
"Mehrarbeit muss sich für die Menschen lohnen"
Bonus für längeres Arbeiten und Leistungsanreize quer durch die Gesellschaft: WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk fordert Maßnahmen gegen den Personalmangel.
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Der durchschnittliche Stellenandrang hat sich in der Steiermark innerhalb von nur drei Jahren halbiert. Woran liegt das?
Herk: Das Grundproblem ist die demografische Entwicklung. Innerhalb von nur 15 Jahren ist die Zahl der über 50-jährigen unselbständig Beschäftigten in der Steiermark von 69.000 auf 151.000 gestiegen. Dadurch rollt eine enorme Pensionierungswelle auf unser Land zu, die allen wirtschaftlichen Herausforderungen zum Trotz zu eben dieser Verknappung am Arbeitsmarkt geführt hat. Steuern wir dieser Entwicklung nicht entschieden dagegen, fahren wir über kurz oder lang gegen die demographische Wand.
Wie sollen wir uns diesem Problem konkret stellen?
Herk: Wir müssen das Thema Teilzeit der „Work-Life-Balance“-Generation in diesem Zusammenhang diskutieren. Da stehen wir nämlich vor der paradoxen Situation, dass es in den letzten Jahren zwar – trotz demographischer Hürden – gelungen ist, die Zahl der Beschäftigten zu steigern, nicht aber das Arbeitsvolumen. Im Gegenteil: Die Zahl der geleisteten Stunden ist rückläufig. Denn immer mehr Junge wollen nur mehr 30 Stunden arbeiten, aber voll verdienen. Das kann so nicht funktionieren! Aus diesem Grund machen wir uns für zusätzliche Leistungsanreize in Form eines Steuerbonus für Vollzeitbeschäftigung und einer Ausweitung der Steuerbegünstigungen bei Überstunden stark. Darüber hinaus müssen wir aber auch das Arbeiten im Alter attraktiver machen. Aktuell befinden sich in Österreich nämlich gerade einmal 32 Prozent der 60- bis 64-Jährigen noch im Erwerbsleben, in Deutschland sind es doppelt so viele.
Wie wollen Sie längeres Arbeiten schmackhaft machen?
Herk: Ebenfalls durch Anreize, es muss sich für die Menschen auszahlen. Wer in seiner Pension ein gewisses Stundenausmaß freiwillig weiterarbeitet, sollte zumindest von erneuten Pensionsversicherungsbeiträgen befreit sein. Darüber hinaus fordern wir einen Steuerfreibetrag in der Höhe von 1.000 Euro. Das wäre ein lohnendes Angebot, um länger im Erwerbsleben zu bleiben.
Welche weiteren Maßnahmen wären gegen den Personalmangel notwendig?
Herk: Im Bereich der Arbeitslosen darf es nicht mehr so einfach sein, mit Sozialleistungen und Zuverdiensten gut über die Runden zu kommen. Darum machen wir uns auch hier für Leistungsanreize in Form eines degressiven Arbeitslosengeldes stark. Wollen wir die Vollzeitbeschäftigung ausbauen, braucht es aber auch bessere Rahmenbedingungen, etwa was die Kinderbetreuung betrifft. Diese muss sowohl quantitativ als auch qualitativ flächendeckend für alle Altersstufen ausgebaut werden. Denn wir brauchen zusätzliches Arbeitskräftepotential, sowohl innerhalb als auch außerhalb unserer Grenzen. Seitens der Politik orte ich hier leider immer noch eine gewisse Form der Realitätsverweigerung, wenn es um die Notwendigkeit einer qualifizierten Zuwanderung geht. Ohne wird es laut unseren Arbeitsmarktexperten in Zukunft aber nicht gehen. Umso wichtiger ist es, alle Potentiale im Land zu heben. Als WKO haben wir dazu bereits zahlreiche Initiativen gestartet.
Mit der SkillsWeek startet kommende Woche eine solche weitere Initiative. Was erwarten Sie von dieser?
Herk: Für mich ist das Thema Bildung und Qualifizierung unserer Jugend ein echtes Herzensanliegen. Umso mehr freut es mich, dass es gelungen ist, die Marke „Skills“ von der Steiermark aus um ein weiteres Format zu erweitern. Von 20. bis 24. März findet erstmals eine bundesweite „SkillsWeek“ statt. Damit wollen wir den vielen Berufsinformationsinitiativen und Talenteförderungen ein neues Dach geben. Wir haben wirklich ein tolles Programm zusammengestellt, um die Jugend für die Vielfalt beruflicher Karrieremöglichkeiten zu begeistern. Denn auch da liegt aus meiner Sicht ein wichtiger Schlüssel für den Erfolg: Arbeit ist nicht nur reiner Broterwerb, Arbeit ist vielmehr sinnstiftend – das wollen wir noch stärker vermitteln.