Erläuterungen zur Corona-Notfall-Vereinbarung für die Papier und Karton verarbeitende Industrie (PROPAK)

Gültigkeit:
1.4.2020 bis 31.12.2020
Gilt für:
Österreichweit

Erläuterungen zum Zusatz-Kollektivvertrag über erweiterte Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung im Zusammengang mit der Corona-Krise

("Corona-Notfall-Vereinbarung")

Allgemeines 

1.) Die erweiterten Arbeitszeitmöglichkeiten der Corona-Notfall-Vereinbarung stehen grundsätzlich allen PROPAK-Betrieben, unabhängig ob in mehr- oder einschichtiger Betriebsweise, ab dem 1. April 2020 oder jedem danach festgesetzten Zeitpunkt bis zum Ende des Jahres 2020 offen. 

2.) Die Vereinbarungen für ArbeiterInnen und für Angestellte sind wortident, ausgenommen Verweise auf den jeweiligen RahmenKV.

3.) Die Inanspruchnahme der erweiterten Arbeitszeitmöglichkeiten erfolgt  

  • In Betrieben mit Betriebsrat durch eine Betriebsvereinbarung
  • In Betrieben ohne Betriebsrat durch Einzelvereinbarung (Dienstvertrag bzw. Zusatz zu demselben)

Eine Einzelvereinbarung kann auch durch einen Zusatz zum Dienstvertrag erfolgen, in welchem die wesentlichen Eckpunkte der für diesen Betrieb anwendbaren Bestimmungen festgehalten werden müssen. Es wird empfohlen, den entsprechenden Zusatz-KV als Anhang beizulegen. 

4.) Eine Vereinbarung kann mit Wirkung 1. April abgeschlossen werden. Es kann in der Vereinbarung auch eine rückwirkende Anwendung ab diesem Zeitpunkt festgelegt werden.  

5.) Es ist möglich, die Corona-Notfall-Vereinbarung nur auf bestimmte Betriebsteile oder bestimmte Arbeitnehmer anzuwenden. Diese sind in der (Betriebs-)Vereinbarung genau zu bezeichnen.  

6.) Zur Inkraftsetzung bedarf die Vereinbarung (Betriebsvereinbarung oder Einzelvereinbarung) der schriftlichen Zustimmung der Kollektivvertragspartner (Fachverband PROPAK sowie GPA-djp), die nach Möglichkeit binnen 72 Stunden (3 Tage) nach Verständigung zu erfolgen hat. Wird die Zustimmung nicht erteilt, ist die Vereinbarung unwirksam.  

7.) Die Gültigkeit ist mit 31.12.2020 beschränkt, ohne dass der Zusatz-KV aufgekündigt werden muss. Eine Einzelvereinbarung bzw. Betriebsvereinbarung enden somit automatisch zu diesem Zeitpunkt, falls nicht ein früheres Ende vereinbart wurde. 

§ 2 Erweiterte Möglichkeiten der Arbeitszeitgestaltung: Grenzen der Arbeitszeit, Durchrechnungszeiträume, Ankündigung 

1.) Der maximale Durchrechnungszeitraum wird gegenüber den geltenden Bestimmungen des PROPAK-Kollektivvertrages von 13 Wochen auf 9 Monate erhöht.  


Der Durchrechnungszeitraum muss unabhängig von seiner Dauer innerhalb des Gültigkeitszeitraums der Corona-Notfall-Vereinbarung liegen, darf also nicht vor dem 1. April 2020 beginnen und nicht nach dem 31. Dezember 2020 enden. 

2.) Wöchentliche Normalarbeitszeit:

  • Bei einem Durchrechnungszeitraum von max. 8 Wochen kann die wöchentliche Normalarbeitszeit auf höchstens 50 Stunden ausgedehnt werden. 
  • Bei einem längeren Durchrechnungszeitraum kann die wöchentliche Normalarbeitszeit auf höchstens 48 Stunden ausgedehnt werden. 

Innerhalb des gewählten Durchrechnungszeitraumes kann die wöchentliche Normalarbeitszeit ungleich verteilt werden.


–) Der Durchschnitt von 38 Stunden wöchentlicher Normalarbeitszeit muss innerhalb des Durchrechnungszeitraumes eingehalten werden!

–) Zu beachten ist weiters der gesetzlich normierte Durchschnitt von max. 48 Stunden wöchentlicher Arbeitszeit in einem Durchrechnungszeitraum von 17 Wochen, der auch durch das Arbeitsinspektorat kontrolliert wird! 


3.) Die tägliche Normalarbeitszeit darf 10 Stunden nicht überschreiten. 

4.) Die Ankündigungsfrist beträgt gem. § 19c Abs. 2 AZG grundsätzlich 2 Wochen; sie kann gem. Abs. 3 leg. cit. in unvorhergesehenen Fällen zur Verhinderung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils geändert werden, wenn eine andere Maßnahme nicht zumutbar ist.

§ 3 Arbeitszeitkonto 

1.) Zur Administrierung der Plus- und Minusstunden ist pro Arbeitnehmer ein Arbeitszeitkonto anzulegen, welches bis zum Ende des – vereinbarten – Durchrechnungszeitraumes geführt wird. 

2.) Auf diesem Konto können max. 114 Plusstunden (entspricht 3 Wochen zu 38 Stunden) bzw. 38 Minusstunden verbucht werden.  

  • Plusstunden jenseits der 114 Stunden können nicht mehr in das Arbeitszeitkonto übernommen werden, sondern werden als Überstunden nach den Bestimmungen des PROPAK-Kollektivvertrags sofort abgegolten. 
  • Minusstunden jenseits der 38 Stunden gelten als geleistet und werden nicht verbucht.

Im Idealfall kann damit rasch ein 3-Wochen-"Polster" an Plusstunden aufgebaut werden, für volatile Zeiten stünde dann ein "Spielraum" von 4 Wochen zur Verfügung. 

3.) Am Ende des Durchrechnungszeitraumes erfolgt eine Abrechnung des Arbeitszeitkontos:  

  • Plusstunden sind mit einem Zuschlag von 50 % nach Wunsch des Arbeitnehmers in Geld oder Freizeit auszugleichen. 
  • Minusstunden sind durch Arbeitsstunden außerhalb der Normalarbeitszeit auszugleichen (Mehrarbeit, Überstunden). Dabei gilt, dass die geleisteten Grundstunden den Minusstand resultierend aus dem Arbeitszeitkonto verringern; der Zuschlag dieser geleisteten Stunden (Mehrarbeits- bzw. Überstundenzuschlag) bleibt erhalten.

–) Ein Ausgleich von Minusstunden durch Gegenrechnung mit Arbeitsstunden der wöchentlichen Normalarbeitszeit ist ausgeschlossen.

–) Beispiel: Bei Abrechnung weist das Arbeitszeitkonto einen Stand von minus 35 Stunden auf. Werden in der Folge 7 Wochen lang je 5 Stunden mehr gearbeitet werden (43 statt 38 Stunden pro Woche), so wird für die 39. und 40. Stunde je Woche der Mehrarbeitszuschlag fällig, für die darüberhinausgehenden 3 Stunden der Überstundenzuschlag. Ausbezahlt wird jeweils nur der Zuschlag. Nach 7 Wochen ist der Minusstand ausgeglichen.  

–) Es ist kein Zeitraum definiert, innerhalb dessen der Ausgleich eines Minussaldos stattzufinden hätte.) 


4.) Der Arbeitgeber muss die Arbeitnehmer zumindest einmal im Monat schriftlich über den Stand ihres Arbeitszeitkontos informieren (z. B. auf dem Lohnzettel).  Davon abgesehen können die Mitarbeiter jederzeit Einblick nehmen. Dem Betriebsrat steht auf Verlangen ein Recht auf Einsicht zu.

§ 4 Überstunden 

1.) Die Bestimmungen des § 7 Arbeiter-KV bzw. § 7 Angestellten-KV bleiben grundsätzlich unberührt.  

2.) Jedoch sind die seit 1.7.2019 gültigen Überstundenregelungen (Zuschlag von 100 % für die 11./12. Stunde, sofern es sich um die 3./4. angeordnete Überstunde des Tages handelt, bzw. ab der 51. Stunde, wenn es sich um eine Überstunde handelt) so anzuwenden, dass für den 100%-Zuschlag die Voraussetzung der 3./4. Überstunde an diesem Tag entfällt.  


Das Überschreiten der 10-Stunden-Grenze allein führt ohne weitere Voraussetzung dazu, dass der 100%-Zuschlag bezahlt werden muss. 

3.) Zu beachten ist nach wie vor das gesetzlich normierte Ablehnungsrecht von Überstunden jenseits der 10. Arbeitsstunde pro Tag bzw. jenseits der 50. Stunde in der Arbeitswoche.    

4.) Die Überstunden aus der 11./12. Stunde an einem Tag bzw. der 51. ff Stunde i einer Woche werden nicht ins Arbeitszeitkonto übertragen, sondern wie bisher monatlich abgerechnet und ausbezahlt.

§ 6 Kündigungsschutz

1.) Arbeitgeber-Kündigungen dürfen während der Dauer einer Vereinbarung im Sinne der Corona-Notfall-Vereinbarung nicht ausgesprochen werden. 

2.) Arbeitgeber-Kündigungen aus persönlichen Gründen (z. B. wegen persönlichen Fehlverhaltens des Arbeitnehmers, Vertrauensbruch) sind mit ausdrücklicher Zustimmung des Betriebsrates weiterhin möglich.

3.) Unbenommen sind auch Entlassungen

4.) Die Behaltefrist nach Auslaufen einer Vereinbarung beträgt einen Monat


–) Ein Kündigungsausspruch kann also frühestens am Ende der Behaltefrist erfolgen; die Kündigungsfrist beginnt ab diesem Zeitpunkt zu laufen.

–) Zu beachten sind auch die ab 1.1.2021 geltenden neuen Kündigungstermine für ArbeiterInnen mit 15. und Letzten jeden Monats. 


§ 7 Unvereinbarkeit

1.) Eine gleichzeitige Inanspruchnahme von Kurzarbeit und den erweiterten Arbeitszeitmöglichkeiten der Corona-Notfall-Vereinbarung ist ausgeschlossen

2.) Wenn in einem Betrieb Kurzarbeit beantragt wird, endet für die betroffenen Arbeitnehmer die gegenständliche Vereinbarung mit sofortiger Wirkung
Das Arbeitszeitkonto wird in diesem Fall mit dem Unterschied abgerechnet, dass allfällige Minusstunden nicht ausgeglichen werden müssen.  


PROPAK, 1.4.2020
Mag. W/Mag. Se