Blick von oben auf die Häuserlandschaft des ersten Wiener Bezirks, im Vordergrund die grüne Kuppel der Peterskirche, im Hintergrund der Stephansdom
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Bau, Landesinnung

Die Geschichte des Innungshauses Wolfengasse 4

Informationen und Wissenswertes des Gebäudes der Bauinnung Wien

Lesedauer: 3 Minuten

15.11.2023

Man schrieb das Jahr 760 n. Chr., als ein "Poumeister“ namens Fanciscuß Sieß von Eisleben die Wiener Ruprechtskirche errichtete und mit diesem seinem Werk den ersten urkundlich überlieferten Nachweis für die Tätigkeit eines Baumeisters auf Wiener Boden erbrachte.

Ein historisches Datum für die Wiener Baugewerbe, dem in den bisher folgenden zwölf Jahrhunderten eine Unzahl weiterer geschichtlich bedeutsamer Ereignisse folgen sollte. Bedeutsam, weil es immer wieder Wiener Baumeister waren, die durch ihre längst weltberühmt gewordenen Leistungen aufhorchen ließen. Leistungen, die das äußere Gesicht der Stadt Wien wesentlich mitgeprägt haben und die als steinerne Zeugen für den Einfallsreichtum, den Schönheitssinn und das handwerklich-fachliche Können der Baumeister längst vergangener Epochen ein internationales Publikum immer wieder von neuem faszinieren vermögen. Eine Tradition, die für die Gegenwart und für die Zukunft des baulichen Geschehens zur Verpflichtung geworden ist.

Eine solche Verpflichtung des Wiener Baugewerbes gegenüber der Tradition war auch die Renovierungen des in den Jahren 1849 bis 1850 errichteten Wiener Innungshauses, eines wunderschönen profanen Beispiels des neugotischen Stils auf ältestem Wiener Boden.

In Kleinarbeit wurde dieses unter Denkmalschutz stehende Gebäude im ersten Wiener Gemeindebezirk in der Wolfengasse Nr. 4 äußerlich und innerlich von Grund auf renoviert und offenbart nun in neuem Glanze seine ganze bauliche Schönheit von einst.

Dass dieses Innungshaus der Schriftzug "Uralte Haupthütte Wien“ ziert, kommt nicht von ungefähr. Hervorgegangen aus den altrömischen und altchristlichen Bauhütten, den Klosterbauschulen und den Bauzünften, die neben den Dombauhütten entstanden waren, dürfen die Bauhütten als die Vorläufer der baugewerblichen Organisation betrachtet werden. Ihre Organisations- und Rechtsgrundlage, die so genannten Bauhüttenordnungen, regelten unter anderem das Verhalten und das Leben von Meistern, Gesellen und Lehrlingen. Außerdem wurden die handwerklichen Künste von Bauhütte zu Bauhütte mündlich überliefert.

Im mitteleuropäischen Kulturraum gab es vier Haupthütten. Und zwar die zu Straßburg, Bern, Köln und Wien.

Was nun die Haupthütte im Dom zu St. Stephan in Wien anlangt, so wurde auf ihr am 20. Feber 1637 die Vereinigung aller Steinmetzmeister und Maurermeister sowie deren Gesellen beschlossen.

So wurde auch das nunmehr renovierte Innungshaus Mitte des 19. Jahrhunderts von der Innung der bürgerlichen Bau- und Steinmetzmeister erbaut. In seinem Sitzungssaal werden einige historisch interessante Erinnerungsstücke aufbewahrt: so etwa zwei Zunfttafeln, die man als Vorläufer der neuzeitlichen Form einer Mitgliederevidenz bezeichnen könnte.

Im Zuge der durchgeführten Renovierungsmaßnahmen wurden aber auch bauliche Sünden wieder gut gemacht, die durch die widmungsfremde Verwendung so mancher Innungsräumlichkeiten begangen wurden. So wurde beispielsweise durch das Verlegen einer Wohnung die alte Gesellenhalle mit ihren gotischen Bögen wieder freigelegt. Sie dient heute als Klubzimmer für Besprechungen im kleineren Kreis.

Das Innungshaus ist im Zusammenhang mit dem gegenüberliegenden Hotel als Ensemble zu sehen, und so präsentiert sich die Wolfengasse mit ihrem gotischen Maßwerk in voller baulicher Schönheit, wodurch auch ein Stück Altstadtromantik erhalten bleibt.
 

Die Geschichte der Wolfengasse 4

Die Wolfengasse 4 befindet sich in einem der ältesten Stadtteile Wiens.

Ursprünglich lag es außerhalb der Mauern des ehemaligen Kastells der Römer.
Erst 1200 wurde der Stadtteil durch eine neue Mauer geschützt.
Lange Zeit blieb die Wolfengasse namenlos und wurde noch 1439 einfach als Gäßlein bezeichnet.
1695 wurde die Gasse zur "Weißen Wolfen Gäßlein“ und seit 1862 zur Wolfengasse.
Von 1300 bis 1361 war das Zisterzienserstift Baumgarten in Oberösterreich Besitzer der Liegenschaft.
1457 wurde das Haus eine Burse – Heim für Studenten (bis 1546)
Später war der Eigentümer ein Fuhrwerksunternehmer
1801 kaufte ein Gastwirt das Haus.
1848 kaufte die "vereinigte Innung der Herrn bürgerlichen Bau- und Steinmetzmeister in Wien“ die Liegenschaft – Kaufpreis 68.000 Gulden und 100 Dukaten
1849 wurde das Haus abgerissen, und es wurden zwei vierstöckige Häuser gebaut
1944 zerstört und ausgeplündert
1953 Wiederaufbau
1978 unter Innungsmeister Hofstädter renoviert.
1981 unter IM Hutschinski erfolgte die Übersiedlung des Büros der Landesinnung von der Rathausstr. 21 in die Wolfengasse 4
2000 – 2001 – Erneuerung unter IM Grüner