OGH bestätigt freies Dienstverhältnis
Der Oberste Gerichtshof stellt klar: Keine persönliche Abhängigkeit, keine Betriebsbindung und flexible Gestaltung der Arbeit sprechen für ein freies Dienstverhältnis. Im konkreten Fall wiesen die Merkmale insgesamt nicht auf einen echten Arbeitsvertrag hin.
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Eine Dienstnehmerin war im Rahmen eines freien Dienstvertrages beim beklagten Arbeitgeber beschäftigt. Sie behauptete in ihrer Klage, dass ein echter Arbeitsvertrag vorgelegen sei, und erhob entsprechende arbeitsrechtliche Ansprüche.
Der OGH kam - wie auch die Vorinstanzen - zum Ergebnis, dass im konkreten Fall tatsächlich ein freies Dienstverhältnis vorgelegen sei, im Wesentlichen mit folgender Begründung:
Der echte Arbeitsvertrag unterscheidet sich nach herrschender Lehre und Rechtsprechung vom freien Dienstvertrag durch die persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber, das heißt die Unterworfenheit des Arbeitnehmers unter die funktionelle Autorität des Arbeitgebers. Die Rechtsprechung hat in diesem Zusammenhang verschiedene Bestimmungsmerkmale der persönlichen Abhängigkeit erarbeitet, die aber nicht alle gemeinsam vorliegen müssen und in unterschiedlich starker Ausprägung bestehen können. Entscheidend ist, ob bei einer Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung nach überwiegen. Die für das Vorliegen einer persönlichen Abhängigkeit sprechenden Merkmale sind vor allem die Weisungsgebundenheit des zur Arbeitsleistung Verpflichteten, insbesondere hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und arbeitsbezogenem Verhalten, die persönliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers, die Fremdbestimmtheit der Arbeit, deren wirtschaftlicher Erfolg dem Arbeitgeber zukommt, die funktionelle Einbindung der Dienstleistung in ein betriebliches Weisungsgefüge einschließlich der Kontrollunterworfenheit und die Beistellung des Arbeitsgeräts durch den Dienstgeber. Davon unterscheidet sich der freie Dienstvertrag besonders durch die Möglichkeit, den Ablauf der Arbeit selbst zu gestalten, also ohne Bindung an bestimmte Arbeitszeiten und jene Weisungen, die für den echten Arbeitsvertrag prägend sind, und die selbst gewählte Gestaltung jederzeit wieder zu ändern.
Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Tätigkeit der Klägerin als freie Dienstnehmerin insbesondere berücksichtigt,
- dass die - bereits vor dem Vertragsabschluss mit der beklagten Arbeitgeberin als Unternehmerin tätige - Klägerin nur gattungsmäßig bestimmte Dienstleistungen zu erbringen hatte;
- dass sie nicht an einen bestimmten Arbeitsort oder eine bestimmte Arbeitszeit gebunden war;
- dass sie keine Büroräumlichkeiten bei der Beklagten hatte und auch sonst - abgesehen von Warenproben, Visitenkarten und Werbematerial für Kundentermine - eigene Betriebsmittel heranziehen musste;
- dass sie bei der Gestaltung ihrer Tätigkeitsfelder frei war;
- dass sie selbst entscheiden konnte, zu welchen Kunden sie Kontakt aufnimmt und wo die Treffen stattfinden;
- dass sie von der Beklagten vereinzelt sachliche Weisungen erhielt, die auch bei Werkverträgen und Dauerschuldverhältnissen ohne echten Arbeitsvertragscharakter vorkämen, aber keine persönlichen Weisungen;
- dass sie weder dazu verpflichtet war, sich bei der Beklagten krank zu melden, noch dazu, mit der Beklagten Urlaubsvereinbarungen zu schließen oder ihr den Urlaub bekannt zu geben.
Die wöchentliche Berichtspflicht der Klägerin und die nur hinsichtlich des "Außenauftritts" erfolgte Eingliederung in den Betrieb der Beklagten - Verpflichtung zur Verwendung des E-Mail-Accounts der Beklagten sowie die Anführung in einem Prospekt der Beklagten unter "Key Contacts" - wertete das Berufungsgericht als nicht derart weitgehende Einbindung in die hierarchische betriebliche Ordnung, dass eine persönliche Abhängigkeit der Klägerin vorgelegen wäre. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen des eingeräumten Ermessensspielraums. Damit, dass die Klägerin in der Gesamtbetrachtung nach der Methodik des beweglichen Systems einzelne Umstände stärker und andere weniger stark gewichten will, kann sie nicht aufzeigen, dass die Beurteilung des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall unvertretbar gewesen wäre.