Dänemark: Neuerungen bei Industrie-Kollektivverträgen
Verhandlungen zu Mindestlöhnen
Seit Anfang des Jahres wurden sechs Wochen lang u.a die tarifvertraglichen Mindestlohnsätze in der größten dänischen Arbeitgebervertretung - Dansk Industri -verhandelt. Nach einer langen und zähen Verhandlung hat man sich Ende Februar auf ein neues Abkommen für dänische Industriearbeiter - umfasst von der Industriens Overenskomst - geeinigt. Die neuen Tarifverträge, die in Dänemark zwischen den Arbeitgebervertretungen und den Gewerkschaften (genannt fagforeninger) verhandelt werden, gelten für zwei Jahre, also bis 2025.
Neue Kollektivverträge
Das Ergebnis der Verhandlungen bringt einige Neuerungen mit sich: eine Gehaltserhöhung von 4% über die kommenden zwei Jahre (2% 2023 und 2% 2024) sowie eine Erhöhung des Mindestlohns für Mitarbeiter von 9 DKK (ca. 1,20 EUR) und 8 DKK (1,07 EUR) für Lehrlinge in den kommenden zwei Jahren. Auch eine Erhöhung des Betrags im sogenannten Lohnkonto (zusätzliches Auszahlungskonto für Pension oder zusätzliche freie Tage) von 7% auf 9% ist vorgesehen. Neu ist ebenso, dass der Arbeitgeberanteil der Pension von 8% auf 10 % erhöht und der Arbeitnehmeranteil auf 2% reduziert wird (12% Pension gesamt bleibt gleich). Außerdem hat man sich darauf geeinigt, den Mitarbeiterrepräsentanten (dänisch: tillidsrepresentant) mehr lokale Verhandlungsmacht zu geben, d.h. es kann intern in den Unternehmen zu lokalen Abkommen kommen, die die Mitarbeiter noch weiter begünstigen.
Anfang März wurden weitere branchenspezifische Verträge in der Dansk Industri verhandelt, beispielsweise der Baubranche, für den Handel oder des Transportsektors. Die entsprechenden Tarifverträge orientieren sich bei ihren Neuerungen stark an der genannten Industriens Overenskomst. Insgesamt betreffen die neuen Verträge zirka 600.000 private, dänische Arbeitnehmer.
(Kommentar: Zu Redaktionsschluss mussten die vorgeschlagenen Abkommen erst von den Gewerkschaftsmitgliedern abgesegnet werden.)
Kollektivverträge in Dänemark
Der Arbeitsmarkt in Dänemark ist anders organisiert als beispielsweise in Österreich oder auch in Deutschland. Tarifverträge spielen in Dänemark eine wichtige Rolle, da die Gesetzgebung nur in begrenztem Umfang die Teile des Arbeitsverhältnisses regelt, die durch Tarifverträge abgedeckt sind. Anders als in den meisten anderen europäischen Ländern gibt es in Dänemark keine Rechtsvorschriften über Mindestlöhne, die Länge der Arbeitswoche oder die Vergütung von Überstunden.
Sowohl bei den Beschäftigten des öffentlichen Sektors als auch des privaten Sektors ist die Beschäftigung mittels Kollektivvertrag die bei weitem häufigste Form der Beschäftigung (drei von vier Arbeitnehmern sind von einem Kollektivvertrag umfasst).
Im Prinzip ist die Tarifbindung freiwillig, der gewerkschaftliche Organisationsgrad aber sehr hoch (rund 70%). Die Tarifverträge werden alle drei Jahre zwischen den Arbeitgerbervertretungen und den Gewerkschaften verhandelt.
Mindestlohnbestimmungen
Zu den Bedingungen, die normalerweise in Tarifverträgen enthalten sind, gehören Bestimmungen, die einen Standard- oder Mindestlohn festlegen. In Dänemark gibt es keinen gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn. Als Orientierung für die Minimallöhne in der Branche kann man die geltenden Kollektivverträge heranziehen.
Die Tarifverträge sind Minimallohntarifverträge – die individuellen Löhne ergeben sich für die einzelnen Mitarbeiter je nach Erfahrung und Qualifikation. Hinzu kommen auch noch Lohnnebenkosten, d.h. weitere Zahlungen für Urlaubsgeld, Pension etc. Überstunden, Schichtarbeit und Arbeiten außerhalb der normalen Arbeitszeit werden tarifvertraglich höher entlohnt.
Die Art der Arbeit entscheidet darüber, welcher Tarifvertrag gilt.
Entsendungen nach Dänemark
Für nach Dänemark entsandte MitarbeiterInnen gelten die Lohn- und Arbeitszeitbestimmungen vor Ort. Bei Entsendungen beruht der zu zahlende Lohn immer auf konkreter Bewertung, einige der in Österreich üblichen geleisteten Zahlungen (z.B. 13., 14. Monatsgehalt, Gehaltsfortzahlung bei Urlaubstagen und Feiertagen sowie Pensionsversicherungsbeiträge) können bei der Berechnung des Bruttogehalts gegengerechnet werden.
Haben Sie weitere Fragen zu den Kollektivverträgen und den Mindestlohnbestimmungen in Dänemark? Das AußenwirtschaftsBüro Kopenhagen berät Sie bei Ihren individuellen Anliegen und hilft Ihnen festzustellen, welcher Tarifvertrag auf die von Ihren Mitarbeitern hier in Dänemark ausgeführte Arbeit anwendbar ist.