Kommentar Wirtschaftspolitik: Investitionen in Wettbewerbsfähigkeit
In Kürze
- Die österreichische Wirtschaft ist bis 2015 vier Jahre in Folge schwach gewachsen.
- In dieser Zeit haben die Investitionen einen negativen Wachstumsbeitrag geleistet.
- Die aktuelle Ausgabe der Wirtschaftspolitischen Blätter analysiert
- die Gründe für die geringe Investitionstätigkeit,
- Maßnahmen zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und
- weitere Aspekte zum Thema „Investitionen in Wettbewerbsfähigkeit“.
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- Abnehmende Wettbewerbsfähigkeit in Österreich und Europa
- Private Investitionen für Wettbewerbsfähigkeit entscheidend
- Investitionstätigkeit in Österreich seit Jahren auf Abwärtstrend
- Negative gesamtwirtschaftliche Auswirkungen durch fehlende Investitionen
- Fehlendes Vertrauen als ein Grund für Investitionszurückhaltung
- Maßnahmen zur Stärkung von Investitionen
Abnehmende Wettbewerbsfähigkeit in Österreich und Europa
Österreich bzw. Europa weisen derzeit eine sehr geringe Dynamik auf und sehen sich im internationalen Vergleich mit einem immer größer werdenden Mangel an Wettbewerbsfähigkeit, v.a. im Vergleich mit dynamischen Regionen wie Asien oder den USA, konfrontiert. Zwar liegt die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Österreich international gesehen in Teilbereichen zwar an der Spitze, verliert gesamt gesehen aber an Terrain.
Grundsätzlich wird die Wettbewerbsfähigkeit von einer Vielzahl unterschiedlicher Faktoren beeinflusst, etwa der Arbeitsproduktivität und den Lohnstückkosten, der Abgabenquote, der Qualität der Wertschöpfungskette, der Bedeutung der Industrie, der Kooperation zwischen Unternehmen und Universitäten oder dem Ausmaß an Regulierung.
Private Investitionen für Wettbewerbsfähigkeit entscheidend
Eine ganz entscheidende Bedeutung in Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit kommt den Investitionen zu. Investitionen in die Erneuerung bzw. den Ersatz von Technologien, Maschinen und Ausstattung sind Voraussetzung für Innovation und technischen Fortschritt und bestimmen maßgeblich die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Investitionen erhöhen den Kapitalstock, ermöglichen technologischen Fortschritt und verbessern die Arbeitsproduktivität. Damit sichern Investitionen Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Wohlstand. Gerade in Zeiten von Digitalisierung und sich wandelnden Wirtschaftsstrukturen werden neue Investitionen immer wichtiger.
Dabei sind private Investitionen bzw. die Investitionen von Unternehmen von entscheidender Bedeutung. Private Investitionen machen 87 Prozent aller Investitionen aus, Unternehmen sind die Treiber von Forschung und Entwicklung sowie Innovation und schaffen den Großteil der Arbeitsplätze. Bei den Investitionen ist auch die Art der Investition entscheidend. In den letzten Jahren zeigt sich eine Verschiebung hin zu immateriellen Investitionen.
Investitionstätigkeit in Österreich seit Jahren auf Abwärtstrend
Insgesamt verfügt Österreich zwar über einen hohen Kapitalstock, die Investitionen von privaten Unternehmen, etwa in Maschinen, (Produktions-) Anlagen und die Bauwirtschaft, bewegen sich jedoch seit Jahren auf einem Abwärtstrend. In Österreich aber auch in Europa insgesamt wird weit weniger investiert als in wichtigen Konkurrenzländern bzw. –regionen. Darüber hinaus wird der größte Teil des jährlichen Investitionsvolumens für die Erneuerung des bestehenden Kapitalstocks verwendet, nicht jedoch für Neuinvestitionen. Das hat zur Folge, dass die darüber hinausgehenden Nettoanlageinvestitionen seit einigen Jahren in Österreich rückläufig sind.
Negative gesamtwirtschaftliche Auswirkungen durch fehlende Investitionen
So besteht die Gefahr, dass der Kapitalstock mehr und mehr veraltet und die Unternehmen an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. Durch die fehlenden Investitionen wird auch wenig in technischen Fortschritt investiert, was negative Effekte auf die Arbeitsproduktivität hat. Über Jahre und Jahrzehnte wurde zu wenig und zum Teil wohl auch in den falschen Bereichen investiert. Dies hat die Produktivität und das Wachstumspotenzial Europas beeinträchtigt und seine Wettbewerbsfähigkeit gefährdet. Die Verschlechterung der heimischen Wettbewerbsfähigkeit spiegelt sich in diversen Standortrankings sowie in einem Verlust an Weltexportmarktanteilen wider.
Es stellt sich die Frage, warum so wenig investiert wird. Makroökonomische Indikatoren wie das historisch niedrige Zinsniveau, ein Anziehen der globalen Konjunktur und sinkende Weltmarktpreise für Investitionsgüter würden prinzipiell für eine expansive Investitionstätigkeit sprechen.
Fehlendes Vertrauen als ein Grund für Investitionszurückhaltung
Die Investitionszurückhaltung kann auf ein fehlendes Vertrauen von Investoren in eine positive Wirtschaftsentwicklung und in konstante wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen interpretiert werden. Denn Investitionen sind stark von Erwartungen gegenüber der zukünftigen Entwicklung geprägt und in den regelmäßigen Umfragen zu Konjunktur und Investitionsvorhaben äußern Österreichs Unternehmen überwiegend zurückhaltende bis pessimistische Erwartungen. Weitere Gründe für eine Investitionszurückhaltung können in einem Kapitalmangel, steigenden Steuern, Abgaben und Arbeitskosten, in einer zu rigiden Regulierung oder fehlenden Reformen liegen.
Durch die geringe Investitionstätigkeit in den letzten Jahren („Investitionsstau“) steigt der Bedarf an Investitionen. Die Europäische Kommission hat Österreich in den letzten Jahren davor gewarnt, dass bei zu geringen Investitionen Österreich in geringerem Maß von einem beginnenden Aufschwung profitieren kann.
Maßnahmen zur Stärkung von Investitionen
Vor diesem Hintergrund gilt es, Investitionen wieder attraktiver zu machen, den Kapitalstock zu modernisieren und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu forcieren. Voraussetzungen dafür sind eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen in Österreich sowie generell das Setzen von vertrauensbildenden Maßnahmen für Unternehmen, um ein positives Klima zu schaffen. Durch entsprechende Rahmenbedingungen sichert die öffentliche Hand die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts für Investitionen aus dem In- und Ausland sowie für die Produktion und Schaffung von Arbeitsplätzen.
Notwendig dafür sind eine Reduktion der hohen Abgabenquote, eine investitionsfreundliche Ausgestaltung des Steuerrechts, die Verbesserung der Finanzierungsbedingungen sowie ein Abbau von Regulierung und administrativen Vorschriften. Darüber hinaus sind gezielte Investitionsanreize notwendig, denn trotz kurzfristiger Budgetbelastung durch Liquiditätsverschiebung generieren diese mittelfristig einen wesentlichen Wachstumseffekt. Für Investitionen in Österreich sind auch weitere Rahmenbedingungen wie die Sicherung eines qualifizierten Arbeitskräftepotenzials durch leistungsfähige Bildungs- und Ausbildungssysteme sowie eine leistungsfähige Infrastruktur entscheidend.
Die aktuelle Erholung in Österreich ist laut den Wirtschaftsforschungsinstituten durch steigende Konsumausgaben infolge von Sonderfaktoren - Tarifreform und Migrationsstrom – begründet. Das Wachstum über den Konsum ist aber nicht nachhaltig. So müssen der prognostizierten Sonderkonjunktur nunmehr gezielte Maßnahmen folgen, um dauerhaft zu mehr Wachstum über die Wachstumstreiber – Investitionen und Exporte - zu führen und damit die internationale Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Volkswirtschaft zu stärken.
Autorin
Mag. Karin Steigenberger, BA
Wirtschaftskammer Österreich
Stabsabteilung Wirtschaftspolitik
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Karin.Steigenberger@wko.at