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Vorsicht bei Neuvergabe von privaten Immobilienkrediten

Ab 1. August 2022 kommt es bei der Neuvergabe von privaten Immobilienkrediten zu deutlich verschärften Vorgaben. Mit diesen Maßnahmen soll eine Entspannung am Immobilienmarkt erreicht werden.

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15.11.2023

Was bisher nur Empfehlungen waren, wird ab 1. August 2022 zur Pflicht: Bei der Neuvergabe von privaten Immobilienkrediten müssen Banken deutlich verschärfte Kriterien beachten. Das betrifft die Beleihungs- ebenso wie die Schuldenquote und die Laufzeit der Kredite. Alle drei Faktoren werden strenger reglementiert.

Verpflichtende Vorgaben für Neukredite

Die Zinsen waren bisher auf einem historisch niedrigen Stand, Banken haben gerne Geld in Immobilienkredite gesteckt. Auch wenn es bereits bisher Kriterien gab, die Banken für die Vergabe privater Wohnbaukredite beachten mussten, hatten diese bisher nur einen empfehlenden Charakter. Ab 1. August 2022 gelten für Neukredite in der privaten Immobilienfinanzierung jedoch verpflichtende Vorgaben. Grund für diese Verschärfung ist eine Vorgabe des bei der EZB ansässigen Europäischen Rats für Systemrisiken. Dieser kritisierte bereits mehrfach die teils laxe Vergabepraxis österreichischer Banken bei der privaten Immobilienkreditvergabe.

Überbewertung der Immobilien führt zu Kredit-Preis-Spirale

Auch die Österreichische Nationalbank (OeNB) teilt diese Befürchtung, der Immobilienmarkt in Österreich könnte weiter überhitzen und über kurz oder lang ein systemisches Risiko darstellen. Nach Angaben der OeNB haben sich seit 2010 die österreichischen Immobilienpreise um 199 Prozent erhöht. Zudem liege laut Nationalbank auch eine massive Überbewertung der Immobilien vor. Dies habe zu einer Kredit-Preis-Spirale geführt. Auch im dritten Quartal 2021 blieb das Kreditwachstum im Privatbereich weiter dynamisch. Daher hat das bei der OeNB angesiedelte Finanzmarktstabilitätsgremium nun konkrete Vorgabe ausgearbeitet, an die sich Banken bei der Neuvergabe von Wohnbaukrediten halten müssen: 

  • maximale Beleihungsquote (Summe der gesamten Immobilienfremdfinanzierungen im Verhältnis zum Marktwert der besicherten Immobilien) von 90 Prozent
  • Kreditinstituten wird ein Ausnahmekontingent von 20 Prozent zugestanden
  • Schuldendienstquote (gemessen am Einkommen der Kreditnehmer:innen) von maximal 40 Prozent (Ausnahmekontingent: 10 Prozent)
  • maximale Laufzeit von 35 Jahren (Ausnahmekontingent: 5 Prozent)
  • bei einem Kreditinstitut dürfen maximal 20 Prozent aller Kredite eine der Obergrenzen überschreiten
  • Um Renovierungen und Sanierungen – insbesondere den Umstieg von fossilen auf erneuerbare Energieträger – zu erleichtern, sind Finanzierungen bis zu einer Grenze von 50.000 Euro ausgenommen
  • gilt für maximal 2 Prozent aller einschlägigen Finanzierungen des jeweiligen Instituts „institutsbezogenes Geringfügigkeitskontingent“

Längerer Weg zum Kredit

Verpflichtend werden diese neuen Vorgaben ab dem 1. August 2022 und sollen für die Dauer von drei Jahren, das heißt, bis 31. Juli 2025 befristet sein. Mit diesen Maßnahmen soll eine Entspannung am Immobilienmarkt erreicht werden. Einerseits wird die Nachfrage künstlich verknappt, da die Bewilligung für private Immobilienkredite künftig länger dauert. Zudem werden künftig wohl auch weniger Kredite vergeben werden, da potenzielle Kreditnehmer die Vorgaben nicht erfüllen können und dem Spielraum für die Banken enge Grenzen gesteckt werden. Denn aufgrund der massiv gestiegenen Baukosten - bedingt durch den Ukrainekrieg und anhaltende Lieferschwierigkeiten bei Baumaterialien - sowie der Ende Juli geplanten Anhebung des Leitzinses durch die EZB wird Bauen künftig eine deutlich teurere Sache.

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