CE-Kennzeichnung von Stahl- und Metallprodukten
und aktuelle Schweißstandards
Aufgrund der am 17.12.10 im Amtsblatt der EU kundgemacht EN 1090-1
als harmonisierte Norm ist es in Europa erforderlich an Produkten des Stahl-u. Metallbaues CE Kennzeichnungen vorzunehmen. Diese Verpflichtung trifft alle Schlosser und Schmiede die
derartige Produkte fertigen! In Zusammenhang damit schreibt die Norm eine verpflichtende
Zertifizierung der „Werkseigenen Produktionskontrolle“, also das Einführen eines
Qualitätsmanagementsystems im Betrieb, durch eine externe akkreditierte Stelle vor.
Die Koexistenzperiode nationaler Normen und Vorschriften endete mit 1.7.2014.
Durch die aktuellen Normen im Bereich des Schweißens im Stahl-u. Metallbau folgendes zu beachten:
Durch Erscheinen der ÖNORM EN 1090-2 sowie der ÖNORM EN 1990 und Zurückziehung der ÖNORMEN
B 4300 und B 4600 haben sich die Rahmenbedingungen für den Stahl-u. Metallbau verändert. Neu
sind unter anderem Regelungen nach ISO 3834, von denen jene metallverarbeitenden Betriebe
betroffen sind, die Tragwerke für den Gebäudebau herstellen. Auch die ÖNORM B 2225 (als wichtige Werkvertragsnorm unseres Handwerks) stellt klar, was unter einem Tragwerk zu verstehen ist und dass bei Stahltragwerken die ÖNORM EN 1090-2 und bei Aluminiumtragwerken die ÖNORM EN 1090-3 anzuwenden ist. Es wird darauf hingewiesen, dass es sich bereits bei Geländern, Schachtabdeckungen, Vordächern, usw. um Tragwerke handelt. Die ÖNORM EN 1090-2 ist in Kraft und ist de facto anzuwenden, da sie derzeit den Stand der Technik darstellt, da diesbezügliche nationale Schweißnormen bereits zurückgezogen wurden, siehe oben.
Die EN 1090 in ihren Teilen 2 und 3 sind nun die einzigen und gültigen Ausführungsnormen zur
Herstellung und Montage von Tragwerken aus Stahl und Aluminium. Anzumerken wäre, dass
Edelstahl natürlich zur Gruppe der Stähle gehört und somit der EN 1090-2 zugehörig ist.
Zu den neuen Schweißqualitätsstandards ist zu beachten:
Die ÖNORM EN 1090-2 verweist auf 4 Ausführungsklassen im Bereich des Schweißens, die
sogenannten EXecution Classes (EXC 1-4). Je nach Klasse können bestimmte Produkte geschweißt werden. Es werden dadurch unterschiedliche Qualitätskriterien und Tragwerksanforderungen definiert. In den Ausführungsklassen EXC 2-4 sind entsprechend ausgebildete Schweißaufsichtspersonen zuzuziehen.
Was unter die einzelnen Klassen fällt ist in der Norm nur sehr ungenau definiert, die unten
angeführten Produkte sind daher ein erster, unverbindlicher, Interpretationsversuch um zumindest eine kleine Hilfe geben zu können. Hier daher ein unpräjudizieller Überblick wer was schweißen darf:
Schlossermeister:
Berechtigt, wenn er die Anforderungen der ISO 3834, Teil 4 in seinem
Betrieb einhält und in Verbindung mit geprüften Schweißern zur
Schweißaufsicht in der EXC 1. Folgende Produkte dürfen in diesem Fall
hergestellt werden:
EXEC 1 laut ONR 21090
1) Einfamilienhäuser mit bis zu 4 oberirdischen Geschoßen (inklusive Stiegenläufe) über dem angrenzenden Gelände aus handelsüblichen Stab- und Walzprofilen, sowie Hohlprofilen mit ebenem Schnitt im Verbindungsbereich, deren Einzelbauteile alle folgenden Bedingungen erfüllen:
a) Stützen mit maximal 3,5 m Höhe,
b) Biegeträgern mit maximal 6,5 m Spannweite und Auskragungen bis 2 m,
c) Verkehrslasten bis 3 kN/m2 und Einzelnutzlasten bis 3,0 kN;
2) Sonstige Tragkonstruktionen mit maximal zwei Geschoßen (inkl. Stiegenläufe) mit den Einschränkungen gemäß Punkt 1);
3) kleine Brücken mit verglichener Nutzlast bis maximal 5 kN/m2, Spannweite bis zu 6,5 m und Breite maximal 2,25 m und einer maximalen lichten Höhe von 3,8 m;
4) Geländer bis zu einer Belastung bis 1,0 kN/m Horizontalbelastung am Handlauf wie in ÖNORM
B 1991-1-1:2006, Tabelle 6 angegeben, in allen Kategorien ausgenommen Kategorie C.5;
5) lotrechte oder bis zu 10° nach innen geneigte Fassaden bei Gebäuden mit einer maximalen Höhe von 8 m über Geländeniveau;
6) ortsfeste Zugänge (Arbeitsbühnen, Laufstege, Treppen, Treppenleitern und Steigleitern) gemäß ÖNORM EN ISO 14122 (alle Teile), sofern sie nicht unter die Maschinenrichtlinie fallen;
7) Rauchfangkehrerstege gemäß ÖNORM B 8207
8) Leitern gemäß ÖNORM Z 1600
Die Ausführungsklasse EXC 1 gilt auch für andere vergleichbare Bauteile.
Schweißwerkmeister:
(b = basic knowledge) Schweißaufsichtsperson mit Basiskenntnissen, berechtigt zur Schweißaufsicht der EXC 2 (EN 1090-2, Tab. 14) am Hochbau, allerdings eingeschränkt auf die Stahlgüten S235 bis S355 bis maximal 25mm Materialdicke und überwiegend ruhender (statischer) Beanspruchung bei mittlerer Versagensfolge.
Zum Beispiel:
- Geländer für den gewerblichen oder auch öffentlichen Zweck
- Tragkonstruktionen mit mittleren Versagensfolgen, wie landwirtschaftliche und gewerbliche Hallen
- Vordächer, Flugdächer
- Carports
- Treppen für den gewerblichen, sowie öffentlichen Bereich
Schweißtechniker:
(s = specific knowledge) Schweißaufsichtsperson mit speziellen technischen Kenntnissen, berechtigt zur Schweißaufsicht nicht nur im Hochbau, sondern auch eingeschränkt im Brückenbau wie folgt: Nachdem der Schweißtechniker auf höherem Niveau angesiedelt ist, schließt „s“ natürlich „b“ ein:
- EXC 2 (EN 1090-2, Tab. 14): S 235 bis S 355 bis zu einer Materialdicke von 50mm unter ruhender (statischer) und nicht ruhender (dynamischer) Beanspruchung bei mittlerer Versagensfolge, klassischer Hochbau.
- Zum Beispiel:
- Wie Schweißwerkmeister, allerdings bis Materialdicken von 50mm, auch unter überwiegend nicht ruhender (dynamischer) Beanspruchung.
- EXC 3 (EN 1090-2, Tab. 14): S 235 bis S 355, allerdings bis zu einer Materialdicke von 25mm unter vorwiegend ruhender (statischer) Beanspruchung bei hoher Versagensfolge, wie zum Beispiel der Brückenbau.
Zum Beispiel:
- Tribünen (abhängig von der Schadensfolge)
- Fußgängerbrücken
- Türme, Masten, Antennentragwerke
- Stahlschornsteine
Stets unter Berücksichtigung der MATERIALDICKE und der BEANSPRUCHUNGSART (statisch oder dynamisch) !!
- Kranbahnen
- Unterkonstruktionen für Aufzüge (Aufzugsumwehrungen)
- Unterkonstruktionen für Transportseilbahnen
- Stahlwasserbau
Anmerkung: Der Schweißwerkmeister mit speziellen technischen Kenntnissen, also der
Schweißwerkmeister mit Weiterbildungslehrgang und erfolgreich abgeschlossener Prüfung erhält, so
wurde es mir von Dr. Wichart (SZA) und DI Schranz (TGM) versprochen, ab Herbst die
Berufsbezeichnung „Schweisstechniker“. Somit haben wir auch national folgende Hierarchie der
Schweißaufsichtspersonen:
Schweißtechnologe:
(c = comprehensive knowledge) Schweißaufsichtsperson mit umfassenden technischen Kenntnissen hat keine Limitierung. Nachdem der Schweißtechnologe auf höchstem Niveau angesiedelt ist, schließt „c“ natürlich alles darunterliegende ein und es gibt keinerlei Einschränkungen bezüglich Stähle, Schweißzusatzwerkstoffe, Materialdicken oder Schadensfolgen.
Zum Beispiel:
- Straßenbrücken
- Eisenbahnbrücken
- Kraftwerksbau
- Konstruktionen für den unmittelbaren Seilbahn und Aufzugsbau
Folgendes zu den Ausbildungen von Schweißaufsichtspersonen am internationalen Standard:
IWS: (International welding specialist) Die Ausbildung ist völlig ident mit unserer nationalen Schweißwerkmeisterausbildung, weswegen ein Absolvent des Lehrgangs nach der erfolgreich abgelegten Abschlussprüfung ein nationales Schweißwerkmeisterzeugnis (staatsgültiges Zeugnis, ausgestellt vom TGM im Namen des Unterrichtsministeriums) und ein internationales IWS - Diplom im Namen der IIW (International institut of welding) verliehen bekommt.
Eintrittsvoraussetzungen:
Schweißerprüfung nach EN-287-1 für 1xBlech und für 1xRohr, sowie einen Praxisnachweis für das jeweils andere Blech- u. Rohrschweißverfahren über jeweils mindestens 20 Stunden.
Ausbildungsumfang:
IWS-0: Einführungslehrgang 90 Unterrichtseinheiten. Nur für all jene, die bislang keine Meisterprüfung (egal Werkmeister oder gewerblich) vorweisen können.
IWS Hauptlehrgang 239 Unterrichtseinheiten
IWT: (International welding technologist) Diese Ausbildung knüpft an den erfolgreich abgeschlossenen IWS (Schweißwerkmeisterlehrgang) – Lehrgang unmittelbar an und kann von jeder natürlichen Person besucht werden, die ein Schweißwerkmeisterzeugnis hat. Nach erfolgreich abgeschlossener Abschlussprüfung dieses Lehrgangs erhalten die Absolventen ein nationales, vom TGM im Namen des Unterrichtsministeriums ausgestelltes staatsgültiges Zeugnis mit der Klassifizierung zum Schweißtechniker. Jene Absolventen dieses Lehrgangs, welche zuvor eine vierjährige Fachschule für Maschinenbau oder eine Werkmeisterschule für Maschinenbau erfolgreich abgeschlossen haben und ein entsprechendes Zeugnis vor Kursbeginn vorlegen konnten, erhalten gegen Gebühr zusätzlich das internationale IWT – Diplom im Namen der IIW verliehen.
Eintrittsvoraussetzungen: Erfolgreich abgelegte IWS / Schweißwerkmeisterausbildung
Ausbildungsumfang: 70 Unterrichtseinheiten
IWE: (International welding engineer) Als Eingangsvoraussetzung muss der Absolvent vor Kursbeginn ein Ingenieurdekret oder eine Diplomurkunde einer anerkannten Universität oder Fachhochschule (Diplomingenieur oder Master) vorlegen. Der Lehrgang ist in zwei Teile geteilt. Nach erfolgreichem Abschluss des ersten Teils ist der Absolvent nationaler Schweißtechnologe und erhält dafür ein nationales Zeugnis, ausgestellt vom TGM im Namen des Unterrichtsministeriums. Der Schweißtechnologe darf in Österreich arbeiten, nicht aber grenzüberschreitend. Nach erfolgreichem Abschluss des zweiten Teils wird dem Absolventen das internationale IWE Diplom vom IIW verliehen. Dieses Diplom ist international und bietet dem Absolventen die Möglichkeit des weltweiten Einsatzes.
Eintrittvoraussetzungen: Eine Schweißerprüfung nach EN-287-1, Praxisnachweis über jeweils 10 Stunden in allen anderen der insgesamt vier Hauptschweißverfahren. Ingenieurs- oder Diplomurkunde. Als Eintrittsvoraussetzung für den Teil zwei muss eine Art Aufnahmeprüfung (Monitoring) absolviert werden. Erfolgt ein Einstieg des Absolventen unmittelbar nach Abschluss des Teils eins in den Teil zwei, so gilt die Abschlussprüfung des Teils eins zugleich als Einstiegsprüfung in den Teils zwei und es entfällt dadurch das Monitoring. Praxisnachweis
Ausbildungsumfang: Teil 1 mit nationalem Abschluss: 257 Unterrichtseinheiten +40 Einheiten Praxis (inkl. einer Prüfung nach EN 287-1)
Teil 2 internationaler Abschluss: 137 Unterrichtseinheiten
Ausbildungsinstitute: Schweißtechnische Zentralanstalt (A-1030 Wien, Arsenal Obj. 207)
WIFI´s der Bundesländer, wenn sie zu diesen Ausbildungen eine Akkreditierung durch den ANB haben:
WIFI Niederösterreich
WIFI Oberösterreich
WIFI Steiermark
WIFI Kärnten
WIFI Tirol
WIFI Vorarlberg
Nationale Qualifikationen: Auf Basis der EN 14731 und der ÖNORM M 7805 sind nationale Qualifikationen hier in Österreich anzuerkennen, sofern die Ausbildung in Anlehnung der EWF-Lehrinhalte durchgeführt wurde. Die ÖNORM M 7805 besagt, dass nationale Qualifikationen und ausreichende Erfahrung anzuerkennen sind. Wie lange es die nationale Regelung (ÖNORM M 7805) noch geben wird, ist fraglich. Danach gilt jedenfalls die EN 14731, die zwar nationale Ausbildungen anerkennen lässt, allerdings nur dann, wenn die Ausbildung konform den Lehrplänen der EWF ausgeführt wurde. (EWF: European welding federation). Dies bedeutet, dass der höchste Level an Ausbildung auch national zu erfüllen sein wird.
Für Tragwerksaufträge, welche in die EXC 3-4 einzustufen sind müssen Sie die Schweißarbeiten in sogenannten WPS (Welding Procedure Specification), zu Deutsch Schweißanweisung, dokumentieren. Der Dokumentationsumfang ist abhängig von der EXC. Je höher, desto aufwendiger.
Exkurs: Tipps zur Vorgehensweise bei der Zertifizierung Ihres Betriebes nach EN 1090-1
Aufgrund der am 17.12.10 im Amtsblatt der EU kundgemacht EN 1090-1 als harmonisierte Norm ist
nun Handeln erforderlich. Beginnen Sie rechtzeitig mit der Vorbereitung der dann erforderlichen
Zertifizierung Ihres Betriebes nach EN 1090-1 (für die CE-Kennzeichnung Ihrer Produkte) und folgen
Sie den Empfehlungen der Landesinnung für Metalltechnik:
1. Analysieren Sie den Ist-Stand Ihres Betriebes. Welche Produkte stellen Sie her?
produzieren Sie Tragwerke für den Bau? Wenn ja, brauchen Sie nach künftig die
Zertifizierung, Falls Sie ausschließlich im Maschinen- oder Fahrzeugbau tätig sind, sind
Sie von der EN 1090 nicht betroffen und eine Zertifizierung ist nur beschränkt
erforderlich.
2. Überprüfen Sie, ob Sie außer S 235 oder 1.4301, 1.4404 oder 1.4571 auch noch
höherwertigere Werkstoffe verarbeiten. In diesem Fall werden im Zuge des
Zertifizierungsverfahrens Verfahrensprüfungen erforderlich.
3. Nachdem Sie Überlegungen zu den oben angeführten Punkten angestellt und diese
schriftlich festgehalten haben, können wir Sie wie folgt unterstützen:
Sie besuchen einen von der Landesinnung und dem WIFI organisierten Kurs oder Sie nutzen das Beratungsangebot der WK-Tirol zur Einführung einer Werkseigenen Produktionskontrolle in Ihrem Betrieb und zur Vorbereitung auf ein notwendiges externes Audit zur Erlangung Ihrer Zertifizierung.
4. Ihr Audit orientiert sich hauptsächlich an einem vorzulegenden Musterprojekt, welches
Sie nach dem erforderlichen Qualitätsmanagementplan umsetzen.
5. Wenn soweit nun alles in Ordnung ist, erhalten Sie Ihr EN 1090 -1 Zertifikat. Sie müssen
nun die für die Zertifizierung notwendigen Anforderungen weiterhin erfüllen und das
Zertifikat bei jedem relevanten Auftrag auf Verlangen vorlegen.
6. Ihr Zertifikat hat eine Gültigkeitsdauer von 3 Jahren, wenn Sie eine interne
Schweißaufsichtsperson beschäftigen oder Sie als Unternehmer oder Geschäftsführer
selbst über eine solche Ausbildung verfügen. Bedienen Sie sich einer externen
Schweißaufsichtsperson, so ist jährlich eine Revision erforderlich.
Dieses Merkblatt ist ein Produkt der Landesinnung der Metalltechniker Tirols.
Alle Angaben erfolgen trotz sorgfältigster Bearbeitung ohne Gewähr.
Eine Haftung der Bundesinnung der Metalltechniker Österreichs ist ausgeschlossen.
Nähere Informationen
Beratungsservice der Wirtschaftskammer Tirol
Ing. Richard Stöckl
T 05 90 90 5-1374
Ausbildungen am WIFI-Tirol
Ing. Elmar Veternik
T 05 90 90 5-7277
WIFI-Tirol Bereichsleiter Schweißwerkstätten
Stefan Schlatter
T 05 90 90 5-7514