Stellungnahme – Verordnung über die Erklärung von Teilen der Koralpe zum Europaschutzgebiet Nr. 47 / Verordnung über die Erklärung der Weizklamm mit Wolfsattel zum Europaschutzgebiet Nr. 48

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 13.03.2023

Empfänger

Amt der Stmk. Landesregierung
A13 Umwelt und Raumordnung
Referat Natur- und allg. Umweltschutz
Stempfergasse 7
8010 Graz

Absender

WKO Steiermark
Präsidium
Körblergasse 111–113
8010 Graz

Datum

Graz, am 14. November 2022

Inhalt

GZ: ABT13-198091/2020-3 / ABT13-1908082/2020-3
Stellungnahme – Verordnung über die Erklärung von Teilen der Koralpe zum Europaschutzgebiet Nr. 47 / Verordnung über die Erklärung der Weizklamm mit Wolfsattel zum Europaschutzgebiet Nr. 48

Sehr geehrte Damen und Herren,

die WKO Steiermark dankt für die Übermittlung der gegenständlichen Entwürfe einer Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung über die Erklärung von Teilen der Koralpe (AT2250000) zum Europaschutzgebiet Nr. 47 sowie einer Verordnung über die Erklärung der Weizklamm mit Wolfsattel (AT2231000) zum Europaschutzgebiet Nr. 48 und nimmt wie folgt Stellung:

I. Allgemeines

Mit den vorliegenden Verordnungen sollen einerseits Gebiete in den Hochlagen der Hochalm, der Glitzalm und im Bereich Brendl, Dreieckskogel sowie Ochsenwald (Gemeinden Bad Schwanberg, Wies und Eibiswald) zum Europaschutzgebiet Nr. 47 sowie ein Gebiet entlang des Weizbaches welches die Höhlen, die Klamm samt Einhängen sowie die Süd-Abhänge des Wolfsattels Richtung Gschaid bei Weiz zum Europaschutzgebiet Nr. 48 erklärt werden.

Hintergrund dieser Ausweisungen ist - laut den Erläuterungen - das Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2013/4077 der Europäischen Kommission gegen die Republik Österreich in dem fehlende Unterschutzstellungen von prioritären natürlichen Lebensraumtypen nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie Anhang I bemängelt werden.

Aus Sicht der WKO Steiermark stellen die aktuellen Natura-2000-Ausweisungen die Weiterentwicklung des Standorts in sehr wesentlichen Bereichen, vornehmlich im Energiebereich aber auch im Bereich der Rohstoffversorgung, nachhaltig in Frage. Daher appelliert die WKO Steiermark in diesem Zusammenhang an den Gesetzgeber alle Alternativen auszuloten, um aktuelle wichtige Projekte nicht zu gefährden bzw. um nicht ein Präjudiz für die Verhinderung zukünftiger Vorhaben zu schaffen. Die Signalwirkung an Investoren - Stichwort Rechtssicherheit – ist durch die gewählte Vorgehensweise ohnedies bereits eine negative.

II. Im Detail

Im Bereich der Koralpe drohen die zusätzlichen Flächenausweisungen, die über das im UVP-Verfahren relevante und berücksichtige Maß hinausgehen, ein für den Standort Österreich essenzielles Kraftwerksprojekt zu Fall zu bringen. Es handelt sich bei diesem Projekt um das Pumpspeicherkraftwerk Koralm (kurz PSW Korlam), das als im Zuge des Umstiegs unseres Energiesystems auf erneuerbare Energieträger unerlässlich ist, da dieses als kurzfristiger und flexibler Speicher zum Einsatz kommt, wenn Energie aus volatilen Energieträgern Wind und Fotovoltaik nicht verfügbar ist. Mit einer Leistung von etwa 1.000 MW wird das PSW Koralm sowohl das derzeit größte Pumpspeicherkraftwerk Malta Hauptstufe mit 730 MW übertreffen als auch insgesamt die bisher größte Kraftwerksanlage im Österreichischen elektrischen Energiesystem darstellen. Sowohl aufgrund seiner Größe, seiner Lage und seiner technischen Eigenschaften kann das PSW Koralm einen wesentlichen Beitrag im Sinne der Energie und Umwelt in den Bereichen Energiebinnenmarkt, Versorgungssicherheit und Erneuerbare Energiequellen und Energieeffizienz leisten. Als zusätzlicher Faktor darf ins Feld geführt werden, dass das PSW Koralm direkt an der 380KV-Leitung liegt, wodurch zusätzliche Eingriffe in die Natur minimiert werden. Das PSW Koralm bietet durch seine Lage sehr gute Voraussetzungen für eine Integration bestehender und zukünftiger erneuerbarer Stromerzeugung im Osten und Süden des Bundesgebietes. Es stellt auch eine Anlage dar, mit der gezielt auf überregionale Energieflüsse im Übertragungsnetz eingewirkt werden kann. Das PSW Koralm kann damit einen Beitrag leisten, die Stabilität des Europäischen Verbundsystems in kritischen Netzsituationen zu erhalten. Für zukünftige Konzepte des schnellen Netzwiederaufbaus und der Wiederversorgung nach Großstörungen kann es einen wichtigen Beitrag leisten. In Anbetracht der mehr als angespannten Energiesituation erscheint es aus Sicht der WKO Steiermark unabdingbar, dieses Projekt umzusetzen.

Kritisch sehen wir bei der geplanten Ausweisung auf der Koralm insbesondere den Umstand, dass neben den im Vertragsverletzungsverfahren behandelten Lebensraumtypen weitere Schutzgüter aufgenommen werden und die ursprünglich geplanten Gebietsausweisungen aus dem Jahre 2016 nunmehr deutlich größer ausfallen. Dies ist umso weniger nachvollziehbar, als die zuvor an die EU-Kommission gemeldeten Flächen von dieser auch ausdrücklich akzeptiert wurden. [1] Im Ergebnis würde dieses Natura-2000-Ausweisung - aus unserer Sicht – ein „gold-plating“ darstellen, welches strikt abgelehnt wird.

Für die Projektwerber des PSW Koralm war eine derartige Erweiterung nicht absehbar und wurde diese von der zuständigen Abteilung 13 auch nicht in Aussicht gestellt. Vor diesem Hintergrund haben die Projektwerber in den letzten Jahren mit erheblichem finanziellem Aufwand umfangreiche Ausgleichsflächen festgelegt, die mit hohen naturschutzrechtlichen Auflagen versehen sind. Der Umstand, dass Ausgleichsflächen nicht Teil einer Ausweisung eines Natura 2000 Gebietes sein dürfen, stellt die Projektwerber nunmehr vor große Probleme, da die geplante Vergrößerung des Schutzgebietes beträchtliche Teile dieser Ausgleichsflächen betreffen.

Es scheint, dass das Projekt PSW Koralm bei der Ausweisung nicht ausreichend berücksichtigt wurde und die Kontaktaufnahme seitens der zuständigen Abteilung nicht rechtzeitig erfolgte. Planungs- und Rechtssicherheit für ein so wichtiges energiewirtschaftliches Projekt sehen jedenfalls anders aus.

Darüber hinaus möchten wir anmerken, dass die Unterteilung der Koralpe in einen kontinentalen Bereich (Steirischer Teil) und in einen alpinen Teil (Kärntner Teil) fachlich für uns nicht nachvollziehbar ist. Insbesondere die Konsequenz, dass damit „alpine“ Schutzgüter als besondere Seltenheit in der kontinentalen Region berücksichtigt werden müssen, ist zu hinterfragen. Dementsprechend fordern wir die Koralpe einheitlich zur alpinen Zone zuzuordnen.

Im Bereich der Weizklamm wiederum ist ein für den Standort sehr wesentlicher Rohstoffabbaubetrieb von den Natura-2000-Ausweisungen betroffen. In diesem Zusammenhang besteht Sorge, dass die geplanten Ausweisungen die Grenzen des Schutzgebietes deutlich zu nahe an den bestehenden Steinbruchbetrieb heranführen. Betroffen ist vor allem der Hauptzufahrtsweg des Steinbruches im nördlichen Bereich auf den Grundstücken 90/3, 90/6, 406/1, und 406/2. Ein unvorhergesehenes Ereignis wie eine Rutschung aufgrund eines Unwetters hätte hier schwerwiegende Auswirkung auf die Weiterführung des Betriebes. Dies vor allem deshalb, weil derzeit nur diese eine Zufahrt zum bestehenden Steinbruch besteht. In diesem Fall wäre für eine schnellstmögliche Sanierung des Zufahrtsweges deutlich mehr Platz notwendig. Daraus ergibt sich aus unserer Sicht die Notwendigkeit, die Grenzen des Schutzgebietes nach Norden zu verschieben. Geschieht dies nicht, droht der Steiermark mittelfristig eine weitere wichtige Rohstoffabbaustätte abhanden zu kommen.

Allgemein möchten wir noch anmerken, dass bei zukünftigen Neuausweisungen bzw. Änderungen von Natura-2000-Gebieten die Grundeigentümer aktiv einbezogen werden. Wesentlich ist, dass insbesondere hinsichtlich der konkreten Managementmaßnahmen ein Einvernehmen mit den Grundeigentümern hergestellt wird.

Die WKO Steiermark ersucht um Berücksichtigung der vorgebrachten Einwände.

Freundliche Grüße

Ing. Josef Herk, Präsident

Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA, Direktor


[1] Siehe Link: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/E-9-2021-003361-ASW_DE.html


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