Energiewende: Geschäftschancen in Vietnam
Masterplan setzt auf Dekarbonisierung und Ausbau erneuerbarer Energiequellen
Mit Premierministerbeschluss (Decision Nr. 500/QD-TTg) vom 15. Mai 2023 wurde nach mehrjähriger Verzögerung der nationale Energiemasterplan für die Periode 2021-2030 mit einer Vision bis 2050 („Power Development Plan 8“ bzw. PDP8) genehmigt. Er gibt die Leitlinien für die Energieentwicklung in Vietnam vor und setzt auf Dekarbonisierung und den Ausbau von erneuerbaren Energien. Binnen sieben Jahren soll mit einem Investitionsvolumen von 134,7 Mrd. USD pro Jahr die Stromerzeugungskapazität auf 150 GW verdoppelt werden.
Vietnam führt damit die grüne Energiewende in Südostasien an. 2022 betrug der Anteil der Erneuerbaren an der gesamten Stromerzeugung dank Wasserkraft und vergleichsweise hoher Investitionen in Solar- und Windenergie bereits 48 %. Während Kohle und Gas noch als Übergangslösung genutzt werden, soll ab 2030 die Dekarbonisierung durch Nutzung des enormen Potentials Vietnams für Solar- und Windenergie gelingen. Zwischenzeitliche Pläne für Kernkraftwerke wurden aufgegeben.
Die Notwendigkeit, die Ziele des PDP8 in den restlichen Jahren bis 2030 zu erreichen, setzt Projektentwickler, Generalunternehmer und Behörden unter enormen Zeitdruck. Um mit der raschen Entwicklung von erneuerbaren Energien mithalten zu können, muss die Netzkapazität substanziell erweitert werden. Die Gewährleistung von Netzkonnektivität und Energiesicherheit sowie die notwendigen regulatorischen Reformen stellen immense Herausforderungen dar.
Zur Mobilisierung von Kapital und Know-how setzt Vietnam auf internationale Kooperation, unter anderem mittels der mit 15,5 Mrd. USD dotierten Just Energy Transition Partnership (JETP) mit internationalen Partnern (EU, Großbritannien, USA, Japan, Deutschland, Frankreich, Italien, Kanada, Dänemark und Norwegen).
Einen hohen Aufholbedarf hat Vietnams Infrastruktur weiterhin. Mit dem Wachstum von Wirtschaft und Bevölkerung nimmt die Intensität der Verkehrsströme zu, steigt der Hunger nach Energie und werden höhere Ansprüche an das Gesundheitssystem und die Erschließung des Landes gestellt. Geschäftschancen bestehen weniger im klassischen Bauwesen, denn in der Zulieferung von Infrastrukturtechnik und hochspezialisierten Lösungen, der Abwicklung von Projektgeschäften und Technologietransfer.
- Kohle und Gas
- Erneuerbare Energien
- Netzausbau
- Geschäftschancen für österreichische Unternehmen
- Veranstaltungen und Hinweise
Kohle und Gas
Vietnam kann vorerst nicht auf Kohle als bisher wichtigsten Energieträger verzichten. Somit soll als Überbrückungslösung in weitere Kohlekraftwerke investiert und die Kapazität bis 2030 von 24 auf 30 GW erweitert werden, obwohl der Anteil von Kohle am Energiemix gleichzeitig von 34 % auf 20 % sinkt. Die Vision für 2050 sieht den Komplettausstieg aus Kohle in der Stromerzeugung vor. Kohlebetriebene Wärmekraftwerke sollen bis dahin vollständig auf Biomasse und Ammoniak umgestellt, alte Kraftwerke, bei denen das nicht möglich ist, außer Betrieb genommen werden.
Zur Abdeckung des Bedarfs soll die thermale Stromgewinnung aus Gas von derzeit 7 GW auf knapp 38 GW erweitert werden. Gas dürfte damit bis 2030 der wichtigste Energieträger in Vietnam werden und 25 % zur Stromerzeugung beitragen. Neben der Nutzung eigener Erdgasquellen (Ausbau auf 15 GW bis 2030) setzt Vietnam vor allem auf den Import von Flüssiggas. Langfristig soll der Relativanteil von Erdgas und LNG wieder sinken, da andere Gasgemische und Wasserstoff an Bedeutung gewinnen werden. In den Plänen bis 2030 spielt Wasserstoff noch keine Rolle, in der Vision bis 2050 sind hierfür 21-30 GW vorgesehen.
Erneuerbare Energien
Bis 2050 will Vietnam 70 % des Energiemix und 80 % der Stromerzeugungskapazität aus erneuerbaren Energiequellen beisteuern. Im Vordergrund steht der Ausbau von Windkraftanlagen, Solarenergie und Wasserkraftwerken, der bislang zweitwichtigsten Energiequelle Vietnams.
29 GW oder 19,5 % der Stromerzeugung sollen bis 2030 aus Wasserkraft stammen. Österreichische Unternehmen sind in diesem Sektor stark in Vietnam involviert und haben bereits über 100 Turbinen und Anlagen geliefert. Das Potential für Großprojekte in der Wasserkrafterzeugung entlang Vietnams Flusssystemen ist beinahe ausgeschöpft, insgesamt liegt das Potential inkl. Kleinwasserkraft bei geschätzten 40 GW. Der Fokus liegt künftig auf der Modernisierung oder Erweiterung bestehender Wasserkraftwerke sowie auf Pumpspeicherkraftwerken zum Ausgleich von Kapazitätsschwankungen anderer Energiequellen.
Im Bereich der Windenergie sind landesweit mit ausländischer Unterstützung enorme Kapazitätserweiterungen geplant, da in einigen Küstenregionen Vietnams stabile Windverhältnisse bestehen. Bis 2030 sollen Windparks on-shore (22 GW) und off-shore (6 GW) errichtet werden. Bis 2050 ist im Idealfall ein Kapazitätsausbau auf 60-77 GW (on-shore) bzw. auf 70-91 GW (off-shore) vorgesehen.
Solarenergie soll um ein Drittel auf knapp 13 GW ausgebaut werden und damit bis 2030 8,5% zur Elektrizitätserzeugung beitragen. Die Erweiterung fällt damit geringer aus als ursprünglich geplant, denn es wird auf die seit 2019 durch die Tarifpolitik entstandenen Überkapazitäten im zentralen Hochland und an der Südostküste Rücksicht genommen werden müssen. Das langfristige Potential für die Nutzung von Solarenergie in Vietnam ist aber ähnlich hoch wie in der Windenergie.
Durch Biomasse und waste-to-energy Anlagen sollen bis 2030 immerhin 2,3 GW (1,5 %), bis 2050 6 GW (1,1 %) beigesteuert werden. Kraft-Wärme-Kopplungen sollen laut Plan bis 2,7 GW (1,8 %), bis 2050 4,5 GW (0,9 %) ausmachen. 3,3 % des Strombedarfs soll außerdem importiert werden.
Netzausbau
Der PDP8 unterstreicht die Bedeutung einer smarten Netzinfrastruktur, die erneuerbare Energiequellen mit etwaigen Leistungsschwankungen gut integriert. Dazu müssen Elektrizitätsnetz und Umspannwerke ausgebaut und modernisiert werden. Für den Leitungsausbau bis 2030 sind 14,9 Mrd. USD vorgesehen. Damit werden unter anderem 1.320 km des bestehenden Netzes saniert und weitere 12.300 km an neuen 500KV Leitungen hinzugefügt. Aber auch die Netzanbindung an die Nachbarländer China, Laos und Kambodscha gilt es zu stärken.
Geschäftschancen für österreichische Unternehmen
- Modernisierung und Erweiterung von Wasserkraftwerken
- Effiziente Energiespeicherung und Speicherkraftwerke
- Know-how und Ausrüstung für die Errichtung von Windkraft-, Off-shore- und PV-Anlagen
- Umweltschonende Technologien für Kohlekraft- und Gaswerke
- Ausrüstung für Hochspannungsnetze und Umspannung
- Lösungen für dezentrale Energieversorgung
- Biomassetechnik
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