Verlängerung EU-Krisenrahmen: BSI bringt Industrieposition ein
Informationen der Bundessparte Industrie
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Die EU-Kommission verlängert den Beihilferahmen und trägt den Kritikpunkten der Industrie Rechnung.
Die Europäische Kommission arbeitet an der Verlängerung des Beihilferahmens, der den EU-rechtlichen Rahmen für den Energiekostenzuschuss gemäß Unternehmens-Energiekostenzuschussgesetz (UEZG 2022) bildet, um Unternehmen noch gezielter bei der Bewältigung der Auswirkungen der massiv gestiegenen Energiekosten zu unterstützen. Erst kürzlich bat die Kommission die Mitgliedstaaten um ihre Einschätzung zur Notwendigkeit und den Schwerpunkten zusätzlicher finanzieller Beihilfezahlungen. Im Einzelnen konsultierte die EU-Kommission die Mitgliedstaaten zu folgenden möglichen Entscheidungen beziehungsweise Änderungen:
- Verlängerung des befristeten Krisenrahmens bis Ende 2023
- verhältnismäßige Anhebung der vorgesehenen Beihilfehöchstgrenzen. Die Mitgliedstaaten sollen in die Lage versetzt werden, Unternehmen in allen von der Krise betroffenen Sektoren direkte Zuschüsse oder andere Formen der Beihilfe zu gewähren
- gezielte Anpassung der Liquiditätshilfen für Energieunternehmen angesichts der hohen Marktvolatilität, damit diese die finanziellen Sicherheiten für ihre Handelstätigkeiten abdecken können
- Vereinfachung der Kriterien, die es den Mitgliedstaaten ermöglichen, von hohen Energiepreisen betroffene Unternehmen, einschließlich energieintensiver Nutzer, zielgerichtet und verhältnismäßig zu unterstützen; dabei sollen Anreize zur Senkung der Energienachfrage erhalten bleiben
- Klarstellung der Kriterien für die Bewertung von Rekapitalisierungsmaßnahmen, damit wirksamer Wettbewerb erhalten bleibt
- Einführung zusätzlicher marktpolitischer Notfallmaßnahmen, um die Stromnachfrage zu senken.
Solange die Energiekosten am Produktionsstandort Österreich bei einem Mehrfachen des nordamerikanischen und asiatischen Niveaus verharren, ist die Verlängerung und Ausweitung der EU-beihilfenrechtlichen Möglichkeiten aus BSI-Sicht ein Muss. Kommissions-Vizepräsidentin Margrethe Vestager will den überarbeiteten Vorschlag des befristeten Krisenrahmens für Beihilfen demnach möglichst rasch verabschieden. Geplant ist auch, das angepasste Regelwerk auf die Unterstützung von Unternehmen aus dem geplanten Abwehrschirm der deutschen Bundesregierung anzuwenden. Eine Verzerrung des Wettbewerbs im Binnenmarkt soll auf jeden Fall verhindert werden.
Seitens der Bundessparte Industrie (BSI) wurden die wichtigsten Positionen zur Weiterentwicklung des befristeten EU-Beihilferahmens eingebracht. Dies sind insbesondere:
- Unterstützung der Möglichkeit, die Beihilfen teilweise auf „critical, non-protected customers“ gemäß der Kommissionsmitteilung „Save Gas for a Safe Winter“ zu fokussieren, die von besonderer Bedeutung für die Wirtschaft und den Binnenmarkt sind: Das sind im Wesentlichen einzelne Industriesektoren (wie insbesondere Nahrungsmittel, Mineralöl, Chemie, Pharma, Holz, Stahl, Glas, Keramik, Papier/Verpackungen u.a.) nach konkreten Kriterien, wie beispielsweise der gesellschaftlichen und ökonomischen Bedeutung, grenzüberschreitenden Lieferketten oder potenziellen Schäden an Anlagen bei verminderter Gaszufuhr;
- Unterstützung der Erweiterung der Beihilfen auf „heating and cooling directly produced from natural gas and electricity”, also auch auf den Bezug von Dampf bzw. Wärme;
- Unterstützung des Wegfalls der Voraussetzung eines negativen Betriebsergebnisses;
- Unterstützung der Einführung von - bisher in Österreich überhaupt nicht umgesetzten -Zuschüsse für die Dekarbonisierung industrieller Prozesse durch Elektrifizierung und/oder die Nutzung von erneuerbarem, strombasierten Wasserstoff zur Vermeidung von THG-Emissionen;
- Forderung nach Flexibilisierung der Kostensteigerung in einem Monat bzw. einer Periode ab Oktober 2022 mit dem doppelten Preis der Referenzperiode 2021 (bzw. 2022 für Unterstützungen 2023): Dieser Vergleich sollte nicht ausschließlich auf das Gesamtjahr beschränkt sein, sondern wahlweise auch zum jeweiligen Monat der Referenzperiode möglich sein.
Die Bundessparte Industrie hat grundsätzlich Verständnis für die geplante Verpflichtung zu Maßnahmen zur Reduktion des Carbon Footprints der Energieversorgung, diese dürfen aber in der gegenwärtigen Krisensituation nicht im Vordergrund stehen. In vielen Fällen ist die Substitution von Erdgas durch Öl ein Schritt, der zur Entlastung der Versorgungssituation mit Gas entscheidend beitragen kann und für Industrieunternehmen praktikabel ist. Solche Maßnahmen werden daher vom Gesetzgeber sogar gefördert. Dass dies kurzfristig dem grundsätzlichen Ziel der Reduktion des Carbon Footprints widerspricht, sollte hingenommen werden.
Da über das UEZG 2022 derzeit nur Mehrkosten im Zeitraum Februar bis September 2022 bezuschusst werden können, müsste die Verlängerung des Förderzeitraums auf Basis des neuen EU-Beihilferahmens unmittelbar ab Oktober anschließen.
Autor:
DI Oliver Dworak
E-Mail: oliver.dworak@wko.at