Pensions- und Vorsorgekassen, Fachverband

Betriebliche Vorsorgekassen: 1,4 Prozent Plus trotz Weltwirtschaftskrise

Jahresrückblick 2020: Das System der Betrieblichen Vorsorge ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Über 22.000 Unternehmen nützten die Möglichkeit, die Abfertigungsansprüche ihrer Mitarbeiter in eine Vorsorgekasse zu übertragen. 

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13.03.2023

Betriebliche Vorsorgekassen in Österreich

Aktuell sind acht Betriebliche Vorsorgekassen (BVK) am Markt tätig. Sie verwalten nicht nur die Gelder der Unternehmer und ihrer Arbeitnehmer, sondern auch Freiberufler und Landwirte nützen gerne die Möglichkeit, auf diesem Wege vorzusorgen. Somit sind jetzt schon nahezu alle erwerbstätigen Österreicherinnen und Österreicher vom System der Betrieblichen Vorsorge umfasst. Die Vorsorgekassen sind das einzige flächendeckende System kapitalgedeckter Vorsorge und bilden somit einen wichtigen Eckpfeiler als Ergänzung zur staatlichen Pension.

Die Beiträge des Arbeitgebers, die er für seine Arbeitnehmer an die BVK leistet, sind im Ausmaß von 1,53 Prozent des monatlichen Bruttoentgelts lohnsteuerfrei. Die Betrieblichen Vorsorgekassen gehören zu den Vorzeigemodellen in Europa, da die erworbenen Ansprüche mitgenommen werden können und somit jeder Arbeitnehmer eine Abfertigung erhält und auch Selbständige können sich in diesem System auf eine soziale Absicherung verlassen.

Bilanz des Jahres 2020

Das System der Betrieblichen Vorsorge ist in den letzten Jahren kontinuierlich gewachsen. Über 22.000 Unternehmen nützten die Möglichkeit, die Abfertigungsansprüche ihrer Mitarbeiter in eine Vorsorgekasse zu übertragen. Somit kamen zusätzlich zum gesetzlichen Obligatorium bereits über 710 Mio. Euro ins System und viele Arbeitnehmer profitieren heute von einer betrieblichen Vorsorge, obwohl ihr Dienstverhältnis bereits vor 2003 begann.

Primär sind es aber die neu begonnenen Dienstverhältnisse, welche die Zahl der Anwartschaftsberechtigten kontinuierlich steigen lassen. Mittlerweile verwalten die Vorsorgekassen Guthaben von etwa 3,6 Mio. Berechtigten. 

Nach 18 Jahren am Markt konnten die Vorsorgekassen das veranlagte Vermögen im Jahr 2020 nochmals um beinahe 1,2 Milliarden steigern und verwalten nun bereits 14,5 Mrd. Euro.

Es erscheint beachtlich, dass der Vermögensbestand immer noch beständig wächst, obwohl im Jahr 2020 bereits nahezu 720 Mio. Euro an Leistungen ausbezahlt wurden – das ist ein Viertel mehr als im Vorjahr.

Dieser Betrag setzt sich aus den Abfertigungszahlungen, die an etwa 566.800 Personen geleistet wurden, zusammen. Die Flexibilität der Betrieblichen Vorsorge ist auf die Bedürfnisse der verschiedenen Lebenslagen ausgerichtet: Bei einem Verfügungsanspruch kann der Berechtigte selbst entscheiden, ob er das Geld sofort benötigt oder ob er es steueroptimal für seine persönliche Altersvorsorge verwenden möchte. Viele Österreicherinnen und Österreicher entscheiden sich aber auch bewusst dafür, ihr Kapital in der Vorsorgekasse zu belassen. Dies ist eine – unter anderem steuerlich – attraktive Möglichkeit, für die Pension vorzusorgen.

Ein weiterer Vorteil der Betrieblichen Vorsorge liegt darin, dass die Kunden der Vorsorgekassen auch vom Veranlagungserfolg profitieren: Im langjährigen Durchschnitt erzielten die Vorsorgekassen eine Performance von 2,5 Prozent. Im Jahr 2020 verzeichneten die Kassen ein respektables Ergebnis von 1,37 Prozent. Die Veranlagung auf den Kapitalmärkten bringt Vorteile für die Anwartschaftsberechtigten, denn die Kunden profitieren laufend von einer Wertsteigerung der Anwartschaft.

Für die Rendite einer Vorsorgekasse gibt es im Wesentlichen zwei bestimmende Faktoren: Einerseits ist das aktuelle Zinsniveau auf den Kapitalmärkten relevant, anderseits trägt auch die Risikogewichtung der Veranlagungsstrategie wesentlich zum Ergebnis bei. Der zweite Faktor wird von der Vorsorgekasse auf Grund des Veranlagungshorizonts, also unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Liegedauer bestimmt.

Da das System der Betrieblichen Vorsorge eine Vielzahl an Entnahmemöglichkeiten vorsieht, muss die Vorsorgekassen jederzeit von einem Kapitalabfluss ausgehen und kann somit nur sehr konservativ veranlagen. Die Veranlagungsbestimmungen der Vorsorgekassen zielen auf eine ausgewogene Mischung der Veranlagungstitel und Streuung innerhalb des Portfolios unter Rücksichtnahme auf Sicherheit und Rentabilität ab. Es sind umfangreiche quantitative und qualitative Einschränkungen zu beachten. Das enge gesetzliche Korsett macht es den Veranlagern der Vorsorgekassen jedoch nicht immer leicht, das Ertragspotential für die Berechtigten voll ausschöpfen zu können. Deshalb erschiene eine Modernisierung der Veranlagungsbestimmungen der Vorsorgekassen wohl angemessen.

Die Veranlagung in der Betrieblichen Vorsorgekasse bringt für die Berechtigten den Vorteil, dass Sie vom Gewinnpotenzial des Kapitalmarkts profitieren und sich gleichzeitig aber auf die Sicherheit der Bruttokapitalgarantie verlassen können. Das bedeutet, dass jeder Cent, den die Vorsorgekasse zur Veranlagung erhalten hat, auch wieder an den Berechtigten zurückgeht – selbst wenn es wieder schlechte Zeiten an den Börsen gäbe greift diese Garantie in vollem Umfang.

Weiterentwicklung der Betrieblichen Vorsorge

Durch den hohen Durchdringungsgrad (nahezu jeder Erwerbstätige hat bereits ein Konto bei einer Vorsorgekasse) und das effiziente System bringen die Betrieblichen Vorsorgekassen ideale Voraussetzungen zur Stärkung der Pensionsvorsorge für alle Österreicherinnen und Österreicher mit.

Das bestehende System könnte die optimale Basis zur Ergänzung der staatlichen Pension und Entlastung des Staatshaushaltes sein, es muss nur entsprechend ausgebaut werden.

Zur Erreichung dieses Ziels sollten jedoch einige Parameter angepasst werden:

  • Verlängerung der gesetzlichen Mindestliegedauer bis zum Pensionsantritt
  • Entfall der Bruttokapitalgarantie
  • Digitalisierung der Kontoinformation

Der aktuelle gesetzliche Rahmen für Betriebliche Vorsorgekassen sieht eine Vielzahl an Entnahmemöglichkeiten vor: Selbst die Voraussetzung von 36 Beitragsmonaten für die Auszahlung bedeutet nicht, dass das Kapital drei Jahre bei einer Vorsorgekasse liegen muss. Für die einzelne Vorsorgekasse kann dies zur Folge haben, dass sie das Kapital bereits nach einem Monat an den Berechtigten auszahlen muss. Das bedeutet, dass auch die Kapitalgarantie schon nach einem Monat greift. Der Veranlagungshorizont entspricht somit nicht einem langfristigen Produkt.

Dieser Aspekt stellt – in Verbindung mit der Bruttokapitalgarantie - die wesentliche Herausforderung für die Vorsorgekassen dar. Kein anderes Produkt muss ohne einen konstanten, langfristigen Veranlagungszeitraum eine Garantie leisten. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass Garantien auf Grund des seit Jahren anhaltenden historisch tiefen Zinsniveaus nicht mehr zeitgemäß sind und hohe Kosten verursachen. Deshalb verabschieden sich immer mehr Anbieter von Vorsorgemodellen von Garantien.

Für eine adäquate Verzinsung der Beitragsgelder brauchen die Assetmanager einen angemessenen Spielraum. Eine Ausdehnung der gesetzlichen Mindestliegedauer würde höhere Volatilität erlauben und einen adäquaten Veranlagungsspielraum schaffen. Eine längere Liegedauer bzw. ein Entfall der Bruttokapitalgarantie würde das Veranlagungsspektrum der Vorsorgekassen maßgeblich erweitern. Dies würde in Verbindung mit einer Modernisierung der Veranlagungsbestimmungen die Möglichkeit bieten, in Produkte mit höherem Ertragspotenzial zu investieren, da Schwankungen über den Veranlagungszeitraum ausgeglichen werden können.

Darüber hinaus sollte die Kontoinformation gemäß § 25 (2) BMSVG der Kontomitteilung der Pensionsversicherungsanstalt (§ 13 APG) und der Leistungsinformation der Krankenversicherungsträger (§ 81 ASVG) gleichgestellt werden. Die BV-Kassen sollten jedem Anwartschaftsberechtigten die Möglichkeit bieten, elektronisch auf seine Daten zuzugreifen und auf Verlangen eine schriftliche Information zur Verfügung stellen. Dies würde dem aktuellen Zeitgeist entsprechen und zeigen, dass die Digitalisierung auch von den Vorsorgekassen vorangetrieben wird.

Durch die Realisierung dieser Punkte würde das System der Betrieblichen Vorsorge zur optimalen Ergänzung des staatlichen Pensionssystems werden.