Sparte Industrie

Neue Radonschutz-VO: Viele Betriebe in Österreich betroffen

Die neue Radonschutzverordnung normiert Verpflichtungen für Unternehmen und neu errichtete Wohnbauten, die allein auf deren geographischer Lage beruhen.

Lesedauer: 4 Minuten

11.03.2023

Österreich bekommt eine neue, erweiterte und ziemlich umfassende Regulierung zum Schutz vor Radon, von der Betriebe in 104 Gemeinden sowie neu errichtete Gebäude mit Aufenthaltsräumen in weiten Teilen Österreichs betroffen sind. Der wahrscheinlich für viele überraschende Grund: Österreich ist - gemeinsam mit der Tschechischen Republik und Schweden - EU-Spitzenreiter, was die Radonbelastung betrifft. Und Radon ist ein Karzinogen der Klasse 1. 

Was ist Radon und wie wirkt es auf den Menschen? 

Radon ist ein radioaktives Edelgas, das mit den menschlichen Sinnen nicht wahrgenommen werden kann, aus dem Boden bzw. Gestein kommt und durch Risse und Spalten im Fundament in Gebäude eindringt. Es sind daher vor allem erdberührte Räume betroffen. Radon und seine Zerfallsprodukte werden eingeatmet, es bleibt dann teilweise in der Lunge und erhöht das Lungenkrebsrisiko. Radon ist nach dem Rauchen Ursache Nr.2 für Lungenkrebs. Schätzungen nach sind 400 Lungenkrebstote pro Jahr in Österreich auf Radon zurückzuführen. Ein weiterer Grund für die aktuell hohe Sensibilität des Gesetzgebers: Die Gefahr durch Radon wurde kürzlich von der Internationalen Strahlenschutzkommission (ICRP) neu bewertet und mehr als doppelt so hoch wie bisher eingestuft. 

Die guten Nachrichten: Radon ist ein „Innenraumschadstoff“ und als solcher im Freien unbedenklich. Wie schon oben erwähnt, kann es eine Belastung nur in erdberührten Räumen, also Keller und Erdgeschoß, geben. Und vom vollen Ausmaß der Verpflichtungen aus der neuen Gesetzgebung und den damit verbundenen Kosten werden nur relativ wenige Betriebe betroffen sein. 

Radonschutz am Arbeitsplatz 

Die am 10. November 2020 im Bundesgesetzblatt kundgemachte RadonschutzVO ist eine Durchführungsverordnung zum im August in Kraft getretenen Strahlenschutzgesetz 2020.  Diese beiden Rechtsakte stellen die komplette Neuregelung eines Bereiches dar und normieren Maßnahmen und Verpflichtungen für Unternehmen, die alleine auf der geographischen Lage der Betriebsstätte bzw. des Arbeitsplatzes beruhen. 

In der Anlage 1 der Verordnung sind sogenannte „Radonschutzgebiete“ ausgewiesen: 104 Gemeinden (das sind etwa 5% aller Gemeinden), von denen die meisten in den Bundesländern Tirol, Oberösterreich und Niederösterreich liegen. Laut Wirkungsfolgenabschätzung werden die Kosten für die in diesen Gemeinden angesiedelten und betroffenen Unternehmen, die durch die zu setzenden Maßnahmen verursacht werden, auf insgesamt rund 6,5 Mio. Euro geschätzt. 

Die wesentlichen neuen Verpflichtungen für Betriebe: 

  • Basierend auf einer großangelegten Messkampagne (70.000 Messungen) legt die Verordnung, wie oben erwähnt, Radonschutzgebiete in Österreich fest (104 Gemeinden, siehe Anlage 1 der Verordnung)
  • Betriebe in Radonschutzgebieten mit Arbeitsplätzen im Kellergeschoß oder Erdgeschoß müssen Radonmessungen durchführen (Kosten je nach Betriebsgröße 100 bis 1.000 €)
  • Davon werden ca. 16.000 Unternehmen betroffen sein, wovon voraussichtlich ¾ unter dem Referenzwert (s.u.) liegen und keine weiteren Verpflichtungen haben werden
  • Referenzwert für Arbeitsplätze: 300 Bq/m³ (Becquerel pro Kubikmeter) Luft im Jahresmittel - Bei Überschreitung sind Maßnahmen zur Verringerung zu setzen (z.B. Einbau mechanischer Lüftung, Abdichtung von Rissen in Kellerwänden oder -böden...)
  • Wenn nach der Setzung von Maßnahmen noch immer eine Grenzwertüberschreitung gegeben ist, muss eine Dosisabschätzung vorgenommen werden: Unter 6 Millisievert pro Jahr trifft die Unternehmen eine regelmäßige Aufzeichnungspflicht (wird schätzungsweise 3.000 Betriebe betreffen), über 6 mSv/a gibt es eine Verpflichtung zur Setzung von Maßnahmen wie bei beruflich strahlenexponierten Personen (Laufende Dosisermittlung, Ärztliche Untersuchungen, Strahlenschutzmaßnahmen, Radonschutzbeauftragter). Das wird schätzungsweise 100 Betriebe in Österreich betreffen. 

Ausnahmen: 

  • Die Beschäftigten halten sich nicht mehr als 10 Stunden/Woche (gemittelt über ein Jahr) an den betroffenen Arbeitsplätzen auf
  • Die Arbeitsplätze befinden sich in Privathaushalten
  • Die erdberührten Bauteile sind gegen drückendes Wasser ausgeführt (konvektionsdichte Bauweise)
  • Radondrainage nach dem Stand der Technik ist vorhanden
  • Die Arbeitsplätze sind durch ein dauerhaft zwangsdurchlüftetes Geschoß vom Untergrund getrennt (z.B.: Tiefgarage). 

Zu den Radonschutzgebieten und die dort zu setzenden Maßnahmen wird es demnächst für die Betriebe in den am meisten betroffenen Bundesländern eine Reihe von virtuellen Informationsveranstaltungen geben. Außerdem wurde von der WKÖ gemeinsam mit dem BMK ein Leitfaden zur RadonschutzVO erstellt, der demnächst fertig gestellt und dann über uns und die AUVA breit verteilt wird. 

Schutz vor Radon in Wohngebäuden 

Weite Teile Österreichs werden von der Verordnung als „Radonvorsorgegebiet“ ausgewiesen (siehe ebenfalls Anlage 1 der Verordnung), was bei Neubauten zu Mehrkosten führen kann. Die OiB-Richtlinie 3 (bautechnische Bauvorschriften der Bundesländer, in allen Bundesländern im Baurecht verankert) knüpft an die Ausweisung als „Radonvorsorgegebiet“ die Verpflichtung zur Einhaltung von baulichen Maßnahmen bei Neubauten mit Aufenthaltsräumen: Diese sind nach der genannten Richtlinie so auszuführen, dass keine die Gesundheit der Benützer beeinträchtigende ionisierende Strahlung aus Baumaterialien und Radonemission aus dem Untergrund auftritt. 

Wir konnten in der Begutachtung erreichen, dass nicht –wie vom BMK ursprünglich geplant -  ganz Österreich als „Radonvorsorgegebiet“ festgelegt wurde und nun doch zahlreiche Regionen, wo die Radonbelastung vernachlässigbar gering ist (so z.B. Wien) vom Geltungsbereich der Verordnung ausgenommen sind. In unserer Stellungnahme haben wir die Festlegung von ganz Österreich als Radonvorsorgegebiet als sachlich nicht gerechtfertigt abgelehnt. Mit unserer Forderung, dass die EU-Vorgaben (das Strahlenschutzgesetz 2020 basiert auf der EU-Richtlinie 2013/59/EURATOM) nur so weit wie unbedingt erforderlich umgesetzt werden, sind wir schlussendlich durchgedrungen. 

Eine weitere positive Nachricht zum Schluss: Radondrainagen bzw. sog. „weiße Wannen“ (Kosten ca. 2.000 Euro) werden in den Radonvorsorgegebieten nur in Ausnahmefällen eingebaut werden müssen. Bei konvektionsdichter Bauweise (mittlerweile angeblich Standard), ist eine zusätzliche Radonvorsorge in der Regel nicht notwendig. 

Autor: 
Mag. Gerfried Habenicht

E-Mail:
gerfried.habenicht@wko.at