Sparte Industrie

Niedrigere Preise: Gemeinsamer Gaseinkauf über AggregateEU

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 3 Minuten

04.08.2023

Ende April konnten Unternehmen ihren Bedarf einmelden, Mitte Mai startete die erste internationale Ausschreibung für Pipelinelieferungen und LNG

Bereits ab 25. April 2023 konnten Unternehmen auf AggregateEU, dem neuen Instrument im Rahmen der EU Energy Platform, ihren Bedarf für eine gemeinsame Gasbeschaffung abgeben – die Bundessparte Industrie hat dazu umfassend informiert. Die Nutzung der Plattform ist für Unternehmen freiwillig. Konkretes Ziel der EU-Kommission, die dieses Projekt derzeit mit großem Engagement betreibt, ist es, die Versorgungssicherheit der Unternehmen mit Erdgas und LNG zu verbessern. Indem Betriebe gemeinsam Gas beschaffen, soll auch der Einkaufspreis sinken. Die Plattform soll dazu beitragen, die Energieversorgung der EU zu erschwinglichen Preisen zu sichern und die Abhängigkeit von russischem Gas zu beenden. Damit die europaweite Infrastruktur besser ausgelastet und die Bedarfsplanung verbessert wird, wurden regionale Gruppen gebildet, die verstärkt zusammenarbeiten und planen. Teilnehmen können sowohl Nachfrager als auch Anbieter von Gas. Ihre Angebote können diese Unternehmen nach vorheriger Anmeldung in den alle zwei Monate stattfindenden Ausschreibungsrunden unterbreiten. Mitte Mai startete bereits die erste internationale Ausschreibung im Ausmaß des von 77 interessierten Unternehmen eingemeldeten Bedarfs über 11 Milliarden Kubikmeter. Das entspricht fast 3% des jährlichen EU-Gasverbrauchs und mehr als dem österreichischen Gasverbrauch.

Auch österreichische Unternehmen sind bei AggregateEU dabei

Die Beschaffungsplattform ist ein neuer Weg, um Angebot und Nachfrage in großem Maßstab zusammenzubringen. Es gibt mehrere Möglichkeiten zur Teilnahme: entweder die Unternehmen organisieren eigenständig Gasbeschaffungskonsortien, oder die Plattform bündelt die Nachfrage und vermittelt Unternehmen und Lieferanten. Die Abgabe der Nachfrage erfolgt über die Plattform. Wichtig ist, dass sowohl die Art der Lieferung – Flüssigerdgas (LNG) oder natürliches Erdgas – als auch das Lieferdatum angegeben werden. Grundsätzlich liegt die Mindestnachfragemenge für LNG bei 300 GWh und für natürliches Erdgas bei 5 GWh. Gerade für kleine und mittelständische Unternehmen aus Binnenländern mit geringerer globaler Reichweite oder Verhandlungsmacht kann die Plattform Möglichkeiten bringen, neue Märkte und neue Lieferanten zu erreichen. "Zentrale Käufer" oder "Agenten im Auftrag" unterstützen dabei andere Betriebe bei Verhandlungen oder erforderlichen Dienstleistungen. In der ersten Ausschreibung, die Gaslieferungen von Juni 2023 bis Mai 2024 abdecken soll, waren auch bereits einige wenige österreichische Unternehmen aktiv.

Rechtsbasis und Hintergrund

Rechtsbasis für die Plattform ist Art 3 ff der im Vorjahr verabschiedeten EU-Verordnung "Mehr Solidarität durch bessere Koordinierung der Gasbeschaffung, den grenzüberschreitenden Austausch von Gas und zuverlässige Preis-Referenzwerte“. Hier werden Eckpfeiler für die gemeinsame Ausschreibung und Nachfragebündelung (Art 5-7), die Teilnahme an der gemeinsamen Beschaffung (Art 8) und die geplanten Konsortien (Art 11) festgelegt. Aufbauend auf der Dringlichkeitsverordnung, die von der Kommission am 18. Oktober 2022 vorgeschlagen wurde, um den hohen Gaspreisen in der EU zu begegnen und die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, und die vom Rat "Energie" am 20. Oktober 2022 gebilligt wurde, schlug die Kommission ein Instrument zur Bündelung der Nachfrage vor, das die EU-Länder dabei unterstützen wird, rechtzeitig für den Winter 2023-2024 eine ausreichende Gasversorgung sicherzustellen.

Zu diesem Zweck beauftragte die Kommission einen Dienstleister (Prisma) mit der Einrichtung des erforderlichen Mechanismus mit dem Ziel, die Gasnachfrage von EU-Unternehmen zu bündeln und sie rechtzeitig für die nächste Saison mit den wettbewerbsfähigsten Versorgungsangeboten abzugleichen. Der Mechanismus der Nachfragebündelung und des gemeinsamen Einkaufs wird als AggregateEU bezeichnet.

Aktivitäten, die über die Plattform abgewickelt werden, sind insbesondere

  • die Registrierung inklusive Verifizierung, Nachweis der Zahlungs-/Kreditfähigkeit, Angaben betreffend Konsortienbildung,
  • die gebündelte Bedarfserfassung (jeweils ab zwei Monate vorab) in genormten Zeit- und Mengeneinheiten (Monate, GWh),
  • die Durchführung von Ausschreibungen zum „matching“ zwischen Angebot und Nachfrage, und
  • das abschließende Reporting.

Sollte es zu konkreten Vertragsverhandlungen zwischen Anbietern von nicht-russischen Erdgas-/ LNG-Liefermengen und gaseinkaufenden Unternehmen kommen, werden diese bilateral außerhalb der Plattform unter Wahrung aller erforderlichen Vertraulichkeiten, insbesondere auch betreffend Kaufpreis, geführt.

Autor:
DI Oliver Dworak
E-Mail: oliver.dworak@wko.at