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Das Rennen um Rechenleistung

Die Treiber für die gegenwärtige und künftige Entwicklung von KI sind vor allem die rapide steigende Rechenleistung, die Echtzeitverfügbarkeit immenser Datenmengen sowie verbesserte Algorithmen.

Lesedauer: 4 Minuten

27.10.2023

Schon ein Blick auf die Entwicklung der Leistungsfähigkeit der weltweit 500 leistungsstärksten Rechner macht deutlich, wie stark die Rechenleistung in den vergangenen zehn Jahren angestiegen ist. Der aktuell leistungsstärkste Rechner heißt „Frontier“ und steht im Oak Ridge National Laboratory im amerikanischen Tennessee. Mit 1,1 ExaFLOPS (1.102.000 TeraFLOP pro Sekunde) öffnet er den Übergang in eine neue Größenordnung der Rechenleistung – und übertrumpft dabei die gesamte gemeinsame Rechenleistung der 500 schnellsten Rechner des Jahres 2017. Das Akronym FLOPS steht für Floating Point Operations Per Second („Gleitkommazahl-Operationen pro Sekunde“) – mathematische Operationen wie das Addieren und Multiplizieren von Zahlen. Wie sich diese Leistungsexplosion bis in den Konsumentenmarkt durchschlägt, zeigt zum Beispiel die neueste Spielkonsole von Microsoft, die Xbox Series X: Mit ihrer Rechenleistung von 12 TeraFLOPS hätte sie 2008 noch einen Platz unter den Top-500-Rechnern belegt. Vor 25 Jahren hätte man für diese Rechenleistung rund 360 Millionen Dollar bezahlen müssen – heute reichen 360 Dollar. 

Die örtliche Verteilung der Rechenleistung der Top-500-Rechner hat sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Nachdem China eine rasante Aufholjagd gestartet hatte und seinen Anteil an der weltweiten Rechenleistung innerhalb von zehn Jahren von knapp einem Prozent auf 30 Prozent im Jahr 2018 steigern konnte, kehrte sich dieser Trend 2019 wieder um. Heute stammt nur noch 12 Prozent der globalen Rechenleistung aus China, der Westen scheint sich währenddessen von seiner stetig sinkenden Dominanz erholt zu haben und stellt aktuell zwei Drittel der weltweiten Rechenleistung (USA 47 Prozent, Europa 20 Prozent). So stehen heute drei der leistungsfähigsten Rechner in den USA – auf Platz 1, 4 und 5. Platz zwei und drei belegen Japan und Finnland, erst auf Platz sechs kommt der erste chinesische Rechner. 

Explosion der Rechenleistung

Gesamtrechenleistung aller Top-500-Rechner und des leistungsstärksten Rechners, in TeraFLOPS 

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© WKO, Quelle: Top 500, 2022

Dominanz der USA wieder stärker

Rechenleistung der Top-500-Rechner nach Weltregionen, in Prozent 

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© WKO, Quelle: Top 500, 2022

Die Intelligenz des Alltagsmanagements

Gewünschte Anwendungen digitaler Sprachassistenten, in Prozent

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© WKO, Quelle: Bikom 2021b

Datenflut in Echtzeit

Schon lange vor dem Hype um Künstliche Intelligenz waren die Schlagworte „Open Data“ und „Big Data“ im gesellschaftlichen Diskurs verbreitet. Sie beschreiben die Tatsache, dass immer mehr Daten in digitaler Form vorliegen und öffentliche Daten zu einem guten Teil auch offen zugänglich sind. So werden bei jedem Foto, das mit einem Smartphone geschossen wird, neben den eigentlichen Bilddaten auch die sogenannten EXIF-Daten mit aufgezeichnet: Sie enthalten neben der Uhrzeit und dem Datum der Aufnahme auch den Standort zum Zeitpunkt der Aufnahme. Gleichzeitig erzeugen Smartphone-Sensoren laufend Daten, mit denen sie das Verhalten der NutzerInnen besser verstehen lernen. Auch das trägt dazu bei, dass sich die Menge der globalen Daten in den nächsten drei Jahren fast verdoppeln wird, auf 181 Zettabyte im Jahr 2025 (vgl. IDC 2021).  

Künftig werden diese Daten immer mehr in Echtzeit ausgelesen und verarbeitet werden – und sie werden zunehmend aus dem Internet of Things (IoT) stammen: aus vernetzten Geräten, die bisher nicht mit dem Internet verbunden waren, nun aber immer öfter Daten untereinander austauschen, um den Nutzen für AnwenderInnen zu steigern. 2021 waren weltweit bereits 12,2 Milliarden Geräte über aktive IoT-Verbindungen miteinander vernetzt – 2025 sollen es sogar 27 Milliarden sein (vgl. IoT Analytics 2022). Konkret können das zum Beispiel smarte Produktionsanlagen sein oder die vernetzten Haushaltsgeräte eines Smart Home.  

Daten liefern den Treibstoff für KI: Lernfähige Algorithmen suchen in Daten nach Mustern, um daraus Gesetzmäßigkeiten für die Analyse weiterer unbekannter Daten-Inputs zu entwickeln. Das Gelernte wird an neuen Daten angewandt, die dabei errechnete Prognose mit dem realen Ergebnis verglichen und bei Abweichungen erneut daraus gelernt. Je mehr Daten zur Verfügung stehen, desto treffsicherer und schneller können die Algorithmen lernen. 

Weltweite Datensphäre

Globale Datenerzeugung und -replikation pro Jahr, in Zettabyte

KI_Globale_Datenerzeugung
© WKO, Quellen: IDC, 2021; IoT Analytics, 2020

 Weltweite Gesamtzahl der vernetzten Geräte, in Milliarden

KI_Vernetzte_Geräte
© WKO, Quellen: IDC, 2021; IoT Analytics, 2020

KI als Treiber der Wirtschaft 

Dank zunehmender gesellschaftlicher Relevanz der Digitalisierung und stetig steigender Rechnerleistungen entwickelt sich KI zu einem zentralen Treiber der globalen Wirtschaft – mit starkem Trend nach oben: Das Volumen des KI-Marktes soll sich bis 2028 mehr als verzehnfachen – auf 641,3 Milliarden Dollar. 2020 waren es noch 51 Milliarden Dollar, das bedeutet eine jährliche Wachstumsrate von mehr als 36 Prozent.  

Ein Grund für diese enorme Wertsteigerung ist das zunehmende Interesse an KI-Innovationen in Wirtschaft, Unternehmen und Gesellschaft. Dies zeigt sich auch an den Patentanmeldungen für KI-Technologien: 2021 wurden rund 30-mal so viele Patentanträge gestellt wie noch 2015 – insgesamt 141.241 (2011 waren es gerade einmal 2.577). Führend sind dabei Länder aus der Region Ostasien und Pazifik, die rund zwei Drittel der Anträge stellen. Deutlich weniger Patentanträge kommen aus den USA (17 Prozent) sowie aus Europa und Zentralasien (4,16 Prozent).

Die aktuelle und prognostizierte Wertsteigerung der KI auf dem globalen Markt hängt auch damit zusammen, dass sich die Technologie zunehmend im Unternehmensalltag etabliert. Dabei eignet sich der Einsatz von KI-Technologien vor allem im Kundenkontakt: Die meisten Unternehmen, die bereits KI nutzen, verwenden diese Technologien für personalisierte Werbung (71 Prozent) und im Kundendienst (63 Prozent), zum Beispiel für die automatisierte Beantwortung von Kundenanfragen. Rund die Hälfte der Unternehmen lässt schon Texte für Berichte oder Übersetzungen von KI-Systemen schreiben oder sich von ihr unterstützen. Und jedes fünfte Unternehmen (21 Prozent) setzt KI in der Personalabteilung ein, etwa um eine Vorauswahl bei Bewerbungen zu treffen. 

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