Neu gebautes Mehrfamilienhaus
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Immobilien- und Vermögenstreuhänder, Fachgruppe

WEG-Novelle 2024: Installation von "Balkonkraftwerken" durch Wohnungseigentümer:innen

Rechtliche Grundlagen zur Anbringung von PV-Anlagen bei Wohnungseigentum

Lesedauer: 3 Minuten

Mit der Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002*) wird die Installierung sogenannter "Balkonkraftwerke" erleichtert. Das Anbringen von Photovoltaikanlagen durch einzelne Wohnungseigentümer:innen an deren Balkon/Terrasse, bei dem in der Regel auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden, wird durch die Aufnahme in § 16 Abs. 2 Z. 2 WEG zur privilegierten Änderung, für die nach § 16 Abs. 5 WEG künftig auch eine gesetzliche Zustimmungsfiktion angenommen wird.

Davon umfasst sind Kleinsterzeugungsanlagen mit einer Leistung von weniger als 0,8 kW, die an eine bereits vorhandene Steckdose an Balkon oder der Terrasse angesteckt werden können und lediglich der Versorgung des eigenen Wohnungseigentumsobjekts mit Energie dienen sollen. Die Änderung tritt mit 1. September 2024 in Kraft.

Da für die Montage eines "Balkonkraftwerks" auch allgemeine Teile der Liegenschaft beansprucht werden, kann keine "bagatellhafte Änderung" angenommen werden (siehe RIS Justiz RS0109247). Die Schwelle der "Genehmigungsbedürftigkeit" wird überschritten und die Zustimmung aller anderen Wohnungseigentümer:innen ist daher erforderlich.

Solche Verfügungshandlungen einzelner Miteigentümer:innen, die in die Substanz der Anteilsrechte eingreifen, müssen zunächst den Kriterien gem. § 16 Abs. 2 Z. 1 WEG genügen, sodass mit der Änderung:

  • keine Schädigung des Hauses,
  • keine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der anderen Wohnungseigentümer,
  • keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses und
  • keine Gefahr für die Sicherheit von Personen, des Hauses oder anderer Sachen

einhergehen darf.

Werden bei solch einer geplanten Maßnahme des Einzelnen auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen, kommen weitere Voraussetzungen hinzu. Die geplante Maßnahme muss nach § 16 Abs. 2 Z. 2 erster Satz WEG überdies (zusätzlich zu den Voraussetzungen nach Abs. 2 Z. 1)

  • entweder der Verkehrsüblichkeit entsprechen oder
    • ob eine Änderung in ihrer geplanten Ausgestaltung unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Hauses, des Umfeld, des Ausmaßes des Eingriffs in die Bausubstanz, sowie des Ausmaßes der Inanspruchnahme oder Umgestaltung allgemeiner Teile, der Übung des Verkehrs entspricht (siehe RIS Justiz RS0110976).
  • einem wichtigen Interesse des änderungswilligen Wohnungseigentümer dienen.
    • dieses hat die Jud in letzter Zeit vermehrt unter dem Aspekt beurteilt, ob die Änderung dazu dient, dem Wohnungseigentümer die dem heute üblichen Standard entsprechende Nutzung seines Objekts überhaupt erst zu ermöglichen (siehe RIS Justiz RS0083341; RS0083345).

Dies bedeutet, dass der änderungswillige Wohnungseigentümer vor Vornahme einer solchen "privilegierten Änderung" zwar die Zustimmung der übrigen Wohnungseigentümer:innen einholen, allerdings weder die Verkehrsüblichkeit noch sein wichtiges Interesse nachweisen muss.
Eine nicht erteilte Zustimmung kann durch Beschluss des Außerstreitrichters im Verfahren nach § 52 Abs. 1 Z.2 WEG ersetzt werden. Die übrigen Wohnungseigentümer:innen können im Verfahren auf Ersatz-Zustimmung lediglich jene Gründe einwenden, die sich aus § 16 Abs. 2 Z. 1 WEG ergeben, wodurch die Umsetzung der Maßnahme für den einzelnen Wohnungseigentümer unter leichteren Bedingungen möglich ist.

Das Vorliegen dieser zusätzlichen Voraussetzungen nach § 16 Abs. 2 Z. 2 erster Satz WEG wird ab 1.9.2024 nun auch für "Balkonkraftwerke" ex lege unwiderleglich vermutet und kommt mit steckerfertigen Kleinsterzeugungsanlagen somit eine weitere privilegierte Änderung zum bestehenden taxativen Katalog nach § 16 Abs. 2 Z. 2 zweiter Satz WEG hinzu!

Doch damit nicht genug: durch die zusätzliche Aufnahme der Wortfolge "der Anbringung einer steckerfertigen Photovoltaik-Kleinsterzeugungsanlage am Balkon oder an der Terrasse," in § 16 Abs. 5 WEG, wird für Balkonkraftwerke weiters eine Zustimmungsfiktion normiert.
Diese sind künftig insoweit doppelt privilegiert, als der Änderungswillige bei Einhaltung der form- und inhaltsgebundenen gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr die aktive Zustimmung aller übrigen Miteigentümer:innen benötigt, sondern nach deren Verständigung, lediglich den Ablauf der Widerspruchsfrist abzuwarten hat. Schweigen ist somit ausnahmsweise – entgegen des § 863 Abs. 1 ABGB – als Zustimmung zu werten, womit auch das Erfordernis der Ersatz-Zustimmung im Außerstreitverfahren entfällt!

Damit ein fehlender Widerspruch die Zustimmungsfiktion nach § 16 Abs. 5 WEG bei Installation einer steckerfertigen Photovoltaik-Kleinsterzeugungsanlagen auf dem Balkon oder der Terrasse auslöst, müssen folgende Voraussetzungen vorliegen, eher mit der Änderungsarbeit begonnen werden darf:

  • die Verständigung der übrigen Miteigentümer:innen über die geplante Maßnahme muss auf die in § 24 Abs. 5 WEG bestimmte Weise, d.h. in Papierform an die inländische Zustelladresse oder auf Verlangen auf elektronischem Weg per E-Mail, erfolgen
  • die geplante Änderung muss darin klar und verständlich beschrieben werden
  • es muss sich bei der Änderungsmaßnahme um die Montage einer steckerfertigen PV-Kleinsterzeugungsanlage an eine bereits bestehende Steckdose an Balkon oder der Terrasse handeln, wobei pro Wohnungseigentumsobjekt (!) der Maximalwert nach ElWOG von 0,8 kW nicht überschritten werden darf
  • es müssen die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs in der Verständigung genannt werden, sodass darauf hingewiesen werden muss, dass die Zustimmung als erteilt gilt, wenn nicht binnen zweier Monate ein schriftlicher oder in dauerhaft speicherbarer elektronischer Form Widerspruch erfolgt
  • die Widerspruchsfrist von zwei Monaten ist abzuwarten eher mit der Änderungsmaßnahme begonnen werden darf

Wenn ein Wohnungseigentümer der geplanten Änderung rechtzeitig widerspricht, bleibt kein Raum für die Zustimmungsfiktion. In solchen Fällen muss der Änderungswillige die gerichtliche Ersatz-Zustimmung in Außerstreitverfahren nach § 52 Abs.1 Z.2 WEG beantragen, wobei die fehlende aktive Zustimmung durch den richterlichen Beschluss ersetzt wird.

Trotz Unterbleiben eines Widerspruchs ist darauf hinzuweisen, dass Wohnungseigentümer:innen keine wesentlichen Beeinträchtigungen ihres eigenen Wohnungseigentumsobjekts – mögen diese vom "Balkonkraftwerk" eines Miteigentümers ausgehen - dauerhaft dulden müssen und Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche als Ausfluss des Eigentumsrechts ungeschmälert bestehen bleiben und gegen eine bereits erfolgte Änderungsmaßnahme mit der Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB vorgegangen werden kann.

*) Siehe Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes 2002, BGBl. Nr.I 92/2024.

Stand: 14.08.2024