Detailansicht Elektroschrott: Haufen mit Computertastaturen, Festplatten, Kabeln und Drucker
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Viel mehr als altes Eisen

Vom Kühlschrank übers Smartphone bis zum Winkelschleifer: Ausgediente Elektrogeräte sind eine interessante Quelle für Sekundärrohstoffe und damit mehr wertvolle Ressource als Müll.

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 01.08.2024

Laut einer Studie der NGO Waste Electrical and Electronic Equipment (WEEE) aus dem Jahr 2022 besitzt jeder europäische Haushalt 74 mit Strom oder Batterien betriebene Elektrogeräte. Jedes davon kommt früher oder später ans Ende seiner Nutzungsdauer. Dementsprechend landen alljährlich zigtausende Elektrogeräte auf dem Müll - wo sie eine interessante Quelle für Sekundärrohstoffe darstellen.

Alleine in Wien wurden 2022 fast 12.500 Tonnen Elektroaltgeräte gesammelt - knapp ein Zehntel der österreichweit gesammelten Menge von 136.000 Tonnen. Geräte für gewerbliche Zwecke sind darin noch gar nicht enthalten, heißt es aus der Elektroaltgeräte-Koordinierungsstelle (EAK). Dort laufen die Fäden in Sachen Elektroaltgeräte-Entsorgung zusammen: Die EAK koordiniert und organisiert deren Abholung, ist für Daten- und Stoffstromanalysen sowie für Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig und berichtet an Umweltministerium und EU. 

Gesetz als Basis für die Sammlung

Die EU hat bereits Anfang der 2000er Jahre zwei Richtlinien zur Eindämmung von Elektroschrott erlassen. Denn dieser gehört EU-weit zu den am schnellsten wachsenden Abfallsorten. Gleichzeitig werden für die E-Geräte-Produktion viele wertvolle Rohstoffe benötigt.

Österreich setzte die EU-Direktiven 2005 in nationales Recht um und installierte mit der Elektroaltgeräte-Verordnung ein System, das einen geordneten Weg der Elektrogeräte bis zu ihrer Wiederverwertung garantieren soll. Zentral ist die kostenlose Abgabemöglichkeit der Altgeräte bei kommunalen Sammelstellen. Als Haushaltsgerät gilt dabei alles, was typischerweise in einem Haushalt verwendet werden kann - unabhängig davon, wo es tatsächlich zum Einsatz kommt. So gilt ein Monitor immer als Haushaltsgerät, auch wenn er in einem Büro stand. Geräte für gewerbliche Zwecke sind dagegen alle, die in Haushalten üblicherweise nicht vorkommen, etwa Kühlvitrinen oder Spezialwerkzeuge. Auch Photovoltaikmodule fallen in diese Kategorie.

Der Handel muss E-Altgeräte bei einem Neukauf ebenfalls kostenlos zurücknehmen - allerdings nur Betriebe ab 150 m2 Verkaufsfläche und nur dann, wenn der Kunde ein Neugerät gleicher Art kauft. 

Im Müll stecken wertvolle Rohstoffe

Vom Händler oder Mistplatz gehen die Altgeräte weiter an befugte Entsorgungsbetriebe. Dort werden sie zuerst entfrachtet - Fachjargon für das Entfernen von Schadstoffen wie FCKW bei Kühlgeräten, Kondensatoren, Öl, Asbest oder feuerfesten Keramikfasern. Auch Batterien werden entfernt und fachgerecht entsorgt. Anschließend werden einzelne Wertstoff-Fraktionen aus den Geräten herausgeholt - durch händische Demontage oder mechanische Verfahren. Die Reste werden am Ende zerkleinert. Kleingeräte kommen nach der Schadstoffentfrachtung meist sofort in den Schredder.

Aus dem zerkleinerten Material werden dann Sekundärrohstoffe herausgezogen. Für Eisen und Nichteisen-Metalle wie Kupfer, Blei, Messing, Zink, Aluminium, Gold, Silber oder Platin setzen die Recyclingbetriebe Magnet- und Metallabscheider ein. Für die möglichst sortenreine Trennung von Kunststoffen, deren Anteil in den E-Geräten ständig steigt, wird mit Sensoren oder ballistischen Separatoren gearbeitet, die das Material z.B. nach Gewicht und Größe trennen. Die so gewonnenen Sekundärrohstoffe gehen letztlich wieder in den Produktionsprozess. 

Ein System, das Zukunft hat und ein Gewinn für die Umweltbilanz ist:  So spart z.B. jede eingesetzte Tonne Stahlschrott etwa 1,5 Tonnen CO2 ein, die bei der Neuproduktion von Stahl anfallen würden. 

Sekundärrohstoffe werden zunehmend interessant

Die Nachfrage nach Sekundärrohstoffen steige, weil Primärmaterialien immer schwerer zu beschaffen sind und daher teurer werden, sagt Helmut Ogulin, Obmann der Wiener Fachgruppe der Entsorgungsbetriebe. „Auch die Tendenz der EU, die Rohstoffunabhängigkeit zu forcieren, fördert die Sekundärrohstoffgewinnung.” Das Bewusstsein für fachgerechte Entsorgung der E-Altgeräte sei jedenfalls deutlich gestiegen, konstatiert Ogulin.

Das Bewusstsein für eine fachgerechte Entsorgung ist deutlich gestiegen.

Eine zentrale Rolle bei der Sammlung und Verwertung von E-Altgeräten spielen Anbieter von Sammel- und Verwertungssystemen. Bundesweit gibt es aktuell vier registrierte Anbieter. Sie koordinieren und organisieren den Weg der E-Altgeräte von der Sammelstelle zum Entsorgungs- oder Recyclingbetrieb und übernehmen für die Kunden auch weitere Verpflichtungen aus der E-Altgeräteverordnung, etwa Meldepflichten. Alle Hersteller, Importeure und Händler, die E-Haushaltsgeräte in Verkehr bringen, müssen sich einem dieser Sammel- und Verwertungssysteme anschließen. Hersteller und Händler von Elektrogeräten für gewerbliche Zwecke können es freiwillig tun.

Robert Pfarrwaller, Obmann der Wiener Berufsgruppe Elektrohandel, zeigt sich zufrieden mit dem System. „Die Kosten für Transport und Behandlung der Altgeräte werden als Entpflichtungsbeitrag in die Verkaufspreise eingerechnet und stellen für den Handel somit keine zusätzliche Belastung dar.” Ein Problem sei aber der internationale Onlinehandel, gibt er zu bedenken, denn: „Viele der online erworbenen Geräte sind nicht entpflichtet, und die Kosten für die fachgerechte Entsorgung müssen die heimischen Entsorgungsbetriebe tragen, die sie dann ihrerseits auf den stationären Handel umlegen.” 

Aufbereiter sind spezialisiert

Weil die Gesamtmenge an E-Geräteabfall in Österreich verhältnismäßig klein ist, gebe es eine überschaubare Zahl von Spezialisten, die das gesamte Bundesgebiet abdecken, sagt Branchensprecher Ogulin. In Wien sucht man vergeblich große Anlagen zur E-Geräte-Aufbereitung. Hier werde vorwiegend für die Wiederaufbereitung vorbereitet, so Ogulin.

Eines der Wiener Unternehmen in diesem Bereich ist das Demontage- und Recyclingzentrum (DRZ), der sozialökonomische Betrieb der Wiener Volkshochschulen. Hier demontieren langzeitarbeitslose Personen, die über dieses Projekt wieder am ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen sollen, jährlich etwa 1000 Tonnen E-Altgeräte, die von den Wiener Mistplätzen abgeholt werden. Finanziert wird das DRZ vom Arbeitsmarktservice (AMS). Man habe den Vorteil, durch die manuelle Tätigkeit eine hohe Reinheit der gesammelten Wertstoffe erzielen und auch speziell auf Kundenwünsche eingehen zu können, heißt es aus dem Unternehmen. Zusätzlich werden Geräte, die ein zweites Leben verdienen, im Auftrag der MA48 repariert und upgecycelt und danach im 48er Tandler und über die Plattform willhaben verkauft.

Ein Pionier auf dem Gebiet der Elektroaltgerätesammlung und -aufbereitung ist das Unternehmen Saubermacher, das auch an seinem Wiener Standort Oberlaaer Straße eine Sammelstelle für E-Altgeräte betreibt. In der Steiermarkt hat Saubermacher eine Aufbereitungsanlage für Elektrokleingeräte errichtet. Es gab in diesem Bereich viele Herausforderungen zu meistern, sagt Saubermacher-Gründer Hans Roth. „Heute haben wir einen tollen Standard im Recycling erreicht. Wichtig ist, dass die neuen Elektrogeräte im Sinne des Recyclings konzipiert und so Kreisläufe noch effizienter geschlossen werden können.”

So funktioniert die E-Altgerätesammlung in Österreich

In Wien können Konsumenten ihre Elektroaltgeräte bei den Sammelstellen der MA 48 (Wiener Mistplätze und Standort Rinter) kostenlos abgegeben werden. Kleine Elektrogeräte (Kantenlänge unter 50 cm) können auch bei Problemstoff-Sammelstellen abgegeben werden. Geräte für gewerbliche Zwecke sind kostenpflichtig am Standort Rinter (22., Percostraße 2) abzugeben. Größere Geschäfte (Verkaufsfläche über 150 m2) müssen beim Kauf eines Neugeräts ein altes E-Gerät derselben Art kostenlos zurücknehmen. Alleine bei der MA48 werden jährlich mehr als 8000 Tonnen Elektro-Altgeräte abgegeben. Sie enthalten mehr als 3000 Tonnen Eisen, je 200 Tonnen Aluminium und Kupfer sowie weitere wertvolle Rohstoffe. Die Sammelstellen der MA48, Hersteller, Importeure und Händler von Elektrogeräten haben Verträge mit registrierten Sammelbetrieben, die die Geräte abholen und an Verwertungsfirmen liefern. Dort werden die Schadstoffe herausgeholt und fachgerecht entsorgt. Die Geräte werden dann entweder händisch demontiert oder zerkleinert. Plastikteile werden zu Granulat, Eisenmetalle und Nichteisen-Metalle über verschiedene Trennverfahren möglichst sortenrein herausgeholt. Die so gewonnenen Sekundärrohstoffe stehen wieder für den Produktionsprozess zur Verfügung.