Erläuterungen zur Einmalzahlungs- und Freizeitoption in der Papierindustrie 2016

Gilt für:
Österreichweit

Schon vor einigen Jahren hatten wir beim Kollektivvertragsabschluss neben den üblichen  Lohn- und Gehaltserhöhungen als alternative Möglichkeit die Verteilungsoption vorgesehen.

Bei der Kollektivvertragsrunde 2015 wurden erstmalig zwei weitere Optionen mit den Gewerkschaften in den Kollektivverträgen für Arbeiter und Angestellte vereinbart:

Dabei konnten wir auf Erfahrungen des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie sowie des Fachverbandes der Fahrzeugindustrie zurückgreifen, die die Freizeitoption bzw. die Elektroindustrie auch die Einmalzahlungsoption schon mehrere Male in ihre Kollektivvertragsabschlüsse integriert haben. 

Bei der Einmalzahlungsoption sieht der Kollektivvertrag vor, dass durch eine (freiwillige) Betriebsvereinbarung die Ist-Lohn- bzw. Ist-Gehaltserhöhung mindestens 1,0 % beträgt (statt 1,35 %) und bis zu 0,35 % der Ist-Erhöhung in eine Einmalzahlung umgewandelt werden kann (kann nur Mitarbeitern mit entsprechender Überzahlung angeboten werden). 

Bei der Freizeitoption sieht der Kollektivvertrag vor, dass durch eine (freiwillige) Rahmenbetriebsvereinbarung sowie darauf aufbauend durch entsprechende Einzelvereinbarungen mit interessierten Arbeitnehmern statt der heurigen 1,35 % Ist-Lohn- bzw. IstGehaltserhöhung ein jährlich zusätzlicher Freizeitanspruch entsteht (kann nur Mitarbeitern mit entsprechender Überzahlung angeboten werden). 

Die Kombination von Verteilungsoption und der Freizeitoption ist möglich.

Grundsätze der Einmalzahlungsoption

Voraussetzung dafür, dass in einem Betrieb die Einmalzahlungsoption angewandt werden kann, ist der Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung. Daher können weder der Betriebsrat noch der Arbeitgeber das Zustandekommen dieser Vereinbarung mit rechtlichen Mitteln erzwingen. Anders als bei der Freizeitoption ist eine Einzelvereinbarung mit dem Arbeitnehmer nicht erforderlich, die Inhalte der Betriebsvereinbarung gelten unmittelbar für die Arbeitnehmer. 

Was bedeutet eine Einmalzahlungsoption für einen Arbeitnehmer und wie wird die Einmalzahlung berechnet? 

Die Ist-Lohn- bzw. Gehaltserhöhung beträgt mindestens 1,0 %. Die Differenz zu den vereinbarten 1,35 % - bei voller Umwandlung also 0,35 % - wird in eine Einmalzahlung umgewandelt.

Dabei wird angenommen, dass die Gleichwertigkeit einer Umrechnung einer nachhaltigen Lohn- oder Gehaltserhöhung in eine Einmalzahlung bei einer Hochrechnung auf 3 Jahre gegeben ist.
Beispiel: Umrechnung von 0,35 %: 0,35 % x 14 Monate x 3 Jahre (Faktor 42) ergibt eine Einmalzahlung von 14,7 % bei einer Ist-Lohn- bzw. Gehaltserhöhung von 1,0 %. 

Es können bis zu 0,35 % umgewandelt werden, möglich wäre also zum Beispiel auch eine Ist-Lohn- bzw. Gehaltserhöhung 1,15 % bei einer Einmalzahlung von 8,4 % (0,2% x 42).

Was ist die Basis für die Einmalzahlung?

Die Einmalzahlung in der vereinbarten Höhe von (maximal 14,7 %) berechnet sich 

a) vom Ist-Lohn (Ist-Gehalt) im April 2016 des einzelnen Arbeiters (Angestellten) oder

b) durchschnittlichen Ist-Lohns (Ist-Gehalts) im April 2016 der Arbeiter – ausgenommen der im Akkord oder in Prämienentlohnung beschäftigten Arbeiter – (Angestellten) im Betrieb oder 

c) durchschnittlichen Ist-Lohnes/-Gehaltes im April 2016 aller Arbeiter (ausgenommen der im Akkord oder in Prämienentlohnung beschäftigten Arbeiter) und Angestellten im Betrieb. 

Die Löhne bzw. Gehälter von Teilzeitbeschäftigten sind im Falle der Varianten b) und c) für die Berechnung des Durchschnittes außer Betracht zu lassen. 

In der Betriebsvereinbarung ist festzulegen, welche Variante (a, b oder c) zur Anwendung gelangt. Im Falle von Variante c) ist die Zustimmung des Betriebsrates der Arbeiter sowie des Betriebsrates der Angestellten erforderlich. 

Dem Betrieb wird mit dieser Regelung ein größerer Gestaltungsspielraum eingeräumt. Welche der drei Varianten gewählt wird, hängt letztlich von den betrieblichen Gegebenheiten ab.

Für welche Arbeitnehmer kann eine Einmalzahlung vereinbart werden und für welche ist diese nicht möglich? 

Wird eine Betriebsvereinbarung abgeschlossen, sind alle Arbeitnehmer anspruchsberechtigt, die

  • am 30.9.2015 in einem Arbeitsverhältnis standen, das am 15.9.2016 aufrecht ist;  
  • ferner jene, die am 30.9.2015 in einem Lehrverhältnis und am 15.9.2016 in einem Arbeitsverhältnis beim selben Unternehmen stehen.
  • Teilzeitbeschäftigte haben unter den obgenannten Voraussetzungen Anspruch auf den ihrem Beschäftigungsausmaß – einschließlich der im Durchschnitt im Zeitraum von Jänner bis einschließlich April 2016 geleisteten Mehrarbeit – entsprechenden aliquoten Teil der Einmalzahlung.
  • In Altersteilzeit Beschäftigte haben Anspruch auf den ihrem vereinbarten durchschnittlichen Beschäftigungsausmaß entsprechenden aliquoten Teil der Einmalzahlung zuzüglich des Anteiles, der dem Lohnausgleich entspricht. 

In der Betriebsvereinbarung ist festzulegen, ob die Ist-Löhne bzw. Gehälter von Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis nach dem 30.9.2015, aber vor dem 1.5.2016 begonnen hat und am 15.9.2016 aufrecht ist, 

a) mit der Ist-Erhöhung von 1,35 % zu erhöhen ist und keine Einmalzahlung gebührt oder 

b) mit mindestens 1,0 % zu erhöhen ist und eine Einmalzahlung gebührt.

Auf Arbeitnehmer, die am 1.5.2016 und am 15.9.2016

a) in gesetzlicher Elternkarenz sind, 

b) Präsenz- oder Ausbildungsdienst nach dem Wehrgesetz bzw. Zivildienst leisten oder

c) in einem Lehrverhältnis stehen,   
ist die Einmalzahlungsoption nicht anzuwenden; für sie gilt die Ist-Erhöhung von 1,35 %.

Welcher Ablauf ist im Kollektivvertrag vorgesehen und welche Fristen sind zu beachten? 

Schritt 1:
Mit Wirkung vom 1.5.2016 erhalten alle Arbeitnehmer, eine Ist-Lohn- bzw. Gehaltserhöhung von mindestens 1,0 %.

Schritt 2:
Der Betriebsrat und das Unternehmen sprechen darüber, ob sie die erforderliche Betriebsvereinbarung abschließen wollen. Wird dies angestrebt, geben Betriebsrat und Unternehmen diese Absicht bis spätestens 31.5.2016 im Betrieb bekannt (z. B. durch Aushang, Intranet). 

Schritt 3:
Betriebsrat und Unternehmen haben bis zum 15.7.2016 Zeit, die angestrebte Betriebsvereinbarung über die Einmalzahlungsoption abzuschließen. 

Schritt 4:
Kommt bis zum 15.7.2016 die Betriebsvereinbarung zustande, ist die Einmalzahlung bis zum 30.9.2016 zu zahlen. 

Schritt 5:
Kommt bis zum 15.7.2016 keine Betriebsvereinbarung zustande, ist bis zum 31.7.2016 die Differenz zwischen tatsächlicher Ist-Lohn- bzw. Gehaltserhöhung und der vereinbarten Ist-Lohn- bzw. Gehaltserhöhung von 1,35 % rückwirkend mit 1.5.2016 zu zahlen. 

Grundsätze der Freizeitoption 

Freiwillig und nicht erzwingbar:

Voraussetzung dafür, dass in einem Betrieb die Freizeitoption angewandt werden kann, ist der Abschluss einer freiwilligen Betriebsvereinbarung. Daher können weder der Betriebsrat noch der Arbeitgeber das Zustandekommen dieser Vereinbarung mit rechtlichen Mitteln erzwingen. 

Sofern die Unternehmensleitung davon keinen Gebrauch machen möchte, ist nichts weiter zu tun (wir empfehlen jedoch eine entsprechende Information an den Betriebsrat)!

Für den Fall, dass sich die Unternehmensseite für die Freizeitoption entscheidet, empfehlen wir, allenfalls gewünschte Einschränkungen (z.B. nur für bestimmte Gruppen von MitarbeiterInnen oder detailliertere Verbrauchsvereinbarungen) nach Möglichkeit bereits in der Betriebsvereinbarung vorzusehen. 

Gleiches Procedere für Arbeiter und Angestellte

Die Kollektivverträge sehen für Arbeiter und Angestellte das gleiche Procedere vor - dennoch kann seitens der Unternehmensführung eine Differenzierung erfolgen und zum Beispiel die Optionsmöglichkeit nur einem bestimmten Teil der Belegschaft angeboten werden.

Optionsklausel nur für Beschäftigte anwendbar, die gemäß § 8 ArbVG dem Kollektivvertrag des Fachverbandes der Papierindustrie unterliegen (formalrechtliche Voraussetzung): 

Die Freizeitoption kann nur Arbeitnehmern angeboten werden, die dem Kollektivvertrag des Fachverbandes der Papierindustrie unterliegen. Die anderen Kollektivverträgen (ohne Optionsmöglichkeit) unterliegenden Arbeitnehmer haben einen unabdingbaren kollektivvertraglichen Anspruch auf deren entgeltliche ISTErhöhung; in diesen Fällen besteht nur die Möglichkeit, auf einzelvertraglicher Basis Teilzeit zu vereinbaren, sofern beabsichtigt wird, ähnliche Effekte zu erzielen.

Welche Varianten gibt es? 

  1. Es kommt keine Betriebsvereinbarung zustande:
    In diesem Fall erhalten alle Arbeitnehmer die vorgesehene Lohn- bzw. Gehaltserhöhung. Eine einzelvertragliche Vereinbarung, anstelle der IST-Erhöhung zusätzliche Freizeit zu erhalten, ist nicht möglich.
  2. Es kommt eine Betriebsvereinbarung zustande: 
    In diesem Fall haben die Arbeitnehmer die Möglichkeit, anstelle der vorgesehenen Lohn- bzw. Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu vereinbaren. Weder der Mitarbeiter noch der Arbeitgeber können das Zustandekommen einer Einzelvereinbarung erzwingen. 
  3. Betriebe ohne Betriebsrat:  
    In diesem Fall können die Arbeitnehmer nur dann anstelle der vorgesehenen Lohn- bzw. Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit vereinbaren, wenn dies der Arbeitgeber mit den Gewerkschaften vereinbart. In diesem Fall wird anstelle einer Betriebsvereinbarung eine betriebsspezifische Sozialpartner-Rahmenvereinbarung im Sinne des Kollektivvertrags geschlossen, die anschließend die Möglichkeit eröffnet, einzelvertragliche Vereinbarungen zu treffen.

Welchen Arbeitnehmern kann die Freizeitoption angeboten werden?

Grundvoraussetzung dafür, dass die Arbeitnehmer die Freizeitoption nutzen können, ist der Abschluss einer Betriebsvereinbarung. Gibt es eine solche, hat grundsätzlich jeder einzelne  Arbeitnehmer bzw. jede einzelne Arbeitnehmerin die Möglichkeit, durch Einzelvereinbarung anstelle der IST-Lohn- bzw. IST-Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu erhalten.

Es ist nicht möglich, dass die Betriebsvereinbarung selbst statt der Lohn- oder Gehaltserhöhung für einzelne oder alle Arbeitnehmer Freizeit vorsieht. Jene Arbeitnehmer, die der Freizeit den Vorzug geben, brauchen dazu die Zustimmung ihres Arbeitgebers. Weder ist es möglich, dass dies der Arbeitgeber anordnet noch ist ein Anspruch auf Zustimmung des Arbeitgebers vorgesehen. Daher gilt nur dann zusätzliche Freizeit statt der Lohn- bzw. Gehaltserhöhung, wenn sich der Arbeitnehmer mit dem Betrieb darauf einigt. 

Keine Möglichkeit, anstelle der Lohn- oder Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu vereinbaren, besteht für Mindestlohn- bzw. Mindestgehaltsbezieher oder für Arbeitnehmer, deren Lohn/Gehalt nach der Wandlung unter dem Mindestlohn- bzw. Mindestgehalt liegen würde.  

Mit der Betriebsvereinbarung können jedoch Einschränkungen hinsichtlich jener Arbeitnehmer vorgesehen werden, für die die Freizeitoption im jeweiligen Betrieb angeboten wird.  

Für allfällige Einschränkungen des Kreises jener Arbeitnehmer, die die Freizeitoption wählen können, kommen z. B. folgende Kriterien in Betracht:

  • Urlaubsguthaben von … Tagen am … (Stichtag) 
  • Zeitguthaben von … Tagen am … (Stichtag)
  • Im Zeitraum von … bis … wurden mehr als … Überstunden  geleistet.
  • dauerhafter Arbeitskräftemangel in bestimmten Abteilungen

Diese Kriterien können auch als Gründe dafür herangezogen werden, um befristete Einzelvereinbarungen (allenfalls auch eine befristete Betriebsvereinbarung) ablaufen zu lassen.

Keine Ungleichbehandlung 

Jedenfalls gilt es zu beachten, dass auf Grund der Differenzierung keine unsachliche Ungleichbehandlung der Mitarbeiter erfolgt.
Wir empfehlen (möglichst noch vor Abschluss einer Betriebsvereinbarung, jedenfalls aber spätestens anlässlich der Einzelvereinbarungen) Überlegungen anzustellen, inwiefern bei Abschluss der Freizeitoption mit einzelnen Arbeitnehmern oder Arbeitnehmergruppen Gleichbehandlungsprobleme entstehen könnten. In Zweifelsfragen ersuchen wir Sie um Kontaktaufnahme mit dem Fachverband oder der Arbeitgeberabteilung der BSI.

Welche Arbeitnehmer können die Freizeitoption nicht vereinbaren und erhalten daher die IST-Erhöhung? 

  • Arbeitnehmer in Betrieben, in denen bis 15.9.2016 keine Betriebsvereinbarung abgeschlossen wird,
  • Arbeitnehmer, die von der Betriebsvereinbarung nicht erfasst sind,
  • Arbeitnehmer mit zu geringer Überzahlung (d.h. deren Lohn/Gehalt nach der Wandlung unter dem Mindestlohn bzw. Mindestgrundgehalt liegen würde),
  • Arbeitnehmer, die ihr Interesse an der Inanspruchnahme der Freizeitoption nicht schriftlich bis spätestens 15.10.2016 dem Unternehmen bekundet haben
  • Arbeitnehmer, die bis 15.11.2016 keine Einzelvereinbarung abgeschlossen haben (z. B. weil ihr Wunsch nicht mehr aufrecht ist oder weil sie keine Zustimmung des Arbeitgebers erhalten haben),
  • Arbeitnehmer, die erst nach dem 30.04.2016 in den Betrieb eingetreten sind. 

Mit welchem Arbeitnehmer sollte keine Einzelvereinbarung abgeschlossen werden?

  • Mit Arbeitnehmern mit ständig hohen Urlaubs- oder Zeitguthaben. 
  • Mit Arbeitnehmern in Bereichen mit tendenziell hoher Arbeitsauslastung und/oder Personalmangel. 
  • Mit Arbeitnehmern im System der Abfertigung Alt, deren Arbeitsverhältnis möglicherweise in den nächsten Monaten beendet wird (weil diese den Abschluss der Einzelvereinbarungen aufgrund der damit verbundenen Einbußen bei der Abfertigung anfechten könnten). 

Innerhalb eines Betriebes wird es daher unterschiedliche Gruppen von Arbeitnehmern geben: Jene Arbeitnehmer, die tatsächlich zusätzliche Freizeit erhalten, und jene Arbeitnehmer, die die IST-Erhöhung bekommen.

Wie viel Freizeit gebührt?

Der Kollektivvertrag sieht vor, dass Arbeitnehmern, die anstelle der gesamten IST-Lohn- bzw. IST-Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit vereinbaren, bei einer Normalarbeitszeit von 38 Wochenstunden pro Monat mindestens 2 Stunden und 14 Minuten, bei einer Normalarbeitszeit von 36 Wochenstunden pro Monat mindestens 2 Stunden und 07 Minuten zusätzliche Freizeit erhalten.

Im Kollektivvertrag wurde vereinbart, dass auch nur ein Teil der Lohn- bzw. Gehaltserhöhung in zusätzliche Freizeit umgewandelt werden kann. In diesem Fall ergibt sich der anteilige Anspruch.  

Der Verbrauch von noch nicht erworbenen Ansprüchen auf Freizeit ist ausgeschlossen. 

Für Dienstzeiten ohne Entgeltanspruch entsteht kein Freizeitanspruch. 

Sofern die Betriebsvereinbarung nichts Gegenteiliges festhält, können auch befristete Einzelvereinbarungen abgeschlossen werden bzw. können bestehende Einzelvereinbarungen wieder einvernehmlich umgewandelt werden.

Führung eines gesonderten Freizeitkontos

Die erworbene Freizeit ist monatlich auf ein gesondertes "Freizeitkonto" zu buchen. Der Saldo dieses Kontos ist den Mitarbeitern monatlich mitzuteilen (z. B. am Lohn/Gehaltszettel). 
Auf ein bereits vorhandenes Gleitzeitkonto sollte die zusätzliche Freizeit nicht gebucht werden. Dadurch käme es zu einer Vermischung von Gleitzeit- und Freizeitguthaben. Da Freizeitguthaben immer zuschlagsfrei bleiben, Gleitzeitguthaben hingegen in bestimmten Fällen mit Überstundenzuschlägen auszubezahlen sind, wäre die Vermischung von Freizeit- mit Gleitzeitguthaben für das Unternehmen nachteilig.

Kann der Zeitsaldo negativ werden? 

Nein. Der Kollektivvertrag lässt keinen Vorgriff auf noch nicht erworbene Freizeit zu.
Genehmigt ein Unternehmen dennoch einen Vorgriff, sollte vereinbart werden, dass der Mitarbeiter im  Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses das für die zu viel konsumierte Freizeit bezahlte Geld zurückzahlen muss. Ob eine solche Vereinbarung gerichtlich durchsetzbar ist, ist jedoch ungewiss. 

Was gilt für Teilzeitbeschäftigte? 

Auch teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer können die Freizeitoption in Anspruch nehmen. Sie erhalten Freizeit im aliquoten Ausmaß, entsprechend ihrer vereinbarten Arbeitszeit.

Was geschieht, wenn sich die Normalarbeitszeit von Arbeitnehmern ändert?

Die gebührende Freizeit ändert sich ab dem Zeitpunkt der Änderung der Normalarbeitszeit entsprechend des Ausmaßes der Veränderung. Bis zur Änderung der Normalarbeitszeit erworbene Freizeitansprüche werden weder auf- noch abgewertet.  

Was geschieht bei Altersteilzeit?

Arbeitnehmern, die eine Freizeitoption in Anspruch nehmen und in weiterer Folge Altersteilzeit vereinbaren, gebührt während der Altersteilzeit der der herabgesetzten Arbeitszeit entsprechende Freizeitanspruch. 

Wird Altersteilzeit in Form der geblockten Altersteilzeit vereinbart, entsteht der volle Freizeitanspruch in der Einarbeitungsphase. In der Freistellungsphase entsteht kein Freizeitanspruch. Die Kollektivvertragsparteien empfehlen, das Freizeitguthaben aus der Freizeitoption vor Beginn der Freistellungsphase zu verbrauchen.

Wie lange gebührt die zusätzliche Freizeit? 

Die zusätzliche Freizeit gebührt für jeden Kalendermonat bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses. 

Wofür kann die zusätzliche Freizeit verwendet werden? 

Mit dem Arbeitnehmer kann vereinbart werden, dass die Freizeit z. B. grundsätzlich  

  • stundenweise variabel 
  • stundenweise bevorzugt vor oder nach Wochenenden oder Feiertagen 
  • in ganzen Tagen oder 
  • ganzwöchig (z. B. vor dem geplanten Pensionsantritt)  

im Einvernehmen mit der Führungskraft verbraucht werden soll. 

Der Verbrauch der Freizeit kann nicht für Zeiträume vereinbart werden, in denen aufgrund gesetzlicher oder kollektivvertraglicher Bestimmungen Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht.

Verbrauchsvarianten 

Es können alle oder nur bestimmte Arten des Verbrauches der Zeitguthaben zugelassen werden: 

  • Zeitguthaben zur Arbeitsplatzsicherung (Überbrückung von Auslastungsschwankungen - Zugriffssperre bis zur Verbrauchfreigabe bei "Auslastungsdellen") 
  • "Ansparmodell" als beidseits attraktive Alternative zu (Eltern-) Karenzen und/oder Altersteilzeit – keine oder verringerte Gefahr von zusätzlichen Überstunden, kein Einkommensausfall
  • Zeitguthaben für Zeitausgleich an Fenstertagen
  • Zeitguthaben als Zusatzurlaub 

Warum ist es wichtig, die Grundsätze des Freizeit-Verbrauches in der Einzelvereinbarung festzuhalten?  

Um die Personalkapazitäten planen zu können und Diskussionen aufgrund unterschiedlicher Vorstellungen über den Verbrauch der Freizeit von Vornherein zu vermeiden. 

Kann die zusätzliche Freizeit angespart werden? 

Es ist möglich, die jährlich gebührende zusätzliche Freizeit nicht in jenem Jahr zu verbrauchen, in dem der Anspruch entstanden ist, sondern die Ansprüche mehrerer Jahre zu sammeln. Damit entsteht die Möglichkeit längerer Freizeitphasen. 

Welche Ansprüche bestehen während der Konsumation der zusätzlichen Freizeit? 

Egal, ob die zusätzliche Freizeit regelmäßig konsumiert wird oder längere Freizeitphasen vereinbart werden, während des Verbrauches der zusätzlichen Freizeit läuft die Bezahlung weiter. Konkret gebührt für jede Stunde Freizeit (bei Vollzeitbeschäftigten) bei einer Normalarbeitszeit von 38 Wochenstunden 1/165, bei einer Normalarbeitszeit von 36 Wochenstunden 1/156 des Bruttoverdienstes gemäß Punkt 31 Arbeiterkollektivvertrag bzw. des Monatsgehalts gemäß § 5 Abs. 2 AngKV. 

Was geschieht wenn kein Einvernehmen über die Lage des Verbrauches der zusätzlichen Freizeit zustande kommt? 

Kommt kein Einvernehmen zustande, kann der Verbrauch der Freizeit vor oder nach dem nächsten Urlaub, Feiertag oder einer sonstigen Freistellung unter Fortzahlung des Entgeltes – mit Ausnahme der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall – angetreten werden. Aus zwingenden betrieblichen Erfordernissen kann das Unternehmen verlangen, dass die Freizeit frühestens 4 Wochen später in einem vom Arbeitnehmer gewählten Zeitraum verbraucht wird.

Wie lange gilt eine einmal getroffene Vereinbarung? 

Wurde anstelle der Lohnerhöhung zusätzliche Freizeit vereinbart, gilt diese Vereinbarung auf Dauer, es sei denn, die zugrunde liegende Betriebs- oder Einzelvereinbarung sieht etwas anderes vor (z. B. befristete BV oder Einzelvereinbarung). 

Wie stellt sich die Freizeitoption sozialversicherungsrechtlich dar?

Der HVSV hat in zwei Aktenvermerken klargestellt: 

  • Wählt ein Dienstnehmer nach den Voraussetzungen des Kollektivvertrages anstelle der IST-Lohnerhöhung die Freizeitoption, besteht keine Beitragspflicht. Damit ist abgesichert, dass für die Freizeitoption ab dem Zeitpunkt der Umwandlung (im Regelfall: 1.1.2017) keine SV-Beiträge anfallen.
  • In derselben Regelung stellt der HVSV klar, dass im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Summe der nicht verbrauchten Zeitguthaben beitragsrechtlich jenem Beitragszeitraum zuzuordnen ist, in dem sie ausbezahlt werden. Im Auszahlungsmonat fallen daher SV-Beiträge nur bis zur Höchstbeitragsgrundlage an.  

Wie oft wird die Möglichkeit bestehen, zusätzliche Freizeit zu vereinbaren? 

Zwischen den Kollektivvertragsparteien wurde eine Vereinbarung getroffen, dass die Freizeitoption in der Form, wie wir sie 2015 ausgemacht haben, Teil der Kollektivvertragsabschlüsse 2015 und 2016 ist! Ob für die einzelnen Arbeitnehmer der Zugang zur Freizeitoption möglich ist, hängt 2015/2016 wie auch in Zukunft davon ab, ob eine Betriebsvereinbarung bzw. eine Einzelvereinbarung zustande kommt. 

Was passiert, wenn Arbeitnehmer zu einem anderen Arbeitgeber wechseln? 

Eine getroffene Vereinbarung gilt nur für jenen Betrieb, mit dem sie abgeschlossen wurde. Getroffene Vereinbarungen werden daher nicht automatisch wie ein "Rucksack" mitgenommen. 

Was passiert mit Zeitguthaben am Ende des Arbeitsverhältnisses? 

Bezahlte Freizeit sollte grundsätzlich im aufrechten Arbeitsverhältnis verbraucht werden. Bestehen trotzdem am Ende des Arbeitsverhältnisses erworbene, aber nicht verbrauchte Ansprüche, sind diese zu bezahlen.  Der Kollektivvertrag regelt in diesem Fall, dass kein Überstundenzuschlag gemäß § 19e Abs. 2 AZG zu bezahlen ist. Konkret gebührt für jede Stunde Freizeit (bei Vollzeitbeschäftigten) bei einer Normalarbeitszeit von 38 Wochenstunden 1/165, bei einer Normalarbeitszeit von 36 Wochenstunden 1/156 des Bruttoverdienstes gemäß Punkt 31 Arbeiterkollektivvertrag bzw. des Monatsgehalts gemäß § 5 Abs.2 AngKV. 

Wann ist zu empfehlen, statt der IST-Lohn- bzw. Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu vereinbaren? 

Die Gewerkschaften lehnen hier generelle Empfehlungen ab. 

Die PRO-GE führt hierzu in ihrem Kommentar folgendes an: "Ob ArbeitnehmerInnen wandeln sollen hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab. Am wichtigsten ist die Frage, ob dem oder der Einzelnen die zusätzliche Freizeit die ausfallende Lohnerhöhung „wert“ ist. Dies wird vor allen Dingen von der jeweiligen Lebenssituation und persönlichen Werthaltungen abhängig sein. Wenig sinnvoll wird eine Wandlung dann sein, wenn das Ende des Arbeitsverhältnisses (z. B. Pensionsantritt) unmittelbar bevorsteht, weil Beendigungsansprüche (z. B. Abfertigung alt) davon betroffen wären. Weitere wichtige Aspekte wären unter anderem die Arbeitsbelastung, Gesundheit, familiäre Verpflichtungen, die finanzielle Situation usw."

Welcher Ablauf ist im Kollektivvertrag vorgesehen und welche Fristen sind zu beachten? 

Schritt 1:
Mit Wirkung vom 1.5.2016 erhalten zunächst alle Arbeitnehmer, eine IST- bzw. KV-Lohn- bzw. Gehaltserhöhung (der IST-Lohn bzw. -Gehalt ist erforderlichenfalls ist auf den neuen Mindestlohn bzw. Mindestgrundgehalt aufzustokken). 

Schritt 2:
Der Betriebsrat und das Unternehmen sprechen darüber, ob sie die erforderliche Betriebsvereinbarung abschließen wollen. Wird dies angestrebt, folgt Schritt 3.  

Schritt 3:
Der Betriebsrat und das Unternehmen geben diese Absicht bis spätestens 30.6.2016 im Betrieb bekannt (z. B. durch Aushang, Intranet). 

Schritt 4:
Jene Arbeitnehmer, die Interesse daran haben, statt der IST-Lohn- bzw. Gehaltserhöhung zusätzliche Freizeit zu erhalten, haben bis 15.10.2016 die Möglichkeit, dies dem Unternehmen mitzuteilen.

Schritt 5:
Betriebsrat und Unternehmen haben bis zum 15.9.2016 Zeit, die angestrebte Betriebsvereinbarung über die Rahmenbedingungen der Freizeitoption abzuschließen. 

Schritt 6:
Kommt bis zum 15.9.2016 die Betriebsvereinbarung zustande, besteht für jene Arbeitnehmer, die ihr Interesse schriftlich bekundet haben, die Möglichkeit, bis zum 15.11.2016 einzelvertraglich die Anwendung der Freizeitoption zu vereinbaren. 

Schritt 7:
Kommt bis zum 15.11.2016 eine derartige Einzelvereinbarung zustande, so sind die Löhne bzw. Gehälter der betroffenen Arbeitnehmer ab 1.1.2017 um die kollektivvertragliche IST-Lohnerhöhung vom 1.5.2016 (Lohn- bzw. Gehaltserhöhung in EUR) zu reduzieren. Ab diesem Zeitpunkt erwerben die betroffenen Arbeitnehmer die zusätzliche Freizeit. 

Kann von den vorgesehenen Schritten bzw. Terminen abgewichen werden? 

Der Kollektivvertrag definiert jene Termine, zu denen bestimmte Schritte spätestens erfolgen müssen. 
Ist beispielsweise vor dem 30.6.2016 die Absicht klar, eine Betriebsvereinbarung anzustreben, kann dies natürlich auch früher bekanntgegeben werden. 
Wird die erforderliche Betriebsvereinbarung vor dem 15.9.2016 abgeschlossen, spricht  auch nichts dagegen. Der Vorteil bestünde darin, dass die für den Betrieb vereinbarten Rahmenbedingungen bereits bekannt sind und die Entscheidung der Arbeitnehmer bereits in Kenntnis der konkreten betrieblichen Regelungen erfolgen kann. Damit kann auch jene Frist erstreckt werden, die für die einzelvertraglichen Vereinbarungen zur Verfügung steht. In allen Fällen müssen die Einzelverträge bis 15.11.2016 finalisiert sein.

Muster einer Betriebsvereinbarung sowie einer Einzelvereinbarung

Der Fachverband hat nach dem Vorbild anderer Fachverbände Mustervereinbarungen erarbeitet.

Erfahrungen aus der Umsetzung der Freizeitoption 2013 des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI): 

  • Über 3.000 Beschäftigte waren an der Freizeitoption interessiert.
  • 20 Unternehmen mit insgesamt fast 18.000 Beschäftigten haben 2013 die Freizeitoption umgesetzt.
  • 1.250 Beschäftigte wurden laut FEEI einbezogen - das sind 7 % der Beschäftigten jener 20 Unternehmen.
  • Einladung an alle Beschäftigten (BV offen für alle), aber Ablehnung der Mehrheit der Interessenten im Einzelgespräch durch AG führte vielfach zu Unmut.
  • Festlegung von Zielgruppe (z. B. nur ältere AN, nur AN mit weniger als 15 Tagen Urlaubsguthaben) und Verbrauchsregeln (z. B. kein Urlaubs-, sondern reines Ansparmodell) spätestens in der Betriebsvereinbarung  zog größten Teiles keinen Unmut nach sich.
  • Vereinzelt kam es zu Konflikten innerhalb der Führungskräfte (Befürworter und Gegner) sowie zu Konflikten  zwischen Geschäftsleitung und Führungskräften bzw. Belegschaft.
  • Technische Umsetzung für manche Unternehmen extrem schwierig.
  • Nach Implementierung jedoch problemlose Handhabung. 

Ablehnungsgründe der Unternehmen 2013 des FEEI:

  • Abwarten bis Erfahrungen vorliegen
  • starke Auslastung
  • hohe Zeit- und Urlaubsguthaben
  • Fachkräftemangel
  • falsches Signal an die Beschäftigten (voller Einsatz ist erforderlich)
  • Anstieg der Urlaubsrückstellungen befürchtet
  • Verwaltungsaufwand
  • Betriebsrat verlangt Angebot an alle Beschäftigten
  • kein Interesse der Beschäftigten

Häufige Fragen der Mitglieder des FEEI: 

Wie werden allfällige unerwünschte Auswirkungen verhindert bzw. minimiert?  Indem die Vereinbarungen (z. B. auf ein Jahr) befristet abgeschlossen werden und regelmäßige Evaluierungen erfolgen (Auswirkungen auf Urlaubsverbrauch, Überstunden usw.) 


Beispiel für Betriebsvereinbarungs-Klausel:
Die Betriebsvereinbarung/Vereinbarung ist auf ______ Monate befristet. Jeweils bis ____________ werden die Auswirkungen evaluiert. Sofern keine Vertragspartei schriftlich bis ____________ mitteilt, dass eine Verlängerung unterbleibt, verlängert sich die Betriebsvereinbarung/Vereinbarung ab ______ um weitere _____Monate. 

Ist der Ausstieg durch Betriebsvereinbarung/Vereinbarung gestaltbar?
Ja, da nur Personen mit Überzahlung betroffen sind. Im Überzahlungsbereich ist nach Umsetzung des jeweiligen Kollektivvertragsabschlusses alles dispositiv.  


Beispiel für Betriebsvereinbarungs-Klausel:
Sollte sich die Betriebsvereinbarung/Vereinbarung nicht verlängern, wird der Ist-Lohn/das Ist-Gehalt am ____________ um 1,35 % erhöht. Ab diesen Zeitpunkt erfolgt keine weitere Freizeitgutschrift mehr aus dem Titel Freizeitoption. Das angesparte Freizeitguthaben kann innerhalb der folgenden 12 Monate einvernehmlich verbraucht werden. Ein danach verbleibendes Freizeitguthaben wird zuschlagsfrei ausbezahlt. 

Sind für (zuschlagsfrei) ausbezahlte Zeitguthaben Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten?
Ja, im Auszahlungsmonat bis zur Höchstbeitragsgrundlage (zur ähnlichen Problematik bei Gleitzeitguthaben siehe VwGH 21.4.2004, 2001/08/0048). 

Sind Zeitguthaben zu versteuern?
Nein, da in der Ansparphase noch keine wirtschaftliche Verfügungsmacht für die Arbeitnehmerin bzw. den Arbeitnehmer gegeben ist und somit noch keinen steuerlichen Zufluss erfolgt (LStR 2002 Rz 639a). Bei vorzeitiger Auszahlung (z.B. bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) ist wie im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Ablauf einer Altersteilzeit vorzugehen (Rz 1116a). 

Sind die Zeitguthaben insolvenzgesichert?
Aufgrund des §3a Abs. 1 IESG ist diese Auffassung vertretbar.


Mai 2016
Dr. Aur