Tradition und Hightech mit jedem Schnitt
Seit mehr als sechs Jahrzehnten entwickelt S.A.M. Kuchler in Klagenfurt Aufschnitt- und Verpackungsmaschinen, die weltweit im Einsatz sind. Geschäftsführerin Valentina Kuchler im Interview über Verantwortung, Export-Hürden und Innovation als Daueraufgabe.
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Bevor wir über Innovation und Märkte sprechen - Hand aufs Herz: Haben Sie zu Hause auch eine Aufschnittmaschine stehen, oder reicht dort das gute alte Messer?
Valentina Kuchler: Beides hat seine Berechtigung. Zu Hause steht eine 40 Jahre alte, manuelle S.A.M.-Aufschnittmaschine - die ist älter als ich. Wenn wir Gäste haben, bringen wir gerne eine automatische S.A.M. aus der Firma mit. Für hauchdünnen Prosciutto schlägt die Maschine jedes Messer.
Sie haben vor 7 Jahren ein Familienunternehmen mit Tradition übernommen. Was waren dabei die größten Herausforderungen?
Die Fußstapfen unseres Vaters sind groß. Mein Bruder Constantin und ich stehen mit vier Füßen darin, und trotzdem ist noch genug Platz, unseren eigenen Weg zu gehen und unsere eigenen Fehler zu machen. Die eigentliche Herausforderung liegt in der Summe der Details. In der Toleranzkette reicht ein Zehntel Abweichung und am Ende passt die Baugruppe nicht mehr. Im Unternehmen ist es genauso: Viele scheinbare Kleinigkeiten entscheiden darüber, ob das große Ganze funktioniert. Zwei Faktoren sind dabei entscheidend: Akzeptanz und Vertrauen. Akzeptanz, dass ein Generationenwechsel Veränderung bringt - intern wie extern. Und Vertrauen - nicht nur in uns als Inhaber, sondern auch von uns, indem wir unseren Mitarbeitenden zutrauen, Verantwortung zu übernehmen und das Unternehmen aktiv mitzugestalten.
Ihre Maschinen schneiden hauchdünn - gilt das auch für Ihre Toleranz, wenn etwas nicht nach Plan läuft?
Bei vermeidbaren Schusseleien ist meine Toleranz tatsächlich dünn. In ernsten Situationen werde ich dafür sehr ruhig. Wenn etwas wirklich schiefgeht, hilft Aufregung nur bedingt weiter.
Viele Betriebe spüren derzeit wirtschaftliche Unsicherheiten. Wie wirkt sich das auf Ihre tägliche Arbeit und auf Ihre Entscheidungen aus?
Wir führen unser Unternehmen grundsätzlich so, als wären wir immer in einer gewissen „Krisensituation“. Unnötige Kosten sind immer unnötig, egal wie die wirtschaftliche Lage ist. Betriebswirtschaftliche Grundregeln gelten - ob man ein Unternehmen in wirtschaftlich instabilen Zeiten oder in der Hochkonjunktur führt. Wer dauerhaft mehr ausgibt als er einnimmt, riskiert Stabilität.
In Ihrem Bereich ist technischer Fortschritt ein ständiger Begleiter. Wie schaffen Sie den Spagat zwischen Innovation und Tradition?
Ich sehe es nicht als Spagat. Unsere Tradition ist gewissermaßen der Kompass für unsere Werte, Unternehmenskultur und unsere Art zu arbeiten, die man vielleicht am ehesten als „ehrenwerte Kaufmannstradition“ beschreiben könnte. Da sind wir sehr old school. Innovation treibt unsere Produkte an. Wir entwickeln auch mit den Menschen, die tatsächlich mit unseren Maschinen arbeiten, und übersetzen in moderne, intuitive und sichere Technik. Da müssen wir vorne sein. Sozusagen immer einen Schnitt voraus.
Auf welche Innovationen der letzten Zeit sind Sie besonders stolz?
Vielleicht vorweg: Wir entwickeln, produzieren und verkaufen in Klagenfurt professionelle Aufschnittmaschinen und Verpackungsmaschinen für die Theke und die Lebensmittelproduktion - zum Schneiden und Verpacken von Wurst, Käse, Fisch und vielem mehr. Ein Meilenstein der letzten Jahre ist unsere kompakte Linie, die automatisch schneidet und verpackt - heute auch unter modifizierter Schutzatmosphäre (S.A.M. PX3 MAP). Das war technisch eine enorme Herausforderung, auch weil unsere Maschinen trotz dieser Leistungen extrem kompakt bleiben müssen. Wir geben damit mittelständischen Betrieben die Möglichkeit, automatisch zu schneiden und handwerkliche Premium-Packungen herzustellen - ohne mehrere, sehr kostenintensive Industriegeräte anschaffen zu müssen, deren Kapazität sie gar nicht nutzen können.
Die Exportquote bei S.A.M. Kuchler beträgt rund 90 Prozent. Mit welchen Problemen haben Sie dabei am häufigsten zu kämpfen?
Export bedeutet Vielfalt in Normen, Zertifizierungen, Zöllen und Währungen. Export bedeutet aber auch Distanz, und diese gilt es immer wieder zu überwinden. Deswegen sind Messen für uns unverzichtbar: Weil das der direkte Weg ist, neue Kunden zu treffen und bestehende Beziehungen zu pflegen. Vor Ort arbeiten wir entweder direkt mit dem Kunden oder mit ausgewählten, von unserer S.A.M.-Akademie zertifizierten Partnern zusammen. Ich verkaufe keine Maschine, wenn ich den Service nicht sicherstellen kann.
Der Fachkräftemangel beschäftigt viele Industriebetriebe. Welche Strategien verfolgen Sie, um gute Mitarbeitende zu gewinnen und langfristig zu halten?
Bei uns bekommt man, wenn man will und kann, sehr viel Verantwortung und Gestaltungsspielraum. Viele schätzen das. Die Corona-Zeit war eine Ausnahmesituation - die Bewerberlage damals nicht repräsentativ. Heute sehe ich eine sehr positive Entwicklung: Wir haben ein starkes Stammteam - teilweise seit Jahrzehnten - und gleichzeitig kommen qualifizierte neue Mitarbeitende. Ich suche Menschen, die sich mit unserem Unternehmen identifizieren und bleiben wollen. Wichtig ist mir, dass Menschen gern arbeiten und gern bei uns arbeiten.
Kein Unternehmen bleibt ohne Rückschläge. Gab es in letzter Zeit eine Situation, aus der Sie besonders gelernt haben?
Gleich zu Beginn der Unternehmensübernahme ist unser größter Kunde vom Markt ausgeschieden. Wir haben uns dann bewusst breit aufgestellt und den Einbruch schon im ersten Jahr durch viele kleinere und mittelgroße Kunden ausgeglichen. Heute macht uns diese Streuung stabiler und unabhängiger. Das gelingt aber nur mit Produkten, die echten Mehrwert bringen - und mit verlässlichem Service. Ein aktuelles Beispiel: Ich habe kürzlich einen Anschlussflug verpasst und musste mich stundenlang durch diverse Hotlines telefonieren. Das erinnerte mich daran, wie wichtig proaktive, persönliche Betreuung ist. Bei uns landet man nicht in zehn Abteilungen, man bekommt jemanden ans Telefon, der Verantwortung übernimmt.
Wenn Sie nach vorne schauen: Wohin soll sich Ihr Unternehmen in den nächsten fünf Jahren entwickeln? Welche Themen stehen ganz oben auf Ihrer Agenda?
Wir wollen gesund und unabhängig wachsen - international und in unserem Tempo. Unser Anspruch ist klar: die verlässlichste, einfachste und hygienischste Lösung am Point of Sale zu sein - mit spürbarem Mehrwert für Supermärkte, Fleischereien und Produktionen. Seit 62 Jahren prägen Innovationsvorsprung und Qualitätsverbesserung unser Leitbild. Und natürlich die Weiterentwicklung unseres Teams. Denn ohne die Menschen hinter S.A.M. Kuchler schneidet keine Maschine auch nur eine Scheibe. Wenn uns das stetig gelingt, bin ich sehr zufrieden.
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