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Lebensmittelhandel, Landesgremium

Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel

Die Richtlinie bewirkt unter anderem eine starke Einschränkung für die Verwendung von (Werbe-)Aussagen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit.

Lesedauer: 4 Minuten

09.04.2024

Die Richtlinie (EU) Nr. 2024/825 zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel (ECGT-RL bzw "Empowering-RL") wurde im Amtsblatt veröffentlicht. Sie ist bis 27. März 2026 umzusetzen und ab 27. September 2026 anzuwenden.  

Diese Richtlinie bewirkt einerseits eine starke Einschränkung für die Verwendung von (Werbe-)Aussagen im Zusammenhang mit Nachhaltigkeit sowie einen Ausbau von vorvertraglichen Informationspflichten gegenüber Verbraucher.  

Zur Richtlinie

Artikel 1 der RL beinhaltet Änderungen der RL Nr. 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL)

Die wesentlichste Änderung besteht darin, dass sog allgemeine Umweltaussagen (z. B. "umweltfreundlich", "umweltschonend" und "ökologisch") weitgehend verboten werden, wenn keine "anerkannte hervorragende Umweltleistung" nachgewiesen werden kann. Das Werbeverbot bzgl. Treibhausgasemissionen wegen Ausgleichmaßnahmen dürfte das Aus für die häufig anzutreffende Werbung mit "klimaneutral" (iSv keine Treibhausgasemissionen wegen Ausgleichmaßnahmen) bedeuten. 

Art 2 Abs 1 wurde um folgende Definitionen erweitert

  • ca: Waren
  • o: Umweltaussage
  • p: allgemeine Umweltaussage
  • q: Nachhaltigkeitssiegel
  • r: Zertifizierungssystem
  • s: anerkannte hervorragende Umweltleistung
  • t: Haltbarkeit
  • u: Softwareaktualisierung
  • v: Betriebsstoff
  • w: Funktionalität 

Bei den Irreführungstatbeständen in Art 6 Abs 1 lit b UGP-RL werden die wesentlichen Merkmale um "ökologische oder soziale Merkmale", "Zirkularitätsaspekte, etwa der Haltbarkeit, der Reparierbarkeit oder der Recyclingfähigkeit" ergänzt. 

Gem. Art 6 Abs 2 lit d UGP-RL gelten Umweltaussagen über die künftige Umweltleistung als irreführend, falls nicht bestimmte Kriterien und Voraussetzungen erfüllt werden (z. B. klare, objektive, öffentlich einsehbare und überprüfbare Verpflichtungen sowie messbare und zeitgebundene Ziele); gem. lit e gilt als irreführend, mit Vorteilen für Verbraucher zu werben, die irrelevant sind und sich nicht aus einem Merkmal des Produkts oder der Geschäftstätigkeit ergeben.  

Gem. Art 7 Abs 7 UGP-RL haben Anbieter einer produktvergleichenden Dienstleistung für Verbraucher, welche Informationen über ökologische oder soziale Eigenschaften oder über Zirkularitätsaspekte (z. B. Reparierbarkeit) beinhalten, Informationen über die Vergleichsmethode, die betreffenden Produkte und die Lieferanten dieser Produkte sowie die bestehenden Maßnahmen anzuführen und diese Informationen auf dem neuesten Stand zu halten.

Anhang I der UGP-RL - die sog. "Schwarze Liste" (per se Verbote) - wurde um folgende Tatbestände erweitert

  • 2a: Anbringen eines Nachhaltigkeitssiegels, das nicht auf einem Zertifizierungssystem beruht oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt wurde;
  • 4a: Treffen einer allg. Umweltaussage (s. Art 2 Abs 1 lit p UPG-RL), wobei die anerkannte hervorragende Umweltleistung, auf die sich die Aussage bezieht, nicht nachgewiesen werden kann;
  • 4b: Treffen einer Umweltaussage zum gesamten Produkt oder der gesamten Geschäftstätigkeit des Gewerbetreibenden, wenn sie sich nur auf einen bestimmten Aspekt des Produkts oder eine bestimmte Aktivität bezieht;
  • 4c: Treffen einer Aussage, zu Kompensation von Treibhausgasemissionen und wonach ein Produkt hinsichtlich der Treibhausgasemissionen neutrale, verringerte oder positive Auswirkungen auf die Umwelt hat;
  • 10a: Anforderungen, die kraft Gesetzes für alle Produkte in der betreffenden Produktkategorie auf dem Unionsmarkt gelten, als Besonderheit zu präsentieren;
  • 23d: Informationen über die Tatsache, dass eine Softwareaktualisierung die Funktion von Waren mit digitalen Elementen oder die Nutzung digitaler Inhalte oder digitaler Dienste beeinträchtigen wird, vorzuenthalten;
  • 23e: Darstellung einer Softwareaktualisierung als notwendig, wenn sie lediglich der Verbesserung der Funktionalitätsmerkmale dient;
  • 23f: Jedwede kommerzielle Kommunikation über eine Ware, die ein zur Begrenzung ihrer Haltbarkeit eingeführtes Merkmal enthält, obwohl dem Gewerbetreibenden Informationen über das Merkmal und seine Auswirkungen auf die Haltbarkeit der Ware zur Verfügung stehen;
  • 23g: Falsche Behauptung, dass eine Ware unter normalen Nutzungsbedingungen eine bestimmte Haltbarkeit hinsichtlich der Nutzungszeit oder -intensität hat;
  • 23h: Präsentation einer Ware als reparierbar, wenn sie es nicht ist;
  • 23i: Veranlassen des Verbrauchers, Betriebsstoffe einer Ware früher zu ersetzen oder aufzufüllen, als dies aus technischen Gründen notwendig ist;

23j: Zurückhaltung von Informationen darüber, dass die Funktionalität von Waren beeinträchtigt wird, wenn Betriebsstoffe, Ersatzteile oder Zubehör verwendet werden, die nicht vom ursprünglichen Hersteller bereitgestellt werden, oder die falsche Behauptung, dass eine solche Beeinträchtigung eintreten wird.

Artikel 2 beinhaltet Änderungen der Richtlinie 2011/83/EU ("Verbraucherrechte-RL" 

Die Änderungen zielen darauf ab, es durch entsprechende Informationen Verbrauchern zu erleichtern, sich bei ihrem Konsumverhalten nachhaltiger zu verhalten. Es werden deshalb die vorvertraglichen Informationspflichten für Fernabsatz- und Außergeschäftsraumverträge in Art 6 und auch für sonstige Verträge in Art 5 geändert bzw ausgebaut. Hinzuweisen ist insb auf folgende Punkte: 

Art 2 wurde um folgende Definitionen erweitert: 

  • 14a: gewerbliche Haltbarkeitsgarantie
  • 14b: Haltbarkeit
  • 14c: Hersteller
  • 14d: Reparierbarkeitswert
  • 14e: Softwareaktualisierung

Art 5 und Art 6 (Informationspflichten) wurden ergänzt

  • das Bestehen eines gesetzlichen Gewährleistungsrechts für Waren und seine wichtigsten Elemente, einschließlich seiner Mindestdauer von 2 Jahren. Diese Informationen sollen mittels eines EU-weit harmonisierten Hinweises erfolgen, dessen Ausgestaltung/Formulierung die Kommission mit einem Durchführungsrechtsakt vornehmen wird (Art 5 Abs 1 lit e, Art 6 Abs 1 lit l);
  • über Haltbarkeitsgarantien der Hersteller von mehr als 2 Jahren, die das ganze Produkt umfassen, soll mittels einer vereinheitlichen Kennzeichnung (Label) informiert werden, wobei darin auch ein Hinweis auf das Bestehen des Gewährleistungsrechts erfolgen soll (Art 5 Abs 1 lit ea, Art 6 Abs 1 lit la). Diese Information wird auch in Art 8 Abs 2 Verbraucherrechte-RL verankert, soll also künftig bei Webshops auch bei der Bestellübersicht vor dem Button „kostenpflichtig bestellen“ angeführt sein. Der genaue Inhalt und das Design dieses Labels soll ebenfalls mit einem Durchführungsrechtsakt der Kommission genau bestimmt werden. Beide vereinheitlichten Formate sollen für Unternehmen einfach zu verwenden und reproduzierbar sein (Art 22a); 
  • Auch im Fall von Verträgen über digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen soll auf das Bestehen der gesetzlichen Gewährleistung hingewiesen werden (Art 5 Abs 1 lit eb, Art 6 Abs 1 lit lb); 
  • Weitere Informationspflichten betreffen ua die Dauer der Verfügbarkeit von Updates - sofern der Hersteller diese Informationen dem Unternehmer zur Verfügung stellt - und zB betreffend die Verfügbarkeit von Ersatzteilen, Reparatur- und Wartungsanleitungen (Art 5 Abs 1 lit ed, j, Art 6 Abs 1 lit lc, v).