Können Selbstständige auch in Karenz gehen?

Selbstständige können über ihre Zeit frei verfügen und selbst entscheiden, ob Aufträge angenommen werden

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Gibt es ein Beschäftigungsverbot?

Der Gesetzgeber lässt der Unternehmerin die Freiheit selbst zu entscheiden, wie lange sie vor der Geburt arbeiten möchte. Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, die der Unternehmerin das Arbeiten aus Gründen des Mutterschutzes untersagt. Das absolute Beschäftigungsverbot acht Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt gilt für die Unternehmerin nicht.

Welche finanziellen Unterstützungen gibt es?

Für den Zeitraum acht Wochen vor und acht Wochen (bei Kaiserschnitt oder Mehrlingsgeburt zwölf Wochen) nach der Geburt kann die Unternehmerin zwischen der Betriebshilfe und dem Wochengeld wählen. Bei der Betriebshilfe wird der Unternehmerin eine Ersatzarbeitskraft, die sich die Unternehmerin selbst auswählen kann, zur Verfügung gestellt. Entweder wird die Ersatzarbeitskraft beim Verein Betriebshilfe Tirol angestellt und von diesem auch bezahlt oder es handelt sich um einen Unternehmer, der seine Arbeitsleistung auf Werkvertragsbasis erbringt und der Verein Betriebshilfe Tirol übernimmt die Kosten dafür.

Kontaktadresse: Verein Betriebshilfe Tirol
Martina Silbergasser, T 05 90 9 05-1370, E betriebshilfe@wktirol.at

Wählt die Unternehmerin die Variante Wochengeld, so erhält sie für den oben genannten Zeitraum ein tägliches Wochengeld in der Höhe von 55,04 Euro (Wert 2019). Voraussetzung dafür ist, dass die Unternehmerin eine Ersatzarbeitskraft beschäftigt, die mindestens an vier Tagen oder 20 Stunden pro Woche bei der Unternehmerin arbeitet. Die Entlastungskraft muss grundsätzlich eine betriebsfremde Hilfe sein. Sofern eine solche nicht zur Verfügung steht, kann auch eine nicht betriebsfremde Hilfe eingesetzt werden. Vom Einsatz einer Hilfskraft wird nur abgesehen, wenn aufgrund der Gewerbeberechtigung der Einsatz einer Hilfe unzulässig ist oder wenn wegen der örtlichen Lage des Betriebes keine Aushilfe gefunden werden kann. Das Wochengeld ist bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu beantragen.

Was mache ich mit dem Gewerbe?

Unternehmerinnen können ihre selbstständige Erwerbstätigkeit während des Wochengeldbezuges unterbrechen und das Gewerbe ruhend melden. Das bewirkt eine Ausnahme von der Pflichtversicherung und der Beitragspflicht. Die Ausnahme dauert bei rechtzeitiger Meldung vier Monate. Bei einem ärztlich bestätigten vorzeitigen Beschäftigungsverbot kann sich die Dauer der Ausnahme auch über vier Monate hinaus verlängern. Trotzdem besteht während der Unterbrechung eine Teilversicherung in der Pensionsversicherung, wenn in diesem Zeitraum keine andere gesetzliche Pensionsversicherung aufrecht ist. Dadurch werden pensionsrechtliche Nachteile vermieden! Auch in der Krankenversicherung haben Versicherte in diesem Zeitraum weiterhin Anspruch auf Leistungen.

Was ist das Kinderbetreuungsgeld?

Selbstständige können unter denselben Voraussetzungen wie Unselbstständige Kinderbetreuungsgeld beantragen. Der Antrag ist bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu stellen.

Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz sind für Geburten ab 1.3.2017:

  • das pauschale Kinderbetreuungsgeld (Kinderbetreuungsgeld-Konto),
  • das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld
  • die Beihilfe zum pauschalen Kinderbetreuungsgeld.

Trotz Bezuges kann weiter verdient werden, wobei das jährliche Einkommen die Zuverdienstgrenzen nicht überschreiten darf. Beim pauschalen Kinderbetreuungsgeld beträgt der allgemeine Grenzbetrag 16.200 Euro im Kalenderjahr, der individuelle Grenzbetrag 60 Prozent Ihrer maßgeblichen Einkünfte aus dem relevanten Kalenderjahr vor der Geburt. Ist der berechnete individuelle Grenzbetrag höher als 16.200 Euro jährlich, dann können Sie während des gesamten Bezugszeitraumes des pauschalen Kinderbetreuungsgeldes diesen entsprechend höheren jährlichen Zuverdienst erzielen. Beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld dürfen die maßgeblichen Einkünfte den Grenzbetrag von  6.800 Euro (ab 2020: 7.300 Euro) jährlich nicht übersteigen. Werden die Zuverdienstgrenzen nicht eingehalten, ist mit einer nachträglichen Rückforderung zu rechnen. Es kann immer nur ein Elternteil Kinderbetreuungsgeld beantragen und nur dessen Einkommenshöhe ist für die Zuverdienstgrenzen relevant.

Muss ich trotz der geringen Einkünfte die vollen Beiträge an die SVA abführen?

Während des Bezuges von Kinderbetreuungsgeld und darüber hinaus für die Dauer einer Teilversicherung während der Kindererziehungszeit (max. 48 Kalendermonate pro Kind, bei Mehrlingsgeburt max. 60 Kalendermonate) kann die sogenannte Kleinunternehmerregelung beantragt werden. Wenn der Umsatz 30.000 Euro (ab 2020: 35.000 Euro) sowie die Einkünfte aus der gewerblichen Tätigkeit den Betrag von jährlich 5.361,72 Euro (Wert 2019) nicht übersteigen, können sich Versicherte von der Pensions- und Krankenversicherung ausnehmen lassen.



Expertentipp von Mag. Florian Brutter
Abteilung Arbeits- und Sozialrecht in der Tiroler Wirtschaftskammer


Selbstständige können ihre Elternschaft frei gestalten und unterliegen diesbezüglich keinen gesetzlichen Beschränkungen. Sie haben auch die Möglichkeit Kinderbetreuungsgeld zu beantragen. Es kann aber immer nur ein Elternteil Kinderbetreuungsgeld beantragen und nur dessen Einkommenshöhe ist für die Zusatzverdienstgrenzen relevant. Der Antrag ist bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zu stellen. Bei Fragen können Sie sich gerne an die Wirtschaftskammer Tirol, Abteilung Arbeits- und Sozialrecht, wenden: T. 05 90 90 5-1111



Stand: 03.03.2022