Grünes Recyclingzeichen in Wasserfarben gemalt
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Begutachtung: AWG-Novelle 2021 Kreislaufwirtschaftspaket

Umsetzung von EU-Bestimmungen und Punkte aus dem Regierungsprogramm zu Mehrweg-Verpackungen

Lesedauer: 5 Minuten

Das BMK hat eine AWG-Novelle Kreislaufwirtschaftspaket 2021 samt Erläuterungen, Textgegenüberstellung und Wirkungsfolgenabschätzung (WFA) zur Begutachtung vorgelegt.  

Inhalt der Novelle ist die Umsetzung der Änderungen der Abfallrichtlinie in der Fassung des Kreislaufwirtschaftspakets 2018 (EU 2018/851), die Umsetzung der Einwegkunststoff-Richtlinie (EU 2019/904) und Maßnahmen zur Umsetzung des Regierungsprogramms.

Die spezifischen Änderungen der Abfallrichtlinie betreffen ua die Übernahme von diversen Definitionen, Vorgaben zu Recyclingzielen, Vorgaben zu getrennter Sammlung, Vorgaben zur erweiterten Herstellerverantwortung und zur Abfallvermeidung sowie die Übernahmen der Anhänge IV und IVa der Abfallrichtlinie in nationales Recht. 

Die spezifischen Änderungen der Einwegkunststoff-Richtlinie betreffen ua die Übernahme von Definitionen, Inverkehrsetzungsverbote sowie Kennzeichnungs- und Produktvorschriften. Die erforderliche Umsetzung der EU-rechtlichen Vorgaben erfolgt wort- oder sinnident.

 

Kritische Punkte der AWG Novelle sind insbesondere: 

Zu § 5 – Abfallende

Das Abfallende wird an die neue Textierung der Abfallrichtlinie angepasst. Leider wird verabsäumt, das Abfallende im Sinne der Kreislaufwirtschaft, wie es auch die Abfallrichtlinie ermöglichen würde, früher einsetzen zu lassen. 

Zum neuen § 14a - Verordnungsermächtigungen zur Kunststoffreduktion

Diese soll zur Umsetzung des im Regierungsprogrammes festgelegten Kunststoffreduktionszieles dienen. Bedenklich ist ein Großteil der angeführten möglichen Regelungsinhalte durch massiven Eingriff in wirtschaftliche Bereiche/Freiheit und Eigentumsrechte (zB die Festlegung von Mindestentgelten oder Maximalentgelten (Punkt 4), Verbote der unentgeltlichen Abgabe (Punkt 5) oder Verpflichtungen zur Rückgabe (Punkt 6)). Generell ist zu hinterfragen, ob solche Vorgaben/Eingriffe rechtlich möglich und gedeckt sind.  

In der WFA zu § 14a wird von keinen nennenswerten Mehrkosten ausgegangen, die bei solch massiven Eingriffen - wenn sie verordnet werden – folgen würden.  

Zu § 14b - Mehrwegquoten

Dieser Punkt soll der Umsetzung des Regierungsprogrammes dienen. Das Regierungsprogramm besagt dazu folgendes: „Verbindliche gesetzliche Rahmenbedingungen inklusive konkreter Ziele für den Ausbau von Mehrwegsystemen, insbesondere auch für Getränkeverpackungen.“ Das Regierungsprogramm (Seite 100) sieht aber keine expliziten Quoten vor.  

Gegen eine Angebotsverpflichtung für Letztvertreiber von Mehrweg-Getränkeverpackungen bestehen massive verfassungsrechtliche Bedenken (Freiheit der Erwerbsbetätigung, Unverletzlichkeit des Eigentums) und vor allem unionsrechtliche Unmöglichkeiten, hier vor allem der Eingriff in die Grundfreiheiten des AEUV, insbesondere die Warenverkehrs- und Niederlassungsfreiheit.  

Völlig unklar ist, wie die Erfüllung der Quote festgestellt werden soll – dazu fehlt die verfassungsrechtlich geforderte Bestimmtheit (Legalitätsprinzip). 

Die Sanktion über Verwaltungsstrafe ist unzumutbar, weil bei jeder „Sichtung“ Strafe zu zahlen wäre, auch wenn ein Regal gerade von Konsumenten geräumt wurde. 

Das Abstellen auf jede Verkaufsstelle ist realitätsfremd. Es gibt Verkaufsstellen, wo es aus Platzgründen nicht möglich ist, die vorgegebenen Quoten zu erfüllen.  

Es sollte im Gesetz Vorsorge dafür getroffen werden, dass nicht durch die Quoten mehr Lebensmittelabfall produziert wird (wenn zB Milch in 10% Mehrweg abzufüllen ist, der Konsument dieses Angebot aber nicht in Anspruch nimmt und die überzählige Menge nach dem Ablaufdatum entsorgt werden muss). 

Die Abschätzungen in der WFA zu Mehrweg, wie auch die Aussage von keinen nennenswerten Mehrkosten für den Handel zu sprechen, sind nicht nachzuvollziehen. Dass den Abfüllern keine Mehrkosten entstehen sollen, ist nicht nachvollziehbar. 

Zu § 15 Abs 9, § 69 Abs 10 und § 83 Abs 1 - Abfalltransporte per Bahn

Diese Bestimmung soll zur Umsetzung des Regierungsprogrammes dienen. Die Tonnageschwelle ist nach unserem Ermessen viel zu niedrig. Sie sollte zumindest bei 50 t oder eher 100 t aufwärts liegen.  

Zu § 21 Abs 2b Z 2 - Ausnahme von der Registrierungspflicht für Abfalltransporteure

Die Ausnahme zur Registrierung soll in Anlehnung an die Vorgaben der Abfallrichtlinie gestrichen werden. Zukünftig haben sich alle Transporteure im EDM zu registrieren, die Abfälle transportieren. 

Zu § 29 Abs 4 Z 5 - Förderung zur Vorbereitung zur Wiederverwendung

Die festgelegte Förderung zur Vorbereitung zur Wiederverwendung insbesondere durch ökosoziale Betriebe in der Höhe von 5 % der Lizenzentgelte ist abzulehnen. Das bedeutet eine Erhöhung der Lizenzentgelte um 5 %, also Mehrkosten für die Wirtschaft und dadurch Produktpreiserhöhungen. Das ist eine Verzehnfachung des bisher vorgeschriebenen Beitrages nach § 29 Abs 4 Z 4. Dies ist abzulehnen. 

Rückgrat der Wirtschaft sind gewinnorientierte Betriebe. Diese dürfen nicht hintangestellt werden. Die Förderung ökosozialer Betriebe ist Aufgabe des Staates und nicht Aufgabe der Wirtschaft. Auch gibt es keine EU-rechtliche Bestimmung oder Vorgabe, dass ökosoziale Betriebe mit den Lizenzentgelten aus der erweiterten Herstellerverantwortung gefördert werden müssen. Dasselbe gilt für § 36 Abs 7. 

Zu § 69 Abs 7c - Importverbot von bestimmten Abfällen zur Deponierung

Das Deponierungsverbot für importierte Abfälle ist sehr kritisch zu sehen. Es gibt dafür keine Notwendigkeit, da ausreichend Kapazitäten in Österreich vorhanden sind und Deponiebetreiber ihre wirtschaftliche Tätigkeit darauf ausgelegt und abgestimmt haben. 

Unklar ist, was unter vorbehandelten Abfällen wie auch unter industriellen Verarbeitungsprozesses in diesem Zusammenhang zu verstehen ist. Es ist hier auf teilstabilisiert abzustellen. Laut Erläuterungen soll das Importverbot insbesondere die EAV-Codes 19 02 03, 19 02 04*, 19 03 04*, 19 03 05, 19 12 11*, 19 12 12 umfassen.  

Grundsätzlich ist zu hinterfragen, warum eine solche Bestimmung überhaupt erforderlich ist, da das AWG auch jetzt schon die Möglichkeit bietet, diese Importe zu untersagen (zB nach § 69 Abs 7a AWG). 

Weitere Änderungen:

Zu § 13b Abs 1 und § 30a Abs 2 inkl. Erläuterungen

Maßnahmen zum Schutz des heimischen Handels sind zu begrüßen. Gerade in Zeiten der Pandemie boomt der Import von Waren über direkte Internetbestellung des Konsumenten am Steuer- und Umweltrecht vorbei. Der stationäre österreichische Handel wird auf Einhaltung von Rechtsvorschriften kontrolliert und trägt zusätzlich die Kosten des Direktimports, wenn für diese die Gebühren nicht bezahlt wurden. Die Kontrolllücke soll geschlossen werden, weswegen nun eine Schwerpunktsetzung in Kontrollkonzepte dafür vorgesehen wird. 

Zu § 12a, § 12b und § 13a

In § 12a werden die bekannten Regelungen für Hersteller (alter § 13a) nun eigens festgeschrieben, um eine bessere Lesbarkeit zu gewährleisten. In § 12b werden die Bevollmächtigten-Regelungen aus zB der EAG-VO nun auch im AWG festgeschrieben. 

Zu § 13g Abs 2

Hier wird die seit langem vom BMK angekündigte Teilnahmeplicht für gewerbliche Verpackungen an einem Sammel- und Verwertungssystem festgeschrieben. Flexibilisierungen bzgl. der Teilnahme finden sich in § 13g Abs 3.  

Ihre allfällige Stellungnahme zum vorliegenden Begutachtungsentwurf samt Erläuterungen, Textgegenüberstellung und WFA senden Sie bitte an das Umweltservice (E gabriele.kovacsik@wkooe.at) bis spätestens 19. Mai 2021, damit diese im laufenden Begutachtungsverfahren Berücksichtigung finden kann. 

Download: Begutachtungsentwurf 

Links:

 

Stand: 29.04.2021

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