Handelsagenten, Landesgremium

Gerichtsstandsvereinbarungen im Vertretungsvertrag

Dr. Gustav Breiter  (29.11.2013)

Lesedauer: 1 Minute

15.11.2023

Die europäischen Schutzstandards für Handelsagenten werden von den Gerichten immer mehr ausgebaut. Nach neuesten Entscheidungen sind davon auch Klauseln betroffen, die einen Gerichtsstand außerhalb der EU vorsehen. Die Rechtsdurchsetzung für EU-Handelsagenten soll dadurch erleichtert werden.

Wird im Agenturvertrag der Gerichtsstand innerhalb der EU festgelegt und das Recht eines EU-Landes als anzuwendend fixiert, dann gilt das und daran kann der Handelsagent auch nicht rütteln. Der Gerichtsstand auch im EU-Ausland bedeutet meist lange Verfahrensdauer, oftmals Kultur- und Sprachbarrieren und nicht zuletzt erheblich höhere Kosten. Ohne derartige Festlegungen kann die Klage in Österreich, nach österr. Recht eingebracht werden.

Falls der Handelsagent für einen Nicht-EU-Geschäftsherrn tätig ist und er auswärtiges Recht bzw. einen auswärtigen Gerichtsstand vereinbart hat, ist dennoch nicht alles verloren. Denn nach der deutschen Rechtsprechung sind solche Klauseln unter Umständen unwirksam.

Muss ein Handelsagent z.B. einen Prinzipal außerhalb der EU auf Zahlung des Ausgleichs klagen und das dort gültige Recht sieht keinen oder einen geringeren Ausgleichsanspruch vor als in Österreich, dann wird dies als Umgehung des zwingenden Ausgleichsanspruchs angesehen. Das erklärt sich daraus, dass der Europäische Gerichtshof den Regelungen der EU-Richtlinie in der berühmten Ingmar-Entscheidung quasi international-zwingenden Charakter zugemessen hat – was sich in der Weiterentwicklung durch die deutschen Gerichte auch auf Gerichtsstandsklauseln auswirkt.

Mit anderen Worten: der Handelsagent, der in Österreich (oder von Österreich aus innerhalb der EU) für einen Nicht-EU-Prinzipal tätig ist, kann in Österreich nach österreichischem Recht klagen, falls das (an sich vereinbarte) auswärtige Recht keinen oder nur einen geringeren Ausgleichsanspruch vorsieht. Das gilt aber nur, wenn eine gesonderte Grundlage besteht, wie für die Schweiz, Norwegen und demnächst Island. Andere Länder betreffend (z.B. USA, Brasilien, China etc.) ist die Klagsmöglichkeit in Österreich auch noch daran gebunden (und sinnvoll), dass der Geschäftsherr Vermögen in Österreich hat, z.B. in Form von Patenten oder sonstigen Schutzrechten, Anteilen an inländischen Gesellschaften und vor allem auch in Form von Kundenforderungen.

All dies gilt für den österreichischen Rechtsbereich aber nur, falls österreichische Gerichte der genannten Linie der deutschen Judikatur folgen. Allerdings spricht einiges dafür, dass sie dies tun werden. Dessen ungeachtet erscheint es angeraten auch aus diesem Grund eine Vorsorge durch Abschluss einer Rechtsschutzversicherung, die sich auf ganz Europa (im geografischen Sinn) erstreckt, wie das bei der Spezialrechtsschutzversicherung des Gremiums der Handelsagenten der Fall ist. Für Mitglieder des Wiener Gremiums gibt es dafür bekanntlich eine großzügige Förderung. Die Zuziehung eines spezialisierten fachkundigen Rechtsbeistandes ist auf jeden Fall dringend zu empfehlen.