Kroatien: Der Wachstumskaiser am Westbalkan
Österreich ist wichtiger Investor in Kroatien, das zu den EU-Ländern mit dem stärksten Wirtschaftswachstum gehört.
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Es war ein guter Sommer für den kroatischen Tourismus. Allein im Juli verzeichnet die offizielle Statistik 4,67 Millionen Gästeankünfte – knapp über 310.000 davon aus Österreich. Insgesamt hat sich die Zahl der Übernachtungen seit dem Jahr 2000 verdoppelt, allein von Österreichern gab es von Jänner bis Juli heurigen Jahres 4,46 Millionen Nächtigungen.
Das macht den Tourismus zur wichtigsten Säule der kroatischen Wertschöpfung: Er trägt zwanzig Prozent des BIP. Im Fall von Österreich führt das regelmäßig zu einem kräftigen Defizit in der bilateralen Dienstleistungshandelsbilanz. Beim Warenhandel dreht sich indes das Kräfteverhältnis. Allein 2022 gab es mit einem Gesamtvolumen von 1,92 Milliarden Euro ein Plus von 27 Prozent bei den Ausfuhren von Österreich nach Kroatien, die Importe stiegen im selben Zeitraum um neun Prozent auf 970 Millionen Euro. 2023 bewegte man sich auf demselben Niveau. Österreich ist zudem weiterhin zweitgrößter Investor in Kroatien, das beim Wirtschaftswachstum – nach Malta – an der Spitze der EU-Staaten liegt. Allein im ersten Quartal gab es heuer ein Plus von 3,9 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für das Gesamtjahr geht die Europäische Kommission von 3,3 Prozent Wachstum aus, für 2025 von einem Plus von 2,9 Prozent.
Es gibt aber einen in Österreich bekannten Bremsklotz: Auch in Kroatien fehlen qualifizierte Arbeitskräfte. Vor allem seit dem EU-Beitritt 2013 hat das Land viele qualifizierte Arbeitskräfte an EU-Länder mit deutlich höherem Lohnniveau verloren. Für die kroatische Wirtschaft ist die Abwanderung inzwischen ein Wachstumsrisiko. So erhöht der Flaschenhals den Druck auf den Arbeitsmarkt. Als Folge stiegen allein im Jahr 2023 die Lohnkosten um 14,5 Prozent – im Euroraum ein Rekordwert.
Umgekehrt spürt man – auch das eine Parallele zu Österreich – die europaweit düstere Konjunkturlage vor allem in der industriellen Produktion. Sie ging nach einem Minus von 0,3 Prozent im Vorjahr in den ersten vier Monaten 2024 um weitere 2,2 Prozent zurück. Eine für österreichische Exportfirmen aus dem Bereich Anlagenbau unerfreuliche Entwicklung, da wesentliche Geschäftschancen wegbrechen.
Zudem kämpft Kroatien weiter mit einer hohen Inflation. Allein im Mai 2024 lag sie bei 6,1 Prozent. Die kroatische Nationalbank erwartet für das Gesamtjahr aber immerhin eine Drosselung auf 3,8 Prozent und für 2025 eine Absenkung auf 2,6 Prozent.
Vor dieser Kulisse sieht Österreichs Wirtschaftsdelegierter in Zagreb, Gerhard Schlattl, Potential für österreichische Unternehmen vor allem in den mit EU-Mitteln geförderten Schwerpunktsektoren Wasser/Abwasser, Abfallwirtschaft, Verkehrsinfrastruktur und Energieeffizienz. So ist erst im Mai der steirische Abfallspezialist Saubermacher durch eine Mehrheitsbeteiligung am kroatischen Unternehmen „3KF“ unter die Top 3 für die Entsorgung von nicht gefährlichen Abfällen aufgestiegen. Schon vor zwei Jahren hat die Andritz AG einen kroatischen Spezialisten gekauft, der schlüsselfertige Kraftwerke zur Erzeugung von Strom und Wärme aus erneuerbarer Biomasse entwickelt und produziert.