Mehrere Holzwürfel aufeinander gestapelt auf Erde mit grünen Symbolen zum Thema Klimaschutz, oberster Würfel mit Schriftzug Net Zero, Hintergrund verschwommen grün
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Klimaschutz im Unternehmen

Grundlagen und Verpflichtungen im Überblick

Lesedauer: 5 Minuten

12.03.2024

Die Europäische Union hat sich verpflichtet, massiv an der Reduktion der Treibhausgase zu arbeiten. Daraus resultiert ein umfassendes Paket an Maßnahmen und Verpflichtungen, denen auch österreichische Unternehmen nachkommen müssen. 

EU Klima- und Energiepaket 2020

2009 hat die Europäische Union das Klima- und Energiepaket 2020 beschlossen und sich so als Vorreiter der internationalen Klimapolitik positioniert. Die Staatengemeinschaft verpflichtete sich zu einer Reduktion der Treibhausgase (THG) von mindestens 20 Prozent bis 2020. Mit dem Paris-Abkommen vom Dezember 2015 wiederum verpflichtete sich die EU zu einer THG-Reduktion von mindestens 40 Prozent bis 2030. Als Basisjahr wird 1990 herangezogen.

Um diese Ziele zu erreichen, gibt es in erster Linie zwei zentrale Instrumente:  Zum einen die die Lastenverteilung bei der Treibhausgasreduktion zwischen den Mitgliedsstaaten, das Effort Sharing, und zum anderen den EU-Emissionshandel, kurz EU-ETS (Emissions Trading System).

Lastenverteilung bei der Treibhausgasreduktion zwischen den Mitgliedsstaaten 

  • Die EU gibt jedem Mitgliedsstaat abhängig von seiner wirtschaftlichen Stärke nationale Zielsetzungen für die THG-Reduktion vor. Es handelt sich um einen linearen Reduktionspfad mit Sanktionsmechanismen für jeden Staat mit dem Basisjahr 2005.
  • Der Emissionshandel wird aus der nationalen Zielsetzung herausgelöst.
  • In Österreich ist das BMK für die Umsetzung dieser Entscheidung zuständig. Um die Querschnittsmaterie Klimaschutz bis 2020 auch in Gesetzesform zu gießen, ist 2012 das Klimaschutzgesetz in Kraft getreten. Dieses hat das Ziel "eine koordinierte Umsetzung wirksamer Maßnahmen zum Klimaschutz" (§1) zu ermöglichen.
  • Im Anhang des Klimaschutzgesetzes werden Höchstmengen von Treibhausgasemissionen nach Sektoren (z.B. Gebäude, Verkehr, etc.) für den Verpflichtungszeitraum 2013 bis 2020 festgeschrieben.
  • Eine notwendige Novelle dazu wurde 2013 beschlossen.
  • Im Juli 2016 wurde von der Europäischen Kommission ein Vorschlag für verbindliche nationale THG-Reduktionsziele von 2021 bis 2030 veröffentlicht.  

EU-Emissionshandel

Der Handel mit Berechtigungen für Treibhausgasemissionen findet in 28 Mitgliedstaaten sowie in Island, Liechtenstein und Norwegen (Mitglieder des Europäischen Wirtschaftsraums) statt. Rechtsgrundlage ist die Emissionshandelsrichtlinie (RL 2003/87/EG).

Mit dem Energie-Klima-Paket 2020 hat die EU neue Regelungen für den Emissionshandel ab 2013 geschaffen. Mit diesen sollen die sogenannten 20/20/20 Ziele erreicht werden. Dazu zählen insbesondere die Verlängerung der Handelsperiode auf acht Jahre, die Aufnahme zusätzlicher Sektoren und Gase in das System, die Festlegung einer EU-weiten Obergrenze an verfügbaren Emissionszertifikaten durch die Kommission und die Harmonisierung der Zuteilungsregeln.

Die Anpassung der Richtlinie durch das Klima- und Energiepaket 2030 (Vorschlag aus 2015) ist derzeit in Verhandlung.  

Zentrale „Spielregeln“ des Emissionshandels

Die energieintensive Industrie und Energieversorger müssen entsprechend dem Ausmaß der Emissionen ihrer Anlagen Emissionszertifikate abgeben. Die Zertifikate werden von den Nationalstaaten, seit 2013 nach streng harmonisierten Regeln, ausgegeben und sind frei handelbar. Der Emissionshandel soll bewirken, dass die Treibhausgasemissionen der betroffenen Sektoren im Einklang mit den nationalen Klimazielen möglichst effizient reduziert werden. Investitionen in CO2-mindernde Maßnahmen sollen dort vorgenommen werden, wo sie am kostengünstigsten sind.

Das Handelssystem funktioniert nach dem Prinzip des 'Cap and Trade'. Dies bedeutet, dass durch das Festsetzen der Gesamtzahl an Zertifikaten vor Beginn der Handelsperiode eine Obergrenze für die Emissionen aus Anlagen, die unter das System fallen, gezogen wird. Während einer Periode können keine weiteren Zertifikate ausgegeben werden. Jeder Anlage wird dann für die aktuelle Periode eine bestimmte Zahl an Zertifikaten zugeteilt.


Welche Unternehmen müssen am Emissionshandel teilnehmen?

Die Richtlinie bestimmt, wer am Emissionshandel teilnehmen teilnehmen muss (Eisen- und Stahlverhüttung, Kokereien, Raffinerien und Cracker, Zement- und Kalkherstellung, Glas-, Keramik- und Ziegelindustrie, sowie Papier- und Zelluloseproduktion) . Die Mitgliedstaaten sind an diese Vorgabe gebunden. Den Unternehmen ist kein Wahlrecht eingeräumt, teilzunehmen oder nicht teilzunehmen.

Die angegebenen Grenzwerte, die für die Anzahl der Emissionszertifikate ausschlaggebend sind, beziehen sich im Allgemeinen auf Produktionskapazitäten oder -leistungen. Führt ein Betreiber mehrere Tätigkeiten unter der gleichen Bezeichnung in einer Anlage oder an einem Standort durch, werden die Kapazitäten dieser Tätigkeiten addiert.

Anlagen oder Anlagenteile, die für Zwecke der Forschung, Entwicklung und Prüfung neuer Produkte und Verfahren genutzt werden, fallen nicht unter diese Richtlinie. 

Wichtigste Inhalte der Emissionshandelsrichtlinie

Grundsätzliches

  • Einteilung in Handelsperioden: 2005 bis 2007, 2008 bis 2012, 2013 bis 2020, 2021 bis 2030
  • Betriebe der oben angeführten Branchen müssen am Emissionshandel teilnehmen
  • Betroffene Betriebe erhalten durch die nationalen Behörden Genehmigungen (Permits) und Emissionszertifikate (Allowances)
  • Die Genehmigung berechtigt den Betrieb, grundsätzlich Emissionen zu emittieren. Sie bezieht sich nur auf den Betrieb, für den sie erworben wurde. 

Zertifikat-Zuteilung und -handel

  • Der Betrieb muss Zertifikate in der Höhe seiner tatsächlichen Emissionen abgeben.
  • Ein Zertifikat erlaubt die Emission einer Tonne CO2-Äquivalent.
  • Die Zuteilung der Zertifikate erfolgt durch einen - bisher nationalen - Zuteilungsplan.
    • Die Zuteilung der Zertifikate für die erste Periode erfolgte in Österreich gratis.
    • In der zweiten Periode werden 98,8 % der Zertifikate gratis verteilt.
    • In der 3. Emissionshandelsperiode werden Emissionszertifikate prinzipiell versteigert, nur noch in Ausnahmefällen („carbon leakage“ gefährdete Industrie und osteuropäische Energieversorger) werden nach EU-weit geltenden Regeln Gratiszertifikate nach Benchmarks zugeteilt.
    • Dieses System wird in der 4. Handelsperiode ab 2021 fortgeführt.
  • Zertifikate können zwischen den Teilnehmern frei gehandelt werden.

Zertifikat-Rückgabe, Strafen, Überprüfung und Register

  • Bis zum 30. April des folgenden Jahres müssen für die tatsächlichen Emissionen Zertifikate an die zuständige Behörde zurückgegeben werden. Die Emissionsmeldung ist bis 31.3. abzugeben. D.h. die Behörde haben rund vier Wochen Zeit für die Prüfung der Emissionsmeldung.
  • Um die Rückgabeverpflichtung zu erfüllen, können mittels Zuteilungsplan zugewiesene Zertifikate, zugekaufte Zertifikate und Emissionsreduktionseinheiten aus JI- und CDM-Projekten (Joint Implementation, Clean Development Mechanism) verwendet werden.
  • Für jede nicht durch ein Zertifikat gedeckte emittierte Tonne müssen Unternehmen ein Pönale von 100 Euro pro Tonne CO2 zahlen.
  • Es werden Leitlinien zur Überwachung und Berichterstattung für Emissionshandelsbetriebe durch die Kommission veröffentlicht, die EU-weit geltende Monitoring-Regeln für alle betroffenen Aktivitäten enthalten. So werden etwa die Emissionsmeldungen der Unternehmen jährlich von einem externen Auditor überprüft.
  • Es wird ein Register eingerichtet, um Übertragung und Verwendung von Zertifikaten zu verbuchen.

Umsetzung in Österreich

Die Emissionshandelsrichtlinie hat Österreich durch das Bundesgesetz über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (Emissionszertifikategesetz 2011 = EZG 2011) umgesetzt.  

Vorschlag einer überarbeiteten Emissionshandelsrichtlinie zur Erreichung des 2030-Klimaziels (Vierte Handelsperiode von 2021-2030)

Am 15. Juli 2015 hat die Europäische Kommission einen ersten Legislativvorschlag zur Umsetzung der Zusage der Reduktionsverpflichtung, die europäischen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 40 % (Basis 1990) zu senken, veröffentlicht. Da der ETS laut den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Oktober 2014 eine CO2-Reduktion von 43 % (Basis 2005) bis 2030 erreichen muss, wurde der Kürzungsfaktor auf jährlich 2,2 % angehoben. Auch weitere Elemente des neuen Richtlinienvorschlags richten sich nach den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom Oktober 2014.

Die Überarbeitung der Emissionshandelsrichtlinie für die Periode 2021-2030 sollte Mitte 2017 abgeschlossen sein. 

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