Sparte Industrie

EU Bodenstrategie soll „letztes“ Umweltmedium regulieren

Seit vielen Jahren liegt ein gemeinsames Bodenschutzrecht auf Eis. Nun sorgt der Green Deal auch hier für Tauwetter in Europa. 

Lesedauer: 1 Minute

11.03.2023

Europas Boden hat viele Feinde: Erosion durch Witterung, falsche oder zu intensive Bearbeitung in der Landwirtschaft, Versiegelung durch Infrastruktur und Gebäude, Kontaminationen durch Unfälle oder Fehlverhalten. Die Europäische Umweltagentur schätzt, dass 60-70% der Böden in keinem gesunden Zustand sind und sieht Handlungsbedarf.

Bis dato hatten gewichtige Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Frankreich gemeinsame Standards immer wieder abgelehnt und auf Subsidiarität gepocht – immerhin gibt es hunderte Bodentypen, die lokal bedingt unterschiedliche Voraussetzungen mit sich bringen.

Kern der Vorschläge, die die EU-Kommission am 17. November 2021 nun auf den Tisch legte, ist das geplante Bodengesundheitsgesetz, das bis 2023 als Entwurf vorliegen soll. Mögliche Schwerpunkte:

  • Identifizierung, Registrierung und Sanierung kontaminierter Standorte,
  •  Entwicklung einer EU-Stoff-Prioritätenliste für Bodenverunreinigungen,
  • Einführung von Bodengesundheitszertifikaten für Grundstückstransaktionen und ein
  • „Pass“ für Bodenaushub zur Ankurbelung der Kreislaufwirtschaft.

Aus heimischer Sicht ist mit dem Altlastenregime bereits seit Jahrzehnten (1989!) die Wiederherstellung von kontaminierten Flächen professionell am Laufen. Anlagen, die der Industrieemissions-Richtlinie unterliegen, haben umfassende und nicht gerade billige Ausgangszustandsberichte zu erstellen, um Vorbelastungen und die Hintanhaltung einer Verschlechterung zu dokumentieren. Bodenrelevantes ist auch aus der Düngemittel-, Klärschlamm- oder Pflanzenschutzmittel-Gesetzgebung bereits bekannt, die Umwelthaftung und chemikalienrechtliche Beschränkungen wirken indirekt ebenfalls bodenschützend.

Wozu also weitere Regulierungen? Genau diese Frage wird die Kommission mit vielen Fachgrundlagen beantworten müssen. Deswegen schlägt sie nun auch die Einrichtung von „Bodenbeobachtungsstelle“ und eine Methodik zur Bewertung und Kartierung von Bodendegradation in der EU vor.

Für eine Abschätzung der Konsequenzen (finanzielle und bürokratische Zusatzlasten?) in der Industrie ist es noch zu früh. Doch eines ist klar, auch die Dekarbonisierung wird viele europäische Flächen und Böden beanspruchen: Für neue Anlagen und Infrastrukturen genauso wie für den Rohstoffabbau und den Anbau von erneuerbaren Rohstoffen und Energieträgern. Somit wird der EU Bodenschutz in den kommenden zwei Jahren auch ein wichtiges Standortthema. 

Alle Infos:

EU soil strategy for 2030

Factsheet - EU Soil Strategy for 2030

Fragen und Antworten zur Bodenstrategie der EU

 

Autor: 
Mag. Richard Guhsl
E-Mail: richard.guhsl@wko.at