Sparte Industrie

Neues Kurzarbeitsmodell nach Ende der Corona-Kurzarbeit

Informationen der Bundessparte Industrie

Lesedauer: 5 Minuten

26.09.2023

Regierung und Sozialpartner haben sich auf ein neues Kurzarbeits-Dauermodell verständigt, das im Wesentlichen den Vor-Corona-Bestimmungen folgt.

Mit 1. Oktober 2023 erfolgt der Umstieg von der sogenannten Corona-Kurzarbeit auf ein neues Kurzarbeitsmodell als Dauerrecht, bei dem sich die AMS-Kurzarbeitsbeihilfe für die ausgefallene Arbeitszeit - wie vor Corona - am anteiligen Arbeitslosengeld orientiert, wodurch die Anreize, mehr zu arbeiten, stärker in den Vordergrund treten. Beim Corona-Kurzarbeitsmodell wurden den Beschäftigten 80 bis 90 % des Nettolohnes ersetzt, zuletzt generell 90 %, unabhängig von der Höhe des Entgeltes vor Kurzarbeit.

Neu und unkompliziert für die Personalverrechnung: Brutto- statt Netto-Ersatzrate

Die/Der Mitarbeiter:in erhält (unabhängig von den monatlich tatsächlich geleisteten Stunden) 88 % vom vor der Kurzarbeit bezogenen Bruttoentgelt. Bei Wechsel eines Lehrlings in ein Dienstverhältnis nach erfolgreicher Ablegung der Lehrabschlussprüfung (Weiterverwendungszeit gemäß § 18 BAG) und Einbeziehung in die Kurzarbeit gebührt die Bruttoersatzrate von 88 % auf der Basis des ohne Kurzarbeit zustehenden Entgeltes.

Die Kurzarbeitsbeihilfe richtet sich in der Regel nach dem Durchschnitt der letzten drei vollentlohnten Kalendermonate. Wenn ausgelernte Lehrlinge unmittelbar nach Ende der Lehrzeit in die Kurzarbeit einbezogen werden, ist Basis der Kurzarbeitsbeihilfe nur die Lehrlingsentschädigung. Dies könnte nur verhindert werden, indem ausgelernte Lehrlinge erst dann in die Kurzarbeit einbezogen werden, wenn sie nach Ende der Lehrzeit drei volle Kalendermonate als Facharbeiter gearbeitet haben. Dann richtet sich die Kurzarbeitsbeihilfe nach dem Facharbeiterlohn. 

Genaue Prüfung der wirtschaftlichen Schwierigkeiten – das Kernstück der Kurzarbeit!

Alle Unternehmen, die in vorübergehende, nicht saisonbedingte wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, können - unabhängig von der Betriebsgröße - in Kurzarbeit gehen. Unternehmen, die das Gewerbe der Überlassung von Arbeitskräften ausüben, können nur dann in Kurzarbeit gehen, wenn auch der Beschäftiger in Kurzarbeit ist. Der Arbeitskräfteüberlasser hat bei Kurzarbeit mit einer Dauer von mehr als drei Monaten nachvollziehbar darzulegen, dass eine Möglichkeit der Überlassung der betroffenen Arbeitskräfte an andere Beschäftigerbetriebe oder einer sonstigen anderweitigen Verwendung nicht besteht. Bei Kurzarbeitsbegehren mit einer Laufzeit von maximal drei Monaten kann der Überlasser auf die wirtschaftliche Begründung des Beschäftigerbetriebes verweisen.

Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten müssen auf unternehmensexterne Umstände zurückzuführen sein, wie etwa den Ausfall von Aufträgen oder von betriebsnotwendigen Zulieferungen und Betriebsmitteln, die das Unternehmen schwer oder überhaupt nicht beeinflussen kann. Weiters ist es erforderlich, dass die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nur vorübergehend sind. Das Unternehmen hat daher plausibel darzulegen, warum es davon ausgeht, dass die schwierige Lage nur vorübergehend ist und das Ende der Schwierigkeiten absehbar ist. Die Steigerung der Energiekosten allein ist derzeit kein Grund für Kurzarbeit.

Das Vorliegen vorübergehender wirtschaftlicher Schwierigkeiten ist das Kernstück der Kurzarbeit und wird bis zur Genehmigung des Kurzarbeitsbegehrens in mehreren Schritten geprüft.  Im vorgelagerten Beratungsverfahren sind die wirtschaftlichen Probleme zu plausibilieren, wobei auch alternative Lösungsmöglichkeiten geprüft werden, dies betrifft den Abbau von Urlaub oder Zeitguthaben genauso wie die Möglichkeit von Förderungen durch das AMS oder das AWS. 

Weiters wird im Rahmen einer vertieften arbeitsmarktpolitischen Beurteilung geprüft, ob es gleichwertige offene Stellen in der Region gibt und daher angenommen werden kann, dass die freigesetzten Beschäftigten rasch wieder eine Beschäftigung finden würden. Diese vertiefte Prüfung ist bei Kurzarbeit, die voraussichtlich länger als drei Monate dauert, obligatorisch. Sie kann aber entfallen, wenn die Kurzarbeit nur für einen kürzeren Zeitraum - maximal drei Monate - beantragt wird und voraussichtlich auch nicht länger andauern wird.  Die wirtschaftliche Begründung ist durch Unternehmenskennzahlen zu belegen. Im Rahmen des Begehrens ist die wirtschaftliche Begründung auszuführen und das Hochladen von entsprechenden Dokumenten vorgesehen. Die Sozialpartner stellen das Musterdokument „Wirtschaftliche Begründung“ mit einem Vorschlag für entsprechend aussagekräftige Unternehmenskennzahlen aus der Vergangenheit sowie Prognosezahlen (Angaben zur Umsatzentwicklung bzw. anderer aussagekräftiger Kennziffern) zur Verfügung. Die ausführliche wirtschaftliche Begründung sollte bereits im Rahmen des Beratungsverfahrens vorliegen.

Was zahlt das AMS konkret dem Unternehmen?

Das AMS ersetzt dem Arbeitgeber einen Teil der Kosten für die Ausfallstunden (Kurzarbeitsbeihilfe). Die Kurzarbeitsbeihilfe orientiert sich an anteiligen Aufwendungen, die der Arbeitslosenversicherung erwachsen würden, wenn die betroffenen Beschäftigten arbeitslos wären, zuzüglich der Beiträge zur Kranken- und Pensionsversicherung, die im Fall der Arbeitslosigkeit angefallen wären.  Ab dem vierten Monat in Kurzarbeit erhöht sich die Beihilfe um die auf Grund der besonderen Beitragsgrundlage erhöhten Sozialversicherungsbeiträge. Damit ergeben sich folgende drei Beihilfenteilbeträge:

  • Teilbetrag für die Kurzarbeitsunterstützung (orientiert am anteiligen Arbeitslosengeld): Am Lohnkonto ist - neben dem Entgelt für die geleistete Arbeit - zumindest dieser Bruttobetrag als Kurzarbeitsunterstützung auszuweisen und dem Arbeitnehmer weiterzugeben. 
    Bei höheren Arbeitszeiten wird es dazu kommen, dass das Entgelt für die geleistete Arbeitszeit zusammen mit diesem Teilbetrag die in der Sozialpartnervereinbarung festgesetzte Bruttoersatzrate von 88 % übersteigt. Das AMS wird einen Kurzarbeitsrechner zur Verfügung stellen, mit dessen Hilfe bereits vor der Beihilfenabrechnung bekannt sein wird, wie hoch der Beihilfenteilbetrag zur Kurzarbeitsunterstützung sein wird. Ein zusätzlicher Schritt in der Lohnverrechnung wird in diesen Fällen aber unvermeidbar sein, um überprüfen zu können, ob der Beihilfenteilbetrag dem Arbeitnehmer weitergegeben wurde.
  • Teilbetrag für die Arbeitgebersozialversicherungsbeiträge zur Kurzarbeitsunterstützung
  • Ab dem vierten Kurzarbeits-Monat: Teilbetrag für erhöhte SV-Beitragsgrundlage. 

Für den Arbeitgeber ergeben sich während der Kurzarbeit Mehrkosten bei Urlaub und Sonderzahlungen. Hier ist das volle Entgelt wie vor Kurzarbeit zu zahlen. Anteilige Sonderzahlungen für die Ausfallstunden werden vom Beihilfeteilbetrag der Kurzarbeitsunterstützung mitabgedeckt und damit vom AMS zum Teil ersetzt.

Welche Arbeitszeit gilt während Kurzarbeit?

Im Durchrechnungszeitraum kann die Arbeitszeit um mindestens 10 % bis höchstens 90 % reduziert werden. Dabei können längere Zeiträume ohne Arbeit vereinbart werden. Aus beihilfenrechtlicher Sicht ist es erforderlich, dass die tatsächlich geleistete Arbeitszeit  im Gesamtdurchschnitt der im Begehren beantragten Reduktion entspricht und die Arbeitszeit überdies sowohl im Gesamtdurchschnitt als auch bezogen auf die einzelnen Beschäftigten mindestens 10 % beträgt.

Notwendige Schritte zur Genehmigung der Kurzarbeit in einer Kurzübersicht:

  1. Mindestens drei Wochen vor Beginn der Kurzarbeit: Verständigung der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS im Wege des eAMS-Kontos über die Absicht, in Kurzarbeit zu gehen.
  2. Beratungsverfahren vor Beginn der Kurzarbeit: Plausible Begründung der vorübergehenden, nicht saisonbedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Beratung, ob die Kurzarbeit nicht durch andere geeignete Maßnahmen (Abbau von Urlauben, Zeitguthaben, ...) abgewendet werden kann. Obligatorische vertiefte Prüfung des regionalen Arbeitsmarktes bei Kurzarbeit ab drei Monaten, ob es gleichwertige offene Stellen in der Region gibt und die freigesetzten Beschäftigten rasch wieder eine Beschäftigung finden würden.
  3. Nach positiver Absolvierung des Beratungsverfahrens: Fertigstellung der Sozialpartnervereinbarung mit den erforderlichen Unterschriften von Betriebsrat bzw. den einzelnen Arbeitnehmern. Einholung der Unterschriften von WKÖ/Gewerkschaft (Muster Zustimmungserklärung WKÖ/Gewerkschaft steht demnächst zum Download zur Verfügung) durch Unternehmen, letzteres kann ab Mitte Dezember 2023 entfallen (Lösung über Webportal des AMS).
  4. Begehrensstellung über das eAMS-Konto VOR Beginn der Kurzarbeit, Hochladen des Begehrens gemeinsam mit der Sozialpartnervereinbarung, Zustimmungserklärungen von WKÖ/Gewerkschaft und dem Beratungsprotokoll.
  5. Mitteilung des AMS über den Eingang des Begehrens. Prüfung der Voraussetzungen durch AMS mit anschließender Mitteilung, ob die Voraussetzungen erfüllt sind und mit einer Genehmigung voraussichtlich gerechnet werden kann.

Achtung: Das dem AMS für Kurzarbeit zur Verfügung stehende Budget ist knapp. Die Genehmigung der Begehren wird nach dem „First in - First served“-Prinzip erfolgen. Das AMS wird im Rahmen der Mitteilung die beantragenden Unternehmen informieren, ob das Begehren zum Zug kommt oder nur in Evidenz gehalten wird für den Fall, dass sich die budgetären Rahmenbedingungen ändern. Die endgültige Entscheidung, ob das Kurzarbeitsbegehren vom AMS bewilligt wird, erfolgt nach derzeitigem Kenntnisstand erst Mitte Dezember 2023. Die Bundessparte Industrie fordert in diesem Zusammenhang einen beschleunigten Entscheidungsprozess.

Autor:
Mag. Thomas Stegmüller
E-Mail: thomas.stegmueller@wko.at