Blick auf die Stadt Athen mit dem Akropolis-Berg, umrandet von Bäumen. Über das Bild wurde ein weißes Austria A gelegt.
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Griechenland: Wirtschaftslage

Die wichtigsten Informationen zur griechischen Wirtschaft – zuverlässig und aus erster Hand

Lesedauer: 7 Minuten

Aktuelle Lage: Wirtschaftsbericht

Nach einem sehr robusten Wachstum im Jahr 2022 verlangsamte sich die wirtschaftliche Aktivität in Griechenland im Jahr 2023 ein wenig, blieb jedoch im EU-Vergleich überdurchschnittlich stark und sollte schließlich bei 2,0 % im Gesamtjahr liegen.

Griechenlands Zentralbankgouverneur Yiannis Stournaras prognostiziert für 2024 ein BIP-Wachstum von 2,3 % und in den beiden folgenden Jahren jeweils 2,5 %. Die OECD erwartet laut ihrer aktualisierten Wirtschaftsaussicht für Griechenland ein BIP-Wachstum von 2,0 % im Jahr 2024 und einer Rückkehr auf 2,4 % im Jahr 2025.

Die Inflation schwankte etwas im zweiten Halbjahr 2023, hielt sich jedoch im Gesamtjahresdurchschnitt auf unter 4 %. Seit Jahresbeginn ist wieder ein rückläufiger Trend erkennbar. Für die kommenden Jahre wird insgesamt eine Erholung voraussichtlich auf 3,5 % im Jahr 2024 und auf 2,2 % im Jahr 2025 erwartet. Hauptproblem ist und bleibt hier die Lebensmittelinflation.

Zum ersten Mal seit 14 Jahren ist die Arbeitslosenquote in Griechenland letzten Oktober zwischenzeitlich auf unter 10 % gesunken. Die saisonal bereinigte Arbeitslosenquote im Gesamtjahr 2023 lag jedoch gemäß ELSTAT knapp darüber. Allgemein wird erwartet, dass sich der positive Trend fortsetzt und die Arbeitslosenquote dauerhaft einstellig bleibt. So erwartet die Bank of Greece einen Wert von 8,4 % bis 2026. Obwohl die Arbeitslosigkeit auf Vorkrisenniveau gesunken ist, sind die Auswirkungen der langjährigen Wirtschaftskrise des Landes auf den Arbeitsmarkt immer noch deutlich sichtbar.

Griechenland bleibt vorerst der höchst verschuldete EU-Staat, aber die EU-Kommission betrachtet die Schulden als tragfähig, hauptsächlich aufgrund langer Laufzeiten und niedriger Zinssätze. Die EU-Kommission prognostiziert für 2023 eine Schuldenquote von rund 160 % des BIP für Griechenland. Trotzdem wird erwartet, dass das Land seine Schulden allmählich abbauen wird und bis 2025 voraussichtlich einen Wert von etwa 148 % des BIP erreichen wird.

Besondere Entwicklungen

Am 20. Oktober 2023 hat S&P als erste große Ratingagentur die Bonitätsbewertung für Griechenland von 'BB+/B' auf 'BBB-/A-3' angehoben. Damit kehrte Griechenland nach 14 Jahren auf den langersehnten „Investment Grade“ zurück. Mit der Rückkehr zum „Investment Grade“ wird Griechenland der so wichtige Zugang zu den internationalen Kreditmärkten ermöglicht. Bis auf Moody’s haben auch alle anderen relevanten Ratingagenturen ihre Bewertungen ebenfalls entsprechend adaptiert.

Die wiedergewählte griechische Regierung setzte ihren Kurs der Privatisierung fort und erzielte dabei beachtliche Erfolge. Die jeweils 22 % und 9 % Anteile des Hellenic Financial Stability Fund an zwei der vier Systembanken, der National Bank of Greece (NBG) und der Alpha Bank, wurden im vergangenen Jahr nach erfolgreichem Börsengang bzw. internationaler Ausschreibung hauptsächlich an internationale institutionelle Investoren, darunter BlackRock, Fidelity, Lazard und Allianz bzw. an die UniCredit Group, veräußert. Dies signalisierte nicht nur die Rückkehr Griechenlands zur Normalität, sondern stärkte auch das Vertrauen internationaler Investoren in die gesamte Wirtschaft des Landes. Die Regierung plant nun, für 2024 fünf Milliarden Euro durch den Verkauf von Staatsbesitz, darunter Liegenschaften, Häfen, Flughäfen und Autobahnen, zu generieren. Dies würde einen neuen Rekord seit Beginn der Privatisierungen vor zwölf Jahren darstellen.

Am 28. November 2023 hat die Europäische Kommission den modifizierten Aufbau- und Resilienzplan von Griechenland positiv bewertet, der nun auch ein Kapitel über REPowerEU umfasst. Der Plan hat damit einen Wert von 35,95 Milliarden Euro (im Vergleich zu 30,9 Milliarden im Originalplan). Die Zuschüsse belaufen sich nun auf 18,22 Milliarden Euro und die Darlehen auf 17,73 Milliarden Euro. Inklusive des mehrjährigen Finanzrahmens der Strukturfondsmittel aus dem EU-Haushalt 2021-2027 und weiteren europäischen und nationalen Mitteln hat Griechenland in den nächsten Jahren Anspruch auf insgesamt mehr als 85 Milliarden Euro.

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Im Gesamtjahr 2023 gingen laut vorläufigen Daten der Statistik Austria die österreichischen Warenausfuhren nach Griechenland leicht um -1,6 % zurück und erzielten ein Wertvolumen von 716,9 Millionen Euro. Die österreichischen Einfuhren griechischer Waren stiegen im Zeitraum Jänner-Dezember 2023 um +6,1 %. Das Wertvolumen belief sich damit auf 475,9 Millionen Euro.

Nach den zuletzt veröffentlichten Daten für das 1.-3. Quartal 2023 lagen die österreichischen Dienstleistungsexporte nach Griechenland bei 249 Millionen Euro (+23,7 % gegenüber dem 1.-3. Quartal 2022). Die Dienstleistungsimporte aus Griechenland gingen hingegen zurück auf 594 Millionen Euro (-12,8 %). Haupttreiber bei den Dienstleistungen ist traditionell der Tourismus. Im Gesamtjahr 2023 wurde hier von der griechischen Zentralbank ein neuer Rekordwert von 763.896 Einreisenden aus Österreich erfasst (+24,5 % gegenüber 2022).  Umgekehrt berichtet die Statistik Austria im Zeitraum Kalenderjahr 2023 von 105.917 griechischen Touristen in Österreich (+43,0 %). Abgesehen vom Tourismus werden in Griechenland vor allem im Transport- und Logistikbereich österreichische unternehmensbezogene Dienstleistungen erbracht.

Die österreichischen Direktinvestitionen in Griechenland sind im Vergleich zu anderen südosteuropäischen Nachbarstaaten eher gering. Nach den zuletzt veröffentlichten, vorläufigen Daten der OeNB betrugen die aktiven Bestände österreichischer Direktinvestitionen in Griechenland Ende 2022 231 Millionen Euro, was einem Rückgang von 14,1 % gegenüber den revidierten Daten von 2021 entspricht. Auf der anderen Seite waren in Österreich weniger als vier griechische Beteiligungen registriert, weshalb die entsprechenden Daten als vertraulich behandelt werden.

Aktuell gibt es in Griechenland 50 registrierte Tochterunternehmen bzw. aktive Niederlassungen österreichischer Unternehmen.  Weiters sind gemäß der griechischen Unternehmensdatenbank von ICAP (D&B) 397 Vertretungsunternehmen österreichischer Firmen, 1.798 Importunternehmen (aus Österreich) und 951 Exportunternehmen (nach Österreich) registriert.

Geschäftschancen für österreichische Unternehmen

Der Austausch von Waren, Dienstleistungen und Direktinvestitionen zwischen Österreich und Griechenland spiegelt gesunde Wirtschaftsbeziehungen zwischen zwei EU-Partnerstaaten auf Augenhöhe wider. Für österreichische Unternehmen ergeben sich praktisch branchenübergreifend interessante Geschäftschancen. Wegen der durch den Krieg unterbrochenen oder stark eingeschränkten Handelsgeschäften mit der Ukraine und Russland bietet sich Griechenland zudem für österreichische Exporteur:innen als leicht zugänglicher und attraktiver Ausweichmarkt mit hohen Gewinnmargen an. Zunehmendes Interesse besteht auch an Firmenneugründungen oder für „digitale Nomad:innen“ als Basis für Fernarbeit.

Traditionell stark ist Österreich, wenn es um die Ausfuhr von Maschinen, Elektrogeräten, Milch- und Molkereierzeugnissen, Getränken sowie Verpackungsmaterial und pharmazeutischen Erzeugnissen geht. Laut International Trade Center besteht für österreichische Warenexporte nach Griechenland allerdings auch ein - noch nicht ausgeschöpftes - zusätzliches Exportpotential von rund +60 % (d.s. > +300 Millionen Euro). Neue, vielversprechende Möglichkeiten ergeben sich dabei auf allen Pfeilern des europäischen Recovery und Resilienz-Plans: diversifizierte Energiestrategien, Digitalisierung, PPP-Infrastrukturprojekte und Flagship-Investitionen, u.a. im Tourismusbereich.

Hauptverbindungselement zwischen beiden Ländern ist der starke saisonale Touristenstrom. Rund eine halbe Million Einreisende aus Österreich besuchen Griechenland jedes Jahr zur Sommersaison. Im Winter zieht es dagegen rund 100.000 skisportbegeisterte Griech:innen in die Alpenrepublik. Abgesehen vom Tourismus werden in Griechenland verschiedene österreichische unternehmensbezogene Dienstleistungen erbracht, vor allem im Transport- und Logistikbereich. Allein aufgrund der besonderen geographischen Lage als “Gateway to Europe” hat Griechenland das Potential, ein internationaler Logistik-Hub zu werden. Chancen entstehen dabei im 3PL-Bereich, dem Kombitransport, dem Transitverkehr aber auch bei Value Added Services wie z.B. Assembling.

Österreichische Direktinvestitionen sind in Griechenland im Vergleich zu anderen südosteuropäischen Nachbarländern eher gering. Alle aktiven österreichischen Produktionsniederlassungen sind in der Verpackungsindustrie zu finden. Dabei wäre vom griechischen Primärsektor bis hin zur lebensmittelverarbeitenden Industrie der Bedarf nach Aufstockungen der Produktionskapazitäten zur Erzielung von Skaleneffekten dringend gefragt. Es bietet sich der Ankauf und Ausbau bzw. Modernisierung bestehender Standardisierungsanlagen an, wo österreichische Unternehmen über ein enormes Know-How verfügen.

Als Hauptargument um in Griechenland zu investieren, gilt das exzellent ausgebildete Humankapital mit ausgeprägtem mathematischen Grundverständnis und grundliegendem Out-of-the-box-thinking, welches außerordentlich kreativ und affin für neue Technologien ist. Die junge Generation griechischer Fachkräfte ist darauf eingestellt schnell, flexibel und effektiv sowohl selbstständig als auch in kleinen Teams zu arbeiten – auch unter intensiveren Bedingungen, wenn zur Zielerreichung benötigt. Durch die verinnerlichte EU-Kultur ist sie sehr anpassungsfähig und verfügt standardgemäß über sehr gute Englischkenntnisse. Die Bereitschaft die deutsche Sprache zu erlernen, falls noch keine Kenntnisse vorliegen, ist sehr hoch.

Aufgrund des derzeitigen gesamtwirtschaftlichen Ratings und Outlooks ergibt sich für österreichische Unternehmen evtl. der richtige Zeitpunkt für eine Akquisition oder ein Joint Venture mit einem etablierten KMU oder einem der vielversprechenden griechischen Startups. Griechenland ist nicht nur als Produktionsstandort, sondern auch als Forschungs-/Entwicklungs-Hub und aufgrund der geostrategisch günstigen Lage für die Erschließung benachbarter Märkte in der Region zunehmend interessant geworden.

Statistik: Länderprofil 

Einen kurzen Überblick über die wichtigsten statistischen Daten zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bietet das Länderprofil Griechenland der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und der Stabsabteilung Statistik. 

Wichtige Wirtschafts- und Basisdaten und Informationen für eine Vielzahl weiterer Länder finden Sie auf den jeweiligen Länderseiten sowie in der Übersicht Länderprofile weltweit.

Maßgeschneiderte Informationen

Damit Ihre Marktbearbeitung in Griechenland problemlos abläuft, hat unser Team vor Ort Informationen zu außenhandels- und investitionsrelevanten Fach- und Branchenthemen, die Sie jederzeit beim AußenwirtschaftsCenter Athen anfordern können.

Allgemeines zu Wirtschaft, Land und Leute sowie persönliche Tipps finden Sie in unserem Länderreport Griechenland.

Das AußenwirtschaftsCenter Athen berät Sie gerne, sollten Sie weitere Fragen zu Griechenland haben.

Stand: 02.04.2024