Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker, Bundesinnung

Merkblatt zur Prüf- und Warnpflicht des Elektrotechnikers

Haftung: Schritte, um der Haftungsfalle zu entgehen

Lesedauer: 2 Minuten

21.09.2023

Oft gehen die Ausführungswünsche des Auftraggebers mit den gesetzlichen Vorschriften, die der Handwerker einzuhalten hat, schwer zusammen. Es kann auch vorkommen, dass die vom Auftraggeber übergebenen Unterlagen oder die Vorarbeiten durch einen anderen Handwerker die eigene Auftragsausführung erschweren.

In solchen Fällen trifft den davon betroffenen Handwerker von Gesetzes wegen und insbesondere im eigenen Interesse im Hinblick auf die Haftungsübernahme verschiedene Pflichten.  

Rechtliche Lage

§ 1168a Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
Geht das Werk vor seiner Übernahme durch einen bloßen Zufall zugrunde, so kann der Unternehmer kein Entgelt verlangen. Der Verlust des Stoffes trifft denjenigen Teil, der ihn beigestellt hat. Misslingt aber das Werk infolge offenbarer Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffes oder offenbar unrichtiger Anweisungen des Bestellers, so ist der Unternehmer für den Schaden verantwortlich, wenn er den Besteller nicht gewarnt hat.


Hinweis:
Diese Bestimmung hat den Zweck, das Risiko des "Misslingens" oder "Zugrundegehens" eines Werks – aber auch einer Unbrauchbarkeit oder minderen Brauchbarkeit im Hinblick auf die vertraglich angestrebte Funktion – nach als sachlich gerechtfertigt angesehenen Kriterien auf die Parteien des Werkvertrags zu verteilen. 
Führt eine Untauglichkeit des vom Besteller gegebenen Stoffs oder dessen unrichtige Anweisung zum Misslingen, hat grundsätzlich er selbst die damit verbundenen Nachteile zu tragen und den Werklohn zu zahlen. Anderes gilt (nur) dann, wenn die Untauglichkeit des Stoffs oder die unrichtige Anweisung für den Unternehmer "offenbar" ist und der Unternehmer trotzdem vor diesem Risiko nicht gewarnt und die Arbeit in Angriff genommen hat; dann ist er für den aus dieser Unterlassung resultierenden Schaden verantwortlich.

ÖNORM B 2110 – Allgemeine Vertragsbestimmungen für Bauleistungen (Werkvertragsnorm)

Die ÖNORM muss ausdrücklich zum Vertragsinhalt erhoben werden, eine stillschweigende Vereinbarung scheidet aus bzw. ist problematisch. 

Der Auftragnehmer hat u.a. die Pflicht, 

  • … die ihm vom Auftraggeber zur Verfügung gestellten Ausführungsunterlagen, erteilten Anweisungen, beigestellten Materialien und beigestellten Vorleistungen sobald wie möglich zu prüfen, 
  • … die aufgrund der ihm zumutbaren Fachkenntnis bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt erkennbaren Mängel und die begründeten Bedenken gegen die vorgesehene Art der Ausführung dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich mitzuteilen, 
  • … dem Auftraggeber innerhalb einer zumutbaren Frist im Rahmen seiner fachlichen Möglichkeiten Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten

Die Warnung des Auftragnehmers muss

  • … klar formuliert sein,
  • … die Bedenken konkret darlegen,
  • … die Folgen der Missachtung dem Auftraggeber deutlich vor Augen führen,
  • … Verbesserungsvorschläge enthalten usw.

Zu beachten gilt insbesondere, 

  • … Mängeln, zu deren Feststellung umfangreiche, technisch schwierige oder kostenintensivere Untersuchungen oder die Beiziehung von Sonderfachleuten erforderlich sind, nicht als erkennbar gelten,
  • … Gegenstände der Prüf- und Warnpflicht sind Ausführungsunterlagen (Pläne, Konstruktionspläne, Maßangaben, Muster, Statik, Gutachten, Leistungsverzeichnisse, Baubeschreibung), Anweisungen des Auftraggebers oder dessen Vertreters, beigestellte Materialien, beigestellte Vorleistungen anderer Auftragnehmer des Auftraggebers, auf die der Auftraggeber aufzubauen hat),
  • … Verbesserungsvorschlag muss die technische Alternative lediglich in groben Zügen darstellen (ohne konkrete Planung) und ohne großen Aufwand möglich sein,
  • … Rechtsfolgen bei Erfüllung der Prüf- und Warnpflicht (Auftraggeber kann das Werk abbestellen bzw. vom Vertrag abgehen und Auftragnehmer behält Entgeltsanspruch; Gefahrenübergang auf den Auftraggeber bei Beharren auf umgeänderter Herstellung des Werkes)
  • … Rechtsfolgen bei Verletzung der Prüf- und Warnpflicht (Schadenersatzpflicht des Auftragnehmers; zu ersetzender Schaden besteht in der Regel in den Kosten der Entfernung des fehlerhaften Werkes sowie dessen Neuherstellung und Kosten der Suche nach der Schadensursache und deren Behebung; unter Umständen verliert der Auftragnehmer auch den Werklohnanspruch usw.)

Falls Auftraggeber und Auftragnehmer die ÖNORM B 2110 zum Vertragsbestandteil erklären, empfiehlt es sich für den Auftragnehmer im konkreten Fall der Prüf- und Warnpflicht in Form eines eigenen Schreibens an den Auftraggebers nachzukommen. Dazu finden Sie hier einen Musterbrief für Mitgliedsbetriebe.

Nähere Angaben zur Prüf- und Warnpflicht sind in der ÖNORM B 2110 nachzulesen.

Stand: Februar 2020