Chinas wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Quartal 2023

Schwache Wirtschaftsdaten deuten auf eine schleppende Erholung hin

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China

Die neuen Daten der chinesischen Statistikbehörde klingen beeindruckend. Im zweiten Quartal wuchs Chinas Bruttoinlandsprodukt um 6,3%. Doch hierbei wird ein Vergleich mit dem zweiten Quartal 2022 gezogen, als strenge Covid Maßnahmen die Wirtschaftsaktivität einschränkten. Ein realistischeres Bild der Lage zeigt sich im direkten Vergleich mit dem Vorquartal. Demnach verzeichnet Chinas Bruttoinlandsprodukt ein Wachstum von nur 0,8%.

Jugendarbeitslosigkeit steht bei 21,3%

Besonders betroffen von der schwachen Konjunktur ist die junge Generation. Die Arbeitslosigkeit unter 16–24-Jährigen erreicht einen Rekordwert von 21,3%. Dabei sollte durch den demografischen Wandel und der abnehmenden Zahl an Arbeitskräften die Jobaussichten für junge Menschen eigentlich gut sein. Die hohe Jugendarbeitslosigkeit verdeutlicht damit die geringe Inlandsnachfrage und schleppende Erholung nach Covid.

Auch der Außenhandel zeigt Schwächen auf. Im Jahresvergleich sank der Gesamtwert der Exporte im Juni um 8,3%, während Importe um 2,6% fielen. Die gedämpfte wirtschaftliche Dynamik hat Auswirkungen auf die Preisentwicklung. Während die meisten Länder der Welt mit teils zweistelligen Inflationsraten zu kämpfen haben, zeigt sich in China ein anderes Bild. Im Vergleich zum Vormonat sanken im Juni die Verbraucherpreise um 0,2%. Erzeugerpreise für Industrieprodukte brachen gar um 3,8% im ersten Halbjahr ein. Sollten sich Konsumenten und Unternehmen auf sinkende Preise einstellen, könnten Ausgaben, Investitionen und Löhne ebenfalls abfallen. Chinas Wirtschaft droht damit eine Deflationsspirale. 

Strukturelle Probleme als Ursache

Ein strukturelles Problem bleibt der Immobiliensektor, ein ehemals langjährige Wachstumstreiber. Vor dem Platzen einer Immobilienblase wurde in den letzten Jahren schon lange gewarnt. Im Gegensatz zur schlagartigen Implosion des Immobilienmarktes 2008 in den USA, entfaltet sich die Krise in China graduell. Die Zahlungsausfälle der Immobilienunternehmen werden durch Finanzspritzen des Staates ausgeglichen, wodurch Insolvenzen der Unternehmen aufgeschoben werden. Investitionen und Verkäufe sind dennoch rückläufig. Im Juni brachen Wohnungsverkäufe um 27% ein. Neue Bilanzzahlen von Evergrande, einem der größten Immobilienkonzerne, zeigen in den letzten zwei Jahren enorme Verluste von umgerechnet 72 Milliarden Euro. Der Schuldenberg des Unternehmens beläuft sich mittlerweile auf 300 Milliarden Euro. 

Betroffen von den stockenden Immobilienkäufen sind insbesondere die Kommunalverwaltungen. Diese verdienten jahrelang an den steigenden Preisen und finanzierten damit Investitionsprojekte auf lokaler Ebene. Laut dem renommierten Ökonomen Richard Koo vom Nomura Institut droht Chinas Wirtschaft eine Bilanzrezession. Chinesische Haushalte agieren nach wie vor zurückhalten nach der Pandemie und sparen den Großteil ihres Einkommens. Unternehmen investieren kaum angesichts der stockenden Nachfrage und durch die Krise auf dem Immobilienmarkt sinken die Einnahmen der Gebietskörperschaften. Sowohl Haushalte, Unternehmen wie auch der öffentliche Sektor reduzieren Ausgaben. Die Folge ist eine langfristig geschwächte wirtschaftliche Dynamik mit stagnierender Preisentwicklung. 

Politik agiert zurückhaltend

Das chinesische Statistikamt prognostiziert für das Jahr 2023 ein Wachstum der Wirtschaftsleistung von 5%. Ob dieses erreicht wird, hängt unter anderem von politischen Maßnahmen ab. Nach einer Sitzung des Politbüros, dem zentralen Machtorgan Chinas, wurden Maßnahmen zur Stärkung des Wettbewerbs im privaten Sektor und eine Ausweitung gezielter Investitionen in den Hochtechnologiesektoren versprochen. Mit konkreten Summen blieb die Regierung jedoch vage. Sollte sich die Wirtschaftslage nicht verbessern, ist mit umfassenderen Konjunktur- und Investitionsprogrammen zu rechnen. 

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Das AußenwirtschaftsCenter Peking steht Ihnen gerne telefonisch unter +86 10 8527 5050 oder per E-Mail an peking@wko.at zur Verfügung. 

Stand: 26.07.2023

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