Person mit Schutzhelm und roter Warnweste installiert eine PV-Anlage
© dusanpetkovic1 | stock.adobe.com
Elektro-, Gebäude-, Alarm- und Kommunikationstechniker, Landesinnung

PV-Anlagen: Detailinformation zu Verträgen, Haftung, Warnpflicht und Gewerberecht

Lesedauer: 4 Minuten

Für die Ausführung von Arbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung einer PV-Anlage sind unterschiedliche Gewerbeberechtigungen erforderlich, wie zum Beispiel Gewerbeberechtigung für Elektrotechnik, Mechatronik, Metalltechnik, Dachdecker, Spengler u.a.  Das Zusammenspiel verschiedener Gewerbe bei der PV-Errichtung zieht verschiedene rechtliche Folgen nach sich.
Im Folgenden werden zum besseren Verständnis Musterabläufe aus der Praxis beschrieben und die sich daraus ergebenden grundsätzlichen rechtlichen Folgen dargestellt.

Ausgangsfall

Ausgangsfall: Elektrotechniker als Generalunternehmer

Ein Elektrotechniker schließt mit einem Kunden (Endverbraucher) einen Generalunternehmervertrag (GU) über die Errichtung einer PV-Anlage ab und beauftragt einen Dachdecker als Subunternehmer. 

Aus dieser Konstellation ergeben sich nachstehende Schlussfolgerungen.

Erfüllungsgehilfe - Warnpflicht

  1. Der selbstständige Dachdecker ist Erfüllungsgehilfe (z.B. Montage der PV-Halterung).
  2. Für eine allenfalls mangelhafte Montage der PV–Halterungen durch den Dachdecker haftet der Elektrotechniker nach § 1313a ABGB. Den Elektriker trifft die Gewährleistung gegenüber dem Kunden für die vom Dachdecker montierte Unterkonstruktion und Halterung.
  3. Der Dachdecker als Subunternehmer hat im Falle einer unzureichenden Dachkonstruktion, gegenüber dem Kunden zwar keine direkte Warnpflicht (§ 1168a ABGB), sehr wohl aber eine Warnpflicht gegenüber seinem auftraggebenden Elektrotechniker.
  4. Der Elektrotechniker darf davon ausgehen, dass der Dachdecker fachgerecht gearbeitet hat. Der Elektrotechniker muss zwar die montierten PV-Module und die Dachkonstruktion auf Zweckmäßigkeit (Sichtkontrolle der Befestigungselemente, der Dachkonstruktion und Vergleichbares) prüfen, nicht aber in derselben Intensität wie der primär prüfpflichtige Dachdecker.   

Sachverhalt zum Ausgangsfall

Der Dachdecker montiert eine PV-Halterung, die er von einem Mechatroniker herstellen lässt und bezieht. Wind reißt nach 8 Monaten eine für Extremwinde geringfügig zu schwach ausgeführte PV-Halterung ab, welche der Dachdecker seinerseits von einem Mechatroniker („SubSub“) anfertigen hat lassen. Das runterfallende PV-Modul zerschlägt die PKW-Windschutzscheibe des Kunden (Verbraucher).


Gewährleistung - Schadenersatz

Verhältnis Elektrotechniker – Kunde

1.1. Auf Grund der Gewährleistung – OHNE Verschulden (Ausschluss und Einschränkung unzulässig) muss der Elektrotechniker ein neues PV-Modul kaufen und montieren (Werkvertrag).  Auf Grund der 1-jährigen Beweislastumkehr muss der Verbraucher nicht beweisen, dass die Halterung zu schwach ausgeführt war.

1.2. In den Muster-ABG der Bundesinnung ist die Schadenersatzpflicht (Verschulden ist dafür notwendig) für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen und könnte dies eine Möglichkeit für einen Freibeweis für den Elektrotechniker hinsichtlich der Windschutzscheibe sein.

Wenn dies gelingt, könnte der Kunde den Schaden nur direkt vom Dachdecker verlangen. Mangels Vertrag besteht aber nur ein deliktischer Anspruch ohne Beweislastumkehr und ohne Haftung für das Fehlverhalten des Mechatronikers.

Verhältnis Elektrotechniker - unbeteiligter Nachbar

1.3. Wird der Pkw eines (unbeteiligten) Nachbarn des Kunden getroffen, kann dieser keinen vertraglichen Schadensersatzanspruch geltend machen, da kein Vertrag besteht.

1.4. Mangels Verschulden sowohl des Elektrotechnikers als auch des Dachdeckers, kann der Nachbar den Schadenersatz für seine kaputte Windschutzscheibe erfolgreich nur beim Mechatroniker fordern (vorausgesetzt er kennt diesen und kann ihm die zu schwach ausgeführte Halterung beweisen).

Regress des Generalunternehmers 

Hier werden die Möglichkeit des Regresses des Elektrotechnikers (Generalunternehmer) gegenüber dem Sub- (Dachdecker) bzw. Sub-Sub-(Mechatroniker) Unternehmer behandelt.

Regress des Elektrotechnikers beim …

  • Sub-Unternehmer (Dachdecker), wenn …
    • Letztgenannter für obigen Fall in seinen AGB im B2B-Bereich die Gewährleistung nicht eingeschränkt und den Schadenersatz nicht ausgeschlossen hat (Letzteres unzulässig bei Personenschäden) oder
    • die besondere Rückgriffsmöglichkeit (§ 933b ABGB) über 5 Jahre aus Gewährleistung in der Vertragskette nicht ausgeschlossen ist.
  • Sub-Sub-Unternehmer (Mechatroniker), wenn …
    1. Auch ein direkter Regress beim Mechatroniker ist möglich, wobei hier der Elektrotechniker das Verschulden des Mechatronikers beweisen muss.

Mögliche Vorgangsweise: Im Falle einer oftmaligen Kooperation zur Errichtung von PV-Anlagen könnte der „Hauptverantwortliche“ (GU) mit den Subunternehmern die oben genannten Beschränkungen (in AGB) seinerseits wegverhandeln und anhand der oben skizzierten Musterfälle klarstellen, dass die Haftpflichtversicherung des jeweiligen Verursachers einen allfälligen Schaden bezahlt. 

Umfang der Gewerbeberechtigung 

Jeder PV-Anlagenerrichter darf nur im Rahmen des Berufsumfangs seiner Gewerbeberechtigung tätig werden. Elektrotechniker, Mechatroniker, Metalltechniker, Dachdecker, Spengler, Glaser, Holzbau-Meister u.a. sind reglementierte Gewerbe (§ 94 GewO) mit entsprechendem Befähigungsnachweis. Näheres dazu siehe Merkblatt der Bundessparte Gewerbe und Handwerk mit einer gewerberechtlichen Abgrenzung betreffend die Planung, Errichtung, Prüfung und Inbetriebnahme von PV-Anlagen.

Nebenrechte von Gewerbetreibenden

Hinsichtlich der nach §32 GewO zulässigen „Sonstigen Rechte von Gewerbetreibenden“ (Nebenrechte) muss der wirtschaftliche Schwerpunkt der ursprünglichen Gewerbetätigkeit erhalten bleiben. Dies wird im Zusammenhang mit der Errichtung von PV-Anlagen aufgrund der Gefährlichkeit der dafür notwendigen Arbeiten wohl restriktiv (einschränkend) zu sehen sein, da die Kompetenz des jeweiligen Gewerkausführenden (Elektrik, Statik, Dichtheit, u.a.) schadensverhindernd wirken wird.   

Freies Gewerbe

Nach Ansicht der Bundessparte Gewerbe und Handwerk berechtigt das freie Gewerbe, „Montage von Solar- und Photovoltaikmodulen ohne Anschlussarbeiten“ (ohne Befähigungsnachweis) bloß folgende Tätigkeiten: 


Die Befestigung von Solar- und Photovoltaikmodulen in die bereits vormontierte Halterung (Einhängen, Einclipsen und Anschrauben von Solar- und Photovoltaikmodulen). Es handelt sich dabei um statisch und elektrotechnisch nicht belangreiche Arbeiten, da im Zuge der Dimensionierung und Montage der Unterkonstruktion durch dafür befugte Gewerbetreibende die Statik bereits berücksichtigt wurde. Aus Gründen der Sicherheit und auch der Haftung sind darüberhinausgehende Tätigkeiten den reglementierten und dafür befugten Gewerben vorbehalten. Jedenfalls nicht umfasst vom freien Gewerbe sind die Montage der Unterkonstruktion bzw. der Halterung, das Verbinden von Solar- und PV-Modulen untereinander und der Anschluss an den Stromzähler/Wechselrichter/Stromspeicher.


Überschreitung der Gewerbeberechtigung

Die Ausführung von Tätigkeiten durch einen Gewerbetreibenden, die nicht im Berufsumfang der jeweiligen Gewerbeberechtigung liegen, zieht rechtliche Folgen nach der geltenden Gesetzeslange und Rechtsprechung nach sich. Eine gegen den jeweils zulässigen Berufsumfang verstoßende Tätigkeit,

  1. macht den Vertrag zwar nicht ungültig (Verhältnis Auftraggeber-Auftragnehmer),
  2. berechtigt aber den Kunden zur Irrtumsanfechtung und
  3. liegt ein objektiver (leicht durchzusetzender) Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb vor.

Stand: 17.07.2024