent nach deutscher Rechtsprechung dem Prinzipal mitzuteilen.

Manche Autoren vertreten wiederum, dass dies nur auf Nachfrage gilt bzw. falls der Agent bereits einen Vorvertrag oder gar den endgültigen Vertrag mit einem Konkurrenten geschlossen hat. Die Begründung wird darin gesehen, dass die zukünftige Konkurrenztätigkeit eine „erforderliche Nachricht“ im Sinne des Gesetzes sei, die der Handelsagent dem Geschäftsherrn mitteilen müsse. Dieser muss ggf. mit einer Freistellung reagieren können. Ihm soll die Möglichkeit eingeräumt werden, den Einsatz des Handelsagenten bis zum Vertragsende so zu gestalten, dass dieser aus der bisherigen Tätigkeit einen möglichst geringen Nutzen für ein Konkurrenzunternehmen hat.

Österreichische Gerichtsentscheidungen liegen zu diesem Themenkomplex noch nicht vor.

Praxistipp

Spricht der Geschäftsherr ohne vertragliche Grundlage eine Freistellung aus, ist er in der Regel nicht mehr gewillt, diese zurückzunehmen – vor allem dann nicht, wenn bereits ein Nachfolger bei den Kunden „unterwegs“ ist bzw. demnächst starten soll. Dies gilt vor allem, wenn den Kunden die Veränderung der Betreuung bereits angekündigt wurde.

Der Handelsagent, der aus welchen Gründen auch immer die Freistellung nicht ohne weiteres akzeptieren will, wird den Geschäftsherrn nicht nur darauf aufmerksam machen, dass diese unzulässig ist, sondern er wird ihm auch ankündigen, weiter tätig zu sein (und wird dies auch tun).

Dass dies beim Geschäftsherrn bisweilen gewisse Turbulenzen aufwirft bzw. dieser vor einer Situation steht, die es rasch zu bereinigen gilt, kann sich im Ergebnis durchauspositiv für den Handelsagenten auswirken, was die Beendigungsansprüche anlangt – wir haben mit dieser Vorgangsweise erst neulich gute Erfahrungen gemacht.

„Einschulung“ eines Nachfolgers

Immer wieder diskutiert wird die Frage, ob der Handelsagent einen Nachfolger einschulen muss. In der Praxis geht man davon aus, dass dies nur gilt, wenn es im Vertrag vereinbart wurde. Aber Achtung: Nach herrschender Ansicht zum deutschen Recht ist der Handelsagent auch ohne Regelung im Agenturvertrag verpflichtet, einen Nachfolger „einzuführen“. Dies wird aus der gesetzlichen Pflicht des Handelsagenten abgeleitet, ganz allgemein die Interessen des Geschäftsherrn wahrzunehmen.

Die Wahrscheinlichkeit ist durchaus groß, dass die österreichischen Gerichte diese Rechtsansicht teilen würden, zumal freilich auch im österreichischen Recht gilt, dass der Handelsagent zur Wahrnehmung der Interessen des Prinzipals verpflichtet ist. In Lehre und Rechtsprechung wird allerdings die in der Praxis wohl drängendste Frage, in welchem Umfang eine solche „Einschulung“ stattzufinden hat, nicht beantwortet.

Eine umfassende technische Schulung kann es nicht sein, diese hat der Geschäftsherr seinem zukünftigen Handelsagenten angedeihen zu lassen. Die Vermittlung umfassender Marktkenntnisse kann es auch nicht sein, denn die hat der neue Handelsagent wohl mitzubringen. Mit der „Einführung“ sind wohl eine grundsätzliche Information über den Kundenstock und die Darlegung (regionaler) Besonderheiten des Markts gemeint, allenfalls auch die Vorstellung bei den Kunden – zumindest bei den wichtigsten.

Gleichwohl bleibt die Frage offen, in wechem zeitlichen Ausmaß diese „Einführung“ zu erfolgen hat. Es wird am Handelsagenten liegen, ein möglicherweise bereits belastetes Vertragsverhältnis durch entgegenkommende Übergabe zu „entkrampfen“ oder umgekehrt rechtlich womöglich unklare Situationen zu seinem Vorteil zu nutzen.

Letztlich ist auch zu bedenken, dass der zentrale Beendigungsanspruch, namentlich der Ausgleichsanspruch für den aufgebauten bzw. erweiterten Kundenstock voraussetzt, dass der Geschäftsherr diesen auch nützen kann. Je „geschmeidiger“ eine solche „Übergabe“ des Kundenstocks erfolgt, desto weniger kann der Geschäftsherr im Nachhinein behaupten, dass er den Kundenstock nicht weiterhin nutzen könne.

„Abmachungen“ mit dem Hersteller

Nach bzw. im Zusammenhang mit einer Kündigung entsteht bisweilen der Wunsch, den Vertragspartner zu umschiffen, wenn es um die eigene berufliche Zukunft geht. So hatte sich in einem gerichtlich entschiedenen Fall ein Untervertreter vorab mit dem Lieferanten abgestimmt.

Dieser hatte ihm geschrieben, er möge ihn von seinem Schritt in die „Selbstständigkeit“ verständigen, damit der Geschäftsherr dem Handelsagenten rechtzeitig kündigen kann. Kurz darauf hat ihm der Untervertreter mitgeteilt, er habe seinen Vertrag mit dem Handelsagenten soeben gekündigt. Der Geschäftsherr kündigte daraufhin 2 Tage später – sechs Wochen später arbeiteten die beiden zusammen. Der Hauptvertreter war klassisch „ausgebremst“ worden.

Die Gerichte sahen darin eine Treuepflichtverletzung beider. Dem Handelsagenten, d.h. dem Hauptvertreter wurden durch diese Vorgangsweise die weiteren Verdienstmöglichkeiten genommen. Beide wurden zu Schadenersatz verpflichtet.

Dr. Gustav Breiter

1. Problemstellung

Die Pflichten des Handelsvertreters gegenüber dem Unternehmer bestehen im wesentlichen darin, sich um die Vermittlung oder um den Abschluss von Geschäften zu bemühen. Er hat dabei das Interesse des Unternehmers mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns wahrzunehmen und ist insbesondere verpflichtet dem Unternehmer die erforderlichen Mitteilungen zu machen und ihn unverzüglich von jedem Geschäft in Kenntnis zu setzen, dass er für ihn abgeschlossen hat.

Diese in § 5 HVertrG genannten Pflichten sind nur sehr allgemein gehalten und muss deren genauer Umfang erst durch Auslegung ermittelt werden. Im folgenden Beitrag soll daher dargestellt werden, welche Pflichten den Handelsvertreter im Krankheitsfall treffen und welche Regelungsmöglichkeiten diesbezüglich der Handelsvertretervertrag bietet. Schließlich soll dargelegt werden, wann dem Handelsvertreter die Fortsetzung seiner Tätigkeit nicht zugemutet werden kann und dieser sohin zur Kündigung bzw. zur vorzeitigen Auflösung berechtigt ist, ohne dass der Anspruch auf Ausgleich verloren geht.

2. Kurzzeitige Erkrankungen

Im Handelsvertretergesetz wird keine ausdrückliche Pflicht des Handelsvertreters im Krankheitsfall festgeschrieben. Dennoch wird überwiegend vertreten, dass dem Handelsvertreter Nachrichts- und Informationspflichten treffen, welche so weit gehen, dass der Handelsvertreter selbst alle sonst für den Unternehmer bedeutsamen Einzelheiten aus seiner Tätigkeit mitteilen muss dies betreffe auch persönliche Umstände wie etwa der Eintritt des Krankheitsfalles. Es ist daher davon auszugehen, dass die längere Verhinderung durch Krankheit vom Handelsvertreter dem Unternehmer mitzuteilen ist. Allenfalls könnte eine diesbezügliche Mitteilung auch im Rahmen von wöchentlichen oder monatlichen Berichten erfolgen, sofern solche vorgesehen sind.

Darüber hinaus sind auch entsprechende Regelungen im Handelsvertretervertrag nicht ungewöhnlich, wonach für den Fall, dass der Handelsvertreter an der persönlichen Ausübung seiner Tätigkeit etwa durch Krankheit oder Unfall mehrere Tage verhindert ist, dies dem Unternehmer unverzüglich anzuzeigen habe.

Ferner kann im Vertrag auch vorgesehen sein, dass im Fall einer längeren Krankheitsdauer der Unternehmer berechtigt ist selbst oder durch Beauftragte im Bezirk des Handelsvertreters tätig zu werden. In der Regel sollte diesbezüglich ergänzend festgeschrieben werden, dass in einem derartigen Fall die Tätigkeit des Unternehmers nicht zu einer Minderung der dem Handelsvertreter zustehenden Provision führen darf, sofern eine gewisse Krankheitsdauer, etwa 4 bis 6 Wochen, nicht überschritten wird. Bei einer Krankheitsdauer über 6 Wochen könnte vorgesehen sein, dass darüber hinausgehende Kosten etwa zur Hälfte zu Lasten des Handelsvertreters gehen.

3. Langandauernde Gesundheitsstörungen

a) Allgemeines:

Bei längerem Ausfall des Handelsvertreters aufgrund einer Krankheit stellt sich zutreffend die Frage, wie der gegebenen Situation Rechnung getragen werden kann. Bei langandauernder Krankheit ist der Handelsvertreter daran gehindert seinen Vertragspflichten nachzukommen. Diesbezüglich besteht daher die Möglichkeit, wie bei allen Dauerschuldverhältnissen, den Vertrag aus wichtigem Grunde außerordentlich zu kündigen bzw. vorzeitigen aufzulösen. Diese Möglichkeit muss auch dann bestehen, wenn das Vertragsverhältnis etwa zunächst für einen Zeitraum unkündbar. Ein wichtiger Grund liegt immer dann vor, wenn das Abwarten des Vertragsablaufes oder der Frist zur ordentlichen Kündigung unzumutbar ist. Auch Umstände in der Person des Handelsvertreters, wie etwa eine längere Verhinderung durch höhere Gewalt oder Krankheit, sind als wichtiger Grund zu sehen.

b) Besonderheiten beim Ausgleichsanspruch:

Bei Eigenkündigung bzw. vorzeitiger Auflösung durch den Handelsvertreter besteht der Ausgleichsanspruch unabhängig von den sonstigen Voraussetzungen dann, wenn dem Handelsvertreter die Fortsetzung seiner Tätigkeit wegen Krankheit nicht zugemutet werden kann. Nach überwiegender Ansicht liegt eine unzumutbarmachende Krankheit dann vor, wenn die Störung des Gesundheitszustandes schwerwiegend von nicht absehbarer Dauer und mit Ersatzkräften nicht behebbar ist, sodass die Handelsvertretertätigkeit nachhaltig behindert wird.

Um den Anspruch auf Ausgleich zu waren muss bei der Kündigung der Kündigungsgrund, nämlich die Krankheit, genannt werden. Bei vorzeitiger Auflösung reicht allerdings die Bekanntgabe, dass aus wichtigem Grund das Handelsvertretervertragsverhältnis aufgelöst werde, aus. Strittig ist schließlich der Fall, wenn der Handelsvertreter, nachdem er 'unbegründet' gekündigt hat, während der Kündigungsfrist so schwer erkrankt, dass ihm eine Fortsetzung seiner Tätigkeit nicht zumutbar ist, immer noch ausgleichsanspruchwahrend vorzeitig auflösen kann.

4. Ausblick

Zusammenfassend erscheint es daher zielführend, dass die Folgen einer Krankheit im Handelsvertretervertrag ausreichend geregelt sind, um diesbezügliche Unklarheiten für den Handelsvertreter zu vermeiden.

Besondere Vorsicht ist jedoch immer dann geboten, wenn der Unternehmer einen vorformulierten Vertrag zur Unterzeichnung vorlegt, bei welchem der Name des Handelsvertreters nur eingesetzt wird.

Zwar können Bestimmungen ungewöhnlichen Inhalts gar nicht Bestandteil des Vertrages werden und sind gröblich benachteiligende Bestimmungen teilnichtig zur Inhaltskontrolle eines Handelsvertretervertrages sollte jedoch jedenfalls ein zuständiger Vertreter der Wirtschaftskammer oder einer deren Vertrauensanwälte beigezogen werden.


RA Dr. Wolfgang Auer
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L

Die nachstehenden Ausführungen betreffen zwar nicht den „klassischen“ Handelsagentenbereich, es ist aber davon auszugehen, dass für viele Handelsagenten nicht nur ein rechtlicher, sondern vielmehr auch wirtschaftlicher Nutzen bei genauem Durchlesen nachstehender Zeilen entstehen kann.

Im Jahr 2015 erließ der Oberste Gerichtshof (OGH) eine Erkenntnis, in welchem er aussprach, dass bei mangelhafter bzw. nicht ordnungsgemäßer Aufklärung über das Rücktrittsrecht des Versicherungsnehmers im Zuge des Abschlusses von Lebensversicherungen diesem ein unbeschränktes, also „ewiges“ Rücktrittsrecht zusteht.

Auf diese Erkenntnis des OGH wird in weiterer Folge noch genauer eingegangen. Aber gleich vorweg soll betont werden, dass sich die nachstehenden Ausführungen auf kapitalansparende Lebensversicherungen beziehen. Nicht umfasst sind hievon reine Risikoversicherungen wie beispielsweise eine reine Ablebensversicherung. Für diese Versicherungstypen haben die folgenden Ausführungen keine Geltung.

Ausgangsgrundlage

Österreich ist bekanntlich seit dem 01.01.1995 Mitglied der Europäischen Union. Dies bedeutet, dass die von der Europäischen Union erlassenen Richtlinien von Österreich als Mitgliedsstaat umzusetzen sind. Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) wirken unmittelbar auch auf die österreichische Rechtsordnung, sind von den österreichischen Gerichten anzuwenden und bei der Entscheidungsfindung zu berücksichtigen.

Gemäß einer Richtlinie der Europäischen Union hat der Gesetzgeber im jeweiligen Mitgliedsstaat dafür Sorge zu tragen, dass dem Versicherungsnehmer ein Rücktrittsrecht in der Dauer von mindestens 14 Tagen bis zu 30 Tagen, eingeräumt wird.

In Entsprechung dieser Richtlinie wurde dann vom Gesetzgeber in Österreich im Jahr 2004 § 165a des Versicherungsvertragsgesetzes (VersVG) abgeändert und festgehalten, dass der Versicherungsnehmer berechtigt ist, binnen 30 Tagen nach seiner Verständigung vom Zustandekommen des Vertrages von diesem zurückzutreten.

Urteil des EuGHs

Im Jahre 2013 hat der EuGH in der Rechtssache Walter Endress gegen Allianz Lebensversicherung AG ein richtungsweisendes Urteil erlassen.

Aus diesem Urteil in Verbindung mit dem in weiterer Folge dargestellten Erkenntnis des OGH ergibt sich, dass im Fall einer fehlenden oder unrichtigen Belehrung über die Ausübung des Rücktrittsrechtes durch den Versicherungsnehmer Letzterem ein unbefristetes Rücktrittsrecht zusteht. Diese Entscheidungen erschütterten die Versicherungen zutiefst.

Die Auswirkungen sind deshalb von immensem Ausmaß, als dieses Rücktrittsrecht nicht nur für noch laufende Lebensversicherungen gilt, sondern vielmehr auch für Versicherungen, welche bereits zwischenzeitig schon aufgelöst worden sind.

In vielen Fällen wurde ein Lebensversicherungsvertrag vom Versicherungsnehmer vorzeitig aufgekündigt. Zumeist hat die Versicherungsgesellschaft den sogenannten Rückkaufswert zur Auszahlung gebracht. Dieser Rückkaufswert liegt gerade bei Auflösungen des Vertragsverhältnisses in den ersten Jahren oft weit unter den vom Versicherungsnehmer getätigten Einzahlungen.

Macht der Versicherungsnehmer nunmehr sein unbefristetes Rücktrittsrecht geltend, auch für bereits vorzeitig aufgelöste und aufgekündigte Verträge, so kommt es zu einer Rückabwickelung des gesamten Vertragsverhältnisses, also zu einer Auflösung ex tunc.

Dies bedeutet, dass der Versicherungsnehmer die von ihm eingezahlten Prämien zuzüglich 4 % Zinsen zurückerstattet bekommt.

Erkenntnis des OGH

Mit einem derartigen Fall hatte sich zwischenzeitig auch schon der OGH befasst.

Vom Kläger wurde die Rückzahlung des Sparanteiles aus der Lebensversicherung in Folge Vertragsrücktritts begehrt. Der Versicherungsvertrag (eine fondgebundene Lebens- und Rentenversicherung), war vom Kläger im Jahr 2006 abgeschlossen worden. Bei Vertragsabschluss ist ihm zwar eine Verbraucherinformation übergeben worden. Anstelle des 30-tägigen Rücktrittsrechtes nach § 165a VersVG (sieh oben) wurde dem Kläger lediglich eine Rücktrittsfrist von 2 Wochen eingeräumt.

In letzter Instanz hat der OGH dem Klagebegehren stattgegeben. Kurz zusammengefasst führte er in seiner rechtlichen Beurteilung aus, dass die Entscheidung des EuGHs alle Gerichte und Mitgliedsstaaten bindet und objektives Recht schafft. Da anstelle der 30-tägigen Rücktrittsfrist dem Kläger nur ein 14-tägiges Rücktrittsrecht eingeräumt worden ist, war die Belehrung der Versicherung fehlerhaft. Dem Kläger stand ein unbefristetes Rücktrittsrecht zu, welches dieser auch im Jahr 2014 ausgeübt hat. Der OGH erkannte diesen Rücktritt als rechtswirksam an.

Es handelt sich hiebei zwar um die bis dato einzige, vom OGH zu diesem Thema erlassene Entscheidung, sie ist aber durchaus als richtungsweisend anzusehen.

Anspruchsvoraussetzungen

Aufgrund des Urteils des EuGHs wie auch des Erkenntnisses des OGH lassen sich nachstehende Kriterien ableiten, welche für eine Anspruchdurchsetzung gegenüber der Versicherung erforderlich sind:

  • Der Lebensversicherungsvertag muss nach dem 01.01.1995 abgeschlossen sein.
  • Es muss sich um eine kapitalansparende Versicherung handeln. Reine Risikoversicherungen wie beispielweise lediglich eine Ablebensversicherung können nicht rückabgewickelt werden.
  • Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses muss der Versicherungsnehmer seinen Aufenthalt in Österreich gehabt haben (gemäß § 10 Abs. 3 des Bundesgesetzes über internationales Versicherungsvertragsrechtes für den Europäischen Wirtschaftsraum) 
  • Die Aufklärung über das Rücktrittsrecht seitens der Versicherung muss unrichtig oder mangelhaft gewesen sein.

In diesem Zusammenhang ist aber ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass vor Ausübung eines allfälligen Rücktrittsrechtes der einzelne Vertrag auf die Möglichkeit der Geltendmachung des „ewigen“ Rücktrittsrechtes von einem Juristen überprüft werden soll und muss. Wie auch vom Verband der österreichischen Versicherungsunternehmungen zu Recht dargelegt wird, ist jeder Einzelfall gesondert zu überprüfen, damit ein Versicherungsnehmer nicht Gefahr läuft, durch eine unüberlegte Geltendmachung des Rücktrittsrechtes finanziellen Schaden zu erleiden. 

Auch zur Berechnung der Schadenshöhe und des gegenüber der Versicherung geltend zu machenden Betrages ist auf jeden Fall ein Experte beizuziehen.

In der Rechtsanwaltskanzlei Medwed und Partner in Graz wurden schon etliche Verträge einer Überprüfung unterzogen und dabei sind bei sehr vielen Verträgen fehlende oder unrichtige Rücktrittsbelehrungen zu Tage getreten.

Zusammenfassung

Durch das Urteil des EuGHs wie auch das Erkenntnis des OGH aus dem Jahr 2015 ist erhebliche Unruhe bei den Versicherungen eingekehrt.

Es liegt zwar erst eine Entscheidung des OGH zu dieser Thematik vor. Diese Entscheidung ist jedoch meines Erachtens in ihrer Klarheit als richtungsweisend zu bezeichnen.

Besondere Bedeutung kommt dem Umstand zu, dass dieses Rücktrittsrecht nicht nur für noch aufrechte Lebensversicherungsverträge besteht, sondern vielmehr auch für solche, welche beispielsweise unter finanziellen Verlusten vom Versicherungsnehmer vorzeitig aufgekündigt wurden. Der von der Versicherung in solchen Fällen bezahlte Rückkaufswert lag und liegt des Öfteren weit unter den bis zur Auflösung vom Versicherungsnehmer geleisteten Prämienzahlungen.

Abschließend ist noch einmal explizit darauf hinzuweisen, dass vor der Ausübung eines allfälligen Rücktrittrechtes unbedingt mit einem Juristen Rücksprache gehalten werden soll. Soferne die Voraussetzungen vorliegen, besteht ohnehin ein unbefristetes Rücktrittsrecht. Die Beiziehung eines Experten soll den Versicherungsnehmer jedoch zum einen vor voreiligen Handlungen, welche sich finanziell negativ auswirken könnten, bewahren, zum anderen ist auch bei jedem Einzelfall konkret die Möglichkeit eines solchen Rücktrittes und sind die Erfolgsaussichten einer Anspruchstellung gegen die Versicherung zu überprüfen und auszuloten.

Mag. Michael Medwed

M

Das Oberlandesgericht München erachtet die Verpflichtung zumKauf der Musterkollektion als unzulässig.

In der Praxis stellt sich oft die Frage, ob der Handelsvertreter zum Kauf der Musterkollektion verpflichtet ist. Insbesondere in der Textilbranche verlangen die Unternehmen von den Vertretern, dass diese die Musterkollektion kaufen. Oft ist diese Verpflichtung in den Handelsvertreterverträgen vorgesehen.

Nach Inkrafttreten des Handelsvertretergesetzes 1993 haben Viehböck und Kroat-Reder wiederholt darauf hingewiesen, dass der Unternehmer im Rahmen seiner zwingenden gesetzlichen Unterstützungspflicht dem Handelsvertreter die Kollektion unentgeltlich zur Verfügung zu stellen hat. Eine Vereinbarung über den Kauf der Kollektion sei daher unwirksam.

Diese Rechtsansicht wurde nunmehr durch die Entscheidung des Oberlandesgerichtes Düsseldorf einerseits und jene des Oberlandesgerichtes München andererseits bestätigt:

Das Oberlandesgericht Düsseldorf (25. 11. 1994, 16U 297/93 = HVR Nr. 770) hatte bereits im Jahre 1994 ausgesprochen, dass in formularmäßig ausgefertigten Verträgen, sogenannten Musterverträgen, die dem in Deutschland geltenden AGB-Gesetz unterliegen, Vereinbarungen zwischen dem vertretenden Unternehmen und dem Handelsvertreter unwirksam sind, soweit sie den Handelsvertreter zum Kauf der Musterkollektion verpflichten.

Nunmehr hat das Oberlandesgericht München (3. 3. 1999, 7U 6158/98 = DB 1999, 1007) diese Rechtsansicht auch auf Verträge ausgedehnt, die nicht in Vertragsmustern vorformuliert waren, sondern auf einer individuellen Vereinbarung zwischen dem vertretenen Unternehmen und dem Handelsvertreter beruhten. Nach der richtigen Ansicht des Oberlandesgerichtes München hat der Unternehmer dem Handelsvertreter zur Ausübung seiner Tätigkeit die erforderliche Musterkollektion als Nebenleistungspflicht des Handelsvertretervertrages zu überlassen (§ 86a Abs 1 dHGB). Die Überlassung hat grundsätzlich unentgeltlich zu erfolgen. Die Bestimmung des § 86a Abs 1 dHGB, kann nach Ansicht des Oberlandesgerichtes weder vertraglich eingeschränkt noch erweitert werden.

Das Oberlandesgericht München begründet seine Rechtsansicht damit, dass der Schutzzweck der Bestimmung des § 86a Abs 1 dHGB darauf gerichtet sei, den in der Regel wirtschaftlich schwächeren Handelsvertreter vor einer nachteiligen Vereinbarung im Vertrag zu schützen und ihm so in unangemessener Weise das Vertriebsrisiko der Produkte des Unternehmers aufzubürden. Aus diesem Grund sei es auch notwendig, die genannten Bestimmung streng auszulegen. Vereinbarungen, die diesem Grundsatz widersprechen und eine Verpflichtung des Handelsvertreters zum entgeltlichen Erwerb der Kollektion, wenn auch zu günstigeren Konditionen, vorsehen, sind unwirksam.

Weiters bemerkt das Oberlandesgericht München ergänzend: Ist der Handelsvertreter nicht zum Kauf der Kollektion verpflichtet und die Kaufverpflichtung daher nichtig, muss sich der Unternehmer dieKollektion auf seine Kosten beim Handelsvertreter abholen.

Die Bestimmung des § 86a Abs 3 dHGB entspringt der 'EU-Handelsvertreter-Richtlinie' und entspricht – beinahe wortgleich – der in Österreich geltende Regelung des § 6 Abs 2 Z 1 HVertrG 1993. Demzufolge ist auch die oben zitierte Judikatur für jene Verträge anwendbar, die österreichischem Handelsvertreterrecht unterliegen. Eine Vereinbarung in einem Handelsvertretervertrag, auf den österreichisches Recht zur Anwendung gelangt, die eine Verpflichtung des Handelsvertreters zum Erwerb der Kollektion vorsieht, ist daher unwirksam.

Dem Handelsvertreter steht es allerdings nach wie vor frei, Teile der Kollektion oder die gesamte Kollektion käuflich zu erwerben, lediglich die Verpflichtung hiezu ist unwirksam.

Klarstellend soll hier erwähnt werden, dass die Entscheidungen des Oberlandesgerichtes München nicht in letzter Instanz ergangen ist. Abzuwarten bleibt daher, ob der Bundesgerichtshof, als Höchstgericht, die Entscheidungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und München bestätigten wird.

Zusammenfassung:

Die in formularmäßig ausgefertigten Verträgen und in individuell vereinbarten Handelsvertreterverträgen enthaltene Verpflichtung des Handelsvertreters zum Kauf der Musterkollektion ist gemäß § 86a Abs 1 dHGB unwirksam. Eine der Bestimmung des § 86a Abs 1 dHGB widersprechende vertragliche Regelung ist daher nichtig. Aufgrund der Ähnlichkeit der Bestimmung des § 6 Abs 2 Z 1 HVertrG mit jener des § 86a Abs 1 dHGB ist davon auszugehen, dass entsprechend der schon bislang herrschenden Ansicht, die Verpflichtung des Handelsvertreters zum Kauf der Kollektion vom Unternehmer auch im Anwendungsbereich des österreichischen Handelsvertretergesetz unwirksam ist. Allerdings bleibt der Handelsvertreter berechtigt, aus freien Stücken die Kollektion zu erwerben, wenn er dies will. Der Unternehmer kann ihn hiezu jedoch nicht zwingen!

Mag. Dominik Leiter

Der Begriff „Kollektion“ stammt vom lateinischen „colligere“, was soviel wie „sammeln, zusammenbringen“ bedeutet.

Ältere Begriffe sind Musterkollektion, Mustersammlung oder Musterkoffer. Das alte österreichische Handelsvertretergesetz von 1921 spricht in § 12 vom Musterkoffer.

Die Bedeutung der Kollektion ist je nach Branche verschieden, in manchen Branchen ist sie aufgrund der Gegenstände der Vertretung gar nicht vorhanden. Klassische Vertretungsgebiete mit Kollektionen sind insbesondere der Textil- sowie der Uhren- und Schmuckhandel. Im letzteren Fall kann die Kollektion auch einen höheren Wert erreichen.

I) Gesetzliche Regelung:

Ein allgemeiner und mittelbarer Hinweis ist in § 6 Abs. 1 und 2 HVertrG 93 enthalten, wonach der Unternehmer (U) den Handelsagenten (HA) bei Ausübung seiner Tätigkeit zu unterstützen hat und insbesondere dem HA die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen hat und alle notwendigen Informationen erteilen muss.

Ausdrücklich erwähnt ist die Kollektion unter der Bezeichnung „Muster“ in § 19 HVertrG 93.

Dieser sieht inhaltlich gleich dem früheren § 18, ein kaufmännisches Zurückbehaltungsrecht des HA an den ihm vom U übergebenen Mustern vor. Voraussetzung ist, dass die Forderung des HA bereits fällig ist. Es wird auf die §§ 369 u. 370 Handelsgesetzbuch verwiesen.

Auch wenn die Fälligkeit der Forderung des HA noch nicht eingetreten ist, steht ihm dieses Zurückbehaltungsrecht dann zu, wenn über das Vermögen des U der Konkurs eröffnet wurde, der U seine Zahlungen eingestellt hat oder eine Zwangsvollstreckung über das Vermögen des U ohne Erfolg geblieben ist.

Ist die Forderung des HA bereits verjährt, so kann er kein Zurückbehaltungsrecht ausüben (Rechtsprechung).

Während des Bestandes des Vertragsverhältnisses ist das Zurückbehaltungsrecht regelmäßig nicht von besonderer Bedeutung, wichtig wird es bei Beendigung des Vertrages.

Das Zurückbehaltungsrecht besteht unabhängig davon, wer die Beendigung des Vertrages verschuldet hat.

Der HA kann für die Aufbewahrung der Kollektion auch angemessene Lagerkosten verlangen (Rechtsprechung).

Der HA ist gemäß § 371 HGB auch berechtigt, die zurückbehaltene Kollektion zu verwerten und seine offene Forderungen aus deren Erlös zu befriedigen.

Die Bestimmungen des § 19 HVertrG 93 sind nicht zwingend, es kann etwas anderes vereinbart werden.

Weiters verfügt § 19 HVertrG 93, dass der HA dann verpflichtet ist die Muster ohne Verzug zurückzustellen, wenn der U einen dem Wert der Muster oder der Höhe der Forderung entsprechenden Betrag bei Gericht erlegt oder anderweitig Sicherheit für diesen Betrag leistet.

Weitere gesetzliche Bestimmungen über die Musterkollektion des HA kennt das österreichische Recht nicht.

Das deutsche Handelsvertreterrecht ist sehr ähnlich, die Bestimmungen sind zum Schutz des HA allerdings teilweise zwingend, also nicht abdingbar.

II) Praktische Probleme und Rechtsprechung:

1) Von praktischer Bedeutung ist die in vielen HA-Verträgen (HAV) enthaltene Verpflichtung des HA, die ihm zur Verfügung gestellte Kollektion am Ende der Saison gegen besonderen Rabatt zu kaufen. Dies führt zu den bekannten Kollektionsabverkäufen und der Problematik der unverkäuflichen Restbestände.

Dazu liegt zwar keine österreichische, jedoch eine deutsche Rechtsprechung vor, zuletzt OLG München, 8.8.2001, 7 U 5118/00:

Eine Vereinbarung, die den HA zum Kauf der ihm vom U überlassenen Musterkollektion verpflichtet, kann in einem HAV nicht wirksam getroffen werden.

Der U muss dem HA die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche Musterkollektion als Nebenpflicht des HAV überlassen, und zwar grundsätzlich kostenlos gegen Rückstellung. Eine entgegenstehende Vereinbarung ist unwirksam.

Diesbezügliche formularmäßige Klauseln im Vertrag aber auch darauf abzielende Individualvereinbarungen laufen den wesentlichen Grundgedanken des HAV zuwider und benachteiligen den HA unangemessen.

Die Abwälzung des Absatzrisikos auf den HA betreffend die Musterkollektion ist unwirksam.

Es ist anzunehmen, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung auch der österreichische OGH in dieser Richtung argumentieren wird.

2) Von praktischer Bedeutung ist auch die Frage, wer das Risiko des Verlustes, des Diebstahls, etc. hinsichtlich der Kollektion zu tragen hat.

In diesem Zusammenhang denkt man insbesondere an oft sehr wertvolle Schmuck- und Uhrenkollektionen.

Um den damit zusammenhängenden schwierigen rechtlichen Fragen zu entgehen empfiehlt sich, die entsprechende Versicherung der Kollektion.

Zur Frage der Haftung äußert der deutsche BGH in diesem Zusammenhang mit Urteil 7.4.1993, AZ VIII ZR 133/92, nachstehende Meinung:

„Ist dem HA die Rückgabe von Mustern unmöglich, weil sie ihm gestohlen worden sind und hat er dies z.B. durch Fahrlässigkeit zu vertreten, so ist er dem U zum Schadenersatz verpflichtet. Je höher der Warenwert umso größere Anforderungen sind an die Sorgfaltspflicht des HA zu stellen.“

Was die allfällige Pflicht zur Versicherung der Musterkollektion betrifft, sind deutsche Lehre und Rechtsprechung uneinheitlich, in den Fällen in denen eine Versicherungspflicht des HA angenommen wird, wird diesem teilweise ein Aufwendungsersatzanspruch für die Versicherungsprämie zugesprochen.

Bei der Bemessung der Höhe des Schadens für den Verlust der Musterkollektion ist nicht vom Verkaufspreis, sondern von den Herstellungskosten auszugehen (LG Darmstadt).

Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die Frage der Versicherungspflicht der Kollektion gegen typische Risken, wie Naturgewalten, Diebstahl, etc. jedenfalls anlässlich des Vertragsabschlusses zu besprechen ist und im HAV Eingang zu finden hat.

III) Sonstiges:

In der Praxis kommt es sehr häufig vor, dass die Kollektion mangelhaft ist, dass dem HA nicht die neueste Kollektion übermittelt wird, dass er sie verspätet erhält, etc.

Derartige Umstände können nach vorheriger Abmahnung zu einer Ausgleichsanspruch erhaltenden Vertragsbeendigung durch den HA Anlass geben (§ 24 Abs. 3 Z 1 HVertrG 93).

Zu beobachten ist auch, dass die U bisweilen den HAV schlicht und einfach dadurch beenden, dass sie dem HA zu Saisonbeginn keine Kollektion mehr zur Verfügung stellen. Dies ist dann nach Abmahnung durch den HA als fristlos ungerechtfertigte Vertragsbeendigung zu werten und führt zu Schadenersatzansprüchen des HA hinsichtlich entgangener durchschnittlicher Provisionen während der jeweils anzunehmenden Kündigungsfrist bzw. berechtigt ihn, zur Geltendmachung eines Ausgleichsanspruchs.

Dr. Erich Schwarz

P

Bei der Berechnung der Provision des Handelsagenten ergeben sich im Alltag immer wieder Fragen und praktische Probleme. Das bedeutet in den meisten Fällen für den Handelsagenten den Verlust von Geld, das ihm eigentlich zusteht.

Der Provisionsanspruch des Handelsagenten ist in den §§ 8 bis 11 des HVertrG geregelt.

In § 8 wird zunächst der Grundsatz aufgestellt, dass der Handelsagent einen Provisionsanspruch nur für Geschäfte hat, die durch seine Tätigkeit zustande gekommen sind (verdienstliche Tätigkeit). Hier ist bereits für die Praxis eine Anmerkung zu machen insoferne, als das Zustandegekommen des Geschäftes nicht auf die alleinige Tätigkeit des Handelsagenten zurückzuführen sein muss, sondern genügt, die sogenannte „Mitursächlichkeit“. Auf das Ausmaß der Mitwirkung des Handelsagenten kommt es also nicht an.

Eine Ausnahme vom Prinzip der Verdienstlichkeit sieht das Gesetz in § 8 Abs. 3 vor, d.h. der Handelsagent hat einen Provisionsanspruch auch für Geschäfte die zwischen dem Unternehmer und der dem Handelsagenten zugewiesenen oder von ihm zugeführten Kundschaft, ohne seine unmittelbare Mitwirkung zustande gekommen sind.

Alleinvertreter haben eine starke Position

Bei den zugewiesenen Kunden spricht man von Kundenschutzprovision, beim Provisionsanspruch hinsichtlich der zugeführten Kundschaft handelt es sich in der Praxis im wesentlichen um Nachbestellungen direkt beim Unternehmer. Noch weiter geht der Provisionsanspruch des Handelsagenten beim Alleinvertreter,  also dem Handelsagenten, der für ein bestimmtes Gebiet oder für einen bestimmten Kundenkreis ausdrücklich als alleiniger Vertreter bestellt ist.

Hier hat der Handelsagent grundsätzlich Anspruch auf Provisionen ohne jede Mitwirkung. Voraussetzung hiefür ist, dass der Handelsagent ausdrücklich zum alleinigen Vertreter bestellt wurde.

Wann fließen Provisionen?

In § 9 des Gesetzes wird die Entstehung des Provisionsanspruchs geregelt, wobei grundsätzlich Voraussetzung für den Provisionsanspruch die Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer und die Zahlung durch den Kunden ist.

Im Absatz 3 des § 9 ist der nachträgliche Entfall des Provisionsanspruchs geregelt, nämlich derart, dass bei Nichtausführung oder nicht vollständiger Ausführung des Geschäftes durch den Unternehmer, dann kein Provisionsanspruch besteht, wenn diese Nichtausführung nicht auf Umständen beruht, die vom Unternehmer zu vertreten sind. Diese Bestimmung ist zwingend, kann also vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Diese gesetzliche Regelung ist für die Praxis von sehr großer Bedeutung, insoferne, als den Handelsagenten ihre diesbezüglichen Rechte ganz allgemein nicht bekannt sind und umgekehrt die Unternehmer ständig und üblicherweise gegen die Bestimmung des § 9 Abs. 3 des Gesetzes verstoßen.

Wenn also der Handelsagent einen Auftrag vermittelt und Schwierigkeiten im Bereich des Unternehmers dazu führen, dass entweder nicht oder nur teilweise oder mangelhaft ausgeliefert wird, so hat der Handelsagent dennoch Anspruch auf die volle Provision. Diese Probleme des Unternehmers müssen nicht verschuldet sein. Praktisch kommt es vor, dass aufgrund von Beschaffungsproblemen, Konkurs des Lieferanten oder sonstigen Lieferschwierigkeiten, die Aufträge nicht oder nicht vollständig ausgeführt werden, das ist insbesondere auch dann der Fall, wenn der Unternehmer finanzielle Probleme hat und ihm seine Lieferanten nur mehr gegen Vorauskassa liefern. Auch bei Qualitätsmängel der gelieferten Waren kommt es häufig dazu, dass der Kunde berechtigt, einen Preisminderungsanspruch geltend macht, der vom Unternehmer auch akzeptiert wird. Derartige Vorgänge dürfen jedoch die Provision des Handelsagenten nicht schmälern. Wenn der Kunde nicht zahlt hat der Unternehmer nachzuweisen, dass er alle zumutbaren gerichtlichen Schritte zur Eintreibung des Rechnungsbetrages unternommen hat.

Um die Provision gebracht

In der Praxis werden wie der Verfasser dieses Artikels aufgrund jahrelanger Befassung mit den Problemen des Handelsagenten feststellen konnte, bei derartigen Ausführungsproblemen von den Unternehmern regelmäßig die Provisionsansprüche des Handelsagenten nur von den tatsächlich ausgeführten Geschäften bemessen bzw. wenn es bereits zur Abrechnung oder zur Zahlung der vollen Provision gekommen ist, werden nachträglich Gutschriften an den Kunden ausgestellt und die darauf entfallende Provision im Zuge einer späteren Provisionsabrechnung dem Handelsagenten abgezogen.

Wie dem Verfasser weiters bekannt ist, lassen dies die Handelsagenten regelmäßig so geschehen und verzichten daher auf erhebliche Teile ihres Provisionsanspruchs. Insbesondere dann, wenn es zur Vertragsbeendigung zwischen Unternehmer und Handelsagenten kommt, sind diese Fragen anhand eines Buchauszuges den der Unternehmer zu liefern verpflichtet ist, zu überprüfen und die aus den genannten Gründen nicht bezahlten oder rückverrechneten Provisionen zu fordern.

Rückforderung für drei Jahre möglich

Diese Rückforderung kann für einen Zeitraum von drei in der Vergangenheit liegenden Jahren vorgenommen werden und erreicht je nach Branche und Unternehmer verschieden, oft Ausmaße und Beträge, die durchaus höher als der Ausgleichsanspruch sein können. Der Handelsagent hat lediglich anhand des Buchauszuges Minderprovisionen aus den genannten Gründen zu behaupten, die Summe zu berechnen, es ist dann Sache des Unternehmers zu behaupten und zu beweisen, dass keinesfalls Umstände aus seiner eigenen Sphäre für die Provisionsgebrechen verantwortlich sind, sondern z.B. höhere Gewalt und Ähnliches. Die Höhe der Provision wird in § 10 des Gesetzes geregelt. In diesem Zusammenhang ist von praktischer Bedeutung die Feststellung der Bemessungsgrundlage für die Provisionsberechnung und was hiebei vom Nettoverkaufspreis gerechtfertigterweise seitens des Unternehmers abgezogen werden kann und was nicht.

Barzahlungsrabatte sind keinesfalls von der Provisionsgrundlage abzuziehen, auch nicht sonstige Nebenkosten wie Fracht, Verpackung, Zoll, Steuern, es sei denn, dass diese Nebenkosten in der Kundenrechnung separat aufscheinen.

Nachlässe die der Unternehmer dem Kunden nachträglich gewährt, dürfen bei der Berechnung der Provision nicht abgezogen werden. Dies gilt insbesondere für Mengen- oder Treuerabatte, ausgenommen jedoch dass derartige mit dem Kunden bereits im vorhinein ausgemacht wurden.

Provision vom Brutto berechnen

Was die in der Kundenrechnung aufscheinende Umsatzsteuer betrifft, ist ebenfalls auf ein an und für sich nicht bekanntes praktisches Problem hinzuweisen. Nach der gesetzlichen Regelung gilt die Umsatzsteuer nicht als besonders in Rechnung gestellt, d.h. die Provision ist vom Bruttobetrag zu berechnen.

Diese genannten Besonderheiten der Berechnung der Provisionsgrundlage, auch die Einbeziehung der Umsatzsteuer kann jedoch durch Vertrag abbedungen, also anders geregelt werden. Nach Meinung des Autors könnte daher jedenfalls bei Beendigung des Vertrages drei Jahre zurück fehlende Provisionen gefordert werden, die daraus entstanden sind, dass die Umsatzsteuer nicht in die Berechnungsgrundlage der Provision einbezogen wurde.

Schließlich regelt das Gesetz in § 11 die sogenannte Nachhangprovision, also die Provision der Geschäfte, die nach Vertragsbeendigung zustande gekommen sind. Demnach hat der Handelsagent einen Provisionsanspruch, wenn das später ausgeführte Geschäft überwiegend auf seine Tätigkeit noch während des aufrechten Vertrages zurückzuführen ist und in einem vernünftigen Zeitraum nach Vertragsende zustande kam.

Beim Alleinvertreter entsteht ein Provisionsanspruch in diesem Zusammenhang auch dann, wenn dieser am Zustandekommen des Geschäftes nicht mitgewirkt hat, aber z.B. die Bestellung seitens des Kunden noch vor Vertragsende beim Unternehmer eingelangt ist.

Schließlich wird in § 11 Abs. 2 noch geregelt die Frage, einer Teilung der Provision zwischen dem ausgeschiedenen Handelsagenten und dessen Nachfolger.

Dr. Erich Schwarz

Das vom Handelsagenten vermittelte Geschäft wurde abgeschlossen, aber der Unternehmer weigert sich die Provision auszubezahlen.

Wann entsteht die Provision? Wann ist die Provision auszubezahlen? Unter welchen Voraussetzungen kann der Geschäftsherr die Provision zurückfordern?

In der Beratungspraxis zeigt sich, dass der Unternehmer immer wieder dem Handelsagenten (einen Teil der) Provisionen nicht ausbezahlt, oder (einen Teil) der bereits ausbezahlten Provision vom Handelsagenten zurückfordert. Dies obwohl der Handelsagent erfolgreich das Geschäft vermittelt und der Unternehmer das Geschäft mit dem Kunden auch abgeschlossen hat.

Der Oberste Gerichtshof hat zu diesem Thema in seinen Entscheidungen wieder mehrfach Stellung genommen, sodass sich die Darstellung einer Übersicht der Voraussetzungen für die Weigerung der Zahlung von Provisionen bzw. für die Rückforderungen der Provisionen lohnt.

Einleitend sei auf die zwingende Rechtslage, die - sozusagen als Mindeststandard - nur zum Vorteil des Handelsagenten verändert werden kann (§ 9 Abs. 2 und 3 iVm § 27 Abs. 1 Handelsvertretergesetz, HVertrG), verwiesen.

Wann entsteht der Anspruch auf Provision?


Der Anspruch auf Provision entsteht spätestens, wenn der Dritte seinen Teil des Geschäftes ausgeführt hat oder haben müsste, hätte der Unternehmer seinen Teil des Geschäftes ausgeführt (§ 9 Abs. 2 HVertrG).

Das bedeutet auf ein übliches Warengeschäft (Kunde bestellt, Unternehmer bestätigt Bestellung und liefert aus, Kunde bezahlt) übersetzt:

Die Provision des Handelsagenten entsteht zwingend nicht erst mit der Zahlung des Kunden, sondern bereits dann, wenn der Kunde hätte zahlen müssen, wenn der Unternehmer ordnungsgemäß geliefert hätte.

Die tatsächliche Auslieferung der Ware durch den Unternehmer und der tatsächliche Eingang der Zahlung des Kunden beim Unternehmer ist somit nicht Voraussetzung für das Entstehen des Provisionsanspruches des Handelsagenten. Der bloße Verzug der Auslieferung durch den Unternehmer oder der bloße Verzug der Zahlung durch den Kunden berechtigen den Unternehmer grundsätzlich nicht dem Handelsagenten die Auszahlung der Provision für dieses Geschäft zu verweigern.

Eine zum Nachteil des Handelsagenten davon abweichende Regelung in der zwischen dem Unternehmer und dem Handelsagenten geschlossenen (schriftlichen) Vereinbarung ist nicht wirksam; z.B. ist die Bindung des Entstehens des Provisionsanspruchs an den Ablauf einer Stornohaftungszeit rechtsunwirksam (vergl. OGH vom 24.03.2015; 8 ObA 19/15z).

Wann ist die Provision fällig?


Über Provisionsansprüche ist spätestens am letzten Tag des Monats, der auf das Quartal folgt, in dem der Provisionsanspruch entstanden ist, abzurechnen. … (§ 14 HVertrG).

Der Anspruch auf Provision wird an jenem Tag fällig, an dem nach der getroffenen Vereinbarung oder nach dem Gesetz die Abrechnung stattfinden soll (§ 15 HVertrG).


Eine zum Nachteil des Handelsagenten abweichende Regelung in der zwischen dem Unternehmer und dem Handelsagenten geschlossenen (schriftlichen) Vereinbarung ist wiederum nicht wirksam. Regelmäßig wird zwischen dem Unternehmer und dem Handelsagenten vereinbart, dass eine monatliche Abrechnung der Provision erfolgt. Dann ist diese für den Handelsagenten günstigere Regelung gültig, von welcher der Unternehmer auch nicht einseitig, das heißt nicht ohne Zustimmung des Handelsagenten, abgehen darf.

Folgen der Nichtzahlung der Provision

Ab dem Zeitpunkt der Fälligkeit der Provision fallen Zinsen an, die zwischen selbständigen Unternehmern -  bei der Verzögerung der Zahlung, die vom Unternehmer zu verantworten ist – bis zu 9,2 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz betragen können (§ 456 UGB).

Im Falle der unberechtigten Zurückbehaltung der Provision durch den Unternehmer kann der Handelsagent unter Wahrung seines allfälligen Ausgleichsanspruches das Handelsagentenverhältnis berechtigt aufkündigen oder sogar mit sofortiger Wirkung auflösen (§ 22 Abs. 3 lit a) HVertrG). Vor einem derartigen schwerwiegenden Schritt sollte der Handelsagent jedoch unbedingt Rechtsberatung einholen, um die Voraussetzungen im Einzelfall zu prüfen und um die richtigen Schritte zu setzen.

Die nicht ausbezahlte Provision verjährt binnen 3 Jahren, sofern zwischen Unternehmer und Handelsagent nicht eine kürzere Verjährungsfrist wirksam vereinbart wurde. Auch dazu sollte rechtzeitig Rechtsberatung in Anspruch genommen werden, um die allfällige (drohende) Verjährung zu prüfen.

Wann kann eine Provision zurückgefordert werden?


Der Anspruch auf Provision entfällt, wenn und soweit feststeht, dass der Vertrag zwischen dem Dritten und dem Unternehmer nicht ausgeführt wird, und dies nicht auf Umständen beruht, die vom Unternehmer zu vertreten sind. Bei Zahlungsverzug des Dritten hat aber der Unternehmer nachzuweisen, alle zumutbaren Schritte unternommen zu haben, um den Dritten zur Leistung zu veranlassen (§ 9 Abs. 2 HVertrG).

Dies bedeutet für ein übliches Warengeschäft, dass der Handelsagent nur dann die Provision an den Unternehmer zurückzuzahlen hat, wenn der Unternehmer nicht für die Nichtausführung des Geschäftes „verantwortlich“ ist. Wenn der Kunde nicht bezahlt, obwohl dieser müsste, muss der Unternehmer beweisen, dass er alles ihm zumutbare getan hat, die Forderung gegen den Kunden einzutreiben. In der Regel wird es zumutbar sein, dass der Unternehmer die Provision einklagt.

Wenn die Provision einmal entstanden ist, dann hat der Unternehmer im Detail darzustellen zu welchem Geschäft welche Zahlungen nicht erfolgt sind und muss beweisen, dass die Nichtzahlung nicht von ihm zu vertreten ist. Der Handelsagent hat ein Recht darauf vom Unternehmer zu erfahren, warum das vom ihm erfolgreich vermittelte Geschäft gescheitert sein soll.

Nur dann kann der Handelsagent überprüfen, ob tatsächlich die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass die Provision zurückbezahlt werden muss. Dieses Informationsrecht kann vom Handelsagenten im Streitfall auch gerichtlich durchgesetzt werden; z.B. mittels Klage auf Auskunft oder auch auf Buchauszug.

Die allgemein gehaltene Behauptung des Unternehmers, die Gründe für sämtliche Rückbuchungen seien nicht in der Sphäre des Unternehmers gelegen und im Falle eines Zahlungsverzuges werde der jeweilige Kunde zur Zahlung gemahnt, ist nicht ausreichend (vergl. OGH vom 24.03.2015; 8 ObA 14/15i).

 Die Kündigung eines Vertrages durch den Kunden führt nicht zur Vermutung, dass die Umstände dafür nicht in der Sphäre des Unternehmers liegen (vergl. OGH vom 24.03.2015; 8 ObA 19/15z).

Verhältnis Handelsagent zu Subagent

Ist zwischen Produktgesellschaft und Handelsagent ein Handelsagent dazwischen geschalten, so trifft den Hauptagent die Behauptungs- und Beweislast. Die Sphäre des Hauptagenten ist jener der der Produktgesellschaft gleichgeschaltet (vergl. OGH vom 24.03.2015;  8 ObA 14/15i).

Die allgemeine Behauptung, dass die Produktgesellschaft jeweils alle zumutbaren Schritte zur Einbringung der Prämien unternommen habe, genügt nicht (OGH vom 24.03.2015; 8 ObA 19/15z).

Eine für den Handelsagenten günstigere Regelung - hier Provisionsanspruch des Subagenten entsteht (spätestens), wenn der Hauptagent Provision erhält -  bleibt bestehen (vergl. OGH vom 24.03.2015; 8 ObA 22/15s).

Fazit

Ist die Ausführung des vom Handelsagenten erfolgreich vermittelten Geschäftes unterblieben, muss der Unternehmer beweisen, dass die Nichtausführung nicht auf Umständen beruht, die vom Unternehmer zu vertreten sind. Ansonsten bleibt der Anspruch des Handelsagenten trotz Nichtausführung des Geschäftes aufrecht.

Bei Zahlungsverzug des Kunden muss der Unternehmer beweisen, dass er alles ihm zumutbare gemacht hat, um die Zahlung des Kunden einzutreiben. Das Einklagen der Zahlung ist in der Regel dem Unternehmer zumutbar.

Mag. Wolfgang Denkmair

Bei Pensionsantritt des Handelsagenten stellen sich zahlreiche rechtliche Fragen, die in der Praxis von großer Bedeutung sind.

4. Späterer Pensionsantritt

Entschließt sich der Handelsagent, über das gesetzlich vorgesehene Pensionsalter hinaus zu arbeiten, kann er daraus keinen Nachteil erleiden. Für den Fall, dass der Handelsagent etwa erst mit 70 Jahren feststellt, dass er aus Altersgründen nicht mehr arbeiten kann bzw. will, kann er immer noch eine Kündigung aus Altersgründen aussprechen. Eine weitere Tätigkeit wäre dann unzumutbar (geworden).

Lediglich für den Fall, dass zwischen dem Erreichen des gesetzlichen Pensionsalter und dem tatsächlichen Pensionsantritt nur kurze Zeit verstrichen ist, der Handelsagent also zB im Alter von 66 Jahren ausscheiden möchte, könnte der Prinzipal behaupten, dass dem Handelsagenten die Fortsetzung offenkundig nicht unzumutbar ist, da er ja noch vor kurzer Zeit trotz Erreichen des gesetzlichen Pensionsalters weiter arbeiten wollte und konnte.

Gegen eine solche Argumentation spricht aber, dass der Handelsagent eben tatsächlich 66 Jahre alt geworden ist und dass er nach dem Gesetz mit 65 Jahren ausgleichswahrend hätte kündigen können. Die Frage, ob dem Handelsagenten aus Altersgründen die Fortsetzung zumutbar ist oder nicht, soll sich zwar nach der Kommentarliteratur nach objektiven Umständen richten. Ist jedoch das objektiv erforderliche Alter gegeben, liegt es schon aus faktischen Beweisgründen in der Beurteilung des Handelsagenten, ob ihm die weitere Arbeit zumutbar ist oder nicht. Der Handelsagent kann darauf verweisen, dass er eben im Laufe dieses einen Jahres, nämlich von 65 bis 66 Jahren erkennen musste, dass es doch „nicht mehr so geht wie früher“. Dagegen kann niemand etwas sagen.

Im Ergebnis erleidet der Handelsagent dadurch, dass er für den Prinzipal über das gesetzlich vorgesehene Pensionsalter hinaus tätig ist, keinen Nachteil. Er kann die Kündigung aus Altersgründen zu einem späteren Zeitpunkt erklären, wobei dann umso mehr darauf zu achten ist, dass die Kündigungsfrist eingehalten wird (da sich der Handelsagent für die Vorbereitung der Pension hier mehr Zeit genommen hat). In der Praxis liegt es, sofern die Voraussetzungen für eine vorzeitige Alterspension bzw. die Regelpension erreicht sind, am Handelsagenten zu entscheiden, ob er sich der weiteren Tätigkeit angesichts des erreichten Alters noch gewachsen fühlt oder nicht.

5. Mehrere Vertretungen

Übt der betreffende Handelsagent mehrere Vertretungen aus, stellt sich die Frage, ob ein Kündigungsgrund wie Alter oder Krankheit stets alle Vertretungen betreffen muss.

Grundsätzlich ist nur die weitere konkrete Handelsvertretertätigkeit relevant. Es kommt also auf die konkret für den Prinzipal unter den vereinbarten Konditionen ausgeübte Tätigkeit an. Eine generelle Erwerbsunfähigkeit in dem Sinn, dass der Handelsagent überhaupt keine Vertretung mehr ausüben können müsste, ist nicht erforderlich. Man spricht in diesem Zusammenhang von einer „relativen Unzumutbarkeit“.

Der Unternehmer kann von außen ohnedies kaum jemals beweisen, dass dem Handelsagenten die konkrete Tätigkeit doch zumutbar gewesen wäre, weil er andere Vertretungen aufrecht erhalten hätte. Dies wäre nur dann denkbar, wenn der Handelsagent eine offenkundig „leichte“ Tätigkeit aus Altersgründen (oder auch Krankheit) aufgibt, während er andere, offenkundig wesentlich beschwerlichere Tätigkeiten (schwere Kollektion und ähnliches) weiterhin ausübt.

Abgesehen von solchen Extremfällen ist der Vergleich verschiedener Vertretungen von vornherein schwierig, da mehrere Faktoren von Bedeutung sind, wie die Größe des Gebiets die Möglichkeit, Kundenkontakte telefonisch zu erledigen die Notwendigkeit persönlicher Verrichtung oder die Möglichkeit, Untervertreter einzusetzen die Notwendigkeit, schwere Musterkoffer mitzunehmen die notwendige Frequenz der Kundenbesuche die Häufigkeit von wichtigen Messen samt erforderlicher Präsenz des Handelsagenten, etc.

Zudem wäre ein Rückschluss von einer aufrecht erhaltenen Vertretung auf die Zumutbarkeit auch einer anderen Vertretung im Falle der Pension noch schwieriger zu beurteilen als im Krankheitsfall. Denn ob sich der Handelsagent aus Altersgründen nicht mehr in der Lage fühlt, eine Vertretung auszuüben, ist bei der Frage des Alters von vornherein stärker von subjektiven Empfindungen abhängig als im Krankheitsfall. Im Krankheitsfall erteilt der Arzt konkrete Anordnungen und stellt diesbezügliche (aus Beweisgründen erforderliche) Atteste aus im Falle des entsprechenden Alters muss der Handelsagent – sofern nicht Beschwerden und ärztliche Anordnungen dazu kommen – nur für sich selbst entscheiden, ob er die Vertretung noch ordnungsgemäß ausüben kann.

Das betreffende Alter ist eben eine absolute Größe, für die das Gesetz eine Unzumutbarkeit der weiteren Tätigkeit vermutet. Der Gesetzgeber hat auf das Regelpensionsalter abgestellt und in der Judikatur ist die vorzeitige Alterspension als ausgleichswahrender Beendigungsgrund anerkannt. Geht es um eine solche absolute Größe, sollte es dem Handelsagenten freigestellt sein, zu entscheiden, im Rahmen welcher Vertretungen ihm eine Weiterarbeit aufgrund des erreichten Alters zu beschwerlich (geworden) ist.

Entscheidet sich der Handelsagent also, diejenigen Vertretungen zu beenden, für die er sich aufgrund des erreichten Alters nicht mehr gewachsen fühlt, muss er den jeweiligen Ausgleichsanspruch beim betreffenden Prinzipal innerhalb eines Jahres nach dem jeweils maßgebenden Beendigungsdatum geltend machen. Es wäre ein schwerer Fehler, solange zu warten, bis auch die letzte Vertretung beendet ist. Denn in diesem Fall besteht das Risiko, dass Ausgleichsansprüche für die bereits beendeten Vertretungen verfallen. 

6. Vertraglich vereinbarte Altersgrenze

In manchen Handelsvertreterverträgen ist vorgesehen, dass der Vertrag „mit Erreichen des 65. Lebensjahres“ endet. Hat der Handelsagent die Möglichkeit, schon früher in Pension zu gehen, kann er unter den oben genannten Voraussetzungen zu diesem früheren Zeitpunkt ausgleichswahrend kündigen. Ansonsten wirkt die vertraglich vereinbarte Grenze von 65 Jahren als auflösende Bedingung des Handelsvertretervertrages. Erreicht der Handelsagent das vertraglich vorgesehene Alter, wird der Vertrag (aufgrund der bereits im vorhinein getroffenen vertraglichen Vereinbarung) einvernehmlich beendet. Es steht damit (unter den sonstigen Voraussetzungen wie Neukundenwerbung, Stammkundeneigenschaft etc.) ein Ausgleichsanspruch zu. Über die Frage der Einhaltung der Kündigungsfrist, allfälliger Behauptungen des Prinzipals zur Unzumutbarkeit der Weiterarbeit etc. braucht man sich dann keine Gedanken mehr zu machen.

Eine solche vertragliche Formulierung bietet sich insbesondere bei Vertretungsgesellschaften an. Wird die Handelsagentur in Form einer Personenhandelsgesellschaft (OHG, KG) oder in Form einer Kapitalgesellschaft (GmbH) geführt, entstehen in den meisten Fällen rechtliche Diskussionen, wenn die dahinterstehende maßgebende Person in der Gesellschaft in Pension geht. Der Prinzipal wird in diesem Fall einwenden, dass eine Gesellschaft als solche nicht in Pension gehen kann und er wird sich diesbezüglich auf den Wortlaut des Gesetzes berufen, der davon spricht, dass der Handelsagent die Tätigkeit aus Altersgründen nicht mehr fortsetzen kann. Ist der Handelsagent nun die Gesellschaft, hat der Unternehmer formal gesehen recht. Es wäre hier zwar unter gewissen Voraussetzungen argumentierbar, dass es in diesen Fällen auf den Pensionsantritt der dahinterstehenden maßgebenden Person (dem „eigentlichen“ Partner des Prinzipals) ankommt. Dies kann allerdings nur dann argumentiert werden, wenn der Bestand der Gesellschaft ausschließlich von dieser Person abhängig ist und der Vertrag auch auf diese Person zugeschnitten ist. Es sollte daher, um Diskussionen zu vermeiden, bereits im Vertrag dadurch Vorsorge getroffen werden, dass vereinbart wird, dass der Pensionsantritt der dahinter stehenden Person die Gesellschaft zum Ausgleichsanspruch berechtigt.

Dr. Gustav Breiter

Bei Pensionsantritt des Handelsagenten stellen sich zahlreiche rechtliche Fragen, die in der Praxis von großer Bedeutung sind.

1. Die gesetzlichen Regelungen

Das österreichische Handelsvertreterrecht sieht in Umsetzung der EG-Richtlinie vor, dass der Handelsagent trotz Eigenkündigung den Ausgleichsanspruch behält, wenn ihm die weitere Fortsetzung seiner Tätigkeit aus Altersgründen unzumutbar ist.

Dieser Text ist wortgleich in der Richtlinie vorgesehen und wurde vom österreichischen Gesetzgeber (wie auch in den anderen europäischen Ländern) übernommen. Die Fragen, die in diesem Beitrag erörtert werden sollen, sind weder im österreichischen Handelsvertretergesetz noch – soweit dem Autor bekannt – in anderen europäischen Rechtsordnungen näher geregelt. Man ist daher auf Kommentarliteratur und die zu diesem Thema spärlich vorhandenen Gerichtsentscheidungen angewiesen, die nicht zu allen Fragen abschließende Antworten bieten.

2. Formerfordernisse

Der Ausgleichsanspruch, das heißt die Abgeltung für neu zugeführte Kunden und für wesentlich erweiterte Altkunden, ist immer innerhalb eines Jahres ab tatsächlicher Vertragsbeendigung (aus Beweisgründen schriftlich) beim Prinzipal geltend zu machen. Die allgemeine Verjährungsfrist beträgt dann 3 Jahre. Für den Pensionsfall gelten hier keine Besonderheiten.

Wichtig ist aber, dass der Handelsagent in der schriftlichen Kündigung festhält, dass er aus Altersgründen (und gegebenenfalls aus weiteren Gründen wie mangelnder Zusammenarbeit des Prinzipals, häufige Reklamationen der Kunden, Gebietseinschränkungen, Provisionsschmälerungen etc) kündigt.

Der Oberste Gerichtshof hat zwar sowohl für die Kündigung aus berechtigtem Anlass als auch für die Kündigung wegen Krankheit entschieden, dass der Handelsagent die ordentliche Kündigung, dh die Kündigung unter Einhaltung von Frist und Termin, nicht begründen muss. Für eine Kündigung wegen Alters sollte zwar dasselbe gelten sicherheitshalber sollte der Handelsagent in der schriftlichen Kündigung dokumentieren, warum der Vertrag beendet wird. Dies gilt umso mehr, als er sich durch das Anführen von Kündigungsgründen nichts vergibt (solange er sich nicht explizit auf einen bestimmten Kündigungsgrund beschränkt).

Der Handelsagent sollte vor dem Pensionsantritt – sofern keine einvernehmliche Beendigung zustande kommt – nach Möglichkeit die gesetzliche oder eine längere vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist einhalten. Der Oberste Gerichtshof hat dieses Erfordernis zwar in einer Entscheidung angezweifelt um rechtliche Unsicherheiten zu vermeiden, sollte der Handelsagent dem Prinzipal zumindest ankündigen, dass der Pensionsantritt in geraumer Zeit aktuell werden wird, wobei ein möglichst präzises Datum mitgeteilt werden sollte. Steht dann der konkrete Antrittstermin fest, sollte dies dem Prinzipal sofort mitgeteilt werden. Die anwendbare Kündigungsfrist sollte dabei nach Möglichkeit eingehalten werden.

In der Praxis sollte mit Augenmaß vorgegangen werden. So ist es – sofern nicht eins solche Frist vereinbart wurde – rechtlich keineswegs erforderlich und auch nicht empfehlenswert, dem Prinzipal mitzuteilen, dass man zB in einem Jahr in Pension gehen möchte. Denn dies könnte auf das Vertragsverhältnis abfärben und womöglich gerade die Ergebnisse der letzten 12 Monate, die grundsätzlich die Basis für die Ausgleichsberechnung bilden, verschlechtern.

3. Wann kann der Handelsagent ausgleichswahrend in Pension gehen?

Grundsätzlich wird auf das Regelpensionsalter abgestellt, dh auf 60 bzw 65 Jahre. Die Frage, ob auch eine Frühpension, dh eine vorzeitige Alterspension wegen langer Versicherungsdauer, zur ausgleichswahrenden Selbstkündigung berechtigt, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Die Gesetzesmaterialien, dh die Protokolle aus dem Nationalrat, Ausschussberichte etc gehen davon aus, dass das Kriterium der Unzumutbarkeit der Fortsetzung aus Altersgründen „spätestens“ mit Erreichen des gesetzlichen Regelpensionsalters erfüllt ist.

Nach Ansicht des OGH kann ein Ausgleichsanspruch auch zustehen, wenn der Handelsagent aufgrund seiner vorzeitigen Alterspension selbst kündigt. Das gilt dann, wenn ihm die weitere Ausübung seiner Tätigkeit unzumutbar ist. Das ist in jedem Einzelfall anhand aller Umstände, insb. der Größe des Gebiets, der Anzahl der erforderlichen Kundentermine etc. zu beurteilen. Im Vorhinein ist dies oft schwierig einzuschätzen.

Dieser Linie ist uneingeschränkt zu folgen. Wenn schon das immer strengere Sozialversicherungsrecht einen früheren Pensionsantritt erlaubt, sollte das Handelsvertretergesetz, das ein Schutzgesetz zugunsten der Handelsagenten darstellt, nicht strenger sein. Zudem würde dem Handelsagenten eine Frühpension ohne Vertragsbeendigung aufgrund der sozialversicherungsrechtlichen Ruhensbestimmungen nichts bringen. Das Ergebnis des OGH ist damit in allen Punkten stimmig.

Die Invaliditätspension hingegen ist keine Pension aus Alters-, sondern aus Krankheitsgründen. Auch in diesem Fall kann der Handelsagent das Vertragsverhältnis ausgleichswahrend kündigen.

Dr. Gustav Breiter

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Bei Übergabe bzw. Verkauf einer Handelsagentur sind mehrere rechtliche Aspekte zu beachten, die im folgenden Beitrag dargestellt werden.

Die Ausgangssituation

Grundsätzlich erfordert die Übergabe bzw. der Verkauf einer Handelsagentur eine Drei-Parteien-Einigung, nämlich eine Vereinbarung zwischen dem „alten“ und dem „neuen“ Handelsagenten sowie dem Geschäftsherrn. In der Praxis ist zu beobachten, dass die getroffenen Vereinbarungen oft mangelhaft sind oder von vornherein keine schriftliche Vereinbarung erfolgt, sodass dann im Nachhinein im Zuge der vertraglichen Interpretation auf kaum beweisbare mündliche Vereinbarungen bzw. schlüssige Handlungen zurückgegriffen werden muss.

Bei einer Vertretungsnachfolge ist zunächst die wirtschaftliche Interessenverteilung zu berücksichtigen. So muss sich der Alt-Handelsagent entscheiden, ob er den Ausgleichsanspruch für den aufgebauten Kundenstock vom Geschäftsherrn anstrebt oder ob er, falls ein Nachfolger vorhanden ist, mit diesem eine Ablösezahlung vereinbart. Freilich ist die Suche nach einem Nachfolger in der Praxis nicht immer einfach.

Aus der Sicht des übernehmenden Handelsagenten ist die Interessenlage klar. Er möchte die Ablösesumme nicht sofort bezahlen, da er die zukünftige Geschäftsentwicklung nicht kennt. Sein Interesse wird dahin gehen, den Übernahmepreis erst später und dies gekoppelt an die jeweils verdienten Provisionen zu bezahlen. 
Gegenüber dem Geschäftsherrn muss er eine Absicherung dahingehend anstreben, dass von ihm abgelöste Kunden, wenn es dann um einen eigenen, späteren Ausgleichsanspruch geht, als Neukunden gelten (dazu noch unten). Das Interesse des Prinzipals liegt wiederum in der möglichst kontinuierlichen Marktbearbeitung. Dem Geschäftsherrn ist auch durchaus recht, wenn ein Nachfolger eine Ablösezahlung an den Alt-Handelsagenten leistet und er somit nicht belastet wird.

Rechtliche Anforderungen

Bei einer Vertragsübernahme durch den Nachfolger steht kein Ausgleichsanspruch zu. Der Alt-Handelsagent ist auf eine Ablösezahlung durch den Nachfolger verwiesen. Dabei ist genau zu definieren, was eigentlich verkauft wird, ob der alte Handelsagent den Nachfolger bei Kunden vorstellt, wie weit die sonstige Unterstützung durch den Alt-Handelsagenten geht etc. In rechtlicher Hinsicht sind auch Ausschlussklauseln hinsichtlich einer Haftung für Aufklärungspflichten, Gewährleistung und Anfechtbarkeit des Vertrages möglich. Letztlich handelt es sich beim Verkauf einer Handelsagentur um einen Unternehmensverkauf, sodass auch hier – wie bei anderen Unternehmensübernahmen auch – rechtliches Augenmerk auf die Vertragsgestaltung zu legen ist.

Bei einem Neuabschluss des Vertrages hingegen erhält der Nachfolger einen gänzlich neuen Vertrag, sodass der Alt-Handelsagent in diesen Fällen sehr wohl einen Ausgleichsanspruch gegenüber dem Geschäftsherrn hat. Diese Fälle werden in der Praxis manchmal so gehandhabt, dass der Geschäftsherr dem Nachfolger eine Einstandszahlung abverlangt (dazu noch unten).

Neukundenregelung

Nach dem Gesagten scheint die angesprochene Neukundenregelung, wonach die übernommenen Kunden hinsichtlich des zukünftigen Ausgleichsanspruchs des Nachfolgers als Neukunden gelten sollen, lediglich bei einem neu abgeschlossenen Vertretervertrag, nicht aber bei einer Vertragsübernahme erforderlich. Dies wird auch nach österreichischem Recht so gesehen, erfolgt doch bei Vertragsübernahme ein Eintritt in alle Rechte und Pflichten, sodass ausgleichsrechtlich die vom Alt-Handelsagenten aufgebauten Kunden für den Nachfolger als Neukunden gelten. Dies wird aber z.B. nach deutschem Recht nach überwiegender Rechtsmeinung anders gesehen. Es wird vertreten, dass auch bei einer Vertragsübernahme, d.h. trotz des Eintritts in den alten Vertretervertrag die Neukunden nicht automatisch auf den Nachfolger übergehen, sodass hier ebenso eine Neukundenregelung erforderlich ist. Dies mag rechtstechnisch nicht nachvollziehbar klingen, wird aber für das deutsche Recht nach überwiegender Kommentarliteratur so vertreten. Es ist also all denjenigen Handelsagenten, die mit deutschen Geschäftsherrn eine Vertretungsnachfolge (in den meisten Fällen nach deutschem Recht) verhandeln, zu empfehlen, in jedem Fall auf diese Neukundenregelung zu bestehen.

Letztlich empfiehlt es sich aber auch in vielen Fällen nach österreichischem Recht, auf dieser Neukundenregelung zu beharren. Denn bisweilen bleibt nach den getroffenen Vereinbarungen unklar, ob ein Vertragseintritt oder ein Neuabschluss vorliegt. In unserer Kanzlei sind immer wieder Fälle anhängig, in denen dies im Nachhinein strittig ist.

Einstandszahlung

Insbesondere deutsche und italienische Geschäftsherrn verlangen von nachfolgenden Handelsagenten bisweilen sogenannte Einstandszahlungen. Nach deutscher Rechtsprechung sind solche Einstandszahlungen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. So muss der Geschäftsherr eine entsprechende Gegenleistung erbringen. Nach deutscher Rechtsprechung reicht dazu die Vereinbarung einer Bezirksprovision nicht aus, die Gewährung einer sogenannten Alleinvertretung aber sehr wohl. Nach der Rechtsprechung mancher Gerichte darf das Eintrittsgeld auch nicht zu hoch sein, d.h. es darf nicht im Bereich einer Jahresdurchschnittsprovision des Vorgängers liegen, da die Gerichte ansonsten annehmen, dass es dem Geschäftsherrn nur darum geht, den Ausgleichsanspruch des Nachfolgers zu beschränken (insbesondere dann, wenn das Eintrittsgeld als Darlehen gestundet wird und mit einem allfälligen späteren eigenen Ausgleichsanspruch des Nachfolgers aufgerechnet werden soll). Ein weiterer rechtlicher Aspekt ist, ob die Einstandszahlung das Kündigungsrecht des Nachfolgers unzumutbar einschränkt. Denn bei vielen Konstruktionen ergibt sich, dass der Handelsagent bei Eigenkündigung nicht nur keinen Ausgleichsanspruch erhalten würde, sondern auch noch auf einen Schlag die gesamte Einstandszahlung bezahlen müsste. Hier gibt es die Tendenz in der deutschen Rechtsprechung, darin eine Unvereinbarkeit mit dem Recht auf freie Berufsausübung zu sehen. Der Nachfolger sollte sich aber trotz dieser deutschen Judikate nicht darauf verlassen, dass eine solche Einstandszahlung jedenfalls unwirksam wäre.

Wenn die Vereinbarung einer Einstandszahlung nicht zu vermeiden ist, sollte sie wirtschaftlich akzeptabel sein und auch die Vertragsgestaltung ist in diesem Punkt besonders wichtig. Denn es sollten die Interessen des Nachfolgers entsprechend berücksichtigt werden. So könnte man etwa regeln, dass die Einstandszahlung im Falle einer kurzen Laufzeit nur anteilig zu bezahlen ist. So schafft man zumindest eine Absicherung, dass der Nachfolger bei einer relativ raschen Vertragsbeendigung nicht sofort übermäßig belastet wird.

Fälle aus der Praxis

In einem Fall hatte sich der Alt-Handelsagent mit seinem Nachfolger so abgesprochen, dass dieser einen Restposten an Ware übernimmt und verkaufen wird. Der Alt-Handelsagent hatte zu diesem Zweck die einzelnen Posten auf Rechnungsformularen samt den üblichen Verkaufspreisen aufgeschrieben. Als der neue Handelsagent die übernommene Ware nicht bezahlen wollte, erhob der Alt-Handelsagent Klage. Der Nachfolger behauptete dann, dass kein Kaufvertrag, sondern lediglich ein Kommissionsgeschäft zustande gekommen sei. Es kam zwar im konkreten Fall ein akzeptabler Vergleich zustande, dessen ungeachtet zeigt das Beispiel, dass die Rechtsgrundlage selbst bei simpel klingenden Sachverhalten unklar bleiben kann, wenn keine schriftliche Vereinbarung vorliegt.

In einem anderen Beispiel übernahm die Tochter die Handelsagentur des Vaters. Offen blieb, ob es sich dabei um eine Übernahme des alten Vertrages handelte oder ob die Tochter auf der Basis eines neuen Vertrages für den Geschäftsherrn tätig wurde. Dies war maßgeblich für die Frage, ob der Vater vom Geschäftsherrn einen Ausgleichsanspruch erhält und außerdem, ob er seine seinerzeit geleistete Einstandszahlung zurückbekommt. Denn der Vertragstext, den der Vater unterschrieben hatte, sah vor, dass er seine Einstandszahlung „bei Vertragsbeendigung“ zurückerhält. Die Gegenseite hat nunmehr behauptet, dass ja eine solche Vertragsbeendigung aufgrund der Übernahme der Handelsagentur gar nicht stattgefunden hätte. Auch dieser Fall konnte verglichen werden, zeigt aber dennoch, welche Probleme entstehen können, wenn die vertraglichen Grundlagen unklar sind.

In einem anderen Fall hatte der Alt-Handelsagent seine Handelsagentur auf seine Frau dergestalt übertragen, dass er sich selbst mit dem italienischen Geschäftsherrn auf 50 % des Ausgleichsanspruchs einigte (was der Prinzipal auch bezahlte). Die Gattin als nachfolgende Handelsagentin hatte im Gegenzug eine gleichlautende Summe als Einstandszahlung an den Prinzipal geleistet. In ihrem neu ausgefertigten Vertrag war jedoch keine Neukundenregelung enthalten. Es war sogar vielmehr von einer "Altkundenliste" die Rede. Aufgrund der erfolgten Einigung war kein weiterer Ausgleichsanspruch zugunsten des Alt-Handelsagenten zu erreichen; die Gattin hingegen hat Altkunden übernommen, da ja eine Neukundenregelung fehlte. Die einzige Möglichkeit, hier Ansprüche geltend zu machen, liegt darin, die Einstandszahlung, die die Nachfolgerin geleistet hat, mangels jeglicher Gegenleistung des Prinzipals zurückzuverlangen. Dieser Fall ist noch anhängig. Er zeigt, dass die Übernahme einer Handelsagentur rechtliche Probleme mit sich bringen kann, die man in der Praxis oftmals unterschätzt.

Dr. Gustav Breiter

Obwohl in Österreich als auch in Italien das Handelsagentenrecht im Wesentlichen auf einer Umsetzung der EU-Richtlinie 86/653/EWG (Handelsagenten-Richtlinie) beruht, gibt es doch zum Teil beachtliche Unterschiede in den Rechtsordnungen.

Während in Österreich das Handelsagentenrecht in einem eigenen Gesetz, dem HVertrG, geregelt ist, finden sich in Italien die einschlägigen Bestimmungen in den Artikeln 1742–1752 des italienischen Zivilgesetzbuches (Codice Civile).

Delkrederehaftung 

Erhebliche Unterschiede gibt es beispielsweise bei der Delkrederehaftung. Wie in Österreich wird auch in Italien von Handelsagenten oftmals gegenüber dem Auftraggeber die Haftung für Zahlungsausfälle bei bestimmten Kunden übernommen. Der Handelsagent erhält im Gegenzug zu dieser Haftungsübernahme eine höhere Provision.

Im Unterschied zur österreichischen Rechtslage ist die Zulässigkeit einer solchen Delkrederehaftung nach italienischem Recht an strenge Voraussetzungen geknüpft. So ist die pauschale Übernahme einer Delkrederehaftung für nicht genau bestimmte Geschäfte unwirksam.

Die Haftungsübernahme ist nur dann wirksam, wenn sie sich auf ein im Vorhinein konkret bestimmtes Geschäft bezieht. Weiters muss die Haftungsübernahme der Höhe nach mit der auf das betreffende Geschäft entfallenden Provision begrenzt sein. Der Handelsagent haftet nach italienischem Recht daher maximal bis zur Höhe der vereinbarten Provision.

Zusätzlich muss dem Handelsagenten zwingend für die Haftungsübernahme eine gesonderte Vergütung zur üblichen Provision gewährt werden. Fehlt nur eine dieser Voraussetzungen, ist die Vereinbarung einer Delkrederehaftung des Handelsagenten nach italienischem Recht nichtig.

Wirtschaftskollektivverträge 

Was die Kündigungsmöglichkeiten eines Handelsagentenvertrages durch den Auftraggeber anbelangt, so sind die Kündigungsfristen aufgrund der EU-Richtlinie weitgehend harmonisiert.

In Italien existieren aber so genannte Wirtschaftskollektivverträge (Accordi Economici Collettivi AEC), die teilweise zu Gunsten des Handelsagenten abweichende Kündigungsfristen vorsehen. Dies ist zulässig, da die Richtlinie Abweichungen zu Gunsten des Handelsagenten ermöglicht. 

Die Kollektivverträge sehen teilweise auch günstigere Bestimmungen für den Handelsagenten bei der Geltendmachung des Ausgleichsanspruches in Folge der Vertragsbeendigung vor. Trotz ansonsten im Wesentlichen einheitlicher Gesetzeslage in Folge der Umsetzung der Richtlinie kann der Ausgleichsanspruch für den italienischen Handelsagenten höher ausfallen, wenn der in Italien zur Anwendung gelangende Branchenkollektivvertrag eine günstigere Berechnungsmethode vorsieht.

Investitionsersatz 

Ein weiterer Unterschied zwischen den Rechtsordnungen liegt im Anspruch auf Investitionsersatz. Während nach österreichischem Recht (§ 454 UGB) dem Handelsagenten unter gewissen Umständen ein Investitionskostenersatz als Abgeltung für Investitionen gebührt, ist ein solcher Anspruch nach italienischem Recht nicht gegeben.

Selbst wenn der Handelsagent vertraglich verpflichtet war, bestimmte Investitionen zu tätigen, und diese Investitionen bei Vertragsbeendigung weder amortisiert noch angemessen verwertbar sind, hat er nach italienischer Rechtslage keinen Ersatzanspruch gegenüber seinem Auftraggeber.

Lediglich in besonders gravierenden Ausnahmefällen bejaht die italienische Judikatur einen Ersatzanspruch für Investitionen auf Basis allgemeiner, schadenersatzrechtlicher Grundsätze. Dies wäre dann der Fall, wenn der Handelsagent aufgrund vertraglicher Verpflichtungen Investitionen vornimmt und unmittelbar danach sein Auftraggeber das Handelsagentenverhältnis wider Treu und Glauben beendet.

Es handelt sich hier aber vielmehr um eine Ersatzpflicht auf Basis schadenersatzrechtlicher Grundsätze (Verletzung von vertraglichen Treue- und Interessenswahrungspflichten) und nicht um einen eigens geregelten Anspruch auf Investitionskostenersatz, wie diesen das österreichische Unternehmensrecht vorsieht.

Verjährung

Erhebliche Unterschiede zwischen den beiden Rechtsordnungen gibt es auch in Hinblick auf die Verjährung. Während der österreichische Gesetzgeber eine eigene Verjährungsfrist von drei Jahren für alle Ansprüche aus dem Handelsagentenvertrag in das HVertrG einführte, verzichtete der italienische Gesetzgeber auf eine spezielle Regelung.

Das italienische Zivilrecht sieht eine allgemeine Verjährungsfrist von zehn Jahren vor, die mit dem Zeitpunkt zu laufen beginnt, in dem der Anspruch zum ersten Mal hätte geltend gemacht werden können. Im Fall von periodischen Zahlungsansprüchen sieht der italienische Codice Civile eine kürzere Verjährungsfrist von fünf Jahren vor, die mit der Fälligkeit des Anspruches zu laufen beginnt.

Für Ansprüche aus dem Handelsagentenvertrag bedeutet dies, dass die Provisionsansprüche wegen ihres periodischen Charakters der fünfjährigen Verjährungsfrist nach italienischem Recht unterliegen.

Schadenersatzansprüche wegen Vertragsverletzung, der Ausgleichanspruch und sonstige Ansprüche aus dem Handelsagentenvertrag, die keine periodischen Zahlungen zum Gegenstand haben, unterliegen der allgemeinen zehnjährigen Verjährungsfrist.

Von besonderer Relevanz ist weiters, dass nach italienischem Recht nicht nur die Klagseinbringung, sondern bereits ein außergerichtliches Mahnschreiben den Ablauf der Verjährung unterbricht.

Nach Zustellung des Mahnschreibens an den Schuldner beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen. Somit kann bei Anwendung von italienischem Recht durch entsprechende schriftliche Mahnungen die Verjährung auf unbestimmte Zeit hinausgezögert werden.

Dr. Enrica Maggi

T

Manche Unternehmer versuchen, den Ausgleichsanspruch von vornherein dadurch zu verhindern, dass im Vertrag festgehalten wird, dass den HandeIsagenten keine Tätigkeitspflicht treffe.

Entscheidend ist aber die tatsächliche Durchführung des Vertrags. Eine Bemühungspflicht kann auch schlüssig vereinbart werden. 'Die tatsächliche Vermittlungstätigkeit kann sich zu einer Rechtspflicht verdichten' (dt. Bundesgerichtshof).

Dr. Gustav Breiter

U

Im Zuge der Intensivierung der wechselseitigen Handelsbeziehungen zwischen Österreich und Ungarn nach dem Betritt Ungarns zur EU im Jahre 2004 ist ein Ansteigen des wirtschaftlichen Interesses ungarischer Unternehmungen festzustellen, ihre Produkte in Österreich zu vertreiben.

Es stellt sich die Frage nach den Rechtsgrundlagen und den Gestaltungsmöglichkeiten eines Handelsagentenvertrages.

Gehen wir zunächst davon aus, dass der ungarische Unternehmer die Anwendung des heimischen ungarischen Handelsvertreterrechtes wünschen wird. Es ist ein kurzer Überblick über den wesentlichen Inhalt des ungarischen Handelsvertretergesetzes aus dem Jahre 2000 geboten.

Ungarn hat die EU-Richtlinie vom 18. Dezember 1986 im Jahr 2000 umgesetzt. (Die offizielle Übersetzung aus dem Ungarischen ins Deutsche kann unter www.handelsagenten.at eingesehen werden.) Die für den Handelsagenten wichtigen Bestimmungen sind teilweise übereinstimmend mit dem österreichischen Handelsvertretergesetz 1993, teilweise gibt es, insbesondere für den Fachmann, gravierende Unterschiede. Eine Besonderheit des ungarischen Handelsagentengesetzes ist, dass dieses mündliche Vereinbarungen von vornherein für ungültig erklärt.

Dies gilt es zu beachten, wenngleich im EU-Bereich nichts gegen einen mündlichen Vertragsabschluss einzuwenden ist, sofern man die wichtigsten Parameter, nämlich insbesondere Höhe der Provision, etc. festhält. Dies gilt auch für eine Geschäftsverbindung mit einem ungarischen Unternehmen, da bei bloß mündlichem Vertrag nach EU-Recht das Recht des Tätigkeitsgebietes des Handelsagenten gilt, also österreichisches, das wiederum den mündlichen Vertrag als gültig ansieht. Es ist daran zu erinnern, dass insbesondere auch historisch gesehen die europäische Handelsvertreter-Richtlinie und so auch das österreichische Handelsvertretergesetz 1993 ein Schutzgesetz zu Gunsten des Handelsagenten ist und für den Fall bloß mündlichen Vertragsabschlusses Anwendung findet. Dennoch ist der schriftliche Vertragsabschluss generell vorzuziehen. Wichtig nicht nur für die ungarischem Recht unterliegenden Handelsagentenverträge ist § 6 des Gesetzes, wonach der ungarische Gesetzgeber die Verpflichtung des Handelsagenten statuiert, vor Abschluss des Vertrages den Unternehmer davon zu informieren, dass er mit einem anderen Unternehmer einen Handelsagentenvertrag mit ähnlichem Inhalt abgeschlossen hat. Dies hat in den schriftlichen Vertrag Eingang zu finden und vermeidet Probleme mit dem nach Wirksamkeitsbeginn des Vertrages bestehenden Konkurrenzverbot und der Treuepflicht des Handelsagenten gegenüber dem Unternehmer.

Zu erinnern ist an das Recht des Handelsagenten, zur Feststellung seiner Provisionen einen Buchauszug zu verlangen. Diese Bestimmung findet sich sowohl im ungarischen als auch im österreichischen Handelsvertretergesetz. Wichtig für jeden Handelsagentenvertrag ist, falls dies vereinbart wird, schriftlich festzuhalten, dass der Handelsagent ein Alleinvertretungsrecht für ein bestimmtes Gebiet oder für einen bestimmten Kundenkreis hat, da ihm dies die Möglichkeit eröffnet, Provisionen auch von Direktgeschäften zu erhalten. Anders als im österreichischen Recht wird im ungarischen Handelsvertretergesetz die Kündigungsfrist mit maximal drei Monaten festgelegt. Auch das ungarische Gesetz kennt den Ausgleichsanspruch des Handelsagenten, wobei die Regelung der diesbezüglichen Gesetzesbestimmung einigermaßen undeutlich ist. Die Bestimmungen des ungarischen Gesetzes über den Anspruchsverlust des Handelsagenten erscheinen zum Nachteil desselben formuliert, da dieser generell bereits eintritt, wenn „eine Vertragsverletzung“ des Handelsagenten vorliegt. Das österreichische Handelsvertretergesetz knüpft diesen Anspruchsverlust an weitaus schwerere verschuldete Parameter.

Schlussendlich ist festzuhalten, dass der § 22 des ungarischen Gesetzes die Möglichkeit vorsieht, unter bestimmten Voraussetzungen ein nachvertragliches Konkurrenzverbot auf die Dauer von höchstens 2 Jahren zu vereinbaren. Dies steht im Widerspruch zum § 25 des österreichischen Handelsvertretergesetzes 1993, welches die Ungültigkeit derartiger, die nachvertragliche Tätigkeit des Handelsagenten einschränkender Vereinbarungen festsetzt. Wer Genaueres zu diesem Thema nachlesen möchte sei auf meine Homepage: www.rechtsanwalt-salzburg.at hingewiesen, wo unter „Aktuelles“ die Arbeit: „Das neue ungarische Handelsvertretergesetz im europäischen Vergleich“ eingesehen werden kann, darüber hinaus verschiedene Arbeiten im Zusammenhang mit dem österreichischen Handelsvertretergesetz und der österreichischen Rechtsprechung.

Insbesondere sei noch darauf hingewiesen, dass hier die Möglichkeit besteht, den AWO-Fachreport „Vertretungsvergabe in Ungarn“ anzuklicken, welcher von der Wirtschaftskammer Österreich in Zusammenarbeit mit mir verfasst wurde und eine Menge Details über die Vertretungsvergabe in Ungarn enthält, unter anderem einen von mir verfassten Mustervertrag in deutscher und ungarischer Fassung. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen ist, dass dieses Vertragsformular auftragsgemäß „unternehmerfreundlich“ abgefasst ist, daher aus dem Interessenstandpunkt des Handelsagenten für diesen nicht verwendet werden soll. Diese Broschüre ist auch im Internet unter http://wko.at/awo einzusehen.

Aufgrund obiger Ausführungen und aus weiteren noch darzustellenden Überlegungen ist verständlich, dass ich einem österreichischen Handelsagenten, der mit einem ungarischen Unternehmer einen Vertrag abschließen möchte, anraten würde, diesen unter der Gültigkeit des österreichischen Handelsvertreterrechtes abfassen zu lassen und hiezu einen in diesem Rechtsgebiet spezialisierten Anwalt beizuziehen.

Dies erscheint insbesondere deshalb geboten, weil – wie ich mich aus Anlass dieses Artikels nochmals erkundigt habe – nach wie vor eine aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung in Ungarn zum Handelsvertreterrecht nicht vorliegt. Dem gegenüber gibt es in Österreich aufbauend auf dem Handelsvertretergesetz 1921, über das Handelsvertretergesetz 1993 eine reichhaltig ins Detail gehende Judikatur des Höchstgerichtes, wodurch Rechtseinheitlichkeit und Rechtssicherheit gegeben ist.

Sollte der ungarische Unternehmer auf der Abfassung des Vertrages durch einen ungarischen Anwalt bestehen, könnte man versuchen, unter Hinweis auf den Umstand, der nicht vorhandenen ungarischen jedoch reichhaltigen österreichischen Judikatur, die Anwendung österreichischen Handelsvertreterrechtes in den Vertrag aufzunehmen.

Dies ist durchaus argumentierbar, da ja beide Gesetze die gleiche Basis, nämlich die europäische Richtlinie 1986 haben, jedoch ein großer Unterschied hinsichtlich der vorhandenen Rechtsprechung besteht. Sollte der ungarische Unternehmer die Gültigkeit österreichischen Rechtes nicht in den Vertrag aufnehmen wollen, so wäre es empfehlenswert, diesbezüglich überhaupt keine Regelung vorzusehen, da in einem solchen Fall nach den europäischen Regeln der Ort der Tätigkeit des Handelsagenten das anzuwendende Recht, hier nämlich österreichisches, ergibt.

Dies leitet auch über zur Frage, des im Vertrag vorzusehenden Gerichtsstandes. Ein ungarischer Gerichtsstand wäre unter Hinweis auf obige Ausführungen – nicht vorhandene Judikatur – nicht wünschenswert. Ein österreichischer Gerichtsstand wird vom ungarischen Unternehmer vermutlich nicht gerne vereinbart.

Hier bietet sich an, entweder keine Gerichtsstandvereinbarung in den Vertrag aufzunehmen, in diesem Fall ist nach den europäischen Zuständigkeitsnormen der Sitz des Handelsvertreters maßgeblich, oder aber eine diplomatische Formulierung zu wählen dahingehend, dass für die Zuständigkeit der Gerichtsstand „des jeweiligen Klägers“ (aktorischer Gerichtsstand) gelten soll. Da es im Regelfall der Handelsagent ist, der klagbare Ansprüche geltend zu machen hat, würde sich in diesem Fall die Zuständigkeit eines österreichischen Gerichtes ergeben.

Wenn alle Stricke reißen, könnte man – so wie ich dies auch im ungarischen Mustervertrag vorgesehen habe – die Gültigkeit eines Schiedsgerichtes vereinbaren, dessen Mitglieder von der Wirtschaftskammer Österreich in Wien und der ungarischen Handels- und Industriekammer Budapest entsandt werden.

Zusammengefasst ist zu empfehlen, in jedem Fall einen schriftlichen Vertrag anzustreben und hiezu einen juristischen Fachmann beizuziehen.

Dr. Erich Schwarz

Seit 25. Mai 2018 gelten die neuen datenschutzrechtlichen Herausforderungen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) ist dann nicht nur in Österreich, sondern in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union anzuwenden.

Die neuen Regeln zum Datenschutz stellen jedes Unternehmen vor Herausforderungen.

Mit den nachstehenden Dokumenten können Handelsagenten die Umsetzung möglichst einfach bewerkstelligen:

Checkliste (pdf): Kurzübersicht über alle maßgebenden Punkte

Praxisfragen (pdf): Antworten zu den gängigsten Fragen von Handelsagenten

Muster-Verarbeitungsverzeichnis (docx): Anhand dieses Verzeichnisses sind die jeweils anfallenden Verarbeitungsvorgänge zu prüfen. Es ist also gegebenenfalls anzupassen bzw. zu ergänzen, ansonsten zu speichern bzw. abzulegen.

Muster-Datenschutzerklärung (docx): Diese ist (auch gegenüber bestehenden Kontakten) als Information zu verwenden, idealerweise in Papierform, auf der Homepage und verlinkt mit den Emails.

Muster-Datenschutzrichtlinie für Mitarbeiter (docx): Diese dient zur Information bzw. Schulung allfälliger Mitarbeiter über den angemessenen IT-Standard. Dieser ist jedenfalls mit einer Fachfirma abzuklären.

Es ist immer wieder zu beobachten, dass Geschäftsherren mit Handelsagenten Umsatzziele vereinbaren. Es stellt sich die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen, falls die Ziele nicht erreicht werden.

Ein Beispiel aus meiner Beratungspraxis:

Der italienische Geschäftsherr hat mit dem österreichischen Handelsagenten im Vertrag ein Umsatzziel für das erste Halbjahr von € 100.000,-- vereinbart. Der Handelsagent hat aber nur knapp über € 50.000,-- erreicht. Der Geschäftsherr kündigt den Vertrag deswegen auf und verweigert jede Ausgleichs- oder sonstige Schadenersatzzahlung.

In diesem und in ähnlichen Fällen liegen die Motive des Geschäftsherrn, Umsatzziele in den Vertrag aufzunehmen, meines Erachtens einerseits im (manchmal oft unrealistischen) Wunsch des Geschäftsherrn nach rasch und deutlich ansteigenden Umsätzen. Andererseits will der Geschäftsherr mit solchen Regelungen eine Möglichkeit schaffen, aus dem Handelsagentenvertrag unbeschadet wieder „herauszukommen“.

Rechtlich betrachtet ist die Situation nicht leicht zu beurteilen. Denn einerseits wurde der Vertrag so unterschrieben, wie er eben seinerzeit abgeschlossen wurde, dh inklusive der Umsatzvorgaben. Von daher ist es oft schwierig, einem Gericht im Streitfall zu erklären, warum diese von zwei Unternehmern getroffene Vereinbarung nicht wirksam sein sollte. Es müsste wohl der Handelsagent (zieht man diesbezüglich die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Vertragshändlerverträgen heran) beweisen, dass die Ziele entweder von Anfang an unrealistisch waren oder dass er die Umsatzziele ohne sein Verschulden nicht erreichen konnte. Dazu müsste er beweisen, dass er sich entsprechend bemüht hat. Schwierig wird es allerdings für seine Position, wenn etwa im Prozess Mitarbeiter der Vertriebsabteilung des Prinzipals aussagen, dass sie davon nichts oder nicht viel bemerkt haben. Es wird dann auch oft diskutiert, welche sonstigen Umsatzsteigerungen der Geschäftsherr (etwa mit anderen Handelsagenten in anderen Gebieten) erzielt hat. Diesbezüglich besteht zwar deutsche Rechtsprechung, die besagt, dass der sogenannte Pro-Kopf-Vergleich unzulässig ist, da jedes Gebiet von anderen Voraussetzungen abhängig ist. Der verständige Leser merkt aber spätestens an dieser Stelle, dass es sich um ein juristisch durchaus komplexes Thema handelt, das auch mit schwierigen Beweislastfragen verbunden ist (dh mit der juristischen Frage, wer was beweisen muss).

Wichtig ist jedenfalls, dass sich der Handelagent durch die vertragliche Vereinbarung von Umsatzzielen – auch dann, wenn die Verfehlung der Ziele nicht ausdrücklich als Auflösungsgrund normiert ist – jedenfalls in eine schlechtere Position begibt. Denn wie gezeigt bringt dies erhebliche Unsicherheiten und damit auch ein großes Risiko für den Handelsagenten mit sich.

Fehlt hingegen eine vertragliche Regelung der Umsatzziele, kann ein Umsatzrückgang nur im Ausnahmefall eine Vertragsauflösung aus wichtigem Grund rechtfertigen. Denn in diesem Fall müsste der Geschäftsherr eine schuldhafte, nach deutscher Judikatur grob fahrlässige Pflichtvernachlässigung des Handelsvertreters nachweisen. Allein aus dem bloßen Umsatzrückgang kann auf ein schuldhaftes Verhalten noch nicht geschlossen werden. Es müsste dann der Unternehmer beweisen, dass der Handelsagent kurz gesprochen am Umsatzrückgang „schuld ist“. Der Geschäftsherr müsste also beweisen, dass der Handelsagent, wenn er sich nur mehr angestrengt hätte, mehr verkauft bzw. mehr vermittelt hätte. Dies ist jedenfalls ein sehr schwieriges Unterfangen, da in einem Prozess wohl kaum beweisbar.

Im Ergebnis bleibt als Praxistipp für den Handelsagenten, vertraglich vereinbarte Umsatzziele zu vermeiden, dies unabhängig davon, ob die Zielverfehlung als wichtiger Auflösungsgrund genannt ist oder nicht. In den meisten Fällen geht es darum, eine billige Ausstiegsmöglichkeit zu schaffen, die insbesondere dann relativ rasch greifen kann, wenn die Umsatzziele, was regelmäßig in der Praxis der Fall ist, hoch angesetzt sind.

Bei internationalen Vertretungen müssten die hier dargelegten Rechtsfragen nach dem jeweils anwendbaren Recht geprüft werden. Enthält ein Vertrag etwa mit einem belgischen Geschäftsherrn die ausdrückliche oder schlüssige Rechtswahl, dass belgisches Recht zur Anwendung kommt, wären diese Fragen nach belgischem Recht zu beurteilen. Enthält der schriftliche Vertrag allerdings keine Rechtswahl bzw. liegt von Anfang an kein schriftlicher, sondern lediglich ein mündlicher/schlüssiger Vertrag vor, kommt nach der international anwendbaren Regelung des Art. 4 Römer Abkommen 1980 (EVÜ) österreichisches Recht zur Anwendung.

Dr. Gustav Breiter

W

Eine der wichtigsten Pflichten eines Handelsvertreters ist es, keine Unternehmen zu vertreten, die mit ihren Produkten auch nur teilweise im Wettbewerb zu einem anderen vertretenen Unternehmen stehen. Diese Pflicht ist zwar nicht ausdrücklich gesetzlich festgeschrieben, wird allerdings in der Praxis weitgehend anerkannt. Eine derartige Beschränkung der Erwerbstätigkeit besteht allerdings nicht nach Ende des Handelsvertretervertrages.

1. Einleitung

In manchen Handelsvertreterverträgen finden sich Wettbewerbsbeschränkungen, mit solchen oder ähnlichen Verpflichtungen:

„Der Vertreter hat jegliche direkte oder indirekte Konkurrenztätigkeit zu unterlassen. Insbesondere ist es ihm untersagt, im Geschäftszweig des Unternehmers Geschäfte auf eigene oder fremde Rechnung zu machen und sich direkt oder indirekt an Unternehmen zu beteiligen, die im gegenständlichen Geschäftszweig tätig sind“

oder

„Die Übernahme anderer, auch branchenfremder Vertretungen ist nur mit schriftlichem Einverständnis des Unternehmers möglich“

oder

„Der Vertreter verpflichtet sich, dem Unternehmer unverzüglich alle Umstände mitzuteilen, die sich mit den vom Vertreter zu wahrenden Interessen des Unternehmers nicht vereinbaren lassen.“

Demgegenüber stehen Vertragsbestandteile wie:

„Der Vertreter verpflichtet sich für die Dauer eines Jahres nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses im Geschäftszweig des Unternehmers jegliche selbständige oder unselbständige, haupt- oder nebenberufliche, entgeltliche oder unentgeltliche Tätigkeit in Österreich zu unterlassen.“

Der regelmäßig verhandlungsschwächere Vertreter akzeptiert mangels Kenntnis derZulässigkeitsgrenzen solcher Wettbewerbsbeschränkungen oftmals echte „Knebelverträge“, nach deren Wortlaut es dem Vertreter weder während des Handelsvertreterverhältnisses noch danach erlaubt ist, für andere Unternehmen tätig zu sein.

2. Wettbewerbsverbot nach Beendigung des Handelsvertretervertrages

Gemäß § 25 HVertrG ist eine Vereinbarung, durch die der Handelsvertreter für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt wird, jedoch unwirksam! Daher ist die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes jedenfalls unzulässig.

Sollte allerdings ein Vertrag eine solche Klausel beinhalten, so ist nun zwar diese unwirksam, der restliche Vertrag bleibt aber aufrecht. Die Unwirksamkeit der Konkurrenzklausel berührt nämlich den sonstigen Handelsvertretervertrag nicht es gilt also der Grundsatz der Teilnichtigkeit. § 25 HVertrG kann nicht zum Nachteil des Handelsvertreters abgeändert oder abbedungen werden.

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist daher jedenfalls gesetzlich ausgeschlossen und kann auch nicht vertraglich vereinbart werden.

§ 25 HVertrG gilt jedoch nur für den freien Handelsvertreter, nicht allerdings für den angestellten Provisionsvertreter. Auf den unselbständigen Vertreter sind die Bestimmungen des Angestelltengesetzes anzuwenden, nach denen eine Wettbewerbsbeschränkung nach Vertragsbeendigung – also eine Beschränkung der Erwerbstätigkeit nach Beendigung des Dienstverhältnisses – wenn auch unter bestimmten Grenzen, so dennoch wirksam ist.

Die Einordnung eines Handelsvertreters als selbständig oder unselbständig ist im Einzelfall vorzunehmen und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich gilt: unterliegt der Handelsvertreter Weisungen, die sich auf die Tagesplanung, Arbeitszeit, Mindestarbeitszeit, Arbeitsumfang und ähnliches richten, so ist er nicht mehr selbständiger Handelsvertreter sondern Angestellter. Aber auch eine zu strenge Wettbewerbsbeschränkung während des Handelsvertreterverhältnisses – dazu gleich - kann ein Indiz für ein Arbeitsverhältnis sein.

3. Wettbewerbsverbot vor Beendigung des Handelsvertretervertrages

Während des aufrechten Vertragsverhältnisses darf der Handelsvertreter allerdings in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt werden, selbst wenn im Handelsvertretergesetz kein Wettbewerbsverbot ausdrücklich statuiert ist. Die Zulässigkeit eines solchen Wettbewerbsverbotes ergibt sich aus der allgemeinen Pflicht des Handelsvertreters die Interessen des Unternehmers zu wahren. Es gilt deshalb, dass der Handelsvertreter dem Unternehmer nicht durch anderweitige Geschäfte, die er in demselben Handelszweig macht oder vermittelt, eine unmittelbar schädigende Konkurrenz bereiten darf.

Ob eine Konkurrenzsituation vorliegt, die es dem Handelsvertreter verbietet, geschäftlich tätig zu werden, ist insbesondere danach zu beurteilen, ob die anderweitige Tätigkeit die Interessen des Unternehmers zu beeinträchtigen geeignet ist. Entscheidend ist dafür, ob durch eine Wettbewerbshandlung eine konkrete Schädigung der vom Handelsvertreter zu wahrenden Geschäftsinteressen des Geschäftsherrn zu befürchten ist. Dies wird dann der Fall sein, wenn der Unternehmer bei objektiver Beurteilung die anderweitige Tätigkeit als Gefährdung des Absatzes der von ihm vertriebenen Produkte ansehen kann.

Dieses Wettbewerbsverbot beschränkt sich aber nicht auf die Übernahme der Vertretung von Konkurrenzprodukten. Vielmehr wird jede Förderung fremden Wettbewerbs darunter fallen. Allerdings ist auch nicht jede andere Tätigkeit des Handelsvertreters vom gesetzlichen Wettbewerbsverbot erfasst, da das Interesse des Unternehmers auch die natürliche Grenze für das Konkurrenzverbot bildet. Ein darüber hinausgehendes vertragliches Wettbewerbsverbot, das über die schutzwürdigen Interessen des Unternehmers hinausgeht, kann, weil sittenwidrig, unwirksam sein.

Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass die Verletzung des Wettbewerbsverbotes den Unternehmer grundsätzlich zur Auflösung des Vertrages aus wichtigem Grund berechtigt. Für den Handelsvertreter bleibt damit die Frage offen, welche Vertretungstätigkeiten die Wettbewerbsbestimmung verletzen, um nicht durch einen Verstoß gegen diese Beschränkung einen Grund für eine vorzeitige Aflösung des Handelsvertretervertrages zu setzen.

4. Resumee

Der freie Handelsvertreter darf nach Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses nicht in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt werden. Sollte eine solche Vereinbarung dennoch im Vertrag vorzufinden sein, so ist diese grundsätzlich unwirksam, sofern der Vertrag nicht ein unselbständiges Handelsvertreterverhältnis begründet.

Während des aufrechten Handelsvertretervertrages ist der Vertreter zur Wahrung der Interessen des Unternehmers verpflichtet und darf schon deshalb nicht in Konkurrenz zu seinem Unternehmer tätig sein. Eine Verletzung des Wettbewerbsverbotes kann die vorzeitige Auflösung des Handelsvertretervertrages zur Folge haben.

Mag. Dominik Leiter

Direktgeschäfte des Geschäftsherrn sind für den Handelsagenten meist problematisch. Im Folgenden soll gezeigt werden, ob und wieweit der Handelsagent bei Verkäufen über einen Webshop des Geschäftsherrn geschützt ist.

Ausgangsituation in der Praxis

Die Situation ist doch oftmals folgende: der Handelsagent baut den Markt in seinem Vertragsgebiet auf, sucht neue Kunden, findet und betreut diese etc. Als aber bestimmte Umsätze zurückgehen, andererseits gewisse Aktivitäten des Geschäftsherrn zu beobachten sind, hat der Handelsagent den Eindruck, dass so manches Geschäft „an ihm vorbeiläuft“.

Evident wird dies, sobald der Geschäftsherr einen Webshop betreibt, in dem Händler (im geschützten Händlerbereich) oder gar die Endverbraucher online bestellen können. Wer was bestellt und bezahlt hat, erfährt der Agent aber nicht. Diese Konstellationen werfen einige Fragen auf, denen im Folgenden nachgegangen werden soll.

Direktgeschäfte des Geschäftsherrn bringen Aspekte in zwei Richtungen mit sich: erstens ist zu fragen, ob denn diese überhaupt zulässig sind und ob nicht dadurch die Vertriebsaktivitäten des Handelsagenten im Gebiet über Gebühr gestört oder gar konterkariert werden. Zum anderen stellt sich freilich die Frage, ob der Handelsagent für solche Geschäfte eine Provision zu erhalten hat.

Beginnen wir mit dem operativen Tagesgeschäft: Schließt der Geschäftsherr mit den Kunden, die der Handelsagent laufend bearbeitet, Direktgeschäfte ab, ist der Handelsagent bisweilen nicht darüber informiert. Es ist für ihn höchst unangenehm, den Kunden zu kontaktieren und erst dann feststellen zu müssen, dass die-ser ohnehin neulich besucht wurde, er Angebote erhalten hat oder er sogar ge-kauft hat. Über die gewährten Konditionen weiß der Handelsagent dann natürlich auch nicht Bescheid (gewährt der Geschäftsherr Sonderkonditionen, die den Handelsagenten unterbieten, wäre dies als Verletzung seiner Treuepflichten unzulässig). Der Kunde bekommt jedenfalls den (richtigen) Eindruck, dass die „linke Hand“ nicht weiß, was die „rechte“ tut.

Aber auch wenn der Geschäftsherr neue Kunden anspricht, ist dies für den Handelsagenten oft störend. Die Absatzkanäle laufen ja nicht parallel; die Bemühungen des Handelsagenten „überkreuzen“ sich dann i.d.R. mit denen des Geschäftsherrn. Besonders heikel ist dabei ein Webshop des Geschäftsherrn: bestehende Kunden könnten zukünftig direkt – ohne Einschaltung des Agenten – ordern und potenzielle Kunden könnten nicht mehr vom Agenten akquiriert werden, weil diese bereits elektronisch bestellen. Können Endverbraucher nunmehr auch online und nicht mehr nur über den – vom Agenten betreuten – Einzelhandel bestellen, führt dies zu einem gänzlich neuen Absatzweg.

Es stellt sich also die Frage, ob Direktgeschäfte – insbesondere in Form eines Webshops – zulässig sind und, falls nicht, welche „Sanktionen“ damit verbunden sind, insbesondere ob diese Geschäfte zu verprovisionieren sind.

Bedeutung der vertraglichen Regelung

Ob Direktgeschäfte zulässig sind oder nicht, richtet sich nach der vertraglichen Vereinbarung. Ohne anderslautende Vereinbarung sind Direktgeschäfte zulässig, also auch der Vertrieb über einen Webshop. Dies gilt auch, wenn das Unterneh-men dem Handelsagenten bestimmte, bereits bestehende Kunden zur weiteren Bearbeitung zugewiesen hat und sogar im Falle einer alleinigen Vertretung („Ge-bietsschutz“). Nur falls der Unternehmer im Vertrag ausdrücklich zugesagt hat, nicht selbst im Vertragsgebiet tätig zu werden, sind Direktgeschäfte unzulässig.

In der Praxis sind die vertraglichen Bestimmungen, was „Exklusivität“, Ausnah-men und die diesbezüglichen Provisionsansprüche anlangt, in der Regel nicht im Detail ausformuliert. Sie lassen daher teilweise einen Auslegungsspielraum und sind manchmal sogar widersprüchlich. Auf klare Regelungen sollte bei der Ver-tragsgestaltung (auch hier) geachtet werden.

Information und Provision

Der Unternehmer hat den Handelsagenten nach der zwingenden gesetzlichen Bestimmung des § 6 HVertrG bei der Ausübung seiner Tätigkeit zu unterstützen; er hat ihm alle für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Informationen zu geben. Ob ein Webshop eingerichtet ist, kann der Handelsagent etwa im Fall eines geschützten Händlerbereichs gar nicht feststellen.

Es wird also am Geschäftsherrn liegen, seine Agenten darüber zu informieren. Dies gilt schon deshalb, weil der Agent ansonsten eine Kundenanfrage, ob es denn auch einen Webshop geben würde, nicht (richtig) beantworten könnte, abgesehen von den oben geschilderten Problemen im operativen Tagesgeschäft.

Ein Webshop verändert aber nicht unbedingt und grundsätzlich alles, zumindest nicht die vertraglichen Provisionsansprüche. Hatte der Handelsagent durch einen Besuch oder durch telefonische Kontaktaufnahme grundsätzliches Interesse erweckt, sodass der Kunde in weiterer Folge über den Webshop bestellt hat, hat der Agent dieses Geschäft akquiriert, sodass dafür eine Provision zusteht.

Bestellt hingegen ein bereits zuvor gebrachter Kunde beim Geschäftsherrn nach (und sei es über den Webshop), dann besteht auch für diese weiteren Geschäfte ein Provisionsanspruch. Wurde eine Bezirks- bzw. Gebietsprovision vereinbart, sind ohnehin alle Bestellungen aus dem bzw. Lieferungen in das Gebiet provisionspflichtig! Freilich sind die vertraglichen Vereinbarungen zu beachten, wobei auch einer „gelebten Praxis“ eine gewisse Bedeutung zukommen kann.

Die Abrechnung

Der Handelsagent hat bei Direktgeschäften zumeist das Problem, die daraus resultierenden Provisionen zu kontrollieren. Das Gesetz schafft aber Abhilfe: der Agent kann einen Buchauszug verlangen, der alle für die Überprüfung der Provisionsabrechnungen erforderlichen Angaben enthalten muss, also etwa Name des Kunden, bestellte und gelieferte Menge, Rechnungsbetrag, eingegangene Zahlungen, allfällige Retouren etc.

Zur Geltendmachung muss der Handelsagent keine „Verdachtsmomente“ darlegen, dass die Abrechnungen unrichtig seien. Der Buchauszug dient ja gerade dazu, dies überprüfbar zu machen. Teilt nun der Geschäftsherr – auf Aufforderung des Agenten hin – mit, dass „über den Webshop an Ihre Kunden / in Ihr Gebiet nichts verkauft“ worden sei, kann dies richtig sein oder auch nicht.

Es liegt nun am Handelsagenten, glaubhaft zu machen, dass der Buchauszug bzw. die oben genannte Auskunft falsch ist. Er kann dann Bucheinsicht verlangen (dies gilt auch dann, wenn ihm ein Buchauszug bzw. eine Auskunft von vornherein verweigert wurde).

Eine solche Bucheinsicht ist aber – vor allem, wenn sich der Verdacht als unrichtig erweist – durchaus mit erheblichen Kosten verbunden (abgesehen davon, dass das Verlangen nach Bucheinsicht – vor allem ohne hinreichende Grundlage – einer gedeihlichen Zusammenarbeit mit dem Geschäftsherrn nicht gerade förderlich sein wird).

Der Handelsagent sollte also vor einer Klage auf Bucheinsicht gut einschätzen bzw. besser beweisen können, dass ihm Provisionen vorenthalten wurden. Dies kann durch Unterlagen, die man von Kunden erhält, durch Zeugenaussagen, ggfs. auch durch Fotos über angelieferte Waren in Geschäftslokalen und, was den Webshop anlangt, durch Testkäufe, erfolgen.

Vertragliche Konsequenzen

Werden provisionspflichtige Geschäfte nicht verprovisioniert, kann je nach den konkreten Umständen des Einzelfalls ein begründeter Anlass für eine Kündigung unter Einhaltung von Frist und Termin oder sogar für einen sofortigen Austritt des Handelsagenten vorliegen. Hier ist allerdings besondere Vorsicht geboten, damit sich der Handelsagent selbst gesetzeskonform verhält. Wie gesagt, die vertraglichen Regelungen sind ebenso zu beachten wie einer „gelebten Praxis“ eine Bedeutung zukommen kann, von Fragen der Verjährung an dieser Stelle einmal abgesehen.

 Im Regelfall sollten (tatsächlich) offene Provisionsansprüche unter Fristsetzung geltend gemacht werden, wobei auch auf die vertraglichen Konsequenzen bei mangelnder Bezahlung hingewiesen werden sollte. Als „Vorstufe“ kommen wie gesagt Buchauszug und Bucheinsicht in Betracht. Zur Vorbereitung solcher Schritte empfiehlt sich die Einholung professionellen Rats.

Dr. Gustav Breiter

Z

Schon von Gesetzes wegen stehen dem Handelsagenten einige wesentliche Rechte zu, und zwar unabhängig davon, ob ein schriftlicher Vertrag vorliegt oder vertraglich Abweichendes vereinbart wurde bzw. werden sollte.

Ihr gutes Recht – zwingend! 

Zwingende gesetzliche Bestimmungen müssen nicht vereinbart werden, sie gelten auch ohne vertragliche Regelung. Weiters können sie in einem Vertrag auch nicht zum Nachteil einer oder beider Vertragspartei(en) abgeändert oder aufgehoben werden.

Dies gilt aber nur für Voraus-Vereinbarungen. Wird also eine Vereinbarung im Nachhinein getroffen, kann diese durchaus wirksam sein, selbst wenn sie für den Handelsagenten nachteilig ist. Zwingende "Schutzvorschriften" finden sich nicht nur im Arbeits- oder Mietrecht, sondern auch im Handelsagentenrecht. Zumal es in der Praxis immer wieder vorkommt, dass keine schriftlichen Verträge vorliegen bzw. schriftliche Verträge unzulässige Abweichungen zum Nachteil des Handelsagenten enthalten, lohnt sich ein Überblick über diese Vorschriften.

Rechtsgrundlage

Das Handelsagentenrecht ist in Österreich im Handelsvertretergesetz (HVertrG) geregelt. Dieses hat die europäische Richtlinie 86/653/EWG zur Koordinierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend die selbständigen Handelsagenten umgesetzt. Schon die Richtlinie enthält zwingende Vorschriften, die der österreichische Gesetzgeber in das national Recht zu übernehmen hatte, zusätzlich hat er noch weitere Bestimmungen mit zwingendem Charakter versehen. Eine Auflistung der in Österreich zwingenden Vorschriften findet sich in § 27 HVertrG; die dort genannten Rechte betreffend insbesondere die Bereiche:

  • Vertragsurkunde
  • Provisionen
  • Kündigungsfristen
  • Unterstützungspflicht des Unternehmers
  • Ausgleichsanspruch

Vertragsurkunde

Einige wesentliche Bestimmungen im Überblick: Die EU-Richtlinie hat es den einzelnen Mitgliedstaaten überlassen, als Wirksamkeitsvoraussetzung des Vertrages dessen Schriftlichkeit vorzusehen. 

Bei bloß mündlichen Verträgen sollte bei grenzüberschreitenden Vertragsverhältnissen daher genau geprüft werden, ob diese nach dem anwendbaren Recht überhaupt wirksam zustande gekommen sind.

In Österreich kommt der Handelsagentenvertrag jedenfalls formfrei zustande, das heißt, er kann sowohl schriftlich als auch mündlich – unter Umständen sogar stillschweigend durch ein bestimmtes Verhalten der Vertragsparteien – begründet, aber auch abgeändert werden.

Liegt kein schriftlicher Vertrag vor, besteht für beide Vertragsteile die Möglichkeit, vom jeweils anderen Vertragspartner eine unterzeichnete Urkunde zu verlangen, die den zu diesem Zeitpunkt gültigen Inhalt des Vertrages wiedergibt.

Wird dieses Verlangen nicht erfüllt, kann der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden und sogar einen wichtigen Grund für eine berechtigte vorzeitige Auflösung des Vertragsverhältnisses darstellen.

Provisionen

Auch der Zeitpunkt des Entstehens des Provisionsanspruches kann zum Nachteil des Handelsagenten nicht vertraglich abgeändert werden. Demnach entsteht der Anspruch spätestens dann, wenn der vermittelte Kunde seinen Teil des Geschäfts ausgeführt hat oder ausgeführt haben müsste, hätte der Auftraggeber (Geschäftsherr) seinen Teil des Geschäfts ausgeführt.

Zwingend ist aber auch der Entfall des Provisionsanspruchs, wenn feststeht, dass das vermittelte Geschäft nicht ausgeführt wird und die vereitelte Vertragserfüllung nicht auf Umstände zurückzuführen ist, die der Auftraggeber zu vertreten hat. Hindert der Auftraggeber den Handelsagenten gar daran, Provisionen im zu erwartenden Umfang zu verdienen, wird er schadenersatzpflichtig (eine österreichische Besonderheit).

Der Handelsagent hat auch einen gerichtlich durchsetzbaren Rechnungslegungsanspruch; wobei die Provisionsansprüche spätestens am letzten Tag jenes Monats abzurechnen sind, das auf das Quartal folgt, in dem der Provisionsanspruch entstanden ist (eine frühere Abrechnung kann vereinbart werden).

Mit dem Tag, an dem die Abrechnung nach dem Gesetz (oder einer günstigeren Vereinbarung) stattfinden muss, wird die Provision auch fällig. Von besonderer Bedeutung ist auch die (ohne Vorliegen weiterer Voraussetzungen bestehende) Verpflichtung des Auftraggebers, über Anforderung einen Buchauszug zu erstellen und alle Auskünfte zu erteilen, um die Nachprüfung der Provisionsbeträge zu ermöglichen. Eine Pflicht, die dem Auftraggeber oft zur Last wird und dem Handelsagenten ein starkes Kontrollwerkzeug in die Hand gibt.

Kündigungsfristen

Auch die bei einer ordentlichen Kündigung einzuhaltende Kündigungsfrist kann nicht beliebig vereinbart werden. Im ersten Vertragsjahr muss sie zumindest ein Monat betragen, mit jedem weiteren Vertragsjahr verlängert sie sich um einen weiteren Monat. Ab dem begonnenen sechsten Vertragsjahr kann ein Handelsagentenvertrag nur unter Einhaltung einer mindestens sechsmonatigen Kündigungsfrist aufgekündigt werden.

Wenn in einem schriftlichen Vertrag kürzere Fristen vereinbart sind, sind diese unbeachtlich und kommen die gesetzlichen Mindestkündigungsfristen zur Anwendung. Die Vereinbarung von längeren Kündigungsfristen ist im Übrigen zulässig, diese sind dann aber im gleichen Maße auch vom Auftraggeber einzuhalten.

Fürsorgepflicht des Unternehmers

Auch die gesetzliche Pflicht des Auftraggebers, den Handelsagenten bei der Ausübung seiner Tätigkeit zu unterstützen (Fürsorge-, Verschwiegenheits-, Informations-, aber keine Gleichbehandlungspflicht) und ihn entsprechend auszustatten, hat zwingenden Charakter und kann im Voraus weder aufgehoben noch zugunsten des Auftraggebers beschränkt werden. Eine (beharrliche) Verletzung dieser Pflicht kann den Handelsagenten im Einzelfall zu einer vorzeitigen Auflösung des Vertrages aus wichtigem Grund berechtigen.

Ausgleichsanspruch

Von ganz besonderer Bedeutung sind natürlich die Regelungen betreffend den Ausgleichsanspruch (§ 24 HVertrG). Vor Beendigung des Handelsagentenverhältnisses können Auftraggeber und Handelsagent keine Vereinbarung treffen, die das Recht des Handelsagenten auf Ausgleichsanspruch einschränken oder gar gänzlich entfallen lassen würde.

Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass nach dem Ende des Vertragsverhältnisses (entscheidend ist das rechtliche Ende und nicht das faktische Ende der Tätigkeit, wie etwa bei einer Freistellung des Handelsagenten während der Kündigungsfrist) sehr wohl eine vom Gesetz abweichende Regelung – und zwar auch zum Nachteil des Handelsagenten – getroffen werden kann.

Dass hier Vorsicht geboten ist, zeigt folgendes Beispiel: Noch während der laufenden Kündigungsfrist erhält der Handelsagent vom Unternehmer ein Abfindungsangebot, mit dem sämtliche Ansprüche aus dem Vertragsverhältnis bereinigt und verglichen werden sollen. Das Abfindungsangebot liegt weit unter dem Betrag, der dem Handelsagenten zustehen würde (im Extremfall berücksichtigt es den Ausgleichsanspruch sogar überhaupt nicht, obwohl ein Anspruch bestünde). Nimmt der Handelsagent dieses Angebot nach Ablauf der Kündigungsfrist (und somit nach dem rechtlichen Ende des Vertragsverhältnisses) an, so ist die Vereinbarung trotz des zwingenden Charakters des § 24 HVertrG rechtsverbindlich, auch wenn das Abfindungsangebot deutlich unter der nach dem Gesetz berechneten Höhe des Ausgleiches liegt.

Wussten Sie, dass ...

... jederzeit eine schriftliche Fassung eines nur mündlich abgeschlossenen Handelsagentenvertrages verlangt werden kann?

... eine vertragliche Vereinbarung mit kürzeren als der im Handelsagentenrecht angeführten Kündigungsfristen unwirksam ist?

... die Bestimmungen über den Ausgleichsanspruch im Vorhinein zum Nachteil des Handelsagenten nicht vertraglich aufgehoben und beschränkt werden können?

... auch bei der Entstehung, Abrechnung und Fälligkeit Ihrer Provisionsansprüche zwingende Bestimmungen des Handelsagentenrechts anzuwenden sind, die abweichenden vertraglichen Vereinbarungen vorgehen?

Mag. Harald Lajlar

Stand: 10.01.2024