Töpferscheibe in Bewegung mit nassem Ton, der zu einer wunderschönen Vase oder Schüssel geformt wird, Konzept der Handarbeit, erstellt mit generativer KI-Technologie
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Hafner, Platten- und Fliesenleger und Keramiker, Landesinnung

Das Keramikergewerbe und seine Abgrenzungen

Grenzen zwischen reglementiertem und freiem Gewerbe 

Lesedauer: 7 Minuten

25.01.2024

Immer wieder wird die Frage gestellt, ob und welche Gewerbeberechtigung für eine Tätigkeit im Bereich der Keramik (Zier-, Gebrauchs- oder Industriekeramik) und Töpferei notwendig ist und welche Abgrenzungen zum Kunsthandwerk - Kunstgewerbe und zur Ausübung eines freien Gewerbes zu beachten sind.

Tätigkeiten der Keramiker (Handwerk) gemäß § 94 Z 38 GewO 1994

Das Keramikergewerbe ist ein reglementiertes Gewerbe. Das bedeutet, dass bei Gewerbeanmeldung der für dieses Gewerbe vorgeschriebene Befähigungsnachweis erbracht werden muss (geregelt in der Verordnung über die Zugangsvoraussetzungen für das verbundene Handwerk der Keramiker und der Platten- und Fliesenleger).

Berufsumfang

Der Berufsumfang des Keramikergewerbes umfasst insbesondere das Herstellen, das Dekorieren und das Brennen von Gebrauchskeramik, Zierkeramik, Baukeramik und Ofenkacheln. Ebenso glasieren und bemalen Keramiker/Keramikerinnen fertige und nicht gebrannte Werkstücke. Dabei arbeiten sie mit schweren Maschinen, z.B. Formgebungsmaschinen, Gießvorrichtungen, Schneideanlagen, Keramikbrennöfen und Trocknungsanlagen, Töpfer- und Drehscheiben.

Befähigungsnachweis

Generelle (formelle) Befähigung: 

Folgende Nachweise für die Befähigung kommen im Keramikergewerbe in Betracht:

  1. Zeugnis über die erfolgreich abgelegte Meisterprüfung oder
  2. Zeugnisse über
    a) den erfolgreichen Besuch einer berufsbildenden höheren Schule oder deren Sonderformen, deren schwerpunktmäßige Ausbildung im Bereich Keramik liegt, und
    b) eine mindestens eineinhalbjährige fachliche Tätigkeit (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder
  3. Zeugnisse über
    a) den erfolgreichen Besuch einer Meisterschule, deren schwerpunktmäßige Ausbildung im Bereich Keramik liegt, und
    b) die erfolgreich abgelegte Unternehmerprüfung, sofern diese nicht auf Grund einer Verordnung gemäß § 23 Abs. 3 GewO 1994 entfällt, und
    c) eine mindestens zweijährige fachliche Tätigkeit oder
  4. Zeugnis über eine ununterbrochene, mindestens sechsjährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger/e oder Betriebsleiter/in (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder
  5. Zeugnisse über
    a) die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Keramiker  oder den erfolgreichen Besuch einer mindestens dreijährigen berufsbildenden Schule, deren schwerpunktmäßige Ausbildung im Bereich Keramik liegt, und 
    b) eine nachfolgende ununterbrochene, mindestens dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger/e oder als Betriebsleiter/in (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder
  6. Zeugnisse über
    a) den erfolgreichen Abschluss einer mindestens zweijährigen staatlich oder von einer zuständigen Berufs- oder Handelsinstitution als vollwertig anerkannten Ausbildung, durch die schwerpunktmäßig die für das Handwerk spezifischen Qualifikationen vermittelt werden, und
    b) eine nachfolgende ununterbrochene, mindestens vierjährige einschlägige Tätigkeit 2 als Selbständiger/e oder Betriebsleiter/in (§ 18 Abs. 3 GewO 1994) oder
  7. Zeugnisse über
    a) eine ununterbrochene, mindestens dreijährige einschlägige Tätigkeit als Selbständiger/e und 
    b) eine mindestens fünfjährige einschlägige Tätigkeit als Unselbständiger/e oder
  8. Zeugnisse über
    a) die erfolgreich abgelegte Lehrabschlussprüfung im Lehrberuf Keramiker oder den erfolgreichen Besuch einer mindestens dreijährigen berufsbildenden Schule, deren schwerpunktmäßige Ausbildung im Bereich Keramik liegt, und
    b) eine nachfolgende ununterbrochene, mindestens fünfjährige fachspezifische Tätigkeit in leitender Stellung (§ 18 Abs. 3 GewO 1994). 

Individuelle Befähigung:

Kann der Nachweis der Befähigung nicht aufgrund einer der gerade aufgezählten Arten erbracht werden, besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung der individuellen Befähigung bei der Gewerbebehörde (BH oder Magistrat) zu stellen.

Dazu müssen die für die Ausübung des Gewerbes erforderlichen Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen auf andere, aber gleichwertige Weise nachgewiesen werden. Ebenso ist es möglich, eine individuelle Befähigung für eine Teiltätigkeit zu erlangen.

Die Befähigungsnachweise für das Keramikergewerbe dienen in erster Linie dem Gesundheitsschutz sowohl für Gewerbetreibende als auch für Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen und Kunden/Kundinnen.

Bei der Herstellung (Gestaltung, Brennen, Glasieren oder Bemalung) von Keramikerzeugnissen werden gefährliche Stoffe (z.B. Quarzstaub, Sprühnebel von Schwermetallen, giftige Substanzen in Glasuren und Schmelzfarben freigesetzt, welche bei unsachgemäßer Handhabung schwere Verletzungen nach sich ziehen können. So kann es zum Beispiel bei der Aufnahme von Lebensmitteln (beim Essen oder beim Trinken) von unsachgemäß hergestellten keramischen Gebrauchsgegenständen (so z.B. Geschirr, Trinkgefäßen) zu schweren Gesundheitsschädigungen kommen.

Kunsthandwerk - Kunstgewerbe

Darunter werden verschiedenste Tätigkeiten verstanden, die die Erzeugung von Gebrauchs- und Ziergegenständen nach eigenen Entwürfen zum Gegenstand haben. Die eigenschöpferisch künstlerische Arbeit ist mit dem Entwurf abgeschlossen. Die Ausführung selbst erfordert keine künstlerischen, sondern die eigentlichen handwerklichen Fähigkeiten. Im Kunstgewerbe erfolgt überwiegend eine serielle Herstellung von Gegenständen (im Gegensatz zu Künstlern/Künstlerinnen, die in der Regel Unikate erschaffen).

Die jeweilige kunstgewerbliche Tätigkeit ist dem Gewerbe zuzuordnen, in dessen Berufsumfang diese Tätigkeit enthalten ist, z.B. Kunsttischlerei dem Tischlergewerbe, Kunstkeramik dem Keramikergewerbe.

Zu den Kunstgewerben zählen beispielsweise Kunstschlosserei, Emailleure, Kunstkeramik, Kunstschmiede, Gold- und Silberschmiede, Metalldesigner (= Ziseleure und Graveure), Hinterglasmaler, Glasbläser, Vergolder und Staffierer, Bildhauer, Fotografen u.a.m.

Kunstgewerbliche Tätigkeiten, die nicht unter die oben angeführten reglementierten Gewerbe fallen, können z.B. als Erzeugung von kunstgewerblichen Gegenständen in Form eines freien Gewerbes angemeldet werden (z.B. Erzeugung von Modeschmuck aus unedlen Metallen und Silberdraht). 

Privatunterricht/Erwachsenenbildung z.B. Töpferkurse

§ 2 Abs. 1 Z 12 GewO 1994 bestimmt u.a., dass die Ausübung des Erwerbszweiges des Privatunterrichts vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung ausgenommen ist.

Demnach ist jede auf die Vermittlung von Kenntnissen oder Fähigkeiten gerichtete Tätigkeit als Unterricht aufzufassen und dem Begriff Privatunterricht zuzuordnen, wenn der Vermittler (Lehrer/Lehrerinnen, Unterrichtende) eine Tätigkeit als neuer Selbstständiger/neue Selbstständige (dies kann auch eine Gesellschaft sein) ausübt. Für die Ausübung des Privatunterrichts ist keine Gewerbeberechtigung notwendig, auch wenn mit dieser Tätigkeit Erträge erzielt werden.

Teilnehmer/Teilnehmerinnen dürfen auch ihre im Rahmen eines Töpferkurses selbstgeformten 3 Werkstücke behalten bzw. mit nach Hause nehmen, ohne dass hierzu eine Gewerbeberechtigung erforderlich ist. Der gewerbsmäßige Verkauf und die entgeltliche Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen der Ausbildung ist von der Tätigkeit des Privatunterrichts getrennt zu sehen.

Wenn die Absicht besteht, mit dieser Tätigkeit (z.B. der Kursleiter/die Kursleiterin verkauft seine/ihre selbst hergestellten Keramikwaren oder verkauft die Erzeugnisse der Kursteilnehmer/Kursteilnehmerinnen) einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, ist eine Gewerbeberechtigung hierfür notwendig. Wenn daher die Verkaufstätigkeiten der Schulungserzeugnisse dazu dienen, die Ausgaben des Schulungsveranstalters gering zu halten, besteht Ertragserzielungsabsicht und es ist eine Gewerbeberechtigung (z.B. Handel für den Verkauf, Keramikergewerbe für die Herstellung) für den Schulungsveranstalter notwendig.


Kursbesuchsbestätigungen, die dem/den Teilnehmer/innen am Ende eines Kurses überreicht werden, sind keine Zeugnisse im Sinne der Gewerbeordnung, die zur Ausübung eines reglementierten Gewerbes berechtigen. 


Abgrenzung des reglementierten Keramikergewerbes gemäß § 94 Z 38 GewO 1994 vom freien Gewerbe „Erzeugung von kunstgewerblichen Zier- und Schmuckgegenständen“

Im Gegensatz zum reglementierten Gewerbe darf ein freies Gewerbe, wenn die allgemeinen Voraussetzungen zur Gewerbeanmeldung gegeben sind, ohne Befähigungsnachweis angemeldet und ausgeübt werden.

Das hier konkret in Betracht kommende freie Gewerbe (zu finden in der bundeseinheitlichen Liste der freien Gewerbe des BMAW, Stand September 2022) lautet vollständig:

„Erzeugung von kunstgewerblichen Zier- und Schmuckgegenständen aus unedlen Metallen, Draht, Gips, Beton, Holz, Horn, Kunststoff, Leder, textilen Materialien, Stroh, Papier und Glaselementen, Gemüse und Obst sowie durch Fädeln von Edelsteinen, Silber-, Glas-, Kunststoff- und Filzelementen und das Bemalen und das Verzieren von Holz, Keramik, Porzellan, Seide, Textilien, Billets und Wachswaren“. 


Für eine genaue Abgrenzung zwischen dem reglementierten und dem freien Gewerbe ist die nachstehende Tabelle heranzuziehen.


TätigkeitenReglementiertes Gewerbe „Keramiker“ gemäß § 94 Z 38 GewO 1994Freies Gewerbe „Erzeugung von kunstgewerblichen Zier-und Schmuckgegenständen…“ (bezieht sich auf Keramik) 
Das Herstellen von Gebrauchs-, Zier- und Baukeramik sowie von Ofenkacheln.All diese Tätigkeiten sind vom reglementierten Gewerbe erfasst und dürfen somit im Rahmen des Keramikergewerbes ausgeführt werden. Das Herstellen von Gebrauchskeramik (wie z.B. Essgeschirr), Serien, Baukeramik sowie von Ofenkacheln ist vom freien Gewerbe nicht umfasst.
Das Brennen von Gebrauchs-, Zier- und Baukeramik sowie von Ofenkacheln.All diese Tätigkeiten sind dem reglementierten Gewerbe vorbehalten und dürfen somit im Rahmen des Keramikergewerbes ausgeführt werden. Das Brennen (somit auch das Bedienen des Brennofens) ist vom freien Gewerbe nicht erfasst.
Das Glasieren, das Dekorieren, das Verzieren und das Bemalen von halbfertigen und fertigen Werkstücken. All diese Tätigkeiten sind vom reglementierten Gewerbe erfasst und dürfen somit im Rahmen des Keramikergewerbes ausgeführt werdenDas Dekorieren, das Verzieren und das Bemalen (z.B. mit Kaltfarben) von halbfertigen und fertigen Keramikwaren ist vom freien Gewerbe umfasst. Das Glasieren ist vom freien Gewerbe nicht umfasst.
Bedienen und Verwenden von schweren Maschinen, z.B. Formgebungsmaschinen, Gießvorrichtungen, Schneideanlagen, Keramikbrennöfen und Trocknungsanlagen, Töpfer-und Drehscheiben. All diese Maschinen dürfen im Rahmen des reglementierten Gewerbes bedient und verwendet werden.Das Bedienen von schweren Maschinen z.B. Formgebungsmaschinen, Gießvorrichtungen, Schneideanlagen, Keramikbrennöfen oder Trocknungsanlagen ist dem reglementierten Gewerbe Keramiker vorbehalten und daher nicht vom Umfang des freien Gewerbes erfasst. Die Verwendung einer Töpfer-oder Drehscheibe beim Bemalen oder Verzieren von z.B.  Zierkeramik ist vom freien Gewerbe umfasst.


Definition der Begriffe Zierkeramik/keramische Ziergegenstände

Unter „Zierkeramik“ oder „keramischen Ziergegenständen“ werden keramische Objekte verstanden, welche einen ausschließlich dekorativen Zweck erfüllen. Dadurch verfügen sie über keinen Gebrauchswert.

Durch den rein dekorativen Verwendungszweck muss Zierkeramik keine besonderen technischen Anforderungen wie z.B. Abriebfestigkeit, Hitzebeständigkeit, Dichtheit, Frostbeständigkeit, Säureresistenz, Wärmeleitfähigkeit, Temperaturwechselbeständigkeit etc. erfüllen.

Durch den rein dekorativen Verwendungszweck sind keramische Ziergegenstände nicht zur Aufnahme, Lagerung, Verarbeitung, Zubereitung, Darreichung oder für den Verzehr von Lebensmitteln, Kosmetika oder Medikamenten bestimmt und müssen daher nicht den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen, entsprechen.

Beispiele für Zierkeramik:

  • Figurale Darstellungen (Tiere, Blumen, astronomische Abbildungen, Gartenzwerge etc.)
  • Tür- und Namensschilder
  • Gartenzierkugeln
  • Wanddekoration wie Kreuze, Zierplatten oder Bilderrahmen
  • Schmuck wie Kugeln und dgl. für Ketten, Ringe, Armbänder, etc.
  • Geschenkanhänger