Kollektivvertrag Textilindustrie, Arbeiter/innen, gültig ab 1.4.2022

Gilt für:
Burgenland, Kärnten, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Steiermark, Wien

Kollektivvertrag

abgeschlossen zwischen dem Fachverband der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie, Berufsgruppe Textilindustrie einerseits und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft PRO-GE, andererseits.

I. Geltungsbereich

räumlich: Für alle Bundesländer der Republik Österreich, ausgenommen Tirol und Vorarlberg

fachlich: Für alle dem Fachverband der Textil-, Bekleidungs-, Schuh- und Lederindustrie, Berufsgruppe Textilindustrie, angehörenden Unternehmungen bzw. selbständigen Betriebsabteilungen

persönlich: Für alle Arbeiter und Arbeiterinnen sowie für gewerbliche Lehrlinge

II. Neufestsetzung des Lohntarifes

Die seit 1. April 2022 geltenden tariflichen Mindestlöhne für die bestehenden sechs Lohngruppen ergeben sich aus dem im Anhang beigeschlossenen Lohntarif.

III. Erhöhung der ZeitlöhnerInnen

1. Die tatsächlich bezahlten IST-Löhne, ausgenommen der gewerblichen Lehrlinge, werden mit Wirkung ab 1. April 2022 um 4,2 % erhöht. Der so erhöhte IST-Lohn ist überdies darauf zu prüfen, ob er dem neuen tariflichen Mindestlohn laut Anlage entspricht. Ist dies nicht der Fall, so ist der IST-Lohn auf den neuen tariflichen Mindestlohn anzuheben.

2. Unter IST-Lohn im Sinne des Punkt 1 ist der tatsächliche Gesamtverdienst des/der Arbeiters/Arbeiterinnen, einschließlich aller wie immer gearteten Zulagen und Prämien, mit Ausnahme der neben dem Grundlohn gesondert berechneten Schmutz-, Staub- und Gefahrenzulagen, zu verstehen.

3. Wird der Grundlohn auf den neuen tariflichen Mindestlohn angehoben, können starre Prämien und Zulagen (mit Ausnahme der neben dem Grundlohn gesondert berechneten Schmutz-, Staub- und Gefahrenzulagen) in ihrer Höhe so abgeändert werden, dass über die IST-Lohnerhöhung hinaus keine weitere Erhöhung des bisherigen tatsächlichen Gesamtverdienstes eintritt.

IV. Erhöhung bei Akkorden und akkordähnlichen Prämien (§ 9 Abschnitt A des Rahmenkollektivvertrages)

1. Die Akkorde, gleichgültig, ob es sich um Geld- oder Zeitakkorde handelt, sind mit Wirkung ab 1. April 2022 um 4,2 % zu erhöhen.
Die IST-Lohnerhöhung ist so durchzuführen, dass bei Geldakkorden die bestehenden Akkordsätze bzw. Stückpreise (also die Sätze für 1.000 Schuss, 1 kg gespultes Garn etc.), bei Zeitakkorden der bisher angewandte Minutenfaktor mit dem Umrechnungsfaktor 1,042 multipliziert werden.

2. Erreicht oder übersteigt der um die IST-Lohnerhöhung erhöhte bisherige
Akkorddurchschnittsverdienst der Gesamtheit jener ArbeiterInnen, die der gleichen in der Lohngruppeneinteilung angeführten Arbeitstätigkeit zuzuordnen sind, den neuen tariflichen Mindestlohn um 25 %, ist keine weitere Erhöhung der Akkorde vorzunehmen. (Für die Ermittlung des Akkorddurchschnittsverdienstes ist § 9 Abschnitt A (2) - (4) anzuwenden.) Ist dies nicht der Fall, ist festzulegen, welche Akkorde zu verändern sind, damit die oben genannte ArbeiterInnengruppe einen Akkorddurchschnittsverdienst von 25 % über dem neuen tariflichen Mindestlohn erreicht.

3. Bei Entlohnungsformen, bei denen sich der Gesamtverdienst aus einem Akkordverdienst und einem Prämienverdienst zusammensetzt, z.B. Qualitätsprämien u.ä., wird lediglich der Akkordverdienst von der  IST-Lohnerhöhung erfasst, die Prämie bleibt in ihrer betragsmäßigen Höhe unverändert. Der Überprüfung im Sinne des Punkt 2 ist daher ebenfalls nur der Akkorddurchschnittsverdienst zugrunde zu legen.

4. Bei akkordähnlichen Prämien (§ 9 Abschnitt A des Rahmenkollektivvertrages) sind für die Erhöhung der IST-Löhne die Bestimmungen des Punkt 1 und 2 über die Akkorde sinngemäß anzuwenden. Ist die Voraussetzung des Punkt 2 erfüllt und führt die Erhöhung des Grundlohnes zu einer über die IST-Lohnerhöhung
gemäß Punkt 1 hinausgehenden Erhöhung des Gesamtdurchschnittsverdienstes der Prämiengruppe, sind die Prämien in ihrer Höhe so abzuändern, dass über die IST-Lohnerhöhung hinaus keine weitere Erhöhung des bisherigen Gesamtdurchschnittsverdienstes (Grundlohn plus Prämie) eintritt.

V. Erhöhung bei variablen Leistungsprämien (§ 9 Abschnitt B des Rahmenkollektivvertrages)

1. Der Gesamtdurchschnittsverdienst (Grundlohn plus Prämie) der Prämiengruppe ist mit Wirkung vom 1. April 2022 um 4,2 % zu erhöhen.

2. Durchführung der IST-Lohnerhöhung
Die IST-Lohnerhöhung ist nach Maßgabe folgender Bestimmungen vorzunehmen:
Für die einzelnen Prämiengruppen wird der bisherige Gesamtdurchschnittsverdienst ermittelt. Unter "Prämiengruppe" im obigen Sinne sind alle ArbeiterInnen zusammenzufassen, die die gleiche im Prämienlohn vergebene Tätigkeit verrichten. Der Berechnung des Gesamtverdienstes sind die letzten dreizehn, vor dem 1. April 2022 liegenden Lohnwochen zugrunde zu legen. Wurden im Berechnungszeitraum Veränderungen der Prämien vorgenommen, die den Verdienst beeinflussen, sind die in der Zeit vor der Abänderung bestehenden Prämien entsprechend aufzuwerten. Aus Gründen einer abrechnungsmäßigen Vereinfachung kann für die Ermittlung des bisherigen Gesamtdurchschnittsverdienstes auch ein anderer Zeitraum, für den derartige Durchschnittsberechnungen bereits vorliegen, im Einvernehmen mit dem Betriebsrat herangezogen werden.

Der so ermittelte Gesamtdurchschnittsverdienst der Prämiengruppe ist um den Faktor der IST-Lohnerhöhung pro Monat zu erhöhen. Um den so ermittelten Erhöhungsbetrag ist der Grundlohn anzuheben.

Erreicht trotz der IST-Lohnerhöhung der Prämiengrundlohn nicht den neuen Tariflohn, so ist der Prämiengrundlohn auf den neuen Tariflohn anzuheben.

3. Führt die Erhöhung des Grundlohnes zu einer über die IST-Lohnerhöhung gemäß Punkt 1 und 2 hinausgehenden Erhöhung des Gesamtdurchschnittsverdienstes der Prämiengruppe, sind die Prämien in ihrer Höhe so abzuändern, dass über die IST-Lohnerhöhung hinaus keine weitere
Erhöhung des bisherigen Gesamtdurchschnittsverdienstes (Grundlohn plus Prämie) eintritt.

VI. Änderungen des Rahmenkollektivvertrages (RKV) vom 1. April 2016 für die ArbeiterInnen der österreichischen Textilindustrie

Geändert wird im gesamten Rahmenkollektivvertrages (RKV) vom 1. April 2016

Der Begriff "Lehrlingsentschädigung" wird jeweils durchgängig durch das Wort
"Lehrlingseinkommen" ersetzt.

Geändert wird § 2 (3) NORMALARBEITSZEIT und lautet neu

§ 2 (3) Der 24. Dezember ist unter Fortzahlung des Stundenlohnes bzw.
Akkorddurchschnittsverdienst arbeitsfrei und am 31. Dezember hat die Arbeitszeit um 12 Uhr zu enden. Arbeiter, deren Arbeitszeit am 24. Dezember zu entfallen bzw. am 31. Dezember um 12 Uhr zu enden hätte, gebührt am 24. Dezember für jede und am 31. Dezember für jede nach 12 Uhr, aber im Rahmen der sonst für den betreffenden Wochentag festgesetzten Normalarbeitszeit aus
Betriebserfordernissen geleistete Arbeitsstunde, ein Überstundenzuschlag von 50 % ohne Grundvergütung.
Wird am 24. und 31. Dezember über die sonst für den betreffenden Wochentag festgesetzte Normalarbeitszeit hinaus gearbeitet, so gebührt für solche Überstunden die Überstundengrundvergütung mit 100 % Zuschlag.

Geändert wird § 3 (2) MEHRARBEIT und lautet neu

§ 3 (2) Diese Mehrarbeit wird auf das gesetzlich mögliche Überstundenausmaß nicht angerechnet.
Dieser Grundsatz gilt auch bei anderer Verteilung der Normalarbeitszeit (z.B. Schichtarbeit) ab der verteilten Normalarbeitszeit. Durch Mehrarbeit darf die tägliche Arbeitszeit von neun Stunden nicht überschritten werden. Ausgenommen davon sind jene Fälle, in denen eine Ausweitung der täglichen Normalarbeitszeit über neun Stunden durch diesen Kollektivvertrag (z.B. Portier/innen) zulässig ist.
Die tägliche Normalarbeitszeit kann bei regelmäßiger Verteilung der Gesamt-Wochenarbeitszeit auf 4 Tage durch Betriebsvereinbarung, in Betrieben ohne Betriebsrat durch Einzelvereinbarung, auf bis zu 10 Stunden ausgedehnt werden. Der arbeitsfreie Tag darf nicht auf einen Feiertag fallen.

Geändert wird § 5 (7) ÜBERSTUNDEN, SONN- UND FEIERTAGSARBEIT, SCHICHT- UND NACHTARBEIT

§ 5 (7) Streichung des Satzes betreffend Karfreitag: "Der Karfreitag gilt im Sinne des Gesetzes als Feiertag für die Angehörigen der evangelischen Kirche AB und HB, der Altkatholischen Kirche und der Methodistenkirche."

Geändert wird § 21 KÜNDIGUNG DES ARBEITSVERHÄLTNISSES und lautet neu

§ 21 (1) Die ersten 4 Wochen des Arbeitsverhältnisses gelten als Probezeit, innerhalb der das Arbeitsverhältnis jederzeit beiderseits mit sofortiger Wirkung aufgelöst werden kann. Nach vierwöchiger Dauer des Arbeitsverhältnisses beträgt die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmer 14 Tage.
Für durch den/die Arbeitgeber/in ausgesprochene Kündigungen beträgt die Kündigungsfrist nach einer ununterbrochenen Dauer des Arbeitsverhältnisses von
bis 2 Jahre ............. 6 Wochen
nach 2 Jahren ........ 2 Monate
nach 5 Jahren ........ 3 Monate
nach 15 Jahren ...... 4 Monate
nach 25 Jahren ...... 5 Monate

Ab dem 1.7.2021 gilt hinsichtlich der Kündigungstermine bei Arbeitgeberkündigung folgende Regelung: Für alle bestehenden sowie künftig neu begründeten Dienstverhältnisse gilt im ersten Jahr des Dienstverhältnisses der Fünfzehnte und letzte Tag eines jeden Kalendermonats als vereinbarter Kündigungstermin. Ab dem zweiten Jahr des Dienstverhältnisses gilt nur mehr der letzte Tag eines jeden Kalendermonats als vereinbarter Kündigungstermin.
Endet das Arbeitsverhältnis durch Kündigung, sind dem/der Arbeitnehmer/in bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Arbeitspapiere auszufolgen. Ist bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Abrechnung noch nicht möglich, ist eine angemessene Akontierung zu leisten.

(2) Hinsichtlich Freizeit für Postensuche gelten die Bestimmungen des § 1160 ABGB.

Geändert wird ANHANG 5, "B) INLANDSDIENSTREISEN"

§1 (5) Reisekosten und Aufwandsentschädigung
Das Taggeld gemäß § 1 (5) Reisekosten- und Aufwandsentschädigung wird von € 53,18 auf € 55,04 erhöht. Die volle Reiseaufwandsentschädigung (Tag- und Nachtgeld) wird von € 76,50 auf € 78,36 erhöht.

§ 2 (4) Trennungskostenentschädigung
Die Trennungskostenentschädigung gemäß § 2 (4) wird von € 22,37 auf € 23,15 erhöht.

§ 3 (1) Messegelder
Das Messegeld gemäß § 3 (1) wird von € 24,63 auf € 25,49 erhöht.

VII. Geltungsbeginn

Inkrafttreten: 1.4.2022


Wien, 7.4.2022

FACHVERBAND TEXTIL-, BEKLEIDUNGS-, SCHUH- UND LEDERINDUSTRIE

Der Obmann:

Ing. Manfred Kern

Die Geschäftsführerin:

Mag. Eva Maria Strasser

BERUFSGRUPPE TEXTILINDUSTRIE

Die Berufsgruppenleiterin:

Mag. Ursula Feyerer

ÖSTERREICHISCHER GEWERKSCHAFTSBUND 
GEWERKSCHAFT PRO-GE

Der Bundesvorsitzende:

Rainer Wimmer

Der Bundessekretär:

Peter Schleinbach

Der Sekretär:

Gerald Cuny-Kreuzer


Lohntarif für die Textilindustrie

   (ausgenommen Tirol und Vorarlberg)
                    gültig ab 1.4.2022

LohngruppeEuro/Monat 
ATätigkeiten einfacher Art, auch mit kurzer Einarbeitung und Einweisung1.624,00 
BTätigkeiten mit kurzer Zweckausbildung1.656,00 
CTätigkeiten mit längerer Zweckausbildung und Fachkenntnissen1.691,00 
DTätigkeiten mit längerer Zweckausbildung, die entsprechende Fachkenntnisse, selbständige Ausführung sowie Verantwortung erfordern1.723,00 
EFacharbeiter/innen oder Arbeitnehmer/innen, die Tätigkeiten ausüben, für die typischerweise der Abschluss einer einschlägigen Berufsausbildung erforderlich ist1.758,00 
FSpitzenfacharbeiterInnen1.796,00

Lehrlingseinkommen

Das Lehrlingseinkommen beträgt ab 1.4.2022:

Bei 4-jähriger Lehrzeit in Euro:Bei 2-jähriger Lehrzeit in Euro:
Lehrjahr    Tabelle ITabelle IILehrjahr Tabelle ITabelle II
im 1. Lehrjahr733,00899,00im 1. Lehrjahr 733,00899,00
im 2. Lehrjahr893,001.186,00 im 2. Lehrjahr 998,001.295,00
im 3. Lehrjahr1.135,001.465,00   
im 4. Lehrjahr1.396,001.689,00   

Die Tabelle II gilt für Lehrlinge, deren Lehrverhältnis nach Vollendung des 18. Lebensjahres oder nach bestandener Reifeprüfung beginnt.