Sparte Industrie

Batterien: Europa quo vadis?

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 5 Minuten

26.09.2023

Eine neue Verordnung ersetzt die alte Batterien-Richtlinie - während der EU-Rechnungshof die Zukunft der Batterienproduktion in der EU in Frage stellt...

Die neue EU-Batterien-Verordnung, welche die Batterien-Richtlinie ersetzt, wurde am 28. Juli 2023 im Amtsblatt der europäischen Union veröffentlicht EUR-Lex - 32023R1542 - EN - EUR-Lex (europa.eu). Sie trat mit 17. August 2023 in Kraft und gilt grundsätzlich ab 18. Februar 2024, außer in der Verordnung sind (für einzelne Artikel) andere Daten festgelegt.

Diese Verordnung gilt für alle Batterien, einschließlich aller Geräte-Altbatterien, Elektrofahrzeugbatterien, Industriebatterien, Start- und Zündbatterien (die hauptsächlich für Fahrzeuge und Maschinen verwendet werden) und Batterien für leichte Transportmittel (z.B. Elektrofahrräder, E-Mopeds, E-Scooter).

Die wichtigsten Neuerungen:

  • Neue Batteriearten: Zusätzlich zu den bekannten Batteriearten Geräte-, Fahrzeug und Industriebatterien, werden zwei neue Batteriearten eingeführt: Batterien für Elektrofahrzeuge (EV) und für leichte Transportmittel (LTM bzw. englisch LMT, light means of transport: E-Bikes, E-Scooter usw.). Damit wird es zukünftig fünf Batteriearten geben.
  • Gerätebatterien müssen leicht entfernbar sein: Ab dem 18. Februar 2027 müssen Gerätebatterien, bis auf wenige Ausnahmen, auch durch Endnutzer aus Elektro- und Elektronikgeräten grundsätzlich entnehmbar und austauschbar sein. Für Batterien in leichten Transportmitteln gilt, dass diese zumindest von Fachpersonal entnehmbar sein müssen.
  • Kostenfreie Rücknahme: Zukünftig müssen auch Batterien für leichte Transportmittel und Elektrofahrzeuge sowie Starter- und Industriebatterien, wie bisher nur bei Gerätebatterien, nach einer Übergangszeit vom Hersteller kostenfrei zurückgenommen und entsorgt werden. Damit soll es Besitzern von alten Batterien zukünftig einfacher möglich sein, diese einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen.
  • Neue Kennzeichnungsvorschriften und digitaler Batteriepass: Zukünftig müssen Batterien neue Kennzeichnungen und einen QR-Code tragen. Dieser QR-Code soll über Kapazität, Leistung, Haltbarkeit, chemische Zusammensetzung und die Pflicht zur getrennten Entsorgung informieren. Für Batterien für leichte Transportmittel und Elektrofahrzeuge sowie industrielle und gewerbliche Zwecke mit einer Leistung von mindestens 2 kWh wird ein digitaler Batteriepass eingeführt, der Informationen über das Batteriemodell, verwendeten Rohstoffe, Nutzung und dergleichen enthält, um damit das Recycling zu erleichtern.
  • Neue Sammelziele für Gerätealtbatterien und für Batterien für leichte Transportmittel: Die Sammelquoten für Gerätebatterien steigen auf 63% bis 2027 und auf 73% bis 2030 an, die Sammelquoten für Batterien für leichte Transportmittel werden auf 51% für 2028 und auf 61% für 2031 festgesetzt.
  • Einführung von Recyclingeffizienzvorgaben: Für die unterschiedlichen Batteriearten wird eine Minimumeffizienz der Recyclingprozesse (Verhältnis der zurückgewonnenen Sekundärrohstoffe bezogen auf die Masse der Altbatterien, die dem Recycling zugeführt wurde) festgelegt, die bis Ende 2025 einzuhalten ist: 75% bei Blei-Säure-Batterien, 65% bei lithium-basierten Batterien, 80% für Nickel-Cadmium-Batterien und für andere Altbatterien 50%. Bis Ende 2030 erhöht sich die Vorgabe bei Blei-Säure-Batterien auf 80% und bei lithium-basierten Batterien auf 70%.
  • Einführung von Vorgaben an die Materialrückgewinnung: Bis spätestens 31.Dezember 2027 müssen alle Recyclingverfahren die folgenden Mindestwerte für die stoffliche Verwertung erreichen: 90% für Kobalt, Kupfer, Blei und Nickel sowie 50% für Lithium und bis 31. Dezember 2031 95% für Kobalt, Kupfer, Blei und Nickel sowie 80% für Lithium.
  • Einführung von Rezyklat-Einsatzquoten: 96 Monate nach Inkrafttreten (2031) werden für den Einsatz in Elektrofahrzeug-, Starter- und Industriebatterien Mindestwerte von Recyclingmaterial von 16% für Kobalt, 85% für Blei und 6% für Lithium und Nickel festgelegt. Diese Mindestwerte erhöhen sich 156 Monate nach Inkrafttreten (2036) auf 26% für Kobalt, 12% für Lithium und 15% für Nickel und sind ab dann auch bei Batterien für leichte Transportmittel einzuhalten.
  • CO2–Fußabdruck für Elektrofahrzeug-, wiederaufladbare Industriebatterien und Batterien für leichte Transportmittel: Die Kommission soll für diese Batteriearten über die nächsten Jahre maximale Schwellenwerte für den CO2-Fußabdruck über den gesamten Lebenszyklus einer Batterie festlegen. Batterien, die dann diesen Wert überschreiten, dürfen in Europa nicht mehr in Verkehr gesetzt werden.
  • Mögliches zukünftiges Verbot von nicht wiederaufladbaren Batterien: Bis Ende 2030 soll die Kommission bewerten, ob nicht-wiederaufladbare Batterien in der EU verboten werden sollen.

Die Europäische Kommission hat zwischenzeitlich mit den Arbeiten zu diversen delegierten Rechtsakten, mit denen die Details zu zahlreichen Vorgaben (wie z.B. Berechnungsmethoden für den CO2-Fußabdruck) normiert werden, begonnen.

Bericht des Europäischen Rechnungshofs zeichnet düsteres Bild

Passend zu diesem Thema hier noch der Link zu einem im Juni 2023 veröffentlichten EuRH-Bericht, wonach die EU im globalen Wettbewerb bei der Batterieproduktion zurückzufallen droht: NEWS-SR-2023-15 | European Court of Auditors (europa.eu)

Zwar habe die EU die Industriepolitik für Batterien in den letzten Jahren wirksam gefördert, der schwierige Zugang zu Rohstoffen führe jedoch zu Engpässen. Hinzu kämen steigende Kosten und ein harter weltweiter Wettbewerb. Die Bemühungen der EU, die Batterieproduktion zu steigern, könnten daher möglicherweise nicht ausreichen, um die steigende Nachfrage zu decken.

Erstens bestehe die Gefahr, dass Batteriehersteller aus der EU in andere Regionen abwandern – insbesondere in die USA, wo sich ihnen massive Anreize böten. Im Gegensatz zur EU subventionierten die USA die Gewinnung von Mineralien und die Herstellung von Batterien direkt. Dies gelte auch für den Kauf von Elektrofahrzeugen, die im Inland mit amerikanischen Komponenten hergestellt würden.

Zweitens sei die EU in hohem Maße von Rohstoffeinfuhren abhängig – hauptsächlich aus einigen wenigen Ländern, mit denen es keine Handelsabkommen gebe. So stammten 87 % der Rohlithium-Importe aus Australien, 80 % der Mangan-Importe aus Südafrika und Gabun, 68 % der Einfuhren von Rohkobalt aus der Demokratischen Republik Kongo und 40 % der Einfuhren von natürlichem Rohgraphit aus China. Zwar verfüge Europa über einige Vorkommen, doch würden für ihre Erschließung mindestens 12 bis 16 Jahre benötigt. Die derzeitigen Lieferverträge sicherten die Versorgung mit Rohstoffen in der Regel jedoch nur für die Produktion der bevorstehenden zwei oder drei Jahre. Die EuRH-Prüfer weisen darauf hin, dass die Europäische Kommission im März dieses Jahres ein Gesetz zu kritischen Rohstoffen vorgeschlagen habe, um hier Abhilfe zu schaffen.

Drittens könne die Wettbewerbsfähigkeit der Batterieproduktion in der EU durch steigende Rohstoff- und Energiepreise gefährdet werden. Ende 2020 waren die Kosten für einen Batteriesatz (200 Euro pro kWh) mehr als doppelt so hoch wie geplant. Allein in den letzten beiden Jahren sei der Preis für Nickel um mehr als 70 % und der für Lithium um 870 % gestiegen.

Der Bericht warnt abschließend vor zwei Worst-Case-Szenarien: Im ersten Szenario könne sich die EU gezwungen sehen, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor erst nach 2035 zu verbieten. In diesem Fall werde sie ihre Klimaneutralitätsziele nicht erreichen. Im zweiten Szenario müsse die EU zum Nachteil der europäischen Automobilindustrie und deren Beschäftigten stark auf Batterien und Elektrofahrzeuge aus Drittländern setzen, um bis 2035 den Straßenverkehr emissionsfrei zu bekommen.

Autor: 
Mag. Gerfried Habenicht
E-Mail: gerfried.habenicht@wko.at