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Behandlung von COVID-19-Risikogruppen in der betrieblichen Praxis

Abstand, Plexiglas, Masken: Arbeitsmedizin-Referatsleiter Georg Wultsch informiert Betriebe, worauf jetzt zu achten ist. Es ist ein kompakter Überblick vom Webinar am 29. April 2020.
Risikogruppen
© narong/Adobe Stock


Welche Personen fallen in die Risikogruppen bzw. wer davon ist besonders gefährdet? 

Personen die an  Herz-Kreislauf-Erkrankungen (koronare Herzkrankheit), Bluthochdruck, Diabetes mellitus, schwerer Adipositas (BMI > 40 kg/m2), chronischen Lungen- und Atemwegserkrankungen, schweren chronischen Nierenerkrankungen und Tumorerkrankungen leiden sowie immunsupprimiert sind , haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf wenn sie an einer SARS CoV - 2  Infektion erkranken.

Bei bestimmten Erkrankungen ist die biologische Plausibilität, warum ein schwerer Krankheitsverlauf zu prognostizieren ist, gut ersichtlich und verständlich. Das trifft insbesondere auf die schweren chronischen (obstruktiven) Lungenerkrankungen oder die Herzinsuffizienz mit deutlich reduzierter Linksherzfunktion zu.

Die Risikostratifizierung bei unterschiedlicher Ausprägung der einzelnen Erkrankungen oder wenn etwa mehrere Erkrankungen gleichzeitig bestehen, ist ein schwieriger Prozess der nicht gänzlich abgebildet werden kann und der eine medizinische Einzelfallentscheidung darstellt.

Als Entscheidungshilfe kann die Information des BMSGPK dienen:

https://www.sozialministerium.at/Informationen-zum-Coronavirus/Coronavirus---Fachinformationen.html

Empfehlung des Gesundheitsministeriums zur Erstellung einer individuellen COVID-19 Risikoanalyse bezüglich eines schweren Krankheitsverlaufs (22.04.2020)

 

Wie kann sich ein Betrieb optimal vorbereiten? 

Den ersten Schritt, den die meisten Firmen auf Grund der anhaltenden Situation mehrheitlich bereits umgesetzt haben, ist das Einsetzten einer innerbetrieblichen task – force, die Maßnahmen gemeinsam abwiegt, kommuniziert und auch – wenn notwendig – adaptiert. Hier ist bestenfalls auch die Arbeitsmedizin aktiv als Teilnehmerin inkludiert.

Ob beruflich - über das Risiko in der Allgemeinbevölkerung hinausgehend - ein erhöhtes Ansteckungsrisiko besteht, ergibt die Gefährdungsbeurteilung – wir könnten diese nun angepasst Corona Evaluierung nennen. So eine Evaluierung beurteilt die einzelnen Arbeitsplätze auf Ihr tatsächliches Ansteckungsrisiko.

Einzelbüros beherbergen Arbeitsplätze die als typische Niedrigrisikoarbeitsplätze verstanden werden können. Produktionsarbeitsplätze die örtlich mit ausreichendem Abstand zu den anderen Arbeitsplätzen gelegen sind und an denen Übergabezonen ohne physischen Kontakt der ArbeitnehmerInnen zueinander eingerichtet wurden, sind ebenso typische Beispiele für Arbeitsplätze mit geringem Ansteckungsrisiko. Diese Situationen sind vergleichbar mit Situationen im Alltagsleben in der Personen ausreichenden Abstand halten können, wie etwa Einkaufen oder Spazieren gehen.

 

Welche leicht umsetzbaren Schutzmaßnahmen können Sie jedem Unternehmen jedenfalls empfehlen? 

Grundsätzlich beinhalten alle vorab sinnvollen Maßnahmen das Aufrechterhalten oder das Einführen von ausreichenden Abständen zueinander. Als eine fast überall gangbare Regel hat sich empirisch ein Zweimeterabstand herauskristallisiert. Alle Tätigkeiten die unter zwei Metern ausgeführt werden, sollten mit chirurgischem Mund Nasen Schutz durchgeführt werden. Arbeiten welche einen noch  engeren Kontakt benötigen – unter einem Meter Abstand, sollten mittels FFP2 Maske ausgeführt werden. Dieses Abstandhalten lässt sich etwa auch schon durch Auseinanderrücken von Tischen bewerkstelligen.   Wenn dies im Büro nicht möglich ist, können physische Barrieren, mittels Trennwänden aus Plexiglas, dienlich sein.

Weitere Maßnahmen sind die Reduktion von zeitgleich anwesenden ArbeitnehmerInnen im Betrieb aber auch an „Nadelöhren“ – wie etwa Stempeluhren und Umkleiden. Hier macht das Aufsplitten und  Ausweiten von Schichten deutlich Sinn.

Grundvoraussetzung bei diesen Abstandsregeln und dem Ausdünnen von Personenflüssen ist jedoch, dass eindeutig erkrankte ArbeitnehmerInnen, welche typische Symptome zeigen nicht zur Arbeit kommen und dass allgemeine Regeln der Arbeitshygiene strikt eingehalten werden.

 

Wo besteht oft unbewusst viel Gefahrenpotential? 

Insbesondere dort wo wir oft – auch schon vor der Pandemie – Kontakt zueinander aufgenommen haben oder dort wo ein Aufeinandertreffen unausweichlich ist. Raucherplätze, Kaffee- /Jausen- Automaten sind Orte wo selten daran gedacht wird, dass auch hier ArbeitnehmerInnen etwa in den Pausen regelmäßig aufeinander treffen. Gleiches gilt auch für Lifte und WC Anlagen sowie Umkleiden und Sanitäranlagen. Ein weiterer oft nicht beeinflussbarer Kontakt besteht am Weg zu und von der Arbeit. Hier ist enger Kontakt vorprogrammiert.

 

Aus Ihrer Erfahrung der letzten Wochen:

Wo herrscht bei den Unternehmen die größte Unsicherheit, was die Schutzmaßnahmen betrifft? 

Am meisten Verunsicherung herrscht oft auf Grund der widersprüchlichen und unsicheren Meldungen und sich ändernden Vorgaben. Wie lange kann der Virus an Oberflächen überleben – ist er dann noch infektiös, reichen 10 m2 oder sollen wir 20 m2 Bodenfläche je ArbeitnehmerIn berücksichtigen und vor allem welche Masken sind chirurgischen Masken gleichzusetzten?  Abstandsbegriffe „wie ein Babyelefant“ verunsichern. Wie groß ist denn ein Babyelefant  – wird er mit oder ohne Rüssel vermessen?

Viele dieser Fragen bedürfen eines pragmatischen Zugangs, denn einige Fragen lassen sich nicht ad hoc und mit hundert prozentiger Sicherheit beantworten. Es ist eine neue Erkrankung und wir alle müssen uns herantasten. Die Medizin in Ihren Prognosen und Empfehlungen aber auch die ArbeitgeberInnen in der oft nicht möglichen – auch ressourcenbedingten - Umsetzbarkeit und die ArbeitnehmerInnen in der Änderung der Gewohnheiten und in der Neuartigkeit der Schutzmaßnahmen, welche im persönlichen Verhalten am meisten Anpassung  bedürfen.

Zusätzlich dazu unterliegen diese Maßnahmen der biologischen Aktivität der Pandemie – des Krankheitsgeschehens und unserem Verhalten. Wie betrachten den Zustand stets mit Verzug und müssen die zu setzenden Maßnahmen ständig feinjustieren. 


Wie beurteilen Sie die Sicherheitsmaßnahmen, die in den Industriebetrieben bisher schon getroffen wurden? 

Bei den Betrieben die ich selbst betreue und bei denen ich durch den Kontakt zu meinen KollegInnen – auf Grund von Abstimmungsgesprächen - ein wenig Einblick bekomme, sind grundlegend gut gerüstet und können auf Grund der gesetzten Maßnahmen weiter in Produktion bleiben. Das erweiterte Erschließen bereits vorhandener Arbeitsformen (wie etwa homeoffice) und das vermehrte Einsetzen von neuen Kommunikationsformen (wie etwa Videocalls, Telefonkonferenzen – auch bei Schichtübergaben)  kann das hohe Sicherheits- und Schutzniveau garantieren, welches die Gesundheit der ArbeitnehmerInnen bei Aufrechterhaltung der Produktivität bestmöglich schützt.

 

In welcher Form kann der Arbeitsmediziner beim Finden von Lösungen unterstützen? 

Ich bin der Überzeugung, dass gerade jetzt beim „Übersetzen“ der medizinisch notwendigen Maßnahmen  für die EntscheidungsträgerInnen, beim gemeinsamen Auswählen der notwendigen und akzeptablen Maßnahmen und vor allem beim Kommunizieren der Notwendigkeit in den Belegschaften die ÄrztIn im Betrieb die beste Unterstützung für alle ist Gesundheit zu bewahren.

Diese Beratungsangebote fangen beim Diskutieren der notwenigen Schritte an und führen über die Unterweisungen zum Thema „wie verhalte ich mich richtig“ zu den notwendigen Adaptionen der Maßnahmen  die im Zuge von regelmäßigen Begehungen auffallen. Weiterführende Unterstützungen können jedoch weit darüber hinausgehen und die Abnahme von Nasen Rachenabstrichen und das Ausstellen von Zertifikaten für Dienstreisen beinhalten.

Neben diesem vor allem generalpräventiv geprägtem Vorgehen sind jedoch auch die persönliche individuelle Unterstützung bei Evaluierung der Risikoarbeitsplätze, das Einrichten der Arbeitsplätze für RisikopatientInnen, das Beantworten von Rückfragen bei Unsicherheiten die diese Pandemie ergeben, wesentliche Teile einer gelebten arbeitsmedizinischen Betreuung und werden durch die KollegInnen auch gerne in Absprache angeboten.

Nicht vergessen werden sollte hier jedoch auch das Weiterführen der normalen Präventionsarbeit welche ebenso dringend notwendig ist. Die  Produktion sollte auch in Zeiten der Pandemie arbeitsmedizinisch begleitet werden.


Zur Person: 
Privatdozent Dr. Georg Wultsch ist Referatsleiter für Arbeitsmedizin in der Steirischen Ärztekammer, sowie Bundesfachgruppenobmann der ÖÄK Österreichischen Ärztekammer. Er lehrt und forscht als habilitierter Arbeitsmediziner an den Medizinischen Universitäten in Graz und Wien und nimmt umfangreiche Betreuungstätigkeiten als praktizierender Arbeitsmediziner für zahlreiche steirische Industrieunternehmen war.

Download Unterlagen des Webinars "Behandlung von COVID-19-Risikogruppen in der betrieblichen Praxis" am 29. April 2020: Powerpoint (Endversion)


Weiterführende Links:

Empfehlungen des BMI für schrittweises Wiederhochfahren des Bürobetriebes:
https://www.wko.at/service/empfehlungen-buerobetrieb-corona-bmi.pdf

Download Informationsblätter Corona-Sicherheitsmaßnahmen
https://www.wko.at/service/aussenwirtschaft/aushang_mund_nasenschutz_3004_2.pdf


Update zu den Covid-19-Risikogruppen 

COVID-19-Risiko-Attest - § 735 ASVG

Der § 735 ASVG wurde derart abgeändert, dass nunmehr der Dachverband - anstelle der Krankenversicherungsträger - 

  • Dienstnehmer und Lehrlinge,
  • geringfügig beschäftigte Personen
  • sowie die nach den Sozialversicherungsgesetzen versicherten Landes- und Gemeindebediensteten 

über ihre Zuordnung zur COVID-19-Risikogruppe zu informieren hat, wobei bei den Landes- und Gemeindebediensteten darüber hinausgehende Zuständigkeiten bei den Ländern verbleiben. 

Für den Fall einer Freistellung sind dem Dienstgeber neben dem Entgelt inklusive Zulagen und anteiligen Sonderzahlungen sämtliche Lohnnebenkosten (Steuern, Abgabe, SV- und sonstige Beiträge) über Antrag beim zuständigen Krankenversicherungsträger, der binnen sechs Wochen nach dem Ende der Freistellung einzubringen ist, zu ersetzen.

Vom Ersatzanspruch sind unter anderem die Sozialversicherungsträger und der Dachverband ausgenommen. 

Die Freistellung kann für die Dauer der COVID-19-Pandemie bis längstens 31. Mai 2020 erfolgen, wobei der Zeitraum - bei weiterhin andauernder COVID-19-Krisensituation - mittels Verordnung bis längstens 31. Dezember 2020 verlängert werden kann.

Inkrafttreten: 6. Mai 2020

  

COVID-19-Risiko-Attest - Risikogruppen-VO

In dieser VO sind die medizinischen Indikationen aufgelistet, die die Ausstellung eines COVID-19-Attestes bewirken können.

Diese Verordnung tritt rückwirkend mit 6. Mai 2020 in Kraft. COVID-19-Risiko-Atteste können erstmals mit Wirksamkeit ab diesem Zeitpunkt ausgestellt werden.