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EU-Ratspräsidentschaft: Chancen und Herausforderungen von Schwedens Vorsitz

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© Sweden Image Bank

Seit Jahresbeginn hat Schweden die Ratspräsidentschaft der Europäischen Union inne. Zum dritten Mal seit seinem Beitritt im Jahr 1995 hat das skandinavische Land damit die Aufgabe, die politische Agenda vorzugeben und die Debatte der Mitgliedsstaaten zu lenken. Eine schwierige Aufgabe, gerade in Zeiten multipler Krisen und großer Unsicherheit. 

In Schweden hat man sich mit Krisenmanagement immer wieder schwergetan, das hat sich zuletzt deutlich in der globalen Coronapandemie gezeigt. Andererseits kann man durchaus für sich reklamieren, dass man sich mit Blick auf die Wirtschaft des Landes sehr gut durch diese Zeit manövriert hat, ohne der Bevölkerung allzu massive Einschränkungen zugemutet zu haben. Nun obliegt es einer konservativen Minderheitskoalition, toleriert von den rechtspopulistischen Schwedendemokraten, die drängendsten Fragen innerhalb des Staatenbundes anzugehen und dabei Einheit zu demonstrieren. Letzteres dürfte angesichts der innenpolitischen Gemengelage in Schweden nicht einfach werden, eine Alternative gibt es nicht. So verwies Ministerpräsident Ulf Kristersson bei der Präsentation zentraler Leitlinien für die Ratspräsidentschaft darauf, dass sich die Rolle der euroskeptischen Schwedendemokraten in erster Linie auf innenpolitische Fragestellungen konzentriere.

„Die schwedische Ratspräsidentschaft wird aktiv sein und eine konstruktive Führung bieten, um die Stärken der EU zu vertiefen und Kompromisse zu finden", so Kristersson bei der Vorstellung des Regierungsprogramms vor dem nationalen Parlament, dem Riksdag.  

Die Besinnung auf Gemeinsamkeiten und Kompromisse liegt den traditionell auf Deeskalation und Zusammenarbeit bedachten Schweden, ebenso eine gewisse Bescheidenheit, was die eigene Rolle angeht. Man ist sich in aller Regel im Klaren darüber, wo die eigenen Stärken und Präferenzen liegen und entsprechend selbstsicher werden diese auch vertreten. Dies geschieht stets rücksichtsvoll und unter Einbezug der Interessen anderer, hier der übrigen Mitgliedsstaaten. Im Vorfeld und zu Beginn der Präsidentschaft war immer wieder zu hören, Schweden werde in der Zeit des Vorsitzes „als Anker agieren“. Es passt ins Bild, dass mit Bedacht und Vorsicht gehandelt wird, um jederzeit Stabilität zu gewähren und für Kontinuität zu stehen.  

Stabilität und ein größtmögliches Maß an Einigkeit scheinen in Anbetracht einer schwierigen weltpolitischen Lage mit vielfältigen Spannungen und Konfliktlinien unverzichtbar. Bereits vor dem Angriffskrieg in der Ukraine waren die Stimmen zur Notwendigkeit der Vertiefung der Union lauter geworden. Spätestens seit Beginn des Krieges auf dem eigenen Kontinent und nach zahlreichen Sanktionspaketen hatte sich dieses Bewusstsein weiter intensiviert. Die Frage danach, was in 5 Jahren wohl von der aktuellen Vorsitzperiode übrig sein wird, beantworten Vertreter der Stockholmer Handelskammer ebenfalls mit dem „Fokus auf Krisenmanagement“.

Die Zukunft sieht man auch hier asymmetrisch und unsicher, möglicherweise sogar begleitet von einer weiter forcierten Verschärfung bestehender Konflikte. Da passt es ins Bild, dass Schweden gemeinsam mit dem Nachbarn Finnland NATO-Mitglied werden möchte. Gemeinsam mit den Finnen – sowie mit Österreich - hatte man bereits 1995 den Weg in die Europäische Union angetreten. In Schweden ist man sich sicher, dass internationale Kooperation unverzichtbar ist, und so sind viele Beobachter der Ansicht, dass das Krisenmanagement gegenüber Russland heute darüber entscheiden wird, welche Optionen in Zukunft für die Europäische Union, angesichts verstärkter Blockbildung zwischen den USA und China, zur Verfügung stehen werden. Schwedens Position würde, davon geht man im Land aus, sowohl international als auch innerhalb der EU durch eine NATO-Mitgliedschaft gestärkt. Mit dem BREXIT war Schweden ein äußerst wichtiger Partner abhandengekommen, gleichzeitig sieht man darin Potential für eine vertiefte nordische Zusammenarbeit. Auch in dieser Konstellation erhebt Stockholm einen gewissen Führungsanspruch und die Ambition, dass die eigene Stimme künftig früher und deutlicher vernehmbar sein solle.  

Bislang wird Schweden meist besonders in Zusammenhang mit Themen wie Nachhaltigkeit und Digitalisierung als Vorreiter wahrgenommen. Diese Felder spielen selbstverständlich auch im Rahmen der Ratspräsidentschaft eine wichtige Rolle. Zudem erfahren aber auch die Sektoren Sicherheit und Rechtsstaatlichkeit, Freihandel und Binnenmarkt sowie Forschung und Entwicklung besondere Aufmerksamkeit. Dem größten Unternehmerverband Svenskt Näringsliv nach muss das Hauptaugenmerk auf Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit liegen, im Übrigen auch Erfolgsfaktoren beim Umgang mit der Coronapandemie. Zudem erwartet man hier – als Interessensvertreter von rund 55.000 Unternehmen – dass diese künftig besser in den Gesetzgebungsprozess mit einbezogen werden.

Freihandel und Resilienz sollen gestärkt werden, um auf weitere Krisen besser vorbereitet zu sein. In Schweden ist man sich bewusst, dass Eigen- und Fremdwahrnehmung teils weit auseinanderklaffen. Während man mithilfe des Swedish Institute sehr auf die Pflege des internationalen Images bedacht ist, hinkt der eigene Führungsanspruch in seiner Klarheit meist deutlich hinterher. Dabei kann etwa der Fund von seltenen Erden in Nordschweden – öffentlichkeitswirksam zum Auftakt der Präsidentschaft präsentiert – die Unabhängigkeit von anderen Ländern und deren natürlichen Ressourcen stärken. 

Möglicherweise kommt die schwedische Ratspräsidentschaft also gerade zur rechten Zeit. Schweden ist geradezu prädestiniert in einer Zeit zu moderieren, die derart großen Kompromissbedarf mit sich bringt. Dabei reicht weder ein Fokus auf Sicherheit noch auf die Herausforderungen in Zusammenhang mit dem Klimawandel oder der Digitalisierung. Auch das Swedish Institute for European Studies blickt erwartungsfroh auf Schwedens Vorsitz, denn es brauche Kooperation in Verbindung mit einer gewissen Anpackermentalität, die wichtige Fragen nicht auf die lange Bank schiebe, sondern unparteiisch moderieren könne.  

Darin bestehen auch für Österreich Chancen, schließlich haben nicht nur Svenskt Näringsliv und die Wirtschaftskammer Österreich ähnliche Prioritäten auf der Agenda. Überdies besteht für beide Länder die Notwendigkeit zur vertieften Zusammenarbeit innerhalb der Europäischen Union. Mit einer jeweils starken Exportorientierung und einer im Vergleich zu den großen europäischen Volkswirtschaften Deutschland und Frankreich kleinen Bevölkerung kann eine deutliche Likemindedness im Umgang mit vielfältigen politischen und ökonomischen Fragen erkannt werden.  Dies ist eine hervorragende Grundvoraussetzung für eine vertiefte Zusammenarbeit während der schwedischen Ratspräsidentschaft und darüber hinaus.

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