Sparte Industrie

Investitionsabkommen der EU mit China

Die EU und China haben sich politisch geeinigt: Nach siebenjährigen Verhandlungen gibt es ein erstes umfassendes "stand alone"-Investitionsabkommen.

Lesedauer: 3 Minuten

11.03.2023

Am 30. Dezember 2020 haben die EU und China eine politische Einigung über ein umfassendes Investitionsabkommen (Comprehensive Agreement on Investment - CAI) erzielt, allerdings ohne Bestimmungen zum Investitionsschutz; die Verhandlungen zum Investitionsschutz inklusive Investor-Staat Streitbeilegung werden auf einer separaten Schiene weitergeführt. China räumt mit diesem als „EU-only“–konstruierten Abkommen (ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen Union) EU-Investoren einen besseren Marktzugang ein, der erheblich über bisherige chinesische Verpflichtungen in internationalen Handelsabkommen hinausgeht. Voraussichtlich Ende 2021/Anfang 2022 soll das Abkommen unterzeichnet werden (mehr dazu s. ebenso Investitionsabkommen EU-China - WKO.at)

Das CAI ist ein gezieltes Wirtschaftsabkommen, das sich auf Investitionen konzentriert und einen viel engeren Geltungsbereich als ein Freihandelsabkommen hat. Die Verhandlungen haben Ergebnisse zu drei wichtigen Säulen geliefert:

  • Marktzugang,
  • gleiche Wettbewerbsbedingungen und
  • nachhaltige Entwicklung. 

Das CAI beinhaltet auch einen soliden institutionellen Rahmen für die Überwachung seiner Umsetzung und einen Mechanismus zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen den Staaten, die aus einer Nicht-Einhaltung von Verpflichtungen aus dem Abkommen resultieren. Zum ersten Mal wird auch die Dimension der Nachhaltigkeit (in Bezug auf Arbeit, Umwelt und Klima) in ein Abkommen mit China einbezogen.  

Mehr als ein Viertel der EU-Investitionen in China entfallen auf den Automobilsektor (28%), gefolgt von Grundstoffen (22% - einschließlich Chemikalien) und Finanzdienstleistungen (9%). Weitere wichtige Sektoren sind Landwirtschaft/Nahrungsmittel (8%), Konsumgüter (7%), Energie, Industriemaschinen und Gesundheit/Biotechnologie (je 5%).  

Was sind die erwarteten wirtschaftlichen Auswirkungen des CAI (sobald es verabschiedet ist)? 

Europäische Unternehmen in China agieren in einem schwierigen und unberechenbaren Geschäftsumfeld, während die chinesischen Unternehmen von der Offenheit und dem fairen Wettbewerb im Binnenmarkt profitieren. Das Investitionsabkommen zielt darauf ab, diese Asymmetrie auszugleichen und die Wettbewerbsbedingungen zu nivellieren. Es geht auf Bedenken wie die fehlende Gleichbehandlung mit staatlichen Unternehmen ein, verbietet erzwungene Technologietransfers, sorgt für mehr Transparenz bei Subventionen, lockert Marktzugangshindernisse wie Verbote, quantitative Beschränkungen sowie undurchsichtige und komplexe Genehmigungsprozesse.  

Wie gut ist die Vereinbarung im Bereich des Marktzugangs (Elektrofahrzeuge usw.)?  

Wirtschaftlich gesehen verbessert das CAI die Situation für EU-Unternehmen auf einem Markt, der für ihre globale Wettbewerbsfähigkeit entscheidend ist. Es bindet die einseitigen Öffnungen, die China in den letzten 20 Jahren vorgenommen hat - es bietet Rechtssicherheit und verhindert Rückschritte. Es beinhaltet auch Verpflichtungen, die in der WTO fehlen (vor allem im verarbeitenden Gewerbe) und bringt zusätzliche Marktöffnungen (vor allem Cloud-Dienste, private Gesundheitsversorgung oder die Herstellung von Elektroautos). Wichtig ist, dass die Marktzugangsbarrieren oft hinter der Grenze liegen. Die EU bestätigt weitgehend das in der WTO zugesagte Maß an Offenheit im Dienstleistungsbereich; in den "Nicht-Dienstleistungsbereichen" geht die EU gegenseitige Verpflichtungen im verarbeitenden Gewerbe ein, während sie in den übrigen Nicht-Dienstleistungsbereichen (Landwirtschaft, Fischerei, Bergbau) politischen Spielraum behält. In Bezug auf erneuerbare Energien ist das Angebot der EU sehr begrenzt; die Verpflichtung, chinesische Unternehmen nicht zu diskriminieren, basiert auf strikter Gegenseitigkeit (abgeleitet von den Marktanteilen der EU-Investoren in China, die derzeit sehr niedrig sind - unter 2 %) und bis zu 5 % Marktanteil pro Mitgliedsstaat. Um die Wettbewerbsbedingungen auszugleichen, beinhaltet das CAI Verpflichtungen in Bezug auf staatliche Unternehmen, erzwungene Technologietransfers und verbesserte Transparenzregeln für Subventionen.  

Was ist, wenn China die Umsetzung des Abkommens nicht weiterverfolgt? 

Die Umsetzung der vereinbarten Verpflichtungen wird auf politischer Ebene überwacht (Exekutiv-Vizepräsident für die EU und Vize-Premier für China) und unterliegt einem robusten und transparenten Durchsetzungsmechanismus wie bei den Handelsabkommen der EU. Eine vereinbarte Verpflichtung ist nicht dasselbe wie eingehaltene Verpflichtungen. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, muss weiter an der Umsetzung des CAI gearbeitet werden. 

Das CAI ist Teil einer breiteren China-Strategie, in der die EU bilaterales/multilaterales Engagement mit autonomen Instrumenten kombiniert, auch um die verzerrenden Auswirkungen von Chinas Wirtschaftsmodell auf den EU-Binnenmarkt und auf Drittländer auszugleichen. Während das CAI abgeschlossen wird, muss auch der Rest der Strategie vorangetrieben werden. In dieser Hinsicht bewahrt das CAI den politischen Spielraum für autonome Maßnahmen, die von der EU weiterhin verfolgt werden (in Bereichen wie Subventionen oder öffentliches Auftragswesen). Wichtig ist, dass das CAI keine Auswirkungen auf die sicherheitsrelevanten Mechanismen auf EU- oder Mitgliedsstaaten-Ebene hat (wie z. B. FDI Screening, 5G Toolbox oder Exportkontrollen).  

Autorinnen: 
Mag. Sandra Lengauer
Mag. Barbara Tasch-Ronner 

E-Mail:
sandra.lengauer@wko.at