Amsterdam
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Niederländer haben Kreativität und Innovation im Blut

Die Niederlande haben sich als eines der innovationsfreundlichsten Länder der Welt positioniert. Die Kreativbranchen des Landes boomen.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 31.10.2023

In den Niederlanden gibt es ca. 43.000 Unternehmen in der Kreativbranche mit 172.000 Mitarbeitern. Die Kreativwirtschaft ist eine der am schnellsten wachsenden und einflussreichsten Branchen mit einen durchschnittlichen jährlichen Wachstum von sechs Prozent. Laut der europäischen Innovationsaufstellung (European Innovation Scoreboard) galten die Niederlande 2022 mit Ländern wie Schweden, Finnland, Belgien und Dänemark als Innovationsfüher Europas. „Innovativität ist zentral für den niederländischen Markt. Da das Land wenige Rohmaterialien besitzt und die Arbeitskräfte teuer sind, tragen Innovationen zu wirtschaftlichem Wachstum und Konkurrenzfähigkeit bei“, erklärt WKÖ-Wirtschaftsdelegierter Michael Spalek vor einer Delegation von rund 20 oö. Unternehmerinnen und Unternehmern aus dem Branchenverbund Kommunikation & Medien. Das Wachstum der Kreativwirtschaft ist dabei eng mit dem Fortschritt der Technologie verbunden, insbesondere mit der Digitalisierung. 

Gruppe
© WKOÖ Der Branchenverbund Kommunikation und Medien der WKOÖ machte sich auf die Suche nach dem Erfolgsgeheimnis der niederländischen Kreativwirtschaft.

Schwerpunkt neue Medien

Es gibt zahlreiche Hubs für verschiedene Zweige in der Kreativbranche, darunter Amsterdam vor allem für neue Medien. Dementsprechend viele Digitalagenturen gibt es in der Hauptstadt. Die Gründe für diesem Boom sind vielfältig.

  • Die Holländer sind praktisch, flexibel, denken global und weltoffen und sind kommunikationsfreudig.
  • Sie sind „early adopters“ bei neuen digitalen Technologien.
  • Die Konsumentinnen und Konsumenten sind kaufkräftig und konsumfreudig.
  • Die Niederlande haben einen niederschwelligen Zugang für ausländische Arbeitskräfte: Wer hier arbeiten will, der kann auch hier arbeiten. 
  • Last, but not least: Viele internationale Großunternehmen haben ihren Sitz in den Niederlanden. Der Standort ist attraktiv und gilt als Tor nach Europa. Dementsprechend attraktiv sind auch die Kreativ­etats, die vergeben werden.

Startup Ökosystem

„Gerade die Kreativunternehmen ziehen viele junge Ausländer an, die wir mit offenen Armen nehmen“, so Lodewijk Pöttker vom Unternehmen Massive Music, das sich auf den akustischen Auftritt  von Unternehmen spezialisiert hat.  Nach einigen Jahren Erfahrung springen diese dann oft ab und gründen ihr eigenes Unternehmen. Das bestätigt auch sein Kollege Arne Koefoed von der Full-Service-Agentur „Wink“. 3300 internationale Firmen haben einen Standort und über 100 davon ihren Hauptsitz in Amsterdam. Die Stadt besitzt eines der am schnellsten wachsenden Startup Ökosysteme Europas. „Das schafft viel Raum für junge kreative Unternehmen“, so Koefoed. „Aber man geht bei aller Konkurenz offen miteinander um und hilft sich gegenseitig.“

„Als kleines Land ,leben‘ wir das Netzwerken. Man ist offen und hilft sich gegenseitig.“

OÖ braucht den Vergleich nicht zu scheuen

Wenn man die vibrierende Atmosphäre der Stadt und die großen Namen ausblendet, kommt man allerdings schnell zur Erkenntnis, dass die oberösterreichischen Kreativunternehmen den Vergleich ganz und gar nicht zu scheuen brauchen, so der Tenor der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vom Branchenverbund Kommunikation & Medien. „Wir benchmarken uns mit den Besten in Europa. Wir haben in Oberösterreich tolle Agenturen und eine tolle Szene , die im internationalen Wettbewerb mithalten kann“, so Thomas Oberngruber, Geschäftsführer des Branchenverbunds. „Die Etats sind in einem Hot Spot wie Amsterdam größer. Aber was Markenarbeit, Branding, Werbung, Kommunikation betrifft, sind die Unternehmen aus den Branchen Film, Foto, Druck, Werbung in Oberösterreich bestens aufgestellt.“

Immersive Technologien

Ein zukunftsträchtiger Zweig der Digitalisierung sind „immersive Technologien“, mit deren Hilfe man in digitale Welten eintaucht – z.B. mittels Virtual-Reality-Brille - und in dieser Welt interagiert. Auch hier sind die Niederländer dabei, sich als Vorreiter zu positionieren. Benjamin de Wit ist Gründer und Leiter der „Immersive Tech Week“, ein Festival, bei dem seit 2015 Menschen aus den Bereichen Innovation, Wirtschaft, Forschung und Kunst zusammenkommen, um die Auswirkungen immersiver Technologien zu erforschen. „Es gibt Augmented-Reality-Anwendungen heute für die verschiedensten Bereiche“, erklärt Benjamin de Wit.

Wir wollen die internationale Gemeinschaft, die sich mit diesem Thema beschäftigt, vereinen, inspirieren und das Geschäft vorantreiben.

Die lange künstlerische Tradition des Landes zeigt sich bis heute in zahlreichen Studienangeboten niederländischer Hochschulen. Fachhochschulen bemühen sich um die kreative Umsetzung von Design im Alltag. Hier steht der Anwendungsbezug im Vordergrund. Ob dabei Webseiten und Computerspiele gestaltet werden oder industriell gefertigte Produkte oder Alltagsgegenstände. 

Teil dieses Bildungsnetzwerks ist das Creative Business Research Center in Amsterdam, an dem die gebürtige Tirolerin Claudia Mayer unterrichtet. „Wir coachen Designerinnen und Designer, indem wir kreative Methoden wie Design Thinking und Visualisierung mit essenziellem Marketing- und Verkaufswissen wie Geschäftsmodelle, Präsentationen, Kundenbeziehungsmanagement etc. verknüpfen.“ 

Digitalisierung

Digitalisierung gilt als einer der wichtigsten Grundlagen für Wachstum und Innovation. Die Niederlande profitieren in der Innovationsbranche von dem hohen Digitalisierungsgrad des Landes. So verwenden 2022 94% der Niederländer Internetdienste und mehr als 90% der niederländischen Haushalte haben einen Hochgeschwindigkeitsanschluss. Auch europaweit gehören die Niederlande zu den Spitzenreitern. Im Digital Economy and Society Index 2022 belegte die Niederlande den 3. Platz (Quelle: DESI). Besonders gut schnitt die Niederlande ab in den Bereichen der digitalen Fertigkeiten der Bevölkerung (führend mit 79%) sowie bei digitalen öffentlichen Diensten.

Aufgrund der Präsenz von bedeutenden Cloud-Anbietern, Rechenzentren und digitalen Knotenpunkten und Firmen wie WeTransfer, Booking.com und Ayden gelten die Niederlande als eines der wichtigsten Datenzentren und digitales Eingangstor nach Europa. Zudem besitzen die Niederlande eine hilfreiche und ausgebaute digitale Infrastruktur, die viele internationale Technologieunternehmen in die Niederlande zieht.