Liechtenstein: neuer Wirtschaftsbericht

Wirtschaftslage, besondere Entwicklungen, Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Lesedauer: 5 Minuten

Liechtenstein
02.11.2023

Aktuelle Lage: Wirtschaftsbericht  

Die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung Liechtensteins stützt sich auf Verwaltungsdaten, die unter anderem im Zuge der Steuerveranlagung anfallen. Deshalb liegen Ergebnisse erst dreiundzwanzig Monate nach Abschluss des Berichtsjahres vor. Eine erste BIP-Schätzung wird jeweils vierzehn Monate nach Abschluss des Berichtsjahres publiziert. Wegen des großen Anteils der Zupendler an der Gesamtzahl der in Liechtenstein Erwerbstätigen – Ende 2022 (letztverfügbarer Wert) betrug ihr Anteil 58 % – lassen sich nur bedingt Rückschlüsse vom Bruttoinlandsprodukt auf die Einkommenssituation der liechtensteinischen Bevölkerung ziehen. 

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) konnte 2021 laut Schätzungen des Amtes für Statistik um 9,2 % gegenüber dem Vorjahr gesteigert werden. Im Jahr 2022 trübte sich jedoch die Konjunktur wieder ein, was zu einem geschätzten BIP-Rückgang von -3 % für das Gesamtjahr 2022 führte. Trotz der andauernden Pandemiesituation konnte sich die liechtensteinische Volkswirtschaft nach dem merklichen Einbruch im Jahr 2020 (-5,9 %) zwischenzeitlich 2023 erholen und die Wirtschaftsleistung erreichte wieder den Stand des Vorkrisenniveaus.  

Als andere verfügbare Kennzahl wird oft die liechtensteinische Konjunkturumfrage herangezogen, die vierteljährlich erscheint und deren Grundgesamtheit 70 Prozent der liechtensteinischen Unternehmen repräsentiert. Den Ergebnissen des 2. Quartals 2023 zufolge, wird die allgemeine Lage in der Industrie und bei den Dienstleistungsunternehmen mehrheitlich als befriedigend beurteilt. Die Umsätze der 25 umsatzstärksten Unternehmen lagen im 2. Halbjahr 2022 um 13,8 % über dem Vorjahreswert. Allerdings sind große Unterschiede nach Wirtschaftszweig zu erkennen; insbesondere bei den Finanzdienstleistungsunternehmen konnte ein starker Umsatzanstieg von 44,5 % im Vergleich zur gleichen Periode im Vorjahr (2. Halbjahr 2021) verzeichnet werden. Mit einer Umsatzsteigerung von 7,7 % liegen die Unternehmen der Industrie und des warenproduzierenden Gewerbes stabil, jedoch nur um 1 % über dem Vorjahreswert. 

Die Warenexporte waren im Jahr 2022 rückläufig und nahmen im Vergleich zum Vorjahr um 7,3 % ab.  Es wurden Waren (ohne Handel mit der Schweiz) im Wert von CHF 3,258 Mrd. aus Liechtenstein exportiert. Die Importe erhöhten sich 2022 um 2,9 % und lagen bei CHF 1,912 Mrd. Die Exportabnahme 2022 gegenüber dem Vorjahr betrifft den Großteil der exportstärksten Warengruppen. Der Export von Nahrungs- und Futtermitteln nahm um 18,6 % ab, von chemischen Erzeugnissen um 16,0 % und der Export der Warengruppe „Glas- und Glaswaren, Keramik, verarbeitete Steine und Erden“ gar um 42,8 %. Die exportstärkste Warengruppe ist, wie bereits in den Vorjahren, die der Metallerzeugnisse. Mit einem Volumen von CHF 722 Mio. stellt diese Warengruppe 22,2 % des gesamten Exportvolumens, gefolgt von Maschinen mit 12,3 %.

Im Jahr 2022 betrug die Inflation einen durchschnittlichen Jahreswert von +2,8 %. Dieser Anstieg ist insbesondere auf höhere Preise für Erdölprodukte, Gas, Automobile und steigende Mietkosten zurückzuführen. Im September 2023 belief sich die Inflation auf +1,7 %. 

Liechtensteiner verfügen im europäischen Vergleich über die höchste Kaufkraft. Sie liegt 4,6 Mal über dem europäischen Mittel.

Key Facts und aktuelle Entwicklungen auf einen Blick: der AUSSENWIRTSCHAFT Wirtschaftsbericht aus Liechtenstein.


Besondere Entwicklungen

Im Februar 2021 fanden in Liechtenstein Landtagswahlen statt. Die Vaterländische Union (VU) gewann mit einem minimalen Vorsprung vor der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP). Die neu gebildete Regierung für die Legislaturperiode 2021-2025 stellt eine Fortsetzung der Großen Koalition der beiden großen bürgerlichen Parteien dar. Jedoch gibt es nun ein geändertes Mehrheitsverhältnis zu Gunsten der Vaterländischen Union, die den Regierungschef Daniel Risch sowie insgesamt drei Regierungsmitglieder stellt. Die FPB erhält zwei Sitze in der Regierung. Dafür behält die FBP den Vorsitz im Landtag. Die neue Regierung wurde im März 2021 angelobt.

Die internationale Ratingagentur Standard & Poor’s hat das Länderrating für Liechtenstein mit AAA und stabilem Ausblick im Mai 2023 erneut bestätigt. Die Bewertung stützt sich auf die positive Entwicklung in der Landesrechnung sowie die gute Vermögenslage der öffentlichen Haushalte. Die Bewertungsagentur verweist auch auf die starke Wirtschaft Liechtensteins, welche im Vergleich zu anderen Kleinstaaten breit abgestützt ist. Positiv hervorgehoben wird zudem die proaktive Umsetzung von internationalen Regulierungsanforderungen im Bereich des Finanzplatzes. 

Die liechtensteinischen Beherbergungsbetriebe verzeichneten im Jahr 2022
insgesamt 102.513 Gästeankünfte und 198.739 Logiernächte. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einer Steigerung von 39,7 % bei den Gästeankünften und von 22,4 % bei den Logiernächten. Die meisten Gäste kamen 2022 aus der Schweiz; sie machten einen Anteil von 43,1 % an den Logiernächten aus.  Deutschland folgt mit 22,0 % auf Platz zwei. Danach folgen die USA mit einem Anteil von 4,5 %, gefolgt von Österreich mit 3,7 % und den Niederlanden mit 2,3 %. Vor allem bei Touristen aus dem Vereinigten Königreich (+299,10 %) und den USA (+237,2 %) konnten 2022 sehr starke Zuwächse verbucht werden. Ebenfalls starke Zunahmen an Logiernächten wurden für Gäste aus Frankreich und der Tschechischen Republik verzeichnet, mit einem Plus von jeweils über +70 %. Auch für das Jahr 2023 geht man von einer positiven Entwicklung aus.  

Liechtenstein hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2050 die Klimaneutralität zu erreichen. Um dem Nachdruck zu verleihen, beschloss die Regierung weitreichende Maßnahmen bei Gebäuden, deren Energieverbrauch die Hälfte der direkten Treibhausgasemissionen des Landes verursacht. Die Gesetzesvorlage zielt nicht allein auf das Erreichen der Klimaziele ab, sondern will ebenso die Versorgungssicherheit sicherstellen. Alle Gebäude sollen demnach mit Photovoltaikanlagen ausgerüstet werden. Für Neubauten und bei der Ersetzung bestehender Heizanlagen ist ein Verbot für Öl- und Gasheizungen vorgesehen. Das Gesetz soll 2024 in Kraft treten. 

Wirtschaftsbeziehungen mit Österreich

Im Gesamtjahr 2022 exportierte Österreich Waren im Wert von EUR 438,8 Millionen in das Fürstentum Liechtenstein. Im 1. Halbjahr 2023 verzeichneten die Warenexporte aus Österreich in das Fürstentum Liechtenstein einen Anstieg um 10,5 %.
Generell zu den exportstärksten Warengruppen zählen mechanische und optische Maschinen als auch Apparate & Geräte (ohne den Bereich Schmuck und Edelmetalle miteinzuberechnen). 
Vor allem bei der Warenexportgruppe „Elektrische Energie“/Stromexport kam es 2022 zu einer Steigerung von knapp +170 %. Bei Kernreaktoren, Kesseln, Maschinen, Apparaten und mechanischen Geräten konnte ein stabiles Wachstum von +0,5 % erzielt werden.  

Bei den Warenimporten ergab sich für das Gesamtjahr 2022 ein Minus von
-29,72 %. Im Verlauf des ersten Halbjahres 2023 konnte hingegen eine bemerkenswerte Steigerung um 617,9 % verzeichnet werden. Es ist jedoch anzumerken, dass diese beachtliche Zunahme aufgrund von temporären und außergewöhnlichen Importen im Bereich von Antiquitäten erfolgte und daher keinen langfristigen Effekt aufweist. Zu den beliebtesten Importwaren zählten neben Maschinen auch elektrische Handwerkzeuge (Hilti), Heizungskessel (Hoval) und Tierfutter (Ospelt).  

Im 1. Quartal 2023 ergab sich bei Österreichs Dienstleistungsexporten in das Fürstentum Liechtenstein eine Steigerung von +12,4 %. Die Dienstleistungsimporte verzeichneten im Vergleich zum ersten Quartal des Vorjahres einen Anstieg um 22,9 %.


Statistik: Länderprofil 

Einen kurzen Überblick über die wichtigsten statistischen Daten zu Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bietet das Länderprofil Liechtenstein der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA und der Stabsabteilung Statistik. 

Wichtige Wirtschafts- und Basisdaten und Informationen für eine Vielzahl weiterer Länder finden Sie auf den jeweiligen Länderseiten sowie in der Übersicht Länderprofile weltweit.

Ausführliche Informationen 

Allgemeines zu Wirtschaft, Land und Leute sowie persönliche Tipps finden Sie in unserem Länderreport Liechtenstein.

Darüber hinaus steht Ihnen das AußenwirtschaftsCenter Bern für Auskünfte und eine persönliche Beratung zur Verfügung: Schicken Sie einfach ein E-Mail oder rufen Sie uns an.

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