Nahrungs- und Genussmittelindustrie (Lebensmittelindustrie), Fachvertretung

Hygiene

Schwerpunktthema

Lesedauer: 5 Minuten

 

 

  •  Grundsätzliches 

Am 30. April 2004 wurde das "Hygienepaket“, bestehend aus drei EG-Verordnungen zur Lebensmittelhygiene und zu Veterinärkontrollen, im EG-Amtsblatt  veröffentlicht. Die Verordnungen sind am 20. Mai 2004 in Kraft getreten und wurden mit 1. Jänner 2006 wirksam. Damit liegt das Ergebnis eines jahrelangen Reformprozesses vor, der das seit den 60er Jahren gewachsene Lebensmittelhygienerecht in einen neuen Rechtsrahmen stellt: Hygiene- und Veterinärrecht wurden zusammengefasst und die Landwirtschaft in den Regelungsbereich einbezogen.

 

  •  EG-Hygienepaket
     

Die Vorschriften des "Hygienepakets“:

    • Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des  Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 über Lebensmittelhygiene (ABl L 226 vom 25.6.2004, S. 3)

    • Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.4.2004 mit spezifischen Hygiene-Vorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl L 226 vom 25.6.2004, S. 22) 


    Gemeinsame Merkmale der Vorschriften des "Hygienepakets":


    • Rechtsform der Verordnung
       
    • Anpassung der Hygienevorschriften an die Grundsätze und Begriffe des General Food Law:
       
      • Einbindung der gesamten Lebensmittelkette, einschließlich der Primärproduktion (!) in das Hygienekonzept
         
      • Eigenkontrolle durch die Wirtschaft (Stufenverantwortung)
         
      • Objektive Risikobewertung auf wissenschaftlicher Grundlage
       
    • Überwachungsverfahren nach den HACCP-Prinzipien für alle Lebensmittelunternehmen: Die Dokumentation der HACCP-Maßnahmen ist verpflichtend. 
    • Praktische Hilfestellung durch Hygieneleitlinien
    • Registrierung/Zulassung aller Lebensmittelunternehmen
    • Vereinheitlichung der Genusstauglichkeitskennzeichnung 
    • Bewahrung von Flexibilität durch Sonderregelungen für abgelegene Regionen und traditionelle Herstellungsmethoden
    • Funktionswandel der Lebensmittelüberwachung (von der nachlaufenden zur präventiven Kontrolle)
    • Durchführungsverordnungen mit mikrobiologischen Kriterien und Temperaturen
    • Bei Lebensmitteln tierischer Herkunft erfolgen Betriebszulassungen, Kontrollen, Identitätskennzeichnung und Drittlandsregelungen nach einheitlichen Grundsätzen.
    • Modernes und flexibles System der Veterinärkontrollen 
    • Keine Differenzierungen zwischen gewerblichen und industriellen Betrieben 
       
    Inhalte der einzelnen Verordnungen des Hygienepakets:
     
  • Verordnung (EG) Nr. 852/2004 vom 29.4.2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über Lebensmittelhygiene

    Die allgemeine Hygiene-Verordnung enthält Grundregeln für alle Betriebe der Lebensmittelkette einschließlich der Urproduktion. Sie erfasst auch die bislang gesondert geregelten Sektoren (Fleisch, Fisch, Milch...). Die Verordnung enthält

      • ein allgemeines Hygienegebot und die Verpflichtung, die in den Anhängen festgelegten generellen Hygienevorschriften zu beachten;
         

      • die Verpflichtung zu Eigenkontrollen nach HACCP-Grundsätzen (ausgenommen Urproduktion) einschließlich der Verpflichtung zur Dokumentation HACCP-bezogener Maßnahmen;
         

      • eine allgemeine (An-)Melde- bzw. Registrierungspflicht für Betriebe; Zulassungspflichten betreffen jene Betriebe, in denen eine erste Verarbeitung von Lebensmitteln tierischer Herkunft erfolgt;
         

      • die Forderung, dass Lebensmittelbetriebe aus Drittländern gleiche Anforderungen zu erfüllen haben (Äquivalenzprinzip);
         

      • das Verfahren für die Erarbeitung und Prüfung branchenbezogener nationaler oder gemeinschaftlicher freiwilliger Leitlinien für eine gute Hygiene-Praxis;
         

      • Anhänge mit allgemeinen Hygienevorschriften getrennt nach Primärproduktion und sonstigen Betriebstätten.

      • Vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind die Primärproduktion für den privaten häuslichen Gebrauch und die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an lokale Einzelhandelsgeschäfte, die die Erzeugnisse unmittelbar an den Endverbraucher abgeben.

     

  • Verordnung (EG) Nr. 853/2004 vom 29.4.2004 des Europäischen Parlaments  und des Rates über spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischer Herkunft

    Die Verordnung enthält spezifische Hygienevorschriften für Betriebe, die Lebensmittel tierischen Ursprungs verarbeiten; sie gilt ergänzend zur allgemeinen Hygieneverordnung (EG) Nr. 852/2004.

     

    • Die Verordnung gilt für unverarbeitete Erzeugnisse und Verarbeitungserzeugnisse
      tierischen Ursprungs. Sie gilt u. a. nicht für: 
     
    • Lebensmittel, die sowohl Erzeugnisse pflanzlichen Ursprungs als auch Verarbeitungserzeugnisse tierischen Ursprungs enthalten. Letztere müssen jedoch nach den Bestimmungen dieser Verordnung gewonnen und bearbeitet werden
       
    • die Primärproduktion für den privaten häuslichen Gebrauch,
       
    • die häusliche Vorbereitung oder Lagerung von Lebensmitteln zum häuslichen Gebrauch,
       
    • die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher, oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, welche die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben.
       
    • Einzelhandelsbetriebe (mit Ausnahmen)

     

    • Lebensmittelunternehmen, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, sind zulassungspflichtig. Die Zulassung erfolgt produktunabhängig nach einem einheitlichen Verfahren. 
       
    • Zugelassene Betriebe erhalten ein branchenunabhängiges Identitätskennzeichen. Zur Gewährleistung ihrer Rückverfolgbarkeit sind Lebensmittel aus zulassungspflichtigen Betrieben mit der Identifizierungsnummer des Betriebes zu kennzeichnen. Diese Kennzeichnung für Endprodukte ersetzt und vereinheitlicht die bisherige Praxis der Genusstauglichkeitskennzeichnung ("Health Marking“) bei Fleisch, Fisch, Milch und Eiprodukten. Eine (ausschließlich vom Amtstierarzt vorzunehmende) Genusstauglichkeitskennzeichnung gilt für Schlachttierkörper und rotes Frischfleisch.
       
    • Die Betriebszulassung und Identitätskennzeichnung bei Drittlandseinfuhren sind produktunabhängig zusammengefasst und geregelt.
       
    • Die Anhänge enthalten detaillierte Hygienevorschriften u. a. für Fleisch-, Fisch-, Milch- und Eier-verarbeitende Betriebe.

       

  

  • Richtlinie 2004/41/EG vom 21. April 2004 zur Aufhebung bestimmter Richtlinien über Lebensmittelhygiene und Hygienevorschriften für die Herstellung und das Inverkehrbringen von bestimmten, zum  menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs

    Mit der Richtlinie 2004/41/EG wurden 16 produktspezifische Richtlinien sowie u.  a. Anhang II der Richtlinie 92/118/EWG aufgehoben. 
     

 

  • Durchführungsverordnungen zum EG-Hygienepaket
     
    • Verordnung (EG) 2074/2005 mit Durchführungsbestimmungen für die Verordnungen (EG) Nr. 852/2004, 853/2004, 854/2004 und 882/2004 (ABl L 338/27 vom 22.12.2005): U. a. werden die Bestimmungen über die Weitergabe von "Informationen zur Lebensmittelkette“ durch den Schlachtbetrieb, das Register zugelassener Betriebe und die Ausnahmen für "traditionelle Lebensmittel“ von den allgemeinen Hygienebestimmungen konkretisiert.
       

       

       
  • Verordnung über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel
     
    • Verordnung (EG) Nr. 2073/2005 über mikrobiologische Kriterien für Lebensmittel (ABl L 338/83 vom 22.12.2005): Die Verordnung legt mikrobiologische Kriterien u. a. folgender Mikroorganismen fest: Listeria monocytogenes, Salmonella, Cronobacter spp., E.coli, Histamin, Shiga-Toxin bildende E. coli.

       

     

  • Hygiene-Leitlinie

     

    • EG-Leitlinien zur Auslegung des EG-Hygienepakets

       

      Um die einheitliche Anwendung der  Hygienevorschriften zu ermöglichen, hat die EU-Kommission Leitlinien zur Anwendung und Auslegung des Hygienepakets veröffentlicht. Eine Übersicht steht auf der Homepage der EU-Kommission zur Verfügung.
       

Stand: 07.01.2022