Sparte Industrie

Energiebereiche treiben den Produktionswert der Industrie

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 4 Minuten

05.08.2023

Signifikante Zuwächse bei den Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen lassen den nominellen Produktionswert der heimischen Industrie 2022 stark ansteigen. Die Beschäftigung in der Industrie verzeichnet den zweithöchsten Wert seit 1995.

Die österreichische Industrie hat im Jahr 2022 einen vorläufigen nominellen Produktionswert von 252,3 Mrd. Euro erwirtschaftet. Wie schon im Vorjahr spielen die Gas- und Wärmeversorgungs­unter­nehmungen bei diesem Gesamtwert eine wesentliche Rolle: Die Preiseffekte im Energiebereich wirken entscheidend auf den nominellen Produktionswert der Industrie. Hatten die Gas- und Wärmeversorgungs­unter­nehmungen 2021 noch einen Anteil an der heimischen Industrieproduktion von 19 %, sind es im Jahr 2022 24 % (rund 61 Mrd. Euro). Dies ist mehr als doppelt so viel als noch in den Jahren 2019 und 2020. Eine massive Steigerung: Während die Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen am Beginn der Coronapandemie für jeden zehnten Euro an abgesetzter Produktion der Industrie verantwortlich waren, sind sie nunmehr für jeden vierten Euro verantwortlich. 

Wie schon im Vorjahr ist es nicht notwendigerweise die Menge, die in den letzten Monaten steigt, sondern vor allem der Preis, der sich in der Dynamik signifikant widerspiegelt. Nachvollziehbar wird dies beispielsweise, wenn die Außenhandelsstatistik herangezogen wird: Gegenüber 2021 stieg der nominelle Importwert von Gas um 100 %. Somit verdoppelte sich der Wert der Gasimporte preisbedingt. Zeitgleich sank die eingeführte Menge in der gleichen Zeitspanne um 38 %.

Wie sehr die Preiseffekte wirken, kann etwa auch über die Warenexporte in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen ermittelt werden. Im Jahr 2022 steigen die Warenexporte um 17,3 % gegenüber dem Vorjahr. Da die Wertänderung als Produkt der Preis- und Mengenänderung vorliegt, können die Preis- und Mengenentwicklung getrennt dargestellt werden. Mehr als die Hälfte des Wachstums der Warenexporte ist auf ein Preiswachstum zurückzuführen.

Die Dynamik der abgesetzten Produktion verlangsamte sich im Oktober und November 2022, im Dezember wird sie auf der monatlichen Ebene erstmals negativ. Damit ist die abgesetzte Produktion im Dezember 2022 kleiner als jene im Dezember 2021; dies gilt auch für die Auftragseingänge, die erstmals seit Monaten in eine negative Dynamik rutschen (dies gab es zuletzt coronabedingt insbesondere in den Monaten des ersten Halbjahrs 2020).

Milder ausgeprägt ist die Verzerrung durch die Preiseffekte in der Mineralölindustrie, dem zweiten Fachverband innerhalb der Industrie, für den die internationalen Öl- bzw. Gaspreisentwicklungen verstärkt wirksam sind. Hier liegt die relative Bedeutung, die abgesetzte Produktion betreffend, 2022 bei rund 4 %.

Werden die Fachverbände Mineralölindustrie sowie die Gas- und Wärmeversorgungs­unter­nehmungen aus der Industrie herausgerechnet, dann liegt die Produktionssteigerung der verbleibenden 14 Fachverbände von 2021 auf 2022 im Schnitt bei 15,1 %. Auch in dieser Dynamik spiegeln sich die Preiseffekte wider, allerdings nicht dermaßen stark wie im Falle der Gas- und Wärmeversorgungs­unter­nehmungen. Höhere Produktionswerte oder Umsatzwerte in den Industriebetrieben bedeuten jedoch nicht, dass sich die Margen- bzw. Profitsituation in den Unternehmen in gleichem Maße ändert. 

Im Jahr 2022 konnten alle Fachverbände mehr Produktion abgesetzen als noch im Jahr 2021. Erneut sind es die Gas- und Wärmeversorgungs­unter­nehmungen, die in der absoluten Betrachtung für rund die Hälfte des industriellen Produktionszuwachs verantwortlich sind. Zu jenen Fachverbänden, die in ihren nominellen Werten vergleichsweise stark gewachsen sind, zählen etwa auch die Metalltechnische Industrie, die Elektro- und Elektronikindustrie, die Bergwerke und Stahlindustrie, die Chemische Industrie oder die Nahrungs- und Genussmittelindustrie. In der relativen Betrachtung wächst die Papierindustrie oder auch die NE-Metallindustrie überdurchschnittlich.

Zweithöchster Beschäftigtenstand in der Industrie seit 1995

Das Eigenpersonal in den österreichischen Industriebetrieben liegt im Jahresschnitt 2022 bei rund 439.000 Beschäftigten. Wird zum Eigenpersonal das in der Industrie tätige Fremdpersonal hinzugezählt, so weist der Gesamtbeschäftigtenstand mehr als 468.600 Personen im Jahresdurchschnitt aus. Das ist der zweithöchste Beschäftigtenstand in der Industrie seit 1995, vor 27 Jahren waren es rund 600 Personen mehr.

 Im Vergleich zum Vorjahr bauen die heimischen Industriebetriebe sowohl ihr Eigenpersonal (1,5 %) als auch ihr Fremdpersonal 2022 weiter auf, der Gesamtpersonalstock wächst um
1,8 % an: Rund 8.500 Personen mehr finden in der Industrie ihren Arbeitsplatz, 6.300 davon als Eigenpersonal. Mehr Eigenpersonal gibt es dabei insbesondere in der Elektro- und Elektronikindustrie, der Chemischen Industrie oder der Metalltechnischen Industrie. Mit Ausnahme der Glasindustrie, der Fahrzeugindustrie, der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie sowie der Gas- und Wärmeversorgungsunternehmungen ist der Eigenpersonalstock 2022 höher als noch 2021. 

Die Konjunkturuhr zeigt nach unten

Die letzten Monate verliefen für die Industrie äußerst dynamisch. Die Konjunkturuhr zeigt dies eindrucksvoll. Kurz zur Methodik: Analysiert wird die Veränderung der abgesetzten Produktion sowie des Eigenpersonals in der Industrie insgesamt. Vergleichsbasis ist das jeweilige Vorjahresmonat. Die pinke Linie verortet die Dynamik des Jahr 2022. Gerade in den letzten Monaten geht der Trend nach unten, die abgesetzte Produktion ist rückläufig, im Dezember erstmals im Feld des Abschwungs. Die Aussichten sind bedauerlicherweise nicht besonders rosig. Der Industrie wird ein schwaches Jahr 2023 prognostiziert, die Wertschöpfung wird sinken, so das WIFO. Die Neuaufträge aus dem In- und Ausland sinken, in der Folge verringern die heimischen Betriebe ihre Produktion, ein weiterer Produktionsrückgang ist in den kommenden Monaten in Sicht, so der UniCredit Bank Austria EinkaufsManagerIndex. Die Zeiten für die Industrie bleiben weiterhin schwierig. 

Autorin:
Mag. Sandra Lengauer
E-Mail: sandra.lengauer@wko.at