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Branding trifft Tradition, Kult und Fußball

Die Linzer Agenturen Fredmansky und Nest haben die Auftritte der Bundesligisten LASK und SK Sturm Graz neu inszeniert. Wie sie mit vielen unterschiedlichen Stakeholdern und deren Meinungen umgingen und den Prozess des Rebrandings meisterten, erzählten Marco Steiner (Creative Director, Fredmansky) und Florian Knogler (Gründer & Geschäftsführer, Nest) beim „Spot On“ Talk & Breakfast in der Tabakfabrik Linz.

Lesedauer: 6 Minuten

Aktualisiert am 20.12.2023

Hosts des Talks waren das Netzwerk Werbung und die Creative Region im Rahmen des Projekts „Spot On“, bei dem oberösterreichische Kreativschaffende in Szene gesetzt werden. Zwei Linzer Agenturen, zwei Bundesligisten, zwei Rebranding-Projekte: Fredmansky verantwortete das Rebranding für den SK Sturm Graz, während Nest mit einem Neuanstrich des LASK beauftragt wurde. „Eine irrsinnige Wertschätzung, wenn so jemand auf einen zukommt und mit dir zusammenarbeiten will”, meint Florian Knogler, Gründer und Geschäftsführer der Kreativagenturen Nest und Zunder, über den Auftrag des LASK.

Dass sich zwei Größen aus der höchsten Spielklasse Österreichs mit ihrem Rebranding für zwei Agenturen aus Oberösterreich entschieden haben, ist bezeichnend für den Kreativstandort Oberösterreich. Oberösterreich ist ein Powerhouse mit enormer Qualität im Bereich Kreativität, Marktkommunikation und Werbung.

Wie lässt sich ein Rebranding für traditionsgeprägte Fußballvereine – beide fast 120 Jahre alt – angehen? Wie bindet man Stakeholder ein, wie geht man mit den vielen Fans und deren Meinungen und Emotionen um? Wie bleibt man Traditionen treu und setzt doch klar innovative Statements? Ein Unterfangen mit Herausforderungen.

Neu inszeniert und modernisiert

Es war in beiden Fällen ein Rebranding mit einigen Vorgaben: Die Farben z.B. mussten unangetastet bleiben. Sowohl beim LASK als auch beim SK Sturm Graz sind schwarz und weiß untrennbar mit deren Identität verknüpft. Trotzdem sollten Elemente neu inszeniert und modernisiert werden. Beim LASK sollte das Logo als klarer Absender inszeniert, das Wappen gestärkt und die Merch-Linie neu aufgesetzt werden, erklärte Thomas Kern (Marketing LASK).

„Wir müssen das Stadion füllen – das war das Briefing”, so Knogler. Das neue Stadion hat 19.080 Plätze vs. 5.000 im damaligen Stadion in Pasching.

Auch beim SK Sturm Graz ging es nicht um ein Rebranding im klassischen Sinn:„Es ist nicht darum gegangen, die Marke zu verändern. Es ist darum gegangen, neue Serviceleistungen zu etablieren und die Nutzererfahrung zu verbessern. Es ging auch darum, aufzuräumen und zu sortieren, was ohnehin schon da und gut war", meint Marco Steiner.

Meinung und Befindlichkeiten der Fans kann man nicht einfach ignorieren. Im Zweifelsfall haben die Fans recht. Es funktioniert nicht, ihnen zu sagen, was ihre Identität sein soll. Das ist eine Frage des Respekts.

Die Hälfte von gutem Branding ist strategisches Vorarbeiten

Was braucht es also für gutes (Re)Branding? Eine Mischung aus Mut und Behutsamkeit, Respekt und guter Vorbereitung. Denn einfach ist Veränderung nie. Man müsse als Kreativschaffender auch die eigene Eitelkeit überwinden, so Steiner mit einem Augenzwinkern. „Und sich fragen, wozu das gut ist, was ich da mache”. Der visuelle Ausdruck einer Marke sei nur ein Teil des Ganzen. Sehr viel passiere auch auf inhaltlicher Ebene und auf Erlebnisebene. „Man muss auch dorthin gehen, wo’s wehtut. Was sind die Bedürfnisse meiner Kunden wirklich? Das zu verstehen ist das Um und Auf.“

Kritik und Gegenwind im Zuge von Veränderungen sind allerdings nichts, wovor man sich fürchten muss – im Gegenteil, das gehört dazu.

Veränderung ist für sehr viele Menschen sehr schwierig. Es war zwar schnell Gegenwind da, er war aber auch genauso schnell wieder weg. Die Meinung zum neuen Design ist auch zum Teil abhängig von erzielten Spielerfolgen und kann sich auch schnell drehen. Da muss man d‘rüberstehen.

Für das Rebranding des LASK hat sich Knogler intensiv mit dessen Geschichte und Traditionen auseinandergesetzt. Sein erster Weg im Projekt führte den bekennenden Fußballfan in das damals noch im Bau befindliche Stadion. „Wir haben uns die Baustelle angesehen. Es war für das ganze Büro einfach wichtig, zu spüren, was dort passiert und wo die Reise hingeht. Wir sind dann tief in die Vergangenheit eingetaucht. Wie hat der LASK früher kommuniziert? Wie hat er sich entwickelt? Was kann man machen? Was darf man machen?“

Die Hälfte von gutem Branding sei strategisches Vorarbeiten, bestärkte Marco Steiner die Aussage seines Branchenkollegen. Denn nur wer die Historie, Erfolge, Herausforderungen, Meilensteine, Kunden etc. eines Unternehmens bzw. Vereines gut kennt, kann authentisch arbeiten.

Starker Anstieg der Vereinsmitglieder, volles Stadion

Thomas Kern: „Am meisten freut mich, dass der Auftritt, den wir gerade haben und so wie wir draußen erscheinen, bereits messbare Ergebnisse gebracht hat. Das Stadion regelmäßig gut zu füllen, ist uns gelungen. Es war nicht nur ein Rebranding – wir haben den Paradigmenwechsel angenommen. Es ist etwas anderes, in Pasching Fußball zu spielen oder in Linz zu sagen: Liebe Familien, liebe Kinder, ihr seid willkommen!“ 

Auch beim SK Sturm Graz spürt man den Impact des Rebrandings. Zu Beginn hatte Sturm Graz rund 3.500 Mitglieder. Als erstes Ziel wurden 5.000 Mitglieder angedacht. Mittlerweile steht der Verein bereits bei 12.000 Mitgliedern. 

Appell an Auftraggeber: Pitch-Kultur überarbeiten

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ging klar aus dem Talk hervor: Auch die Beziehung von Agenturen mit deren Kunden spielt eine wesentliche Rolle in jedem Brandingprojekt und kann dessen Ergebnisse maßgeblich beeinflussen. Bei beiden Fußballvereinen ist die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Agenturen auf längere Frist ausgelegt – ein großer Erfolg für Fredmansky und Nest und ein extrem starkes Zeichen für die oberösterreichische Kreativwirtschaft.

Thomas Kern unterstrich: „Agenturen werden oft als reine Lieferanten gesehen, und das ist nicht okay – Kreativität und Marketing sind im Fußball mindestens genauso wichtig wie der Sport.”

Gegen Ende des Panels richteten die beiden Kreativschaffenden deshalb noch einen Appell an (zukünftige) Auftraggeber. Während Knogler sich gegen die vorherrschende „Pitch-Kultur” positionierte, stimmte Steiner ihm mit einer Anmerkung zu: Pitches seien grundsätzlich wichtig, doch sollten sie anders aufgezogen werden. Sein Appell an zukünftige Kunden: „Lernt die Leute kennen!”. Dies bestärkte auch Thomas Oberngruber vom Netzwerk Werbung: „Wir beschäftigen uns aktiv mit dem Thema Pitch-Kultur. Es läuft gerade eine Umfrage dazu, im Vorfeld hat es ein tiefgehendes Soundingboard mit Agenturen gegeben. Ein Ziel ist es, dass wir Auftraggebern Möglichkeiten an die Hand geben, dass sie mit kreativen Köpfen noch besser zusammenarbeiten und bessere Ergebnisse erzielen.”

Die Etablierung einer langfristigen Zusammenarbeit profitiert klar von Werten wie Respekt, Wertschätzung und Mut. Das Arbeitsklima zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer gehört stärker in den Vordergrund gerückt – es sollte zu keiner ,Schieflage‘ kommen. Dass das hier ein ,Match‘ war, sieht man an den Ergebnissen und an dem, was noch alles kommen wird.

Doris Lang-Mayerhofer, Linzer Stadträtin für Kreativwirtschaft, über den Prozess: „Zwei Linzer Werbeagenturen führten ein Rebranding für zwei Bundesligisten durch. Dazu gab es eine Veranstaltung mit der Kreativbranche, um zu diskutieren, welche Prozesse im Rebranding eines Sportvereins wichtig sind – und was das mit der Außenwirkung und deren Fans macht. Mein Dank gilt der Creative Region und Netzwerk Werbung, die diese Kooperationen sichtbar machen.“ 

Linz ist  Schauplatz für kreative Exzellenz und ein Vorzeigebeispiel für zukunftsweisende Zusammenarbeit.


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© Holzer Projektteam & Speaker „Spot On“ – Thomas Oberngruber, Michaela Scharrer (Creative Region), Georg Tremetzberger, Florian Knogler, Marco Steiner, Patrick Pix (Netzwerk Werbung).

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Oberösterreichs Kreativwirtschaft zählt mehr als 20.000 Beschäftigte und ermöglicht eine Wertschöpfung von mehr als 1,3 Mrd. Euro. Seit 2011 bringt die Creative Region zusammen, was Oberösterreich auch morgen noch stark und innovativ macht: Sie positioniert, vernetzt und unterstützt Unternehmen aus Design, Film, Fotografie, Werbewirtschaft, Software, Games u.v.m. Als Netzwerkknoten zwischen Kreativschaffenden, KMU und Industrie ermöglicht sie Zugänge zu neuem Wissen und neuen Ansätzen. Eine Kernkompetenz der kreativen Industrien ist ihre Lösungskompetenz: Dieses Innovationspotenzial wird von der Creative Region durch ein breites Angebot an Beratungen, Coachings, Workshops, Innovationslehrgängen, Netzwerkveranstaltungen und Internationalisierungsoffensiven gestärkt.

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