CETA: Handelsabkommen der EU mit Kanada

CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) soll den Handel mit Waren, Dienstleistungen und Investitionen der EU mit Kanada fördern und die Wirtschaftsbeziehungen stärken

Lesedauer: 6 Minuten

Vertragsinhalte von CETA im Überblick

Im Warenverkehr werden sowohl die Abschaffung bzw. die Reduktion von Zöllen in allen Wirtschaftsbranchen bei Inkrafttreten des Abkommens österreichischen Firmen den Zugang auf die kanadischen Märkte erleichtern.

Ein noch größerer Effekt wird von der verbesserten und intensiveren Zusammenarbeit auf dem Gebiet der ungerechtfertigten sogenannten nicht-tarifären Handelshemmnisse erwartet, sobald das Abkommen umgesetzt sein wird.

Die Möglichkeiten, europäische Firmen bei der Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen in Kanada zu diskriminieren konnte in den Verhandlungen, abhängig von der jeweiligen kanadischen Provinz, deutlich reduziert werden.

Auch EU-Anbieter von Dienstleistungen werden im Hinblick auf verbesserte Marktzugangsmöglichkeiten und Regulierungen profitieren. Das Prinzip der Nicht-Diskriminierung erleichtert ebenfalls den Marktzugang für gegenseitige Investitionen.

Die ausverhandelten Investitionsschutzbestimmungen gehörten bereits 2014 zu den international modernsten.

Kanada wird für bestimmte europäische und auch österreichische geografische Herkunftsbezeichnungen die rechtlichen Schutzbestimmungen verstärken.

Am 14. Jänner 2017 wurden nachfolgende Rechtsakte im Amtsblatt der EU (L 11) publiziert:

Vorläufige Anwendung von CETA

Gemäß der Mitteilung der Europäischen Kommission vom 16. September 2017 wird das Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) ab 21. September 2017 vorläufig angewendet.

Damit beginnt unter anderem der Zollabbau durch die EU und Kanada und die Anwendung der CETA-Ursprungsregeln.

Ab 21. September 2017 werden die Zollverwaltungen der EU kanadischen Ursprungserzeugnissen, die die Anforderungen des Abkommens erfüllen, die entsprechende Präferenzbehandlung gewähren. Auf kanadischer Seite wird dies umgekehrt ebenso sein.

Ausgenommen von der vorläufigen Anwendung des Abkommens sind bestimmte Bestimmungen des

  • Kapitel 13 (Finanzdienstleistung) soweit sie Portfolio-Investitionen, Investitionsschutz oder die Beilegung von Investitionsstreitigkeiten zwischen Investoren und Staaten betreffen sowie
  • Artikel 20.12 (Camcording),
  • die Artikel 27.3 (Verwaltungsverfahren) und Artikel 27.4 (Überprüfung und Rechtsbehelf) auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten und
  • Artikel 28.7 Absatz 7 (Besteuerung).

Bei Kapitel 8 (Investitionen) werden nur jene Bestimmungen vorläufig angewendet, die ausländische Direktinvestitionen betreffen.

Die Kapitel 22 (Handel und nachhaltige Entwicklung), Kapitel 23 (Handel und Arbeit) und Kapitel 24 (Handel und Umwelt) werden nur insofern vorläufig angewendet, als sie in die Zuständigkeit der Europäischen Union fallen.

Vorläufige Anwendung von Handelsabkommen

Es gibt eindeutige rechtliche Grundlagen im Lissabon-Vertrag (Art. 218 Abs. 5 AEUV), welche festlegen, dass die vorläufige Anwendung jener Teile eines Handelsabkommens, die in ausschließ­licher EU-Zuständigkeit liegen, durch Beschluss der EU-Mitgliedstaaten möglich ist. Nach geltender EU-Praxis muss auch noch das EU-Parlament dem Abkommen vor der vorläufigen Anwendung von Handelsverträgen zustimmen. Diese Bestimmungen des Lissabon-Vertrages wurden vom österreichischen Parlament ratifiziert und damit geltendes österreichisches Recht. 

Nach Inkrafttreten eben dieses Lissabon-Vertrages wurde der Handelsteil aller sechs seitdem abgeschlossenen EU-Handelsabkommen (mit Südkorea, Zentralamerika, Kolumbien/Peru, Moldawien, Georgien und der Ukraine) ebenso wie jener der EU-Abkommen vor dem Lissabon-Vertrag (z.B. den Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit den mittel- und osteuropäischen Ländern, den West­balkanländern, alle Europa-Mittelmeer-Abkommen u.a.m.) vorläufig angewendet. Österreich, die EU und die Partnerländer haben durch diese vorläufige Anwendung von Handelsabkommen enorm profitiert. 

Die volle Wirkung von Handelsabkommen entfaltet sich nicht mit ihrem Abschluss. In der Regel dauert es bis zu 10 Jahre, bis die Bestimmungen eines Handelsabkommens vollständig umgesetzt und von den Verwaltungen der Handelspartnerländer tatsächlich angewendet werden. Die Verzögerung des Abschlusses des ausverhandelten CETA-Abkommens und der vorläufigen Anwendung seiner in ausschließlicher EU-Zuständigkeit befindlichen Teile würde nicht nur der österreichischen Wirtschaft und den im internationalen Handel tätigen Betrieben, sondern auch der Glaubwürdigkeit Österreichs und der EU als verlässlicher Handelspartner gegen­über Kanada, aber auch in den zahlreichen anderen laufenden und zukünftigen Verhand­lungen, schaden. 

Zollabbau durch EU und Kanada

Das Abkommen enthält in Anhang 2-A "Zollabbau" auf den Seiten 213ff den Zollabbauplan Kanadas, auf den Seiten 223ff den Zollabbauplan der Europäischen Union (Amtsblatt der EU L 11 vom 14.1.2017).

Präferenzen zugunsten begünstigter kanadischer Ursprungserzeugnisse sind auch schon in der TARIC-Datenbank enthalten.
(Hinweis: Diese Datenbank ist öffentlich zugänglich, die Informationen sind juristisch gesehen zwar nicht verbindlich, für eine erste Orientierung aber hilfreich.)

Auf der Website der kanadischen Zollverwaltung findet sich ebenfalls eine ab dem 21.9.2017 anwendbare Fassung des kanadischen Tarifs.
(Hinweis: Die von CETA begünstigen Staaten sind in der Übersichtsliste einzeln aufgeführt, die CETA-Präferenzen sind im Tarif mit CEUT gekennzeichnet.)

CETA-Ursprungsregeln

Die präferenziellen Ursprungsregeln ergeben sich aus dem Protokoll über Ursprungsregeln und Ursprungsbestimmungen (Amtsblatt der EU L 11 vom 14.1.2017, Seiten 465-566).

Diese Regeln beschreiben, wann eine Ware einer Vertragspartei als Ursprungserzeugnis gilt, für das der vom Abkommen vorgesehene Zollvorteil in Anspruch genommen werden kann.

Nicht im Ursprungsprotokoll sondern in Kapitel Zwei des Abkommens "Inländerbehandlung und Marktzugang für Waren" findet sich die Bestimmung über Zollrückvergütung: Artikel 2.5 "Beschränkungen in Bezug auf Zollrückerstattungs-, Zollstundungs- und Zollaussetzungsregelungen" (Seite 32).

Daneben sind die CETA-Listenregeln (Anhang 5 sowie Anhang 5 A, Seiten 491-564) zu beachten, die sich zum Teil erheblich von den Listenregeln in den bisherigen Präferenzregelungen der EU unterscheiden.

Einen Vergleich der Listenregeln der EU in den verschiedenen Präferenzregimen ermöglicht auf einfache aber unverbindliche Weise die Datenbank "Warenursprung und Präferenzen" der deutschen Zollverwaltung.

Dem Ursprungsprotokoll sind folgende Anhänge angefügt:

  • Anhang 1 "Toleranz für Spinnstoffe und Kleidung" (Seiten 482-484)
  • Anhang 2 "Wortlaut der Ursprungserklärung" (Seiten 485-488)
  • Anhang 3 "Lieferantenerklärung zu bei der Herstellung von Erzeugnissen ohne Ursprungseigenschaft verwendeten Vormaterialien ohne Ursprungseigenschaft" (Seite 489)
  • Anhang 4 "CEUTA und MELILLA betreffende Sachverhalte" (Seite 490)
  • Anhang 5 "Erzeugnisspezifische Ursprungsregeln" (Seiten 491-543)
  • Anhang 5-A "Ursprungskontingente und Alternativen für die erzeugnisspezifischen Ursprungsregeln des Anhanges 5" (Seiten 544-564)

    • Abschnitt A "Landwirtschaft" (Seiten 545-549)
    • Abschnitt B "Fische und Meeresfrüchte" (Seiten 549-550)
    • Abschnitt C "Spinnstoffe und Kleidung" (Seiten 550-562)
    • Abschnitt D "Fahrzeuge" (Seiten 562-564)

  • Anhang 6 "Gemeinsame Erklärung betreffend die Ursprungsregeln für Spinnstoffe und Kleidung" (Seite 565)
  • Anhang 7 "Gemeinsame Erklärungen betreffend das Fürstentum Andorra und die Republik San Marino" (Seite 566)

Besonders hinzuweisen ist auf

CETA-Präferenznachweis und REX-Registrierung

Im CETA-Abkommen ist kein zollamtlich bestätigter Präferenznachweis vorgesehen, sondern nur eine Ursprungserklärung (CETA-Ursprungsprotokoll, Artikel 18 in Verbindung mit Anhang 2, Texte der Ursprungserklärungen Seiten 485-488). 

Das Abkommen sieht auch keinen Ermächtigten Ausführer vor. Es verweist auf die nationalen Regelungen, für die EU damit auf das EU-Zollrecht. Dieses sieht mit 1.1.2017 die Einführung des REX-Systems vor, das zum einen für Zwecke des APS dient, zum anderen aber auch das maßgebend System für alle Abkommen der EU darstellt, die keinen Ermächtigten Ausführer kennen.

Um die REX-Registrierungen zeitgerecht bis zum Beginn der vorläufigen Anwendung von CETA (voraussichtlich am 21.9.2017) abwickeln zu können, bietet die Zollverwaltung Exporteuren bereits seit Ende 2016 die erforderlichen Informationen und Formulare auf der Homepage des BMF an. Dort finden Sie nicht nur den Antrag sondern auch einen Leitfaden und eine Rubrik Allgemeine Hinweise.

Die Europäische Kommission hat gemäß Information des BMF zugestanden, dass in einem Übergangszeitraum bis zum 31.12.2017 Ermächtigte Ausführer (EA) ihre EA-Bewilligungsnummer für die CETA-Ursprungserklärung verwenden dürfen. Trotz dieser Übergangsregelung sollten Kanada-Exporteure allerdings möglichst rasch die REX-Registrierung in die Wege leiten. 

CETA-Verifizierungsverfahren 

Artikel 29 des CETA-Ursprungsprotokolls (UP) behandelt das Verifizierungsverfahren, das Verfahren zur Überprüfung von Präferenznachweisen bzw. des Vorliegens von Präferenzursprung. Dieses enthält aus EU-Sicht einen Systemwechsel: Erstmalig vereinbarte die EU in einer Präferenzregelung, dass die zuständige Behörde des Ziellandes der Lieferung endgültig über das Vorliegen der Präferenzursprungseigenschaft entscheidet (Artikel 29 Absatz 11 bis 15). Die zuständige Behörde des Ziellandes der Lieferung bestimmt letztendlich auch, mit welchem Maß an Information und Dokumentation sie sich zufrieden gibt. 

Im Verifizierungsfall ist vorgesehen, dass dem schriftlichen (Verifizierungs-)Bericht der zuständigen Behörde des Lieferlandes „gegebenenfalls Belege“ beigeschlossen werden können (Artikel 29 Absatz 4 und 8 a) v)). Die Zollbehörden der EU sind allerdings auch dem Datenschutz verpflichtet.

Eine direkte Kontaktnahme von Ausführer bzw. Hersteller und Behörden des Importlandes ist nicht explizit vorgesehen. Betriebsbesuche beim Ausführer durch die Behörden des Einfuhrlandes sind ebenfalls nicht vorgesehen. 

Jeder Exporteur, der eine CETA-Ursprungserklärung ausstellt bzw. jeder Zulieferer im Binnenmarkt, dessen Kunde eine Lieferantenerklärung möchte, sollte sich zum Schutz seiner Geschäftsinteressen überlegen, welche vertraglichen Verpflichtungen er gegenüber seinem Abnehmer einzugehen bereit ist betreffend den Nachweis der Ursprungseigenschaft für Zwecke von CETA (Weiterleitung von Originaldokumenten). 

Access2Markets

Im EU-Portal für Handelsinformationen "Access2Markets" finden Sie u.a. auch produktspezifische Informationen zu den Zöllen und den Ursprungsregeln (ROSA).

Stand: 10.01.2022